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U-Haft III: Kein Strafantrag, oder: Jetzt gibt es noch Entschädigung für erlittene U-Haft

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Bei der dritten „Haftentscheidung“ geht es ums Geld, und zwar um eine Entschädigung nach dem StrEG für vollzogene U-Haft.

Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 25.04.2017 – 3 StR 453/16. Ergangen ist er in einem Verfahren mit dem Vorwurf des Wohnungseinbruchdiebstahls. In dem hatte der BGH mit BGH, Beschl. v. 21.12.2016 – 3 StR 453/16 – das gegen die Angeklagte ergangene Urteil wegen Fehlen des Strafantrags aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Ich hatte darüber unter Kein Strafantrag ==> Einstellung des Verfahrens, oder: Muss man auf dem Schirm haben – berichtet. Jetzt geht es noch um eine Entschädigung für die Angeklagte wegen erlittener Untersuchungshaft nach § 2 Abs. 1 StrEG gegeben. Der BGH hat sie gewährt. Ausschluss- oder Versagungsgründe bestehen nach seiner Auffassung nicht:

„a) Insbesondere ist die Entschädigung nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen.

Zwar liegt ein in Bezug auf die Untersuchungshaft grob fahrlässiges Verhalten der Angeklagten vor. Zum einen beging sie nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen als Mittäterin rechtswidrig und schuldhaft den dem Haftbefehl vom 10. März 2016 zugrundeliegenden Wohnungseinbruchdiebstahl (vgl. – zu grober Fahrlässigkeit durch Begehung des verfahrensge-genständlichen Delikts – BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 1979 – 3 StR 396/79, BGHSt 29, 168, 171; vom 1. September 1998 – 4 StR 434/98, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit, grobe 6). Zum anderen forderte sie den Erlass des Haftbefehls dadurch leichtfertig heraus (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 5 StrEG Rn. 11 mwN), dass sie nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verhalten zeigte, auf Grund dessen das Landgericht zu Recht davon ausging, sie wolle sich – nunmehr – dem Strafverfahren entziehen.

Jedoch ist die Entschädigung nur ausgeschlossen, soweit die Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme auch verursacht hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang durch eine rechtsfehlerhafte Sachbehandlung seitens der Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte unterbrochen sein kann (s. auch BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 – 1 StR 765/94, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Ursächlichkeit 2; Beschluss vom 1. September 1998 – 4 StR 434/98, aaO). Eine derartige Unterbrechung tritt jedenfalls dann ein, wenn der Rechtsfehler zum Zeitpunkt der Anordnung oder Aufrechterhaltung der Maßnahme bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar war (zu diesem Prüfungsmaßstab s. KG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 4 Ws 48/11, NStZ-RR 2012, 30, 31; BeckOK StPO/Cornelius, § 5 StrEG Rn. 10 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO Rn. 7).

So liegt es hier. Schon bei Haftbefehlserlass fehlte es – wie im Beschluss vom 21. Dezember 2016 unter II. 1. b) dargelegt – an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages; zudem war es ausgeschlossen, einen solchen noch einzuholen. Beides hätte eine sorgfältige Prüfung zweifelsfrei ergeben. Das Landgericht hat indes bei der Beurteilung der Haftvoraussetzungen augenscheinlich übersehen, dass die Regelung des § 77 Abs. 2 StGB auf das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB nicht anwendbar ist, und sich dementsprechend mit einem originären Antragsrecht der Strafantragsteller erst gar nicht befasst. Weitere Tatvorwürfe gegen die Angeklagte waren weder angeklagt noch Gegenstand des Haftbefehls.“

Das Bild vom „Geldregen“ passt nicht so ganz. Denn Reichtümer sind es ja nun nicht, die die Angeklagte erwarten kann.

Angemessene Verfahrensdauer, oder: Nach Entscheidungsreife darf das Verfahren noch ein Jahr dauern

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Wie haben wir uns gefreut als die §§ 198, 199 GVG eingeführt worden sind und gedacht: Endlich. Endlich gibt es ein Instrument, dass die Gerichte zu schnellerem Arbeiten anhalten wird. Und wie sind wir alle (?) getäuscht/enttäuscht, wenn man sich die Anwendung der Vorschriften durch die Gerichte ansieht. Das ganze Prozedere lohnt sich nicht, denn die §§ 198, 199 GVG sind ein stumpfes Schwert, letztlich m.E. auch vom Gesetzgeber nur eingeführt, um den EGMR und die EU „ruhig zu stellen“. Dass dem so ist, zeigt z.B. der  OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.11.2016 – 4 EK 15/16.

Es geht um die Bewilligung von PKH für eine Klage wegen überlanger Verfahrensdauer. Der Antragsteller, der eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, hatte gem. § 109 StVG die StVK angerufen, nachdem die JVA ihm vollzugsöffnende Maßnahmen versagt hatte. Nach dem Ablauf von Stellungnahmefristen nahm die StVK zunächst für fünf Monate keine verfahrensfördernden Maßnahmen vor. Es folgten dann weitere Schriftsatzwechsel, u.a. wegen einer in Betracht kommenden Teilerledigung, ehe das Verfahren erneut, diesmal für weitere neun Monate und sieben Tage, nicht gefördert wurde.  Letztlich dauerte das Verfahren vom 30.07.2014 bis zum 07.07.2016. Am 08.04.2016 hatte der Antragsteller Verzögerungsrüge erhoben. Nunmehr begehrte er PKH für eine Klage, mit der er wegen überlanger Verfahrensdauer eine Entschädigung in Höhe von 1.200,00 EUR erstreiten will. Das OLG hat unter Ablehnung des Antrags im Übrigen PKH bis zu einer Entschädigungshöhe von 800,00 EUR bewilligt.

Das OLG meint schon, dass das Verfahren zu lang war, und zwar sei die Verfahrensdauer als um insgesamt acht Monate und sieben Tage unangemessen zu lang anzusehen. Zur „zulässigen“/zu langen Verfahrensdauer führt das OLG aus, dass nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung ausreicht. Die Verfahrensdauer müsse vielmehr eine Grenze überschreiten, die sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere Art, Inhalt und Umfang der zu treffenden Entscheidung, sowie der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeit und Bedeutung des zugrunde liegenden Rechtsstreits für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt. Dem Richter stehe zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ein weiter Gestaltungsraum zu.

Hinsichtlich der Person des Entscheidenden ist ein objektivierter Maßstab anzulegen, abzustellen ist mithin auf den Zeitraum, den ein pflichtgetreuer Durchschnittsrichter für die Erarbeitung einer derartigen Entscheidung benötigt (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.1986, III ZR 237/84, Rn. 29 – zitiert nach Juris). Darüber hinaus ist diesem ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, denn nicht nur rechtliche oder tatsächliche Beurteilungen eines Richters, sondern auch die Verfahrensführung als solche kann angesichts des verfassungsrechtlichen Grundsatzes richterlicher Unabhängigkeit nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2013, 4 EntV 18/12, Rn. 46 – zitiert nach Juris). Nach der Rechtsprechung des Senats ist einem Gericht in der Regel ein Zeitraum von einem Jahr (ab Entscheidungsreife) zuzubilligen, binnen dessen eine ausbleibende Entscheidung als noch nicht unangemessen erscheint (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.09.2013, 4 EntV 11/12 – zitiert nach Juris, für Verfahren nach § 109 StVollzG und Urteil vom 08.05.2013, 4 EntV 18/12, Rn. 46 ff. – zitiert nach Juris, für zivilrechtliches Prozesskostenhilfeverfahren). Eine Abweichung von dieser Regelfrist von einem Jahr kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Verfahrensgegenstand für die Partei aus besonderen Gründen in besonderer Weise eilbedürftig ist oder umgekehrt ohne besondere Bedeutung ist (zum Vorstehenden insgesamt: OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.07.2016, 4 EK 6/16, Rn. 29 – zitiert nach Juris).

Aber:

„Eine Abweichung von dieser Regelfrist von einem Jahr kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Verfahrensgegenstand für die Partei aus besonderen Gründen in besonderer Weise eilbedürftig ist oder umgekehrt ohne besondere Bedeutung ist (zum Vorstehenden insgesamt: OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.07.2016, 4 EK 6/16, Rn. 29 – zitiert nach Juris).“

Auf der Grundlage hat das OLG der StVK dann statt der Regelfrist von einem Jahr lediglich eine kürzere Entscheidungsfrist von sechs Monaten zugebilligt. Und der Antragsteller kann für acht Monate unangemessene Verfahrensverzögerung eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 800,00 EUR verlangen.

Wenn ich die Ausführungen des OLG lese, schwillt mir der Kamm. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung – auch die des BGH – der (eigenen) Justiz schon grundsätzlich sehr großzügige Bearbeitungszeiten einräumt, frage ich mich hier: Wieso soll eigentlich ein Gericht nach Entscheidungsreife (!) nochmal ein Jahr Zeit haben für die Entscheidung? Entscheidungsreife liegt doch vor. Warum wird dann nicht zügig entschieden bzw. muss entschieden werden? Alles andere ist doch Augenwischerei, vor allem wenn man dann noch die weiteren Hintertürchen wie Schwierigkeit und Umfang der Sache sieht, mit denen man bei Bedarf recht problemlos einen noch längeren Zeitraum rechtfertigen kann.  Und bitte schön. Verfahren „für die Partei ….. ohne besondere Bedeutung“ sind überhaupt nicht eilbedürftig und dürfen also bis zum St. Nimmerleinstag liegen bleiben? Der EGMR wird sich auf weitere Eingänge aus Deutschland freuen.

Was ist positiv an der Entscheidung? Nun, das Land hat wohl eingesehen, dass mehr als schlampig gearbeitet worden ist. Denn: „Der Antragsgegner hat zu dem Antrag unter dem 14.11.2016 (Bl. 13ff. d. A.) Stellung genommen. Sie tritt dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen, zumal die Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe in Höhe des begehrten Entschädigungsbetrages gegeben sein dürften.“ Das OLG weiß es natürlich mal wieder besser und gewährt nur PKH bis zu einer Entschädigungshöhe von 800,00 EUR .

Entschädigung III: Ungerechtfertigte Auslieferungshaft wird im Zweifel nicht entschädigt.

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Und zum Schluss dann zwei „Exoten“ 🙂 , nämlich StrEG und Auslieferungsverfahren. Es geht um die Frage: Muss der Verfolgte wegen zu Unrecht erlittener Auslieferungshaft entschädigt werden?  Damit musste sich das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 06.12.2016 – 1 AR (Ausl) 55/16 – befassen. Grundlage des Verfahrens war ein Ausliferungsersuchen der Türkei zum Zwecke der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren wegen Totschlags. Dre Verfolgte wird deswegen in Auslieferungshaft genommen und es wird die förmliche Auslieferungshaft gegen den Verfolgten angeordnet, wobei das OLG aber „betonte, dass nach vorläufiger Würdigung (der Auslieferungsunterlagen) eine Strafbarkeit des dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegenden Tatgeschehens sowohl nach türkischem als auch deutschem Recht gegeben sei, die Beurteilung einer Strafbarkeit nach deutschem Recht allerdings unter dem Vorbehalt einer Klärung des Vorliegens des Rechtfertigungsgrundes der Notwehr stehe.“ Später wird dann Auslieferungshaftbefehl aufgehoben und diese Entscheidung darauf gestützt, dass eine doppelte Strafbarkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk nicht gegeben sei, weil die dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegende Tat des Verfolgten nach deutschem Recht wegen Notwehr gerechtfertigt gewesen sei. Insofern erscheine die Auslieferung als von vornherein unzulässig im Sinne des § 15 Abs. 2 IRG, so dass eine Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft nicht weiter in Betracht komme. Das Auslieferungsersuchen ist inzwischen dann ganz abgelehnt.

Der Verfolgte möchte nunmehr für die erlittene Auslieferungshaft nach § 2 StrEG entschädigt werden. Das OLG sagt:

Der Antrag des Verfolgten auf Feststellung einer Entschädigungspflicht für die erlittene Auslieferungshaft in entsprechender Anwendung des § 2 StrEG ist abzulehnen.

Für die beantragte Feststellung einer Entschädigungspflicht in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) ist aus Rechtsgründen kein Raum.

1. Nach Ansicht des KG Berlin und des OLG Düsseldorf kommt eine (entsprechende) Anwendung von § 2 StrEG bei auf Ersuchen ausländischer Behörden in der Bundesrepublik Deutschland – retrospektiv betrachtet – zu Unrecht erlittener Auslieferungshaft generell nicht in Betracht (KG Berlin, Beschluss vom 29. November 2010 – (4) Ausl A 915/06 (183/06), NStZ-RR 2011, 207; KG Berlin, Beschluss vom 30. Januar 2009 – (4) AuslA. 522-03 (139/140/07), StV 2009, 423; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Juli 1991 – 4 Ausl (A) 231/89 – 26/91 III, NJW 1992, 646. Vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 4. Juli 2005 – 6 Ausl 53-05/24/05, NStZ-RR 2006, 151; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Januar 1997 – (2) 4 Ausl 30/91 (36/96), NStZ 1997, 246). Demnach schiede die beantragte Feststellung einer Entschädigungspflicht von vornherein aus.

2. Nach – allerdings bereits älterer – Rechtsprechung des BGH ist zwar eine Entschädigung eines Verfolgten wegen zu Unrecht erlittener Auslieferungshaft in entsprechender Anwendung des StrEG nicht generell ausgeschlossen, sie komme allerdings nur in Betracht, wenn die unberechtigte Inhaftierung von den Behörden der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten sei (BGH, Beschluss vom 9. Juni 1981 – 4 ARs 4/81, BGHSt 30, 152). Ausdrücklich hat der BGH festgestellt, dass ein zu Unrecht in Auslieferungshaft genommener Verfolgter für den Vollzug der Haft nicht in entsprechender Anwendung des StrEG aus der Staatskasse entschädigt werden könne, wenn die Behörden der Bundesrepublik Deutschland die unberechtigte Verfolgung nicht zu vertreten haben (BGH, Beschluss vom 17. Januar 1984 – 4 ARs 19/83, BGHSt 32, 221. Ebenso OLG Celle, Beschluss vom 14. Juni 2010 –1 Ausl 7/10, StraFo 2010, 431; OLG Celle, Beschluss vom 17. Januar 2002 – 1 (3) ARs 8/01 (Ausl), Nds. RPfl. 2002, 269; Schomburg/Hackner, in: Schomburg u.a. [Hrsg.], Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl. 2012, Vor § 15 Rn. 10 ff.).

Die Festnahme des Verfolgten und die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft durch Beschluss des Senats vom 10. Juni 2016 erfolgten aus der Basis einer Interpol-Ausschreibung der türkischen Behörden. In der Interpol-Ausschreibung war das Tatgeschehen, das der Verurteilung des Verfolgten zu Grunde lag, lediglich dahingehend beschrieben, dass der Verfolgte sein Opfer, das Rache nehmen wollte für die Tötung seines Hundes, angriff und auf dieses einstach, wodurch das Opfer ums Leben kam. Auf der Basis dieses mitgeteilten Sachverhalts bestand kein Anlass, Zweifel an der Strafbarkeit des Tatgeschehens nach deutschem Recht zu hegen. Zunächst erschien die Auslieferungshaft damit nicht von vornherein unzulässig und war daher rechtskonform. Erst die nach Vorlage der vollständigen Auslieferungsunterlagen ergab sich die Notwendigkeit einer Prüfung und Beantwortung der Frage, ob das nunmehr in Einzelheiten mitgeteilte Tathandeln des Verfolgten nach deutschem Recht wegen Handelns in Notwehr gerechtfertigt war. Die Notwendigkeit dieser Prüfung hat der Senat, wie seinem Beschluss vom 15. Juli 2016, mit dem er die förmliche Auslieferungshaft angeordnet hat und der unmittelbar nach Vorlage der Akten mit den vollständigen Auslieferungsunterlagen erging, zu entnehmen ist, sogleich erkannt. Als Ergebnis der komplexen Prüfung hat der Senat dann – wie dargetan – den Auslieferungshaftbefehl mit Beschluss vom 2. August 2016 mangels doppelter Strafbarkeit des Tatgeschehens im Sinne des Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk aufgehoben und die sofortige Freilassung des Verfolgten veranlasst.

Die – retrospektiv betrachtet – zu Unrecht vollzogene Auslieferungshaft ist vorliegend also nicht durch Organe der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten, sondern beruht allein darauf, dass der Interpol-Ausschreibung der türkischen Behörden nicht zu entnehmen war, dass der Verfolgte bei Anwendung deutschen Strafrechts auf das Tatgeschehen gerechtfertigt handelte.

Selbst wenn man daher – der Rechtsprechung des BGH folgend – eine Entschädigungspflicht für erlittene Auslieferungshaft nach dem StrEG für grundsätzlich möglich erachtete, käme sie im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

3. Soweit der BGH (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1984 – 4 ARs 19/83, BGHSt 32, 221) darauf hingewiesen hat, dass der Ausschluss von Entschädigungsansprüchen nach dem StrEG Ansprüche aus Art. 5 Abs. 5 EMRK unberührt lasse, hat der Senat darüber nicht zu befinden, da solche Ansprüche gegenüber der Landesjustizverwaltung geltend zu machen und gegebenenfalls vor den ordentlichen Gerichten einzuklagen sind (OLG München, Beschluss vom 5. Juli 1995 – 1 Ws 289/95, NStZ-RR 1996, 125; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Juli 1991 – 4 Ausl (A) 231/89 – 26/91 III, NJW 1992, 646).“

Irgendwie auch „unschön“…………

Entschädigung I: Rechtsanwalt nicht nötig?, oder: „Schäbiges“ Land NRW

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Heute ist dann mal ein Entschädigungstag. D.h.: Die drei vorgestellten Entscheidungen werden Entschädigungsfragen zum Gegenstand haben, sich also mit dem StrEG befassen. Das ist eine Thematik, die hier leider bisher ein wenig kurz gekommen ist. Daher dann heute gleich drei Entscheidungen.

Den Opener macht das LG Düsseldorf, Urt. v. 03.02.2017 – 2b 0 4/16. Es geht um die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im sog. Betragsverfahren. Gegen den Kläger war im Jahr 2011/2012 ein Sicherungsverfahren beim LG Duisburg geführt worden. Hierin wurde er durch einen Rechtsanwalt verteidigt. Der Antrag auf Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde abgelehnt. Auf Antrag seines Prozessbevollmächtigten im „StrEG-Verfahren“ wurde ausgesprochen, dass der Kläger für die in der Zeit vom 12.06.2011 bis zum 09.02. 2012 in der Unterbringungssache erlittene vorläufige Unterbringung zu entschädigen ist. Später wurde für den Kläger wegen einer chronifizierten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis die gesetzliche Betreuung angeordnet und Herr Rechtsanwalt pp. zum Betreuer des Klägers für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern bestellt.

Auf die Anträge seines Prozessbevollmächtigten 2015 wurde der dem Kläger zu leistende Entschädigungsbetrag mit Bescheid vom 07.10.2015 auf 6.075,00 € festgesetzt. Dabei wurde ein beantragter Teilbetrag in Höhe von 649,74 € für Rechtsanwaltskosten im Entschädigungsverfahren nicht anerkannt. Nach Verrechnung mit einer Justizkostenforderung wurde ein Betrag in Höhe von 1.922,29 € ausgezahlt. Gestritten wurde dann um die Rechtsanwaltskosten. Das beklagte Land NRW war der Auffassung, die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Entschädigungsverfahren sei nicht notwendig gewesen. Die Antragstellung sei äußerst einfach gewesen. Jedenfalls hätte der zwischenzeitlich zum Betreuer des Klägers bestellte Rechtsanwalt die Antragstellung im Rahmen seiner Betreuungstätigkeit übernehmen können. Zumindest habe der Kläger anwaltliche Hilfe im Rahmen von Beratungshilfe zu Kosten von nur 15,00 € in Anspruch nehmen können.

Das LG Düsseldorf sieht das – zu Recht und Gott lob – anders:

„Dem Kläger steht ein Anspruch auf weitere Entschädigung wegen der vorläufigen Unterbringung im Sicherungsverfahren (LG Duisburg) in Höhe von 649,74 EUR zu.

Nach § 7 Abs. 1 StrEG ist Gegenstand der Entschädigung der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden. Dabei sind notwendige Auslagen für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im Grundverfahren und im Betragsverfahren erstattbar (Meyer, StrEG, § 7 Rn. 17 „Anwaltskosten“). Als nicht notwendig wird die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Betragsverfahren angesehen, wenn völlige Klarheit über die Höhe der Haftung besteht, etwa wenn der Beschuldigte ausschließlich immateriellen Schaden verlangt (Meyer a.a.O. „b) Justizverwaltungsverfahren“ m.w.N.).

Gleichwohl erachtet das Gericht die Zuziehung des Rechtsanwalts im Betragsverfahren vorliegend wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles als notwendig. Das Gericht ist nach den Erkenntnissen aus der beigezogenen Betreuungsakte und der persönlichen Anhörung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 überzeugt, dass es dem Kläger nicht zuverlässig möglich gewesen wäre, den – auch noch so einfachen – Entschädigungsantrag selbst zu stellen. Nach den Erkenntnissen in der Betreuungsakte bestehen immer wieder produktive Erkrankungsphasen. Er hat es in der Vergangenheit nicht geschafft seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt angemessen vorzutragen, vielmehr ist ihm dort offenbar ein Hausverbot erteilt worden. Nach den Feststellungen des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. pp. vom 11. November 2014 kann er sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Rechts- und Behördenangelegenheiten nicht selbst besorgen. Sinn und Wesen einer Betreuung seien ihm nicht zu vermitteln. Behandlungsmöglichkeiten nehme er erkrankungsbedingt nicht wahr. Auch in seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht nicht den Eindruck gewonnen, dass der Kläger die Informationen über das Entschädigungsverfahren aus dem Schreiben vom 15. April 2015 hätte verstehen und sachgerecht umsetzen können. Ihm war auch in seiner Anhörung der Sinn der Betreuung nicht klar, vielmehr nahm er an, diese beruhte auf Bewährungsauflagen.

Nach Dafürhalten des Gerichts kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, den bestellten Betreuer nicht mit der Geltendmachung der Entschädigungsansprüche befasst zu haben. Das Betreuungsverfahren lief in etwa zeitgleich mit der Beauftragung des hiesigen Prozessbevollmächtigten. Die Schilderung des Klägers in seiner Anhörung, er habe seinen Prozessbevollmächtigten als Verteidiger für ein neues Strafverfahren beauftragt, in diesem Zusammenhang sei die Entschädigungsproblematik zur Sprache gekommen, ist absolut lebensnah. Die ersten Anträge sind durch den Prozessbevollmächtigten auch bereits im Dezember 2014 und damit vor Anordnung der gesetzlichen Betreuung im März 2015 gestellt worden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass in der Rechtsprechung der Fall, dass ein Betreuer für seinen Betreuten als Strafverteidiger tätig wird, nicht mehr von dem allgemeinen Aufgabenkreis der Vertretung gegenüber Behörden als gedeckt angesehen wird (z. B. OLG Schleswig, NJW RR 2008, 91; OLG Frankfurt, NJW RR 2005, 1166). Insoweit erscheint auch fraglich, ob eine Tätigkeit im Betragsverfahren als Annex zum Strafverfahren im Rahmen der gesetzlichen Betreuung vorliegend überhaupt zulässig gewesen wäre. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Gebührenschneiderei liegen nach Dafürhalten des Gerichts nicht vor.

Soweit das beklagte Land schließlich einwendet, der Kläger habe Beratungshilfe in Anspruch nehmen können, schließt die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungshilfe den Gebührenanspruch gegen den Prozessgegner nicht aus (BGH VII ZR 169/10).“

Ich finde es immer wieder „schäbig“, wie von den Ländern in diesen Verfahren teilweise argumentiert wird………

Umladung nicht rechtzeitig gefaxt ==> Schadensersatz…

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Ein kleines Schmankerl ist der AG Aschaffenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 5 F 1723/14, denn wann liest man schon mal von der erfolgreichen „Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Freistaat Bayern“. Und es ging dann aber auch wohl kein Weg daran vorbei, den Rechtsanwalt zu entschädigen:

„Der ursprünglich auf 18.03.2015 anberaumte Verhandlungstermin im Verfahren 5 F 1723/14 wurde von der Richterin des Amtsgerichts Aschaffenburg kurzfristig am 17.03.2015 auf 08.04.2015 verlegt.

Da die Umladung nicht rechtzeitig bekannt gemacht worden war – sie wurde erst am 19.03.2015 an die Kanzlei gefaxt, eine telefonische Abladung erfolgte nicht, reiste Rechtsanwalt pp. vergeblich am 18.03.2015 von Amberg nach Aschaffenburg.

Für die vergebliche Anreise macht Rechtsanwalt pp 227,53 € geltend und legte hierbei eine einfache Entfernung von 252 km zugrunde.

Die Bezirksrevisorin des Landgerichts Aschaffenburg würde gehört.

Dienstliche Stellungnahmen der zuständigen Richterin und der Geschäftsstelle wurden eingeholt.

Der Anspruch des Anspruchstellers ist in weitestem Umfang gerechtfertigt.

Die Geschäftsstelle des Amtsgerichts Aschaffenburg hätte bei der Kürze. der Zeit zwischen Ausführung der Abladung und Termin den Anspruchsteller telefonisch oder noch am 17.03.2015 per Fax von der Aufhebung des Termins informieren müssen. Dann wären die Kosten und Auslagen, die durch die vergebliche Anreise zu den Terminen angefallen sind, vermieden worden.

Der Anspruch ist daher weitestgehend gerechtfertigt.

Eine Abänderung ist nur insoweit veranlasst, als für eine einfache Fahrtstrecke 250 km zu Grunde zu legen sind. Diese Strecke ist auch bei der übrigen, vom Antragsteller akzeptierten, Kostenfestsetzung zu Grunde gelegt worden.“

Die vergeblich aufgewendete Zeit steckt in den dem o.a. Betrag übrigens auch drin…..