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EuGH zum Führerscheintourismus/zur Anerkennung einer ausländischen FE

Von verschiedenen Bloglesern bin ich auf EuGH, Urt. v. 01.03.2012 – Rechtssache C-467/10 – Akyüz – hingewiesen worden. Den Hinweis will ich dann vor dem beginnenden Wochenende noch weitergeben, und zwar

Die PM ist überschrieben:

Die Weigerung eines Mitgliedstaats, einen Führerschein auszustellen, kann die Nichtanerkennung eines später in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Führerscheins nicht rechtfertigen. Ein Mitgliedstaat kann jedoch die Anerkennung des Führerscheins verweigern, wenn aufgrund von unbestreitbaren, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen feststeht, dass der Inhaber des Führerscheins die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht erfüllte.“

Mal sehen, was das Urteil Neues bringt. Wenn doch die EuGH-Urteile nur nicht so schwierig zu lesen wären :-). Finde ich jedenfalls.

2,21 ‰ – 315c StGB – aber keine Entziehung der Fahrerlaubnis

Sicherlich eine überraschende Einzelfallentscheidung ist das AG Leer, Urt. v. 24. 8. 2011 – 6c Cs 420 Js 27526/10 – 150/11, dass bei dem Angeklagten, der mit 2,21 ‰ von der Fahrbahn abgekommen und mit einem anderen Pkw zusammengestoßen war, zwar § 315c StGB bejaht, aber einen Regelfall i.S. des § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint und die Fahrerlaubnis nicht entzogen hat. Begründung:

„Durch die Einlassung des Angeklagten und das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Fachpsychologen für Verkehrspsychologie vom 22.08.2011 ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte durch eine Aufarbeitung seines Fehlverhaltens wieder zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist. Der Angeklagte hat eingeräumt, aufgrund einer beruflichen und privaten Überlastung in dem Jahr vor dem Unfall in erheblichem Maße Alkohol konsumiert zu haben, wobei er nach dem Gutachten aber nicht i. S. d. ICD-10 Kriterien Alkoholiker war. Er habe während dieser Zeit seine Ausbildung zum Versicherungskaufmann absolviert und nebenher gearbeitet. Dies habe ihn stark unter Druck gesetzt, weil er Lernerfolge erzielen und gleichzeitig für seine Familie Zeit haben und diese ernähren musste. Seit dem Unfall lebt der Angeklagte in völliger Alkoholabstinenz, was durch eine in der Hauptverhandlung verlesene Bescheinigung von Dr. med. B., Oldenburg, nachgewiesen wurde. Der Angeklagte gab auch an, sich seither körperlich und geistig weitaus besser zu fühlen.

Diese Nachweise und der Umstand, dass der über keinerlei Voreintragungen verfügende Angeklagte als – originärer – Außendienstmitarbeiter einer Versicherung auf seinen Führerschein angewiesen ist, haben das Gericht dazu bewegt, die Fahrerlaubnis vorliegend nicht zu entziehen.“

Also, so ganz klar werden die Gründe nicht, vor allem nicht, wie der Angeklagte sein Fehlverhalten ausgearbeitet hat. Aber eine Argumentationshilfe kann die Entscheidung ggf. sein. Im Einzelfall 🙂

Fahrradfahren mit 2,08 ‰ – Fahrerlaubnis auch noch nach 5 Jahren futsch

Im VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 11.08.2011 – 7 L 825/11 ist jetzt entschieden, dass allein die Nichtvorlage einer angeordneten MPU nach einer Verkehrsteilnahme mit 2,08 Promille zum Entzug der Fahrerlaubnis berechtigt.

Es ging um einen Fahrzeugführer, der im Verkehr ein Fahrrad mit einer BAK von 2,08 Promille geführt hatte und der Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, nicht nachgekommen war. Das VG sagt, dass ihm die dann zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Seien die Voraussetzungen für die Anordnung einer MPU erfüllt, da der Fahrzeugführer- wie hier –  wegen einer Fahrt mit Strafbefehl  zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei, so sei es rechtlich auch nicht erheblich, dass diese Tat im Zeitpunkt der Anordnung der MPU knapp fünf Jahre zurücklag. Die Fahrerlaubnis-Verordnung schreibe keine zeitliche Grenze für die Anordnung der Begutachtung vor, sodass sich eine solche grundsätzlich nach den Tilgungsfristen für die Eintragungen im VZR (hier: 10 Jahre) richte. Die Behörde sei allein wegen der Nichtvorlage des Gutachtens berechtigt, auf die Nichteignung des Antragstellers zu schließen und die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Die britische „driving license“ in Deutschland

Folgender Sachverhalt:
Der Angeklagte, dem die Fahrerlaubnis in Deutschland entzogen worden war, befuhr mit einem Pkw öffentliche Straßen. Er war lediglich im Besitz eines für die erforderlichen Fahrerlaubnisklassen ausgestellten
britischen Führerscheins („driving licence“) mit dem Ausstellungsdatum 26. November 2008, den er im Wege des Umtausches seines deutschen Führerscheins (Code 70D) erworben hatte. Anklage und Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Revision hatte beim OLG Oldenburg keinen Erfolg. Der Leitsatz des OLG Oldenburg, Beschl. v. 19.09.2011 – 1 Ss 116/11:

„Eine britische „driving licence“ stellt keine in Deutschland anzuerkennende Erteilung einer Fahrerlaubnis eines EU-Staates dar, wenn sie lediglich im Wege des Umtausches eines deutschen Führerscheins
ausgestellt wurde.“

Ähnlich vor kurzem der OLG Hamm, Beschl. v. 26.07.2011, III – 5 RVs 32/11.

Entziehung der Fahrerlaubnis beim Jugendlichen: Kein Unterschied zum Erwachsenen

Das OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.08.2011 – 1 St OLG Ss 156/11 befasst sich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem Heranwachsenden im JGG-Verfahren. Das OLG weist darauf hin, dass bei der Entziehung der Fahrerlaubnis eines Jugendlichen gemäß § 69 StGB i.V.m. § 7 Abs. 1 JGG es allein auf dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und nicht auf erzieherische Erwägungen ankommt. Die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB finde daher auch im Rahmen des § 7 Abs. 1 JGG uneingeschränkt Anwendung.

Auch die Dauer der Sperrfrist gem. § 69 a StGB ist allein an der Ungeeignetheit des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden auszurichten. Sie darf nicht allein aus erzieherischen Gründen verkürzt werden. Zu der Frage bedarf es daher also keinerlei Ausführungen in den Urteilsgründen.