Schon wieder Handy habe ich gedacht, als ich über Jurion auf den OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.06.2011 – 4 Ws 136/11 – mit einem von einer Vorsitzenden einer Strafkammer für die Hauptverhandlung ausgesprochenen Handyverbot egstoßen bin, dnn aber schnell festgestellt, dass eben eine andere Frage als offenbar beim LG München eine Rolle spielt. Zu dem Beschluss des OLG Stuttgart hat ja bereits der Beck-Blog unter dem Titel: Aus der NJW: Kein Handy für den Verteidiger im Sitzungssaal gebloggt. M.E. ist die Überschrift dieses Beitrags so nicht richtig bzw. geht zu weit. Denn schon der Leitsatz 3 des Beschlusses des OLG – hier der kostenlose Volltext – enthält m.E. eine Einschränkung:
„3. Der Vorsitzende kann eine sitzungspolizeiliche Maßnahme auch dann treffen, wenn durch sie sichergestellt werden soll, die materielle Wahrheit zu finden. Deshalb kann er den Verteidigern untersagen, ihre Mobiltelefone in den Sitzungssaal mitzunehmen, wenn andernfalls die Gefahr bestünde, dass die in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten auf diese unbemerkt zugreifen und sie zu unüberwachter Telekommunikation nutzen.“
Liest man den Beschlusstext, stellt man m.E. fest, dass es nicht um das grund-/einschränkungslose Verbieten des Beischführens eines Handys in der Hauptverhandlung geht, was m.E. auch so ohne weiteres wegen der vom OLG Stuutgart selbst angeführten Entscheidung des BVerfG v. 05.1.206 nicht zulässig wäre. Es heißt dort:
„….Zu Recht geht die Vorsitzende davon aus, dass die so verstandene Ordnung in der Sitzung hier tatsächlich gefährdet ist. Die Annahme einer Gefahr gründet sich dabei nicht etwa unzulässigerweise auf ein allgemeines Misstrauen gegenüber den Verteidigern (vgl. hierzu BVerfG [Nichtannahmebeschluss] vom 5. Januar 2006 – 2 BvR 2/06, zitiert nach juris). Vielmehr beruht sie auf einem sachlichen Grund: Die von der Staatsanwaltschaft Stuttgart am 17. Mai 2011 zur Akte gereichten TKÜ-Protokolle belegen, dass der Mitangeklagte am 14. März 2011 das Mobiltelefon von Rechtsanwalt, des Verteidigers des Mitangeklagten während Sitzungspausen mehrfach benutzte und es im Rahmen eines Telefonats auch dem Mitangeklagten kurzfristig überließ…“
Es gab also für die Vorsitzende aus ihrer Sicht einen konkreten Grund für das „Handyverbot“. Ob dann das eingeräumte Ermessen (so das OLG) richtig ausgeübt ist, wie das OLG meint, steht auf einem anderen Blatt. Mir leuchtet nicht ein, warum den Verteidigern die Mitnahme der Handys in den Gerichtssaal verboten wird, bei den Nebenklagevertretern und der Staatsanwaltschaft es hingegen bei der ursprünglichen Verfügung bleibt, dass diese zwar ihre Handys mitnehmen dürfen, diese aber auszuschalten sind, vgl. hier:
„In Vorbereitung der Hauptverhandlung beschloss die Vorsitzende mit sitzungspolizeilicher Verfügung vom 15. Februar 2010 unter Ziffer III. 4 u.a., dass die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger der Angeklagten und die Nebenklägervertreter ihre Mobiltelefone zwar in den Sitzungssaal mitnehmen dürften, dass diese aber auszuschalten seien.“
Reicht das nicht auch für Verteidiger weiterhin, es sei denn, man geht (doch) davon aus, dass die Verteidiger dem Angeklagten das Handy, mit dem das der neuen Verfügung zugrunde liegende Gespräch geführt worden ist, zur Verfügung gestellt oder stellt die Verteidiger inzidenter doch unter einen „Generalverdacht“. Unüberwate Gespräche kann man auch durch ausgeschaltete Handys verhindern – kennen die Angeklagten, die auf das Handy zugreifen wollen (wie eigentlich, wenn der Verteidigere bei sich trägt?) das Kennwort, um es benutzen zu können? Und: Kann der Angeklagte ggf. auf die anderen Handy nicht ebenfalls zugreifen?
Und völlig offen ist de Frage: Was ist eigentlich mit den Handys der Gerichtsmitglieder? 🙂