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Strafzumessung: Rechtswidrige Beschneidung eines Kindes

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Und zum Schluss des heutigen Tages dann mal wieder etwas zur Strafzumessung, nämlich das OLG Hamm, Urt. v. 21.11.2017 – 5 RVs 125/17. Es verhält sich zu den Anforderungen an die Strafzumessung bei einer Verurteilung wegen Körperverletzung – der rechtswidrigen Beschneidung eines Kindes. das OLG führt u.a. aus:

„Unter Zugrundelegung dieser Begründungsanforderungen des § 267 Abs. 3 S. 1 StPO sind die für die Strafzumessung maßgeblichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil lückenhaft und unvollständig, denn zu dem eigentlichen Tathergang wird lediglich ausgeführt: „[…] Wie von Anfang an geplant, wurde an dem Freitag, dem 14.08.2015, in der Praxis C. die Vorhaut des B. beschnitten […].“ Weitere ergänzende Feststellungen hierzu hat das Landgericht – was auch bei einer Berufungsbeschränkung zulässig ist und hier erforderlich gewesen wäre – nicht getroffen. Es ergibt sich an keiner Stelle, wie der eigentliche „Beschneidungsvorgang“ abgelaufen ist und in welchem Ausmaß der Geschädigte bei der Operation, die regelmäßig mit Schmerzen verbunden sein dürfte, psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt war. Ebenso wenig finden sich Feststellungen dazu, ob und welche Auswirkungen die Tat auf die spätere Entwicklung des Geschädigten in körperlicher, aber auch psychischer Hinsicht im Sinne sogenannter nachhaltiger Tatfolgen haben kann.

Ein Anlass zu derartigen Ausführungen ergibt sich auch aus der Regelung des § 1631d BGB, wonach der oder die sorgeberechtigten Elternteil(e) den beabsichtigten Eingriff mit dem Kind in einer seinem Alter und seinem Entwicklungsstand entsprechenden Art und Weise zu besprechen hat/haben. Es ist in kindgerechter Weise zu versuchen, mit ihm Einvernehmen herzustellen (OLG Hamm, Beschluss vom 30. August 2013, II-3 UF 133/13). Auch wenn dem Angeklagten zu keiner Zeit das Sorgerecht zustand, hätte er doch ein solches Gespräch mit seinem Kind vor der Durchführung der Beschneidung führen müssen. Ob und wenn, inwieweit ein solches Gespräch stattgefunden hat, lässt sich den Ausführungen der Strafkammer nicht entnehmen. Bei der Strafzumessung ist insoweit auch die Frage eines kindgerechten Umgangs mit dem Geschädigten zu erörtern. Auch dazu finden sich keine tragfähigen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, denn es heißt dort lediglich, dass W „trotz seines Alters keine Möglichkeit hatte, an der Entscheidung über die Beschneidung mitzuwirken“.

Aufgrund der aufgezeigten Darstellungsmängel war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Es ist nicht auszuschließen, dass die aufgezeigten Mängel Einfluss auf die Strafbemessung gehabt haben. Die Sache war an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels nach § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.“

Das Werfen von rohen Eiern, oder: Kein Karneval, sondern ggf. Landfriedensbruch

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Das OLG Frankfurt, Urt. v. 29.09.2017 – 1 Ss 323/16 – passt dann auch ein wenig zu Karneval, wie gesagt: ein wenig 🙂 . Denn es geht auch um das Werfen von Gegenständen. Zwar nicht – wie an Karneval – Kamelle, sondern rohe Hühnereier aus einer Demonstration auf eine Gegendemonstration. Deswegen hatte es ein Verfahren u.a. mit dem Vorwurf der versuchten Körperverletzung gegeben. Das AG hatte verurteilt, das LG hat dann frei gesprochen: „Es hat sich nicht von dem Vorwurf zu überzeugen vermocht, der Angeklagte habe am ….2015 aus einer Gegendemonstration von 900 – 1000 Personen heraus mindestens zwei rohe Hühnereier auf eine Demonstration des O2er Ablegers von „X“ mit ca. 40 – 50 Teilnehmer geworfen. Die Kammer hat zwar festgestellt, dass der Angeklagte sich in der Gruppe besagter Gegendemonstranten aufhielt. Sie hat aber offen gelassen, ob der Angeklagte diejenige Person war, die gegen 18:55 Uhr Gegenstände in Richtung der „X-Demonstration“ warf. Die Kammer sah sich jedenfalls nicht in der Lage, mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, wo diese Gegenstände aufschlugen und was entscheidend für den Freispruch war, um was genau es sich bei den geworfenen Gegenständen handelte.“ Auf die Revision der StA hebt das OLG auf. Es sieht Beweiswürdigungsmängel:

„Darüber hinaus ist die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, da das Landgericht die Anforderungen an die Überzeugungsbildung überspannt. Das Landgericht hält es für nicht nachvollziehbar, dass die beiden Polizeibeamten den Angeklagten aufgrund eines weißen Totenkopfemblems mit zwei gekreuzten weißen Rosen erkannt haben, das annähernd handflächengroß auf der linken Seite der Jacke angebracht worden sei, weil sie nicht die freifliegenden Wurfgegenstände farblich erkannt haben. Hierzu führt die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 14.10.2016 zutreffend aus, das die Polizeibeamten ihren Blick auf den Werfer und nicht auf das Flugobjekt gerichtet haben. Es überspannt aus diesem Grund die Anforderungen an die Überzeugungsbildung, wenn Zweifel an der Aussage der Polizeibeamten konstruiert werden, weil diese in der Dämmerung eines Abends im März bei Beobachtung eines Werfers die Farbe des Flugobjekts nicht zu benennen in der Lage waren. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der bruchstückhaften Darstellung der Zeugenaussagen haben die Polizeibeamten den Werfer beobachtet und sodann als den Angeklagten identifiziert. Der Angeklagte stand vor ihnen am Absperrgitter, so dass die Polizeibeamten auch das Totenkopfemblem erkennen konnten. Der Flug des eiähnlichen Gegenstandes, der von den Polizeibeamten nicht weiter beobachtet worden war, da es ihnen darauf ankam, den Werfer zu identifizieren, war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Anlass, an den Aussagen der Polizeibeamten aufgrund der Nichtangabe der Farbe des Wurfgegenstandes zu zweifeln, besteht daher nicht.

Nach den landgerichtlichen Feststellungen war entscheidend für den Freispruch die weitere Unklarheit, welche Gegenstände überhaupt geworfen wurden. Der Umstand, dass aus der Gruppe der Gegendemonstranten zahlreiche rohe Eier geworfen wurden, lasse, so die Feststellungen, nicht den Schluss zu, dass es sich bei den konkreten geworfenen Gegenständen um solche gehandelt habe. Zu denken sei etwa auch ein gepelltes gekochtes Ei oder eiförmige Nachbildungen, die aber bei einem Auftreffen auf einen menschlichen Körperteil keine Verletzungen hervorriefen. Allein die Üblichkeit, dass bei Demonstrationen häufig rohe Eier geworfen würden, rechtfertige nicht im konkreten Einzelfall dies ohne jeglichen Anhaltspunkt zu Lasten eines Angeklagten zu unterstellen. Weiterhin wäre auch fraglich, ob ein Verletzungsvorsatz gegeben wäre. Wo die Gegenstände auftrafen und worauf sie zielten, habe sich nicht feststellen lassen. Diese Ausführungen sind lückenhaft, denn es lässt sich nicht nachvollziehen, weshalb aus dem Umstand, dass die Gegenstände über die Polizeikette hinweg flogen und dem daraus abgeleiteten Gewicht des Gegenstandes nicht auch dessen Eignung zur Herbeiführung eines Körperverletzungserfolges abgeleitet werden konnte. Es kann somit nicht überprüft werden, ob die Kammer die an die Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderung möglicherweise überspannt hat. Um die Beweiswürdigung umfassend nachvollziehen zu können, wäre es insbesondere notwendig gewesen mitzuteilen, in welchem Abstand die Polizeikette von den Gegendemonstranten stand, bzw. in welcher Entfernung sich die Zeugen von dem Werfer befanden. Denn sollten sich die Zeugen in einiger Entfernung befunden haben, so wäre der Umstand, dass der Gegenstand über die Polizeikette hinweg flog, ein gewichtiges Indiz für dessen Masse und kinetischer Energie und damit auch für dessen Eignung zur Herbeiführung eines Körperverletzungserfolges. Wäre der Wurfgegenstand erkennbar bereits mit einigem Tempo ein gutes Stück geflogen, so läge eine solche Eignung nahe. Nahe läge es in diesem Fall aufgrund der Tatsache, dass auch ansonsten diverse rohe Eier geworfen wurden, dann auch, dass es sich auch bei diesem als eiförmig identifizierten Gegenstand um ein rohes Ei handelte. In diesem Fall würden die Anforderungen an die Überzeugungsbildung außerdem zu hoch angesetzt, wenn nicht auch von einem zumindest bedingten Körperverletzungsvorsatz ausgegangen würde. Im Falle eines ungezielten Wurfes eines rohen Eies auf Menschen über eine möglicherweise größere Entfernung hinweg, lässt sich nicht vorab präzise kalkulieren, an welche Stelle des Körpers das Ei auftreffen wird. Ziel kann daher nur sein, den anderen Menschen überhaupt zu treffen, was auch das Gesicht einschließt. Trifft ein rohes Ei jedoch einen Menschen im Gesicht, insbesondere im Augenbereich, sind pathologische Folgen fast zwangsläufig zu erwarten. Wer so handelt, kann nicht davon ausgehen, ein Körperverletzungserfolg werde dennoch ausbleiben.“

Und:

„Für den Fall einer erneuten Verurteilung sei darauf hingewiesen, dass in dem Fall, dass ein Wurf mit rohen Eiern durch den Angeklagten nachgewiesen werden können sollte, eine tateinheitliche Verurteilung wegen Landfriedensbruchs nach § 125 StGB (vgl. OLG Köln, NStZ-RR 1997, 234 f.) sowie wegen Sprengens einer Versammlung nach § 21 Versammlungsgesetz in Betracht kommt. „

Strafzumessung III: „Gemeinschaftlich“ sind eben mehrere, oder Doppelverwertung

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Und dann noch als letzte Entscheidung: Über das BGH, Urt. v. 08.12.2016 – 1 StR 351/16 – habe ich schon einmal in einem anderen Zusammenhang berichtet (vgl. dazu Das Schmerzensgeld und der Exzess des Mittäters, oder: Zu hoch). Ich komme dann heute auf die Entscheidung noch einmal wegen der vom BGH auch angesprochenen Strafzumessungsfrage zurück. Es geht in dem Urteil u.a. um die Veurteilung wegen einer Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, also in der Form der Tatbegehung „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“. Insoweit beanstandet der BGH die Strafzumessung. Das LG hatte dazu ausgeführt:

Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung das Folgende ausgeführt: „Zu seinen Lasten waren die von ihm verursachten nicht unerheblichen Verletzung[en] des Opfers zu werten. Zum anderen war die Tatsache zu werten, dass die Angeklagten zu dritt auf ein einzelnes Opfer einschlugen…. Darüber hinaus war zu seinen Lasten zu werten, dass er von den vorangegangenen Provokationen des Geschädigten selbst nicht betroffen war.“

Dazu der BGH:

2. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die diesen Angeklagten betreffenden Strafzumessungserwägungen weisen in mehreren Punkten Rechtsfehler auf………..

a) Hätte das Opfer dem Angeklagten K. durch eine Provokation Anlass zur Tat gegeben, wäre dies ein Umstand, der den körperlichen Übergriff in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte. Mit der Erwägung, der Angeklagte sei vom Opfer nicht provoziert worden, wird daher zu Lasten des Angeklagten unzulässig das Fehlen eines Milderungsgrunds in die Strafzumessung eingestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. November 2013 – 1 StR 525/13, NStZ 2015, 517; vom 8. Januar 2015 – 2 StR 233/14, NStZ 2015, 333 f. und vom 15. September 2015 – 2 StR 21/15, NStZ-RR 2016, 40).

b) Die Erwägung, dass zu Lasten des Angeklagten K. „die … nicht unerheblichen Verletzungen des Opfers“ strafschärfend berücksichtigt werden müssen, lässt befürchten, dass diesem Angeklagten diejenigen Verletzungen uneingeschränkt zugerechnet worden sind, die auf dem einen Exzess darstellenden Einsatz des Nothammers durch den Mitangeklagten J. beruhen.

c) Nicht unbedenklich erscheint zudem die strafschärfende Erwägung der Kammer, die Angeklagten hätten zu dritt auf das Opfer eingeschlagen; denn eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in der Form der Tatbegehung „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ setzt bereits voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Das Zusammenwirken mehrerer als solcher darf daher nicht strafschärfend berücksichtigt werden. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB. Zulässig wäre es freilich, die erhöhte Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation infolge einer Beteiligung von mehr als zwei Personen straferhöhend heranzuziehen.“

Wenn ein „Aushilfslehrer“ einem Schüler „eine knallt“, oder: Gerechtfertigte Ohrfeige?

entnommen wikimedia.org Urheber Photo: Andreas Praefcke

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Heute dann mal ein Tag der OLGs. Zunächst der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.06.2016 – 1 Ws 63/16 -, der schon länger in meinem Blogordner hängt. Aber es ist mit etwas anderes dazwischen gekommen. Aber heute bringe ich ihn dann.

Frohes Fest, oder: Wenn die Stimmung an Hl. Abend schlecht ist, gibt es eben Cannabiskekse

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Manchmal kann man nach dem Lesen einer Entscheidung nur sagen/fragen: Echt, oder wollen die mich veräppeln? Nun, das würde man von einem OLG natürlich nie annehmen. Aber diese Frage habe ich mir auch nicht wegen des OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.02.2016 – 1 OLG 1 Ss 2/16 gestellt, sondern wegen des vom AG Rockenhausen festgestellten Verhaltens des Angeklagten.

Der Sachverhalt: Der Angeklagte besucht am Heiligabend des Jahres 2014 Muttern zu einem gemeinsamen Heiligabendfest. Und da es bei Muttern offenbar immer ein wenig langweilig und die Stimmung „schlecht“ ist, hat der Angeklagte für – nach seiner Ansicht – Stimmungsuafheller gesorgt. Er hat nämlich selbst gebackene Plätzchen mitgebracht, in die er Cannabis eingearbeitet hatte. Und die legt er für jeden Gast auf der Feier offen zugänglich auf den Tisch, auf dem auch normales Weihnachtsgebäck zum Verzehr abgelegt war. Anwesend sind auch zwei Minderjährige, die im Laufe des Abends jeweils von den Keksen „konsumiert“ haben, ebenso der Bruder des Angeklagten. Bei den Keksen war der psychoaktive Wirkstoffgehalt an THC zwar von denkbar geringer Natur, jedoch so hoch, dass einer der „Konsumenten“ nach dem Konsum fast eines ganzen Kekses Schweißausbrüche erlitt, kreidebleich wurde und zu zittern begann. Ein anderer Zeuge schmeckte bei dem Verspeisen eines der Kekse Haschisch.

Das AG  hat den den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren im minderschweren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung im minderschweren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Dagegen die Revision, die dann beim OLG Zweibrücken Erfolg hat, und zwar:

1. § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB

„Soweit das Amtsgericht die beim Zeugen T. A. aufgetretenen körperlichen Reaktionen in Form von Schweißausbrüchen, Zittern und dem zwischenzeitlichen Verlust der Gesichtsfarbe („kreidebleich“) als pathologischen Zustand in Form eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes qualifiziert, ist hiergegen zunächst rechtlich nichts zu erinnern. Der objektive Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB verlangt allerdings über das Vorliegen einer einfachen Gesundheitsschädigung hinaus, dass die verwendete Substanz nach der Art der Anwendung oder Zuführung des Stoffes, seiner Menge oder Konzentration, ebenso aber auch nach dem Alter und der Konstitution des Opfers mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung im Einzelfall verbunden ist (BGHSt 51, 18). Erheblich ist eine solche Schädigung dann, wenn sie nach Intensität oder Dauer überdurchschnittlich ist. Die beim Zeugen T. A. festgestellte Schädigung der Gesundheit in Form von Schweißausbrüchen, Zittern und dem zwischenzeitlichen Verlust der Gesichtsfarbe („kreidebleich“) weist für sich genommen eine erhebliche Beeinträchtigung nach Intensität oder Dauer noch nicht aus. Das Amtsgericht wäre daher gehalten gewesen, zusätzliche Feststellungen dazu zu treffen, ob die vom Angeklagten verwendete Menge (von circa 0,6 Gramm) Haschisch „mit einem psychoaktiven Wirkstoffgehalt an THC von denkbar geringer Natur“ mit der konkreten Gefahr einer weitergehenden erheblichen Schädigung der Gesundheit des Zeugen T. A. verbunden gewesen ist.“

2. § 223 Abs. 1 StGB

Die getroffenen Feststellungen tragen weiter nicht den Schuldspruch wegen eines vorsätzlich begangenen Körperverletzungsdelikts.

Betäubungsmittel können bei ihrem Konsumenten Wirkungen hervorrufen, die sich als Gesundheitsschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB darstellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie zu Rauschzuständen, körperlichem Unwohlsein – insbesondere nach Abklingen der Rauschwirkungen – oder zur Suchtbildung bzw. zu Entzugserscheinungen führen (BGH NJW 1970, 519). Wer Betäubungsmittel verabreicht, hierdurch derartige Wirkungen bzw. Erscheinungen bei dem Betroffenen erzielt und dies zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes zwingend in Kauf nimmt, verwirklicht daher den objektiven und subjektiven Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung. Jedoch muss nicht jeder Betäubungsmittelkonsum bzw. jede Betäubungsmittelgabe zu einer Gesundheitsschädigung im dargestellten Sinne führen. Insbesondere beim Konsum leichter Drogen in geringer Dosis müssen die normalen Körperfunktionen nicht derart beeinflusst werden, dass von einem – sei es auch nur vorübergehenden – pathologischen Zustand (vgl. BGHSt 43, 346, 354 m.w.N.) gesprochen werden kann. Wer bei der Verabreichung von Betäubungsmitteln nur derartige Wirkungen hervorrufen will oder billigend in Kauf nimmt, macht sich daher nicht der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig (BGHSt 49, 34).

Zum Motiv des Angeklagten hat das Amtsgericht die vom Angeklagten eingeräumten Absicht festgestellt, durch sein Verhalten die sonst immer so schlechte Stimmung auf der Weihnachtsfeier aufzuhellen, indem er mittels der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol auf die Psyche anderer einwirken wollte. Hiermit ist nicht zwingend der Vorsatz hinsichtlich der nachteiligen Beeinflussung der normalen Körperfunktion des Konsumenten verbunden. Ob der Angeklagte die nachteiligen Einwirkungen auf den Gesundheitszustand seines Bruders T. A. in Form von Schweißausbrüchen, Zittern und dem zwischenzeitlichen Verlust der Gesichtsfarbe („kreidebleich“) in seinen Vorsatz aufgenommen hatte, ist durch die Feststellungen des Amtsgerichts nicht belegt.“

3. Unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln

„Schließlich sind die Feststellungen des Amtsgerichts zum Schuldspruch wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine andere Person unter 18 Jahren in einem minderschweren Fall lückenhaft.

Der § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG setzt in der Tatbestandsvariante der Abgabe an Minderjährige voraus, dass diese über die Betäubungsmittel Verfügungsgewalt erlangen, die beim bloßen Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch regelmäßig nicht vorliegt (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 347). Abgabe auf Seiten des Überlassenden und Erwerb oder Besitz auf Seiten des Empfängers sind mangels Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt nicht gegeben, wenn Rauschgift nur zum Mitgenuss bzw. in verbrauchsgerechter Menge zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben wird (vgl. BGH StV 1992, 66; BayObLG NStZ 1990, 395; StV 1988, 206; OLG Nürnberg StraFo 2006, 122; OLG München NStZ 2006, 579). Bei einem solchen räumlich – zeitlichen und finalen Zusammenhang bleibt die Verfügungsmacht bei dem Übergebenden, weil dieser allein bestimmt, ob und inwieweit das Betäubungsmittel für den Genuss bereitgestellt wird oder nicht. Der Übernehmende empfängt das Betäubungsmittel nicht zur freien Verfügung, sondern zum alsbaldigen Verbrauch, gleichsam unter fortwirkender Aufsicht des Übergebenden….“

Da kann man nur sagen: Frohes Fest 🙂 .