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Knatsch im 2. Strafsenat des BGH?

BGH-Gebaeude-e1401091568914Als ich den BGH, Beschl. v. 24.06.2014 – 2 StR 73/14 – gelesen hatte, habe ich dann (nur) gedacht: Na, wenn das man nicht Knatsch im 2. Strafsenat gibt? Da ist die Katze = der Vorsitzende, VorsRiBGH Fischer – nicht im Hause, jedenfalls am Beschluss nicht beteiligt, und was machen die Mäuse = die Beisitzer? Sie machen eine Entscheidung, die dann auch noch für BGHSt bestimmt, ist, in der es heißt: A.A. Fischer, …“. Nun, ob es Knatsch gibt, weiß ich nicht, ich denke der Vorsitzenden kann damit leben (muss er ja auch 🙂 ), aber gerne lesen wird er es wahrscheinlich nicht.

Zur Sache: Es geht um die Gebrauchsanmaßung/Unbefugte Ingebrauchnahme eines Pkw (§ 248b StGB) – sicherlich keine Vorschrift, an der die juristische Welt hängt, aber immerhin. Zum Sachverhalt: Nach den [landgerichtlichen] Feststellungen mietete der Angeklagte zusammen mit seiner damaligen Freundin bei der Firma E. in A. einen PKW Volvo XC 60. Die Rückgabe des Fahrzeugs war für den 2. März 2013 vereinbart. Nachdem der Angeklagte sich am 27. Februar 2013 von seiner Freundin getrennt hatte und deshalb nicht mehr bei ihr übernachten konnte, behielt er den PKW fortan, um darin zu schlafen. Am 9. April 2013 wurde er wieder von seiner Ehefrau aufgenommen, weshalb er das Fahrzeug am Morgen des 10. April 2013 zur Autovermietung zurückbrachte. Die Autovermietung stellte Strafantrag.“ Die Strafkammer hat wegen eines Verstoßes gegen § 248b StGB verurteilt:

Der 2. Strafsenat – ohne seinen (planmäßigen) – Vorsitzenden sagt:

2. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall 42 wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs gemäß § 248b StGB wird von den Feststellungen nicht getragen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 248b StGB sind nicht belegt.

a) Das Dauerdelikt des § 248b StGB erfasst das Ingebrauchnehmen eines Kraftfahrzeugs gegen den Willen des Berechtigten. Unter dem Gebrauch eines Fahrzeugs ist dessen vorübergehende Nutzung – seinem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend – als Fortbewegungsmittel zu verstehen. Erforderlich ist das Ingangsetzen des Fahrzeugs zur selbständigen Fahrt. Die bloße Inbetriebnahme durch Anlassen des Motors reicht daher ebenso wenig aus wie die Nutzung eines parkenden Fahrzeugs zum Schlafen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1957 – 4 StR 523/57, BGHSt 11, 47, 50; Eser/Bosch in Schön-ke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 248b Rn. 4; Kindhäuser in Kindhäu-ser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 248b Rn. 3). Ein Gewahrsamsbruch ist regelmäßig nicht erforderlich, weshalb dem Ingebrauchnehmen das unbefugte Ingebrauchhalten gleichstellt ist (BGH aaO; OLG Schleswig NStZ 1990, 340). Es ist daher ausreichend, wenn – wie bei der Benutzung eines Mietwagens nach Ablauf der Mietzeit – die Berechtigung des Täters nachträglich wegfällt und er die Sache somit als „Nicht-mehr-Berechtigter“ nutzt (vgl. Kindhäuser aaO Rn. 6).

b) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs war die durch den Angeklagten nach Ablauf der vertraglichen Mietzeit bis zum 9. April 2013 erfolgte Weiternutzung des Fahrzeugs als Schlafplatz zwar unberechtigt, d.h. gegen den Willen der Autovermietung; sie stellt jedoch mangels Fortbewegung des Fahrzeugs kein Ingebrauchnehmen im Sinne des § 248b StGB dar.

Ein Ingebrauchnehmen des Fahrzeugs liegt dagegen vor, soweit der Angeklagte das Fahrzeug nach Ablauf der Mietzeit am 10. April 2013 auf das Gelände der Autovermietung zurückbrachte und dort abstellte. Doch auch insoweit ist ein tatbestandsmäßiges Handeln des Angeklagten nicht belegt, denn die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die am 10. April 2013 allein zum Zwecke der Rückführung des Fahrzeugs erfolgte Ingebrauchnahme auch „gegen den Willen“ der alleinverfügungsberechtigten Autovermietung erfolgte. Dies war hier aber erforderlich:

Ist die Nutzung eines Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel – wie hier – gerade nicht auf die Verletzung der uneingeschränkten Verfügungsmöglichkeiten des Berechtigten gerichtet, sondern vielmehr auf deren Wiedereinräumung (vgl. Hohmann in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 248b Rn. 12), liegt die Vermutung nahe, dass die Ingebrauchnahme des Fahrzeugs insoweit im Einverständnis des Berechtigten erfolgte. Die Rückführung eines Fahrzeugs durch einen an sich Unberechtigten erfolgt daher regelmäßig nicht „gegen den Willen des Berechtigten“, sondern ist von dessen mutmaßlichem Interesse gedeckt (OLG Düsseldorf, NStZ 1985, 413; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 248b Rn. 8; aA Fischer, StGB, 61. Aufl., § 248b Rn. 6). Der vom Tatbestand des § 248b StGB vorausgesetzte entgegenstehende Wille des Berechtigten erfordert deshalb im Falle der Rückführung eines Fahrzeugs entsprechende ausdrückliche Feststellungen.“

Ob man drüber gesprochen 🙂 hat im 2. Strafsenat? Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren.

Strafantrag – manchmal übersehen – hier ohne messbare Folgen

Das in der Revision von Amts wegen zu beachtende Strafantragserfordernis wird manchmal übersehen bzw. in dem ein oder anderen Fall wird nicht sorgfältig genug darauf geachtet, ob ein wirksamer Strafantrag vorliegt.

So auch in BGH, Beschl. v. 17.02.2011 – 3 StR 477/10, in dem es u.a. um eine Verurteilung wegen unbefugten Gebrauchs eines Kfz ging.  Dort hatte der Eigentümer eines LKW Strafanzeige wegen eines mit einem LKW versuchten Diebstahl gestellt. Der BGH sagt, dass das unbefugte Gebrauchen des LKW davon nicht mit umfasst ist. Es fehlte somit im Hinblick auf eine solche Tat damit an einer nicht nachholbaren Verfahrensvoraussetzung mit der Folge der Verfahrenseinstellung.

Allerdings – wie so häufig – ohne messbare Folgen:

„Die Schuldspruchberichtigung lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann angesichts der Nichterwähnung der zur Verurteilung nach § 248b Abs. 1 StGB führenden Umstände in den Strafzumessungserwägungen des landgerichtlichen Urteils ausschließen, dass der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeuges zu einer milderen Strafe geführt hätte.“