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Ein Bisschen was Neues zu PoliscanSpeed

Poliscan Speed - Radar„Ein Bisschen was Neues zu PoliscanSpeed“ – mit dem Begleitsatz hat mir der Verteidiger, der den Beschluss „erstritten“ hat, den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.07.2015 – 2 (6) SsBs 368/15-AK 117/15 – übersandt. In der Tat: Keine Sensation. Das wäre es gewesen, wenn das OLG von seiner und der Meinung anderer OLG (endlich) abgewichen wäre und man PoliscanSpeed – wie es einige AG tun – nicht (mehr) als standardisiertes Messverfahren angesehen hätte. Daran hält das OLG aber fest, schraubt jedoch ein wenig an den erforderlichen Feststellungen:

Nach den Feststellungen wurde die Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät des Typs PoliScan Speed des Herstellers Vitronic durchgeführt. Dabei handelt es sich nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung – auch aller drei Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Karlsruhe – um ein sog. standardisiertes Messverfahren (Senat VRS 127, 241; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2014, 352; OLG Düsseldorf VRR 2010, 116 und Beschluss vom 14.7.2014 – IV-1 RBs 50/14, bei juris; KG VRS 118, 367; OLG Frankfurt VRR 2010, 203; DAR 2015, 149; OLG Stuttgart Die Justiz 2012, 302; OLG Köln Beschluss vom 30.10.2012 – 111-1 RBs 277/12, bei juris, und NZV 2013, 459; OLG Bamberg DAR 2014, 38; OLG Schleswig SchlHA 2013, 450), bei dem sich der Tatrichter ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte darauf beschränken kann, in den Urteilsgründen das verwendete Messverfahren und das Messergebnis unter Berücksichtigung des Toleranzabzugs mitzuteilen (BGHSt 39, 291; 43, 277). Voraussetzung ist indes, dass die Messung unter Beachtung der Betriebsanleitung des Geräteherstellers und der Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) vorgenommen wurde (BGHSt 43, 277). Nachdem der Betroffene vorliegend ausdrücklich in Frage gestellt hatte, ob die Auswertung mit einer Softwareversion vorgenommen wurde, die von der PTB zugelassen war, hätte es dazu näherer Feststellungen bedurft. Deren Fehlen stellt deshalb einen Darlegungsmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils mit Ausnahme der Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen, die von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind, führt.“

Also: Nur ein Bisschen was Neues …..

Immer wieder dieselben Lücken im Urteil –> Aufhebung

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Zwei in amtsgerichtlichen Urteilen immer wieder vorkommende Fehler führten beim OLG Bamberg zur Aufhebung einer Verurteilung eines Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Der OLG Bamberg, Beschl. v. 02.04.2015 – 2 Ss OWi 251/15 – legt den Finger noch einmal in die Wunde, wenn es in den beiden Leitsätzen zum Inhalt der Urteilsgründe dort heißt:

  1. Auch dann, wenn die Feststellung eines Geschwindigkeitsverstoßes auf einem standardisierten Messverfahren beruht, muss sich aus den Urteilsgründen regelmäßig ergeben, wie sich der Betroffene eingelassen hat und ob der Tatrichter der Einlassung gefolgt ist oder ob und inwieweit er sie für widerlegt angesehen hat.
  2. Hat das Amtsgericht – auch bei Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens zur Ordnungsgemäßheit der Geschwindigkeitsmessung einen Sachverständigen beauftragt, um sich der Korrektheit der Messung im konkreten Einzelfall zu versichern, und sich dessen Gutachten angeschlossen, so müssen in den Urteilsgründen die Ausführungen des Sachverständigen in einer (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergegeben werden, um dem Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen.

Grund für die Aufhebung: Auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird. Vor allem muss dann, wenn der Betroffene die Tat bestreitet, das Urteil erkennen lassen, aufgrund welcher Tatsachenfeststellungen das AG diese Einlassung für widerlegt hält.

Als Verteidiger muss man solche Fehler mit der Sachrüge geltend machen (§ 267 StPO). Und der ein oder andere wird sich fragen: Was bringt es? Nun, es bringt Zeit und die kann man bei der Fahrverbotsentscheidung ggf. gut gebrauchen.

Motorradfahrer „siegt“ (?) mit 212 km/h, aber: Teures Missverständnis

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Ausgerechnet einen Videomesswagen der Autobahnpolizei hat sich ein 23-Jähriger Motorradfahrer als „Wettfahrtpartner“ auf der BAB A 24 ausgesucht. Der 23-jährige erreichte bei der Fahrt eine Geschwindigkeit von 212 km/h. Ob er damit gewonnen hat oder ob der Videomesswagen die Nase vorn hatte, wird in der Presse-Nachricht, die ich u.a. hier gefunden habe, nicht erwähnt.

Aber verloren hat der Motorradfahrer jedenfalls an ganz anderer Stelle. Erlaubt war auf der BAB nämlich nur eine Geschwindigkeit von 130 km/h. Die Fahrt wird also teuer: Nach Auskunft der Polizei „kostet“ die Wettfahrt drei Monate Fahrverbot und eine Geldbuße von 630 €.

Also: „Teures Missverständnis“ bzw. teure Wettfahrt und die Bestätigung des Satzes: Man soll sich seinen Partner immer gut aussuchen, egal wofür 🙂 . Allerdings: Wettfahrten im Straßenverkehr. Das geht gar nicht. Unabhängig von der Geschwindigkeitsüberschreitung: § 29 StVO lässt grüßen.

Ring frei zur nächsten Runde? oder: Geblitzt – ausgewertet von Privaten – Freispruch

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Der Kollege Noack hat vor kurzem von einem von ihm erstrittenen Urteil des AG Parchim berichtet (vgl. Geblitzt von der Vetro GmbH – Freispruch!), in dem dieses seinen Mandanten vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung frei gesprochen hat, offenbar weil die Messdaten von einer privaten Firma auswertet worden sind. Das Urteil des AG Parchim kenne ich (noch) nicht, mir ist aber von einem anderen Kollegen das AG Kassel, Urt. v. 14.04.2015 – 385 OWi – 9863 Js 1377/15 – übersandt worden.

Das hat den Betroffenen dort ebenfalls vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung frei gesprochen. Nach den Feststellungen des AG erfolgte die Auswertung der Messdaten, die aus einer eine stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage 5350 der Firma Jenoptik stammten, ebenfalls faktisch durch die Fa. Jenoptik, ohne dass die Ergebnisse von der Behörde überprüft wurden. Das führt nach Auffassung des AG zur Unverwertbarkeit, also zu einem „Beweisverwertungsverbot“:

„Diese Umstände führen dazu, dass vorliegend faktisch ein Privatunternehmen die alleinige Auswertung der Datensätze übernommen hat.

Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Geschwindigkeitsmessung im Rahmen eines Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahrens ureigene hoheitliche Aufgabe ist. Es ist daher völlig unverständlich, warum die Ordnungsbehörde ihre ureigene Aufgabe an ein Privatunternehmen vollständig delegiert und dieses nicht einmal überprüft. Unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen, dass das Privatunternehmen lediglich dann Geld für seine Arbeit bekomme wenn das Messergebnis verwertbar sei, ist hierfür der einzig nachvollziehbare Grund darin erkennbar, dass die Ordnungsbehörde die Delegation ihrer eigenen Aufgaben deshalb unternimmt, um eigene Kosten zu sparen. Hierbei verkennt die Ordnungsbehörde jedoch, dass es sich bei einer Geschwindigkeitsüberwachungen nicht um ein Erwerbsgeschäft handelt mit welchem ein Gewinn erworben werden soll, sondern einzig und allein um eine Maßnahme zur Sicherstellung der Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr.

Völlig unverständlich wird diese Situation spätestens dann, wenn man berücksichtigt, dass das hier faktisch auswertende Privatunternehmen, welches als GmbH satzungsgemäß ein Gewinnstreben unterliegt, lediglich dann einen monetären Ertrag für seine Arbeit erhält, wenn die Messung als verwertbar eingestuft wird. Die Entscheidung, ob die Messung verwertbar ist oder nicht, oblag vorliegend jedoch faktisch dem Unternehmen selbst. Das hierdurch entstehende Eigeninteresse an dem Ergebnis der Auswertung der Messung stellt ein Interessenkonflikt dar, der im Rahmen einer hoheitlichen Messung nicht zu akzeptieren ist.

Unter Berücksichtigung dieser Sachlage konnte das Gericht keine hinreichende Überzeugung davon finden, dass die Messergebnisse, wie sie dem Gericht von der Ordnungsbehörde vorliegend präsentiert wurden, unverändert sind. Ohne eine entsprechende Überzeugungsbildung dahingehen sieht sich das gilt jedoch nicht in der Lage den Betroffenen entsprechen des Bußgeldbescheids zu verurteilen.“

Ring frei zur nächsten Runde? Na ja, jedenfalls wird man das bei Jenoptik nicht so gerne lesen. Und: ich bin mal gespannt, ob das OLG Frankfurt sich äußern muss, ob also die Staatsanwaltschaft in die Rechtsbeschwerde geht.

Die Entscheidung beweist: Bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren gibt es „Verteidigungspotential“.

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Ein wenig stifemütterlich behandelt habe ich in der letzten Zeit die „Rubrik“ „Bußgeldverfahren/OWi“. Da kommt es mir gerade Recht, dass ich auf den in meinem Blogordner hängenden und auf eine Veröffentlichung wartenden KG, Beschl. v. 27.10.2014 – 3 Ws (B) 467/14 stoße. Nichts Revolutionäres, aber eine recht schöne Zusammenfassung der Grundsätze der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit den Leitsätzen:

  1. Die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tachometer ist kein standardisiertes Messverfahren. 
  2. Der Tatrichter muss daher grundsätzlich mitteilen, wie lang die Messtrecke und wie groß der Verfolgungsabstand war.
  3. Bei Dunkelheit sind in der Regel Darlegungen zu den Sichtverhältnissen erforderlich. Die von der Rechtsprechung entwickelten Richtwerte für die Messstrecke und den Verfolgungsabstand sind nicht starr anzuwenden. Abweichungen und Unklarheiten können durch weitere Feststellungen kompensiert werden.

die im Wesentlichen auf folgenden Ausführungen des KG basieren:

„Zwar ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters, dessen Überzeugungsbildung das Rechtsbeschwerdegericht nur darauf prüft, ob sie auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Dies ist namentlich der Fall, wenn sie mit gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen oder unbezweifelbarem Erfahrungswissen unvereinbar ist, Widersprüche oder sonstige Verstöße gegen die Gesetze der Logik enthält oder Lücken aufweist, sich insbesondere nicht mit nahe liegenden alternativen Geschehensabläufen befasst, obwohl sich dies nach dem Beweisergebnis aufdrängt (vgl. BGH NJW 2007, 384). Für die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist anerkannt, dass sie als Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann ausreichen kann, wenn der Tachometer des nachfahrenden Fahrzeugs ungeeicht und nicht justiert war. Wie der zumindest überwiegende Teil der oberlandes-gerichtlichen Rechtsprechung hält der Senat die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tachometer allerdings nicht für ein standardisiertes Messverfahren (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, § 3 StVO 42. Aufl., Rn. 56b) im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BayObLG DAR 1996, 323; OLG Hamm DAR 1998, 75; OLG Koblenz DAR 1994, 248; Thüringisches OLG VRS 111, 195; a. A. wohl BGH NJW 1993, 3081), so dass sich der Tatrichter in jedem Einzelfall mit der Zuverlässigkeit der Messung und der Einhaltung der Voraussetzungen für die Verwertbarkeit auseinandersetzen muss. Insoweit hat die Rechtsprechung Richtlinien für die beweissichere Feststellung einer durch Nachfahren ermittelten Geschwindigkeitsüberschreitung entwickelt. Danach müssen die Messstrecke ausreichend lang und der Abstand des nachfolgenden Fahrzeugs gleich bleibend und möglichst kurz sein; zugleich muss die Geschwindigkeitsüberschreitung wesentlich sein (vgl. Zusammenstellung und Nachweise bei Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche Owi-Verfahren, 3. Aufl., Rn. 1369, 1540). Bei in Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen durchgeführter Messung sind zusätzlich Angaben über die Beobachtungsmöglichkeiten der Polizeibeamten erforderlich (BayObLG DAR 2000, 320; OLG Hamm DAR 2002, 176). Für die hier festgestellten Rahmenbedingungen gilt im Einzelnen: Bei Geschwindigkeiten von 100 km/h und mehr sollen die Urteilsfeststellungen belegen, dass die Messstrecke nicht kürzer als 500 Meter war (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2001 – 3 Ws (B) 516/01 – [juris]; OLG Bamberg DAR 2006, 517; OLG Braunschweig DAR 1989, 110). Bei Geschwindigkeiten über 90 km/h soll der Verfolgungsabstand nicht mehr als 100 Meter betragen (vgl. BayObLG DAR 1996, 288; OLG Düsseldorf NZV 1990, 318; Thüringisches OLG aaO). Je kürzer die Messstrecke ist, desto genauere Angaben sind im Urteil über den Abstand zu machen (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg DAR 1977, 52; Schleswig-Holsteinisches OLG VerkMitt 1974, Nr. 42).“

Die Entscheidung beweist mal wieder: Bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren gibt es „Verteidigungspotential“.