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Handy III: Datenkontrolle des Mobiltelefons in der JVA, oder: Wer muss das bezahlen?

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Und zum Tagesschluss dann noch eine Entscheidung aus dem Strafvollzug, nämlich zu der Frage, ob der für die Kosten der Kontrolle bei ihm sichergestellter Mobiltelefone auf sicherheitsrelevante Daten und ggf. deren Löschung aufkommen muss.

Das KG hat die Frage im KG, Beschl. v. 27.06.2023 – 2 Ws 17/23 – also schon etwas älter – bejaht:

„2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat es die Strafvollstreckungskammer auf der Grundlage ausreichender tatsächlicher Feststellungen zum Sachverhalt abgelehnt, die Anstaltsleitung der JVA Heidering zu verpflichten, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen.

Die Entscheidung der Vollzugsanstalt, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige vollständige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma nicht zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen oder zu versenden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln dürfen Gefangene Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt in Gewahrsam haben, annehmen oder abgeben.

§ 1 des Berliner Gesetzes zur Verhinderung des Mobilfunkverkehrs in Justizvollzugsanstalten (MFunkVG) bestimmt, dass Gefangenen der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalten untersagt ist, da andernfalls ein unkontrollierbarer Datenaustausch stattfinden könnte, der die Sicherheit der Anstalt gefährden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 18. April 2011 – 2 Ws 253/10 Vollz – mwN).

b) Durch den mehrfachen Besitz von in der Haftanstalt verbotenen Mobiltelefonen hat der Beschwerdeführer wiederholt gegen die ihm auferlegte Gewahrsamsbeschränkung verstoßen (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 2002, 179). Dadurch hat er jeweils zugleich eine Gefahr für die Sicherheit in der Vollzugsanstalt geschaffen. Mithin liegt es auch in seiner Sphäre, diese Gefahr durch die Auslesung der Geräte zu beseitigen oder aber die entsprechenden Geräte oder SIM-Karten vernichten zu lassen.

c) Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln werden Gegenstände, die die Gefangenen nicht im Haftraum aufbewahren dürfen oder wollen, von der Anstalt aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, insbesondere auch hygienische Gründe, nicht dagegensprechen. Ferner hat ein Gefangener die Möglichkeit, nach § 53 Abs. 2 StVollzG Bln Gegenstände, die er nicht benötigt, abzusenden. Dieses Recht gilt allerdings nicht uneingeschränkt, da die Justizvollzugsanstalt die Versendung bzw. die Ausbringung aus Sicherheitsgründen verweigern darf (vgl. Senat aaO). Denn es muss sichergestellt werden, dass dadurch die Sicherheit der Anstalt nicht gefährdet wird. Dies wäre bei einer unkontrollierten Herausgabe von Mobiltelefonen aber wegen der bestehenden Speicherungsmöglichkeiten der Fall. Denn während seines Aufenthalts in der Vollzugsanstalt kann ein Gefangener Kenntnisse über deren Sicherheitssysteme, Schließeinrichtungen, Notruf- und Alarmsysteme sowie über die Ausstattung der Vollzugsbediensteten und interne Abläufe sammeln und mit seinem Mobiltelefon aufzeichnen und speichern. Derartige gespeicherte Daten sind von hoher Sicherheitsrelevanz und stellen nicht bloß eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt dar.

d) Demgemäß steht der Haftanstalt das Recht zu, zunächst zu kontrollieren, ob sicherheitsrelevante Daten in den Telefonen gespeichert sind. Da der Gefangene diese Gefahr selbst durch einen Verstoß gegen die ihm auferlegte Pflicht verursacht hat, muss er auch für die dadurch entstehenden Kosten aufkommen (vgl. Senat aaO). Er kann dabei selbst dann zur Begleichung der durch die Kontrolle entstehenden Kosten herangezogen werden, wenn bei der Kontrolle tatsächlich keine gespeicherten Daten auf seinen Mobiltelefonen und SIM-Karten festgestellt werden.

e) Aufzeichnungen, die Kenntnisse über Sicherheitsvorkehrungen der Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, können von der Vollzugsbehörde nach § 53 Abs. 4 StVollzG Bln vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden. Bei Mobilfunkgeräten erfolgt eine Vernichtung der sicherheitsrelevanten Daten durch vollständige Löschung der Datenspeicher.

Da der Gefangene die Gefahrenlage selbst geschaffen hat, darf die Vollzugsbehörde von ihm und auf seine Kosten – durch ein externes Unternehmen – den Nachweis verlangen, dass sich auf den Telefonen und SIM-Karten keine Aufzeichnungen im Sinne des § 53 Abs. 4 StVollzG Bln befinden. Der Gefangene hat die Möglichkeit, entweder alle Daten löschen oder die Telefone vernichten zu lassen, oder aber die gespeicherten Daten auslesen zu lassen und der Haftanstalt zur Kontrolle vorzulegen (vgl. Senat aaO).

f) Die zur bundesgesetzlichen Regelung getroffenen Entscheidungen sind insoweit auf die Aufbewahrung und Datenkontrolle bei Mobiltelefonen nach § 53 StVollzG Bln übertragbar. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweist sich die Weigerung der Vollzugsanstalt, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige vollständige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma zu versenden oder zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen, vorliegend als rechtlich nicht zu beanstanden.“

Wenn die Rechtsanwaltskammer Gutachten erstattet, oder: Sind die Kosten erstattungsfähig?

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Und als zweite Entscheidung dann etwas zu § 14 RVG. Es geht aber nicht um die richtige Bemessung der Rahmengebühr, sondern um eine Problematik des § 14 Abs. 3 RVG – Stichwort: Gutachten der RAK.

Folgender Sachverhalt: In dem Strafverfahren, das gegen den ehemaligen Angeklagten wegen versuchter Gebührenüberhöhung u.a. geführt worden war, hat die Staatsanwaltschaft  noch vor Anklageerhebung die Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten, und zwar zu verschiedenen Fragen gebeten, die nichts mit der Höhe von (Rahmen)Gebühren zu tun hatten.

Als Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg erstattete dann eine Rechtsanwältin  unter dem 03. März 2020 eine Stellungnahme gemäß § 73 Abs. 2 Ziffer 8 BRAO. In Folge beantragte die Staatsanwaltschaft dann beim Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls gegen den ehemaligen Angeklagten wegen versuchter Gebührenüberhöhung und Beleidigung, der aerlassen wurde. Als Sachverständige wurde die Rechtsanwältin benannt.

Nachdem der ehemalige Angeklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, beraumte das Amtsgericht Hauptverhandlung an und lud die Rechtsanwältin als Sachverständige. Im Hauptverhandlungstermin erstattete diese ihr Gutachten, wobei sich die Rechtsanwältin nicht nur zur Höhe der geforderten Vergütung, sondern auch unter Würdigung der Zeugenaussagen zum Zustandekommen eines Beratungsvertrages äußerte. Der ehemalige Angeklagte wurde schließlich zu einer Geldstrafe verurteilt. Für ihre Teilnahme an der Hauptverhandlung wurde die Rechtsanwältin mit 736,68 EUR entschädigt.

 Nachdem der ehemalige Angeklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, wurde die Rechtsanwältin zur Berufungshauptverhandlung ebenfalls als Sachverständige geladen. Der ehemalige Angeklagte wurde im Ergebnis der Hauptverhandlung freigesprochen. Die Rechtsanwältin macht hier ein Honorar und Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 947,76 EUR geltend. Der Beleg über die Auszahlung von Sachverständigen-, Dolmetscher- u. Übersetzungsvergütung wurde von der Vorsitzenden mit dem Vermerk unterzeichnet, dass die Sachverständige bestimmungsgemäß zu vergüten sei und die getätigten Angaben zuträfen.

Die Bezirksrevisorin „meckert“. Sie sieht eine Erstattungsfähigkeit als nicht gegeben an, weil die Rechtsanwaltskammer kraft Gesetzes verpflichtet sei, (Gebühren-) Gutachten bzw. Stellungnahmen zu erstellen (§ 73 Abs. 2 Nr. 8, § 177 Abs. 2 Nr. 5 BRAO). Diese Gutachten/Stellungnahmen (im Rahmen von § 3a RVG bzw. § 14 RVG) stellten keine Heranziehung zu Beweiszwecken dar und seien daher nicht nach dem JVEG zu entschädigen.

Das hat das OLG dann im OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.06.2023 – 1 Ws 12/23 (S) – schließlich anders gesehen:

„Die Beschwerde der Bezirksrevisorin erweist sich als unbegründet.

Bei der Heranziehung der Rechtsanwältin („Name 01“) im Termin der Hauptverhandlung des Landgerichts („Ort 01“) vom 07. April 2022 handelt es sich nicht um eine gutachtliche Leistung der Rechtsanwaltskammer im Sinne von § 14 Abs. 3 RVG, denn nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes (§ 14 Abs. 3 Satz 1 RVG) und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zur Einführung des RVG – BT-Drucks 15/1971, Seite 234) beschränkt sich die Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschrift auf die Fälle der Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer durch das Gericht in einem Rechtsstreit über die Höhe der Rahmengebühr zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Damit sind die Anwendungsfälle auf Zivilstreitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandanten beschränkt. Fälle der Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Strafgerichte sind unabhängig von § 73 Abs. 2 Nr. 8 BRAO davon nicht erfasst.

Da Kostenrecht einer Auslegung nicht zugänglich ist, scheidet eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 14 Abs. 3 RVG und insbesondere des dortigen Satzes 2 auf gutachterliche Leistungen, die durch die Heranziehung der Staatsanwaltschaft oder der Strafgerichte erfolgen, aus.

Darüber hinaus kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass im Hauptverhandlungstermin des Berufungsgerichts von der Rechtsanwältin (nur) ein Gebührengutachten im materiell rechtlichen Sinne von § 14 Abs. 3 RVG erstattet wurde.

Zwar lässt sich den Urteilsgründen des freisprechenden Urteils lediglich entnehmen, dass die Rechtsanwältin die vom ehemaligen Angeklagten erstellte Kostennote geprüft und als nicht zu beanstanden bewertet habe. Zum Zeitpunkt der Ladung der Rechtsanwältin als Sachverständige durch die Vorsitzende der Berufungskammer stand aber das gesamte erstinstanzliche Urteil zur Überprüfung an, mithin auch die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang ein kostenpflichtiger Vertrag dem Grunde nach zustande gekommen war. Denn diese Frage war auch Gegenstand der schriftlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 03. März 2020. Vorliegend diente das Gutachten hiernach auch der Klärung streitiger Tatsachen und ging über eine amtliche Äußerung der Rechtsanwaltskammer zur Gebührenhöhe deutlich hinaus.

Eine Beschränkung des Beweisthemas allein auf die Höhe der geltend gemachten und ggf. berechtigten Gebühren hat die Vorsitzende bei der Verfügung der Ladung der Rechtsanwältin als Sachverständige nicht vorgenommen und folgerichtig auf dem Beleg über die Auszahlung von Sachverständigen-, Dolmetscher- und Übersetzungsvergütung angeordnet, dass die Sachverständige bestimmungsgemäß zu vergüten sei.

Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, der dem Beschluss des LG Baden-Baden vom 12. Januar 20002 -1 AR 24/00 – zugrunde lag, bei dem es ausschließlich um die Erstattung eines von der Staatsanwaltschaft beauftragten schriftlichen Gebührengutachtens und nicht um eine Beweisaufnahme im Rahmen einer gerichtlichen Hauptverhandlung ging.

Die von der Rechtsanwältin erbrachte „sonstige“ gutachtliche Leistung ist mithin vergütungsfähig nach den Vorschriften des JVEG, denn erfolgt die Gutachtenerstellung nach der Allgemeinvorschrift des § 73 Abs. 2 Nr. 8 BRAO, ist die Kostenfreiheit nicht gewährleistet (vgl. N. Schneider in: Schneider/Volpert, AnwK RVG, § 14 Rahmengebühren, Rn. 151)

Die Höhe der geltend gemachten Gebühren ist nicht zu beanstanden.“

OWi II: Fristberechnung bei der Verjährungsfrist, oder: Was häufig übersehen wird….

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Die zweite Entscheidung des Tages ist eine Verjährungsentscheidung. Das OLG Koblenz behandelt im OLG Koblenz, Beschl. v. 08.02.2023 – 4 ORbs 31 SsBs 1/23 – die Frage, wie sich die Verjährungsfrist berechnet.

Das AG hatte den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt, das OLG hat auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben und das Verfahren eingestellt:

„Das Rechtsmittel der Betroffenen führt zu einer Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zu einer Einstellung des Verfahrens aufgrund des Verfahrenshindernisses der Verfolgungsverjährung.

Die korrekt erhobene Sachrüge führt zur Prüfung des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen und des Vorliegens eines Verfahrenshindernisses (vgl. BGH NStZ 2001, 440; OLG Koblenz, Beschluss v. 12.08.2008 – 2 SsBs 54/08; OLG Hamm NZV 2003, 396; OLG Köln NZV 2002, 241). Wenn eine Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise erhoben wurde, kann auch im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Einstellung wegen Verjährung erfolgen (vgl. BGH a. a. O., OLG Koblenz MDR 1977, 954; König in: Göhler, a. a. O., § 31m Rn. 19). Denn der Ablauf der Verjährung ist -so eine gerichtliche Prüfungsmöglichkeit besteht- von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen, auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. BGH NStZ 2001, 440; BGHSt 16, 115).

Das Verfahren gegen den Betroffenen war unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 206 a StPO einzustellen, da hinsichtlich des gegen ihn erhobenen Vorwurfs der fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung bereits am 10. November 2022 Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrem, dem Verteidiger bekannt gegeben Votum wie folgt ausgeführt:

Die Verkehrsordnungswidrigkeiten weisen eine absolute Verjährungsfrist von 2 Jahren auf (§ 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG i.V.m. § 26 Abs. 3 StVG). Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Vorliegend wurde die in Rede stehende Geschwindigkeitsüberschreitung am 10.11.2020 begangen und beendet. Der Tag, an dem die Verjährung mit Eintritt des Ereignisses beginnt, ist der 1. Tag der Verjährungsfrist, hier also der 10.11.2020. Der letzte Tag der Verjährungsfrist ist der im Kalender vorhergehende Tag (Göhler § 31 Rn. 16; OLG Karlsruhe vom 28.06.2019 – 2 RB 8 Ss 486/19; OLG Bamberg vom 12.12.2005 – 3 Ss OWi 1354/05), vorliegend demnach der 09.11.2022. Die Fristberechnung nach § 43 StPO kommt bei Fristen des materiellen Rechtes, wie den Verjährungsfristen, hingegen nicht in Betracht, da diese Norm aus-schließlich auf Fristen prozessualer Natur beschränkt ist (KK-Schneider-Glockzin, § 43 StPO, Rn. 6 m. w. N.). Die absolute Verfolgungsverjährung ist daher vorliegend mit Ab-lauf des 09.11.2022 eingetreten. Der Beschluss nach § 72 OWiG ist indes erst am 10.11.2022 unterzeichnet worden, sodass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit eingetreten ist und nicht das Ruhen der Verjährung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG herbeigeführt werden konnte.

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO StPO.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung geht der Senat davon aus, dass gegen den Betroffenen ohne Eintritt des Verfahrenshindernisses zu Recht wegen einer fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h eine Geldbuße von 160,– Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden wäre.

Das Amtsgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den Einwendungen gegen die Geschwindigkeitsmessung auseinandergesetzt. Es hat die technischen und personellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Messung überprüft, keine Fehler festgestellt und auch zutreffend begründet, warum die Beiziehung der weiteren von der Verteidigung angeforderten Unterlagen wie das Erstinbetriebnahmeprotokoll, Fotos von der Messstelle mit Trailer, die Verwendungsanzeige und die fehlende Speicherung der Rohmessdaten mit einem Verweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung ebenso wenig erforderlich war, wie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Es hat auch die Höhe der festgesetzten Geldbuße und die Verhängung eines einmonatigen Fahr-verbotes rechtsfehlerfrei begründet, indem es zutreffend besonderes Gewicht auf eine einschlägige Tatwiederholung hinsichtlich einer weiteren unzulässigen Geschwindigkeitsüberschreitung (dort um 29 Kmh) vom 20. Juli 2020 (Rechtskraft der verhängten Geldbuße in Höhe von 80 € am 17. September 2020, knapp zwei Monate vor der hiesigen Tat) gelegt und hierbei die besondere berufliche Situation des Betroffenen (Umfangreiche Kundenbesuche in weiten Teilen Deutschlands für sein Unternehmen) berücksichtigt hat.

Das Verfahren hätte jedoch am 10. November 2022 aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung durch das Amtsgericht eingestellt werden müssen, so dass es nicht zu einer rechtsmittelfähigen Sachentscheidung hätte kommen dürfen. Die notwendigen Auslagen für das Rechtsbeschwerdeverfahren wären dann nicht angefallen.“

Diese Frage wird bei der Berechnung der Verjährungsfrist im OWi-Verfahren häufig übersehen, kann aber, wie man sieht, entscheidend sein.

Freistellung von Kosten für Covid-Schutzmaßnahmen I, oder: BGH entscheidet Streitfrage

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Im „Kessel Buntes“ heute dann zwei Entscheidungen zur COVID-19-Desinfektionspauschale.

Zunächst stelle ich das BGH, Urt. v. 13.12.2022 – VI ZR 324/21 – vor. In dem Urteil hat der BGH zum Ersatz der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten COVID-19-Desinfektionspauschale entschieden.

Der Geschädigte hatte nach einem Verkehrsunfall restlichen Schadensersatz in Höhe von 17,85 EUR für eine Covid-19-Desinfektionspauschale verlangt. Diese war ihm von dem von ihm beauftragten Kfz-Sachverständigenbüro im Zuge der Feststellung der Schadenshöhe in Rechnung gestellt worden. Im Rahmen der Begutachtung wurden sowohl bei Hereinnahme des Fahrzeugs zum Schutz der Mitarbeiter des Sachverständigen vor der Ausbreitung des Coronavirus als auch vor Rückgabe des Kfz an den Kläger zu dessen Schutz alle relevanten Fahrzeugteile, die kurzfristig berührt wurden, desinfiziert. Dabei betrug der Arbeitsaufwand jeweils mehrere Minuten.

Das AG hat der Klage stattgegeben, das LG Stuttgart hat die Haftpflichtversicherung lediglich in Höhe von 8,93 EUR hin sichtlich der Desinfektionsmaßnahmen, die vor der Rückgabe des Fahrzeugs an den Kläger erfolgt waren, verurteilt. Die Kosten für die Desinfektion bei Hereinnahme des Wagens seien dagegen nicht erstattungsfähig, da bereits zweifelhaft sei, ob der Sachkundige dem Kunden allgemeine Arbeitsschutzmaßnahmen gesondert in Rechnung stellen könne. Die Revision des Klägers beim BGH hatte – teilweise – Erfolg. Der BGH hat aufgehoben und zurückverwiesen.

Hier der Leitsatz der Entscheidung:

Verlangt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls vom Schädiger die Freistellung von der Honorarforderung des von ihm mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragten Sachverständigen, richtet sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber dem Sachverständigen eingegangen ist, beschwert ist. Jedenfalls in diesem Fall des Freistellungsantrags ist auch für die schadensrechtliche Betrachtung (§ 249 BGB) des Verhältnisses zwischen Geschädigtem und Schädiger die werkvertragliche Beziehung (§§ 631 ff. BGB) zwischen Geschädigtem und Sachverständigem maßgeblich.

Damit sollte das Problem – hoffentlich – gelöst sein.

Bewährungsbeschluss fordert Drogenscreening, oder: Wer trägt die Kosten?

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Im Rahmen der Strafvollstreckung kann sich die Frage stellen, wer für die Kosten, die sich aus der Erfüllung einer (Bewährungs)Weisung nach § 56c StGB ergeben, aufkommt. Zur Auswahl stehen die Staatskasse und der Verurteilte. Zu der Frage/Auswahl nimmt der OLG Dresden, Beschl. v. 31.08.2022 – 2 Ws 144/22 – Stellung.

Folgender Sachverhalt: Die Verurteilte ist wegen diverser Drogendelikte mehrfach verurteilt worden. Nach einer Teilverbüßung einer der Strafen habe die beteiligten Staatsanwaltschaften als zuständige Vollstreckungsbehörden die (teilweise weitere) Strafvollstreckung mit Zustimmung der jeweiligen erstinstanzlichen Gerichte gemäß § 35 Abs. 1 BtMG zur Aufnahme einer Drogenabstinenztherapie zurückgestellt. Im Sommer 2019 sind dann die nach Anrechnung der erfolgreichen Therapiezeit verbliebenen Strafreste gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Weisungsanordnungen der Gerichte sahen jeweils u.a. vor, dass sich die Verurteilte zur Kontrolle ihrer weiteren Drogenabstinenz bis zu 4 x (zw. bis zu 6 x  entsprechenden Untersuchungen von Urin- und/oder Haarproben zu unterziehen habe, deren Intervalle von der Bewährungshilfe vorgegeben würden. Die hierfür anfallenden Kosten seien von der Verurteilten selbst zu tragen.

Mit Schreiben vom 26.01.2022 teilte die Bewährungshilfe in Rahmen eines Berichts aus besonderem Anlass mit, dass die Lebensumstände der Verurteilten derzeit kaum feststellbar konstant seien. Die Strafvollstreckungskammer hat daraufhin die in den Ausgangsbeschlüssen getroffenen Weisungen dahin abgeändert, dass sich die Verurteilte den jeweiligen Urinkontrollen durch den „TÜV Thüringen zu unterziehen [habe], wobei die Kosten für die Screenings der Staatskasse auferlegt werden, solange die Verurteilte Arbeitslosengeld II bezieht.“ Gegen diese Entscheidungen wendet sich die Verurteilte Zur Begründung ist ausgeführt, sie habe keine Veranlassung gegeben, „weitere Weisungen“, erteilt oder verschärft zu bekommen, zumal sie den bisherigen Anordnungen beanstandungsfrei nachgekommen sei. Insbesondere die Verpflichtung, die künftigen Drogenfreiheitsnachweise ausschließlich über den TÜV Thüringen erbringen zu können, sei wegen der damit verbundenen wesentlich höheren Kosten unverhältnismäßig. Ihre bisherigen – negativ ausgefallenen – Nachweise habe ihre Krankenkasse übernommen, zumal dies im Therapieabschlussbericht vorgegeben worden sei. Sofern ihre derzeitige Suche nach einem Arbeitsplatz Erfolg zeitigen und sie deshalb ihre Bezugsberechtigung für ALG II verlieren sollte, wäre sie mit erheblichen Mehrkosten belastet, was bei der Anzahl von bis zu sechs Screenings pro Jahr unzumutbar sei. Ein Änderungsbedarf  habe nicht vorgelegen. Die Strafvollstreckungskammer hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sachen dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde war erfolgreich. Das OLG führt zu der hier interessierenden Frage aus:

„c) Eine gesetzliche Regelung zur Übernahme der Kosten für diese Anordnungen besteht nicht. Zwar bestimmt § 465 StPO grundsätzlich, dass die Kosten eines Strafverfahrens vom Verurteilten zu tragen sind; hierzu gehören auch die Kosten der Vollstreckung (§ 464a Abs. 1 Satz 2 StPO). Aufwendungen zur Erfüllung einer Weisung nach § 56c StGB zählen aber nicht hierzu, da es sich dabei nicht um Kosten für die Vollstreckung der gerichtlichen Sanktion handelt. Allerdings hat die Verurteilte diese Aufwendungen grundsätzlich nach dem Veranlassungsprinzip zu tragen, weil sie die Drogenscreenings mit ihren Straftaten erst erforderlich gemacht hat (vgl. Senat, Beschluss vom 02. November 2011 – 2 Ws 433/11, juris, Rdnr. 9 ff. [dort zu § 68b StGB]; OLG Nürnberg, Beschluss vom 23. März 2009 – 1 Ws 94/09, juris; OLG Jena NStZ-RR 2011, 296; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2014, 62; OLG Koblenz, Beschluss vom 08. Mai 2014 – 2 Ws 216/14, juris).

Die Zurechnung der Kosten findet ihre Grenze allerdings im verfassungsrechtlich verankerten Übermaßverbot und der Zumutbarkeitsklausel des § 56c Abs. 1 Satz 2 StGB. Als Folge einer erforderlichen Weisung können bei fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit die Kosten subsidiär der Staatskasse auferlegt werden. Die Kostentragungspflicht des Staates ergibt sich in diesem Fall als Annex zu den Entscheidungen nach § 56c StGB (Senat a.a.O. Rdnr. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Juli 2011 – 1 Ws 381/11; OLG Nürnberg a.a.O.; OLG Jena a.a.O.; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2011, 30; NStZ-RR 2014, 62; OLG München NStZ-RR 2012, 324; OLG Braunschweig, Beschluss vom 18. November 2013 – 1 Ws 333/13 –, juris; s.a. BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 2 BvR 1392/02, juris = JR 2006, 480; OLG Bremen NStZ 2011, 216).

Wenngleich die Strafvollstreckungskammer die finanzielle Belastung der Verurteilten mit Blick auf die Anforderungen der Zumutbarkeit (vgl. BT-DrS 16/1993, Seite 19; Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 68b Rdnr 16) insofern gering halten wollte, als sie die anfallenden (hohen) Untersuchungsgebühren des Privatunternehmens TÜV Thüringen KG der Staatskasse aufbürdet, „…solange die Verurteilte Arbeitslosengeld II bezieht“, greift diese Regelung im Ergebnis zu kurz. Denn ungeachtet dessen, dass vom Hausarzt durchzuführende Screenings ärztlich empfohlen, als weiterführende Maßnahmen im Abschlussbericht der Reha-Klinik aufgeführt und daher gegenwärtig von der Krankenkasse übernommen werden, kann die von der Strafvollstreckungskammer derzeit gebrauchte Wendung zu einer nicht ausgeglichenen, sprunghaft starken Belastung der Verurteilten führen, sollte ihre Bezugsberechtigung für ALG II entfallen.

Aus dem vorgenannten Grund ist der Verurteilten die Möglichkeit einzuräumen, eine Kostenübernahme im Einzelfall herbeizuführen, wenn sie im Zeitpunkt der Aufforderung zu einem Drogenscreening nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten dieser Maßnahme (ganz oder teilweise) selbst zu tragen. Diese Verhältnisse hat die Verurteilte bei formloser Antragstellung unter Vorlage von Belegen darzutun. Als Maßstab für die daran anknüpfende Beurteilung der Unzumutbarkeit könnte die Strafvollstreckungskammer etwa die Regelungen analog der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO) heranziehen. Eine nachgewiesene Leistungsunfähigkeit kann im Übrigen der Strafvollstreckungskammer unter weiteren Umständen auch Anlass geben, die Intervalle des Drogenscreenings zu verlängern oder von einer Fortführung dieser Maßnahme ganz abzusehen.“