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Fesselung bei der Darmentleerung, oder: Habt Ihr sie denn noch alle,…..?

© Birgit Reitz-Hofmann - Fotolia.com

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Nach dem  LG Kleve, Beschl. v. 07.12.2015 – 182 StVK 1/15 betreffend die Zulässigkeit der Fesselung eines Untergebrachten bei dessen Vorführung zu einem Anhörungstermin bei der StVK (vgl. dazu Fesselung eines Maßregelpatienten bei der Vorführung?, oder: Hat das OLG Hamm seine Hausaufgaben nicht gemacht?), nun das LG Marburg, Urt. v. 22.09.2015 – 7 O 112/11. In ihm geht es um die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Verurteilten. Verlangt hat der Verurteilte 5.000 € auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:

„Der Kläger verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes mit anschließender Sicherheitsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt. Während der gesamten bis zum streitgegenständlichen Vorfall dreizehnjährigen Haftdauer gab es keine Ereignisse, die auf einen Fluchtwillen hindeuteten.

Am 19.11.2009 wurde der Kläger aufgrund plötzlich aufgetretener krampfartiger Schmerzen im Unterleib in die Asklepios-Klinik Schwalmstadt verbracht. Auf Anweisung der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt wurden dem Kläger Hand- und Fußfesseln angelegt und zudem ständige und unmittelbare Bewachung angeordnet. Die Fesselung wurde während der ärztlichen Untersuchung und Behandlung, bei der der Kläger Einläufe erhielt, beibehalten.

Zur Bewachung des Klägers befanden sich mindestens sechs Polizeibeamte in dem Behandlungszimmer, die das Zimmer auch während der Verabreichung der Einläufe nicht verließen und somit Zeuge der für den Kläger unangenehmen Prozedur wurden. Im Anschluss an die Einläufe wurde dem Kläger nicht gestattet, den im Behandlungszimmer befindlichen fensterlosen Toilettenraum aufzusuchen. Es wurde auf Weisung der bewachenden Polizeibeamten ein Toilettenstuhl in das Behandlungszimmer gebracht, auf dem der Kläger in Gegenwart der Polizeibeamten seine Notdurft verrichtete. Auch während dieses Vorgangs blieb die Fesselung an Händen und Füßen bestehen. Gegenüber dem Hinweis des Klägers, eine Flucht sei nicht beabsichtigt, verwiesen die Beamten auf die Anordnung der Fesselung. Im Anschluss daran wurde der Kläger zur weiteren Behandlung in das Vollzugskrankenhaus nach Kassel transportiert.

Mit Beschluss vom 07.05.2010 hat die 7. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Marburg/Lahn festgestellt, dass die Sicherungsmaßnahmen anlässlich des Krankenhausaufenthaltes am 19.11.2009, soweit diese von der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt veranlasst waren, rechtswidrig waren (Beiakte 7a StVK 262/09, Bl. 8f. d. A.).

Der Kläger begehrt eine angemessene Entschädigung, wobei er sich einen Betrag in der Größenordnung von 5.000 € vorstellt. Der Kläger ist der Auffassung, dass die massive Bewachung eine Fluchtgefahr ausgeschlossen habe. Die Weigerung, dem Kläger die Nutzung des fensterlosen Toilettenraumes zu gestatten, habe ihn in seinen Rechten verletzt. Die Rechtsverletzung zwinge zur Gewährung einer Geldentschädigung. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit sei nicht geeignet, ihm zureichende Genugtuung und Wiedergutmachung zu vermitteln.“

Wenn man das liest, möchte man den Polizeibeamten noch nachträglich zurufen: „Habt Ihr sie noch alle, schon mal was von Menschenwürde gehört?“ Das LG gewährt dann auch eine Entschädigung, aber nur in Höhe von 2.500 €, was mir verhältnismäßig niedrig erscheint. Wenn man dann liest, mit welchen Argumenten das LG sich in dem Zusammenhang auseinandersetzen muss, dann weiß man, was das beklagte Land vorgetragen hat. Und dann möchte man denen, die das im Verfahren als Erwiderung verfasst haben, noch mal rufen: „Habt Ihr sie denn noch alle, ……“ Allein, dass der Kläger Klage erheben musste, ist m.E. schon ein Unding, aber dann offenbar u.a. auch noch folgende Argumente des Landes:

„Die Fesselung des Klägers während der Behandlung begründete sowohl mit Blick auf das Krankenhauspersonal als auch auf die anwesenden Vollzugs- und Polizeibeamten eine Bloßstellung und damit auch eine Entwürdigung. Hierbei ist davon auszugehen, dass angesichts der zahlenmäßigen Übermacht der Beamten, der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers und der Behandlungsmaßnahmen eine Flucht oder eine Gefährdung Dritter nahezu ausgeschlossen war.

Mit dem Argument, ein Patient empfinde die Zuwendung einer ärztlichen Behandlung mit einer gewissen Erleichterung und Dankbarkeit lässt sich die Beeinträchtigung nicht relativieren, da eine solcherart empfundene Dankbarkeit nicht auch auf eine Fesselung und die Beobachtung durch die anwesenden Beamten bezogen ist. Gegen die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle spricht auch nicht, dass das medizinische Personal der Verschwiegenheitspflicht unterlag. Der Kläger wendet sich nicht primär gegen die Beobachtung durch medizinisches Personal, sondern gegen die Fesselung während der Behandlung und die Beobachtung durch umstehende Beamte der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt und des Sondereinsatzkommandos der Polizei. Die durch Fesselung und Überwachung mit mehreren Beamten begründete Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes des Klägers ist auch nicht mit der weithin üblichen Behandlung in einem Zweibettzimmer zu vergleichen. Ungeachtet des Umstandes, dass deutlich mehr Personen als ein gedachter Mitpatient anwesend waren, ist der Krankenhausbetrieb im Regelfall in der Lage, durch mobile Trennwände oder ähnliche Maßnahmen auch in einem Zweibettzimmer eine abgeschirmte Behandlungssituation zu gewährleisten, wenn dies der Zustand des Patienten oder die Behandlung erfordern. Bedeutung für das Ausmaß der Beeinträchtigung im Einzelfall hat allerdings der vom Kläger selbst vorgetragene Umstand, dass er aufgrund der Schmerzen genauere Erinnerungen an die Einzelheiten der Situation nicht mehr hat (Bl. 33 d. A.). In diesem Zusammenhang muss auch Berücksichtigung finden, dass die bloßstellende Behandlung unter fortdauernder Fesselung allenfalls einen kurzen Zeitraum von wenigen Stunden andauerte.

Auch mit Blick auf das Maß der Sorgfaltspflichtverletzungen sprechen die überzeugenderen Gründe für die Annahme einer Entschädigungspflicht. Die Anordnung einer ununterbrochenen Fesselung bzw. die Außerachtlassung derjenigen Aspekte, die zur wenigstens kurzzeitigen Lockerung der Fesselung drängten, kann als qualifizierte Sorgfaltsverletzung angesehen werden. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Fesselung während der Darmentleerung. Entsprechendes gilt für die Weigerung, den fensterlosen Toilettenraum nutzen zu dürfen. Auch hierfür ist ein nachvollziehbarer Grund nicht ersichtlich. Dass die insofern vorgebrachten Sicherungsüberlegungen oder Aspekte der medizinischen Behandlung eine ernsthafte Rolle gespielt haben können, erschließt sich für die Kammer nicht. Der Sorgfaltspflichtverstoß der mit der Ausführung befassten Beamten erscheint aus den oben dargestellten Gründen auch nicht deshalb geringer, weil die behandelnden Ärzte eine Aufhebung der Fesselung nicht für erforderlich hielten.

Nicht zu überzeugen vermag auch das Argument des beklagten Landes, der Kläger habe sich im Nachgang zu der Ausführung über die Fesselung nicht beschwert. Zunächst ist eine Beschwerde im weiteren Sinn jedenfalls in dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vom 28.11.2009 zu erblicken. Zudem ließe das Fehlen einer persönlichen Missfallensbekundung nicht den Schluss zu, die Beeinträchtigung sei nur gering gewesen, werde als gering empfunden oder klaglos hingenommen.

Ob die anwesenden Beamten anlässlich der ärztlichen Behandlung abfällige Bemerkungen machten, ist für die Frage der Zubilligung einer Entschädigung und deren Höhe nicht von Bedeutung, da der Kläger das Geschehen selbst nur verschwommen wahrnahm. Keine wesentliche Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass der Kläger nach seinem unstreitig gebliebenen Vortrag infolge des Ereignisses an Alpträumen leidet. Nach menschlichem Ermessen sind auch zahlreiche andere in der Biografie des Klägers begründete Umstände zur Auslösung von Alpträumen geeignet. Hierfür spricht gerade auch die Angabe des Klägers, diese Alpträume nicht zum Schwerpunkt der Klage machen zu wollen (Bl. 28 d. A.).

Zu berücksichtigen war allerdings der Umstand, dass die Fesselung des Klägers eine effektive Reinigung nach dem Ausscheidungsvorgang erheblich beeinträchtigt haben dürfte.“

Man könnte „kotzen“, wenn man es liest.

Gutes Wetter bei Kachelmann: 635.000 € für Springer-Berichterstattung

© fotomek - Fotolia.com

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Es ist doch schön, wenn man Blogleser hat, die sich um den Bloginhalt mit kümmern, sei es durch die Einsendung von Entscheidungen, sei es durch Hinweise auf interessante Meldungen o.Ä. Und so erreicht mich gerade der Hinweis auf die Spon-Nachricht „Rekord-Schmerzensgeld: Springer muss Kachelmann mit 635.000 Euro entschädigen“ So hat gerade wohl das LG Köln entschieden. Da heißt es: Es ist die höchste Entschädigungssumme, die jemals in einem solchen Verfahren zugesprochen wurde: Wegen seiner Berichterstattung zum Kachelmann-Prozess muss Springer dem Wettermoderator 635.000 Euro zahlen. Weiterlesen dann hier. Na, das sorgt sich für gutes Wetter im Hause Kachelmann.

Schnell bloggen, hatte der Kollege geschrieben. Erledigt 🙂 .

Verfahrensverzögerung III: Entschädigung in Geld nach „überlanger Verfahrensdauer?

© Alex White _Fotolia.com

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An sich blogge ich ja ungern zu PM, aber heute will ich dann doch mal wieder eine Ausnahme machen. Denn die – schon etwas ältere – PM des OLG Oldenburg v. 26.03.2015 zum OLG Oldenburg, Urt. v. o5.03.2015 – 15 EK 1/14 – passt sehr schön zum heutigen „Themenschwerpunkt“ „Verfahrensverzögerung“ (siehe BGH, Beschl. v. 18.02.2015 – 2 StR 523/14 und dazu Verfahrensverzögerung I: Akte war “in Abraum” geraten und BGH, Beschl. v. 12.02.2015 – 4 StR 391/14 und dazu Verfahrensverzögerung II: 18 Monate Verzug bringen 3 Monate “Abschlag”). Da ging es aber nicht um eine bereits festgestellte Verfahrensverzögerung, sondern um eine Entschädigung für den ehemaligen Beschuldigten. Stichwort also: Verzögerungsrüge und Entschädigung in Geld nach „überlanger Verfahrensdauer“( (§§ 198, 199 GVG).

Der ehemalige Beschuldigte hatte vom Land Niedersachsen die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.500 € verlangt mit der Begründung, dass ein gegen ihn gerichtetes Strafverfahren aus seiner Sicht zu lange gedauert hatte. Das OLG war anderer Auffassung und hat die Klage abgewiesen, und zwar bei folgendem Verfahrensablauf:

„Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte Anfang Juli 2011 auf Grund einer Strafanzeige des Präsidenten des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung und anderer Straftaten eingeleitet. Das Verfahren wurde in der Folgezeit auf den Verdacht einer weiteren, durch ein Schreiben des Klägers vom 29. Dezember 2011 begangenen Beleidigung ausgeweitet. Mit Verfügung vom 6. Juni 2012 schloss die Staatsanwaltschaft Oldenburg die Ermittlungen ab und beantragte beim Amtsgericht Vechta wegen Beleidigung in drei Fällen, in einem Falle in Tateinheit mit Bedrohung, den Erlass eines Strafbefehls.

Die maßgebliche Dauer des Ermittlungsverfahrens betrage, so die Richter, lediglich zehn Monate. Es komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers vom Ermittlungsverfahren an. Diese Kenntnis hatte er durch die Ladung zur polizeilichen Vernehmung im August 2011.

In der Folgezeit sei das Verfahren ordnungsgemäß und zeitgerecht gefördert worden. Es sei insbesondere ein Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des damaligen Beschuldigten, heutigen Klägers eingeholt worden. Allein die Erstellung dieses Gutachtens habe mehr als zwei Monate in Anspruch genommen. Darüber hinaus waren auswärtige Zeugen zu vernehmen und zeitintensive Reaktionen auf wiederholte Eingaben des Klägers im Ermittlungsverfahren notwendig.

War übrigens das einzige Verfahren im Jahr 2014 beim OLG Oldenburg, in dem es um eine Entschädigung nach den §§ 198, 199 GVG gegangen ist.

„Fleppe“ weg? Unter 0,5 Promille gibt es Entschädigung

© benjaminnolte - Fotolia.com

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In Verkehrsstrafsachen spielen immer wieder auch Entschädigungsfragen nach dem sog. StrEG eine Rolle, und zwar dann, wenn im Laufe des Ermittlungsverfahrens die Fahrerlaubnis vorläufig nach § 111a StPO entzogen worden ist, dann aber im Urteil keine endgültige Entziehung nach den §§ 69, 69a StGB erfolgt.  Dann erfolgt aber ggf. der Ruf nach Entschädigung. Vor deren Gewährung ist eine hohe Hürde zu überwinden, nämlich der § 5 Abs. 2 StrEG, der bei grob fahrlässiger Herbeiführung der Zwangsmaßnahme eine Entschädigung ausschließt. Und da stellt sich in Trunkenheitssachen immer die Frage: Hat der Angeklagte durch seine Alkoholisierung die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis grob fahrlässig veranlasst und gibt es deshalb keine Entschädigung. Mit einem soclhen Fall befasst sich der LG Oldenburg, Beschl. v. 17.03.20155 Qs 80/15. Das OLG Oldenburg hat Entschädigung gewährt:

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, an die die Kammer gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 StrEG i.V.m. § 464 Abs. 3 S. 2 StPO gebunden ist, befuhr die einem Blutalkoholgehalt von 0,47 ‰ alkoholisierte vormals Angeklagte mit ihrem Pkw gegen 03.15 Uhr nachts öffentliche Straßen. Dabei war sie zum Teil deutlich langsamer als erlaubt unterwegs (50 bis 70 km/h bei Geschwindigkeitsbegrenzungen von 70 und 100 km/h). In drei bis vier Kurven kam sie mindestens 50 cm auf die Gegenfahrbahn. Auf gerader Strecke nutzte sie die Breite der Fahrspur aus, ohne jedoch den Mittelstreifen zu überfahren. Das sachverständig beratene Amtsgericht konnte nicht feststellen, dass die Fahrfehler und Auffälligkeiten auf die Alkoholisierung der vormals Angeklagten zurückzuführen waren.

Auch folgt aus den Feststellungen nicht, dass die vormals Angeklagte die vorläufige Entziehung ihrer Fahrerlaubnis grob fahrlässig selbst herbeigeführt hat. Zwar weist die Staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass in der Rechtsprechung bereits die Schaffung eines erheblichen Tatverdachts einer Trunkenheitsfahrt durch Alkoholgenuss vor oder nach der Fahrt als grob fahrlässig angesehen werden kann (vgl. Nachweise bei: Krenberger, JurisPR-VerkR 18/2012 Anm. 5). Nach Auffassung des LG Aachen (Beschl. v. 30.01.2012, 71 Ns 227/10) ist dies der Fall, wenn der Beschuldigte das Fahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration geführt hat, die über dem Grenzwert des § 24a Abs. 1 StVG, also oberhalb von 0,5 ‰ liegt (so auch Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 12; kritisch: Sandherr SVR 2012, 272 f., der zusätzlich verkehrswidriges Verhalten fordert).

Die Alkoholisierung der vormals Angeklagten lag hier jedoch – wenn auch nur knapp – unterhalb von 0,5 ‰. Die festgestellten Fahrfehler (Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot) und Auffälligkeiten (geringe Geschwindigkeit) ließen sich durch die Dunkelheit und Ortsunkundigkeit der vormals Angeklagten erklären. Insgesamt erscheint ihr Verhalten schon allein auf Grund des vorherigen Alkoholgenusses durchaus fahrlässig im Hinblick auf eine mögliche Fahrerlaubnisentziehung. Einen darüber deutlich hinausgehenden ungewöhnlich schweren Sorgfaltsverstoß kann die Kammer in dem Verhalten der vormals Angeklagten jedoch nicht erkennen. Jegliche Alkoholisierung eines Pkw-Fahrers im Straßenverkehr wird regelmäßig auf dessen sorgfaltswidriges und damit fahrlässiges Verhalten zurückzuführen sein. Dabei hat der Gesetzgeber durch das Erfordernis der groben Fahrlässigkeit in § 5 Abs. 2 StrEG allerdings klargestellt, dass nicht jede Sorgfaltswidrigkeit zum Ausschluss etwaiger Entschädigungsansprüche führen kann. Zwar mag es durchaus Fälle geben, in denen auch ein Alkoholisierungsgrad unterhalb des Grenzwertes des § 24a Abs. 1 StVG zur Annahme grober Fahrlässigkeit führt. In diesem Fall müssen aber die weiteren vorwerfbar geschaffenen Verdachtsmomente so erheblich sein, dass gleichwohl die Annahme grober Fahrlässigkeit gerechtfertigt ist. Dies macht auch ein Vergleich mit der zitierten Entscheidung des LG Aachen deutlich: Dort hatte die Angeklagte mit einer Blutalkoholkonzentration von knapp 0,8 ‰ zusätzlich einen Verkehrsunfall verursacht. An den dort zu Grunde liegenden Tatverdacht kommt die von der vormals Angeklagten hier geschaffene Verdachtslage erkennbar nicht heran. Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.“

Also: Unter 0,5 Promille wird es danach i.d.R. Entschädigung geben, wenn keine Besonderheiten vorliegen.

Einreise mit 395.000 € Bargeld – spricht für Geldwäsche

© Smileus - Fotolia

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U.a. gegen den Beschuldigten war ein Verfahren wegen Geldwäscheverdachts (?) anhängig. Der Beschuldigte und Mitreisende waren in die Bundesrepublik eingereist, ohne dabei mitgeführte 395.000 € Bargeld anzumelden. Diese wurden sicher gestellt. das Das Verfahren ist dann allerdings eingestellt worden. Wegen der Sicherstrellung wurde Entschädigung nach dem StrEG verlangt. Die ist im LG Dortmund, Beschl. v. 08.05.2014 – 36 Qs 32/14 unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 StrEG verwehrt worden.

„…Grob fahrlässig handelt dabei auch, wer nicht bedenkt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste oder wer ein jeglichen Regeln über das Verhalten eines ordentlichen Kaufmannes widersprechendes Geschäftsgebaren zeigt (Meyer-Goßner, a.a.O.. m. w. N.).

Diese Maßstäbe zu Grunde gelegt stellt sich das Verhalten des Beschwerdeführers und seiner Mitreisenden als grob fahrlässig dar. Denn alle drei verabsäumten es vorab nach § 12a ZolIVG die bei sich geführten Bargeldmittel ordnungsgemäß vor der Einreise anzumelden. Auch wurden die Geldmittel nicht unverzüglich nach dem Anhalten auf der Autobahn gegenüber den Beamten offen gelegt, sondern wurden erst im Rahmen einer Durchsuchung bei diesen sichergestellt bzw. auf Nachfrage offengelegt. Auch trugen alle 3 die Geldbeträge in speziellen Westen direkt am Körper.

Wer sich so bei der Einreise mit solch hohen Bargeldmengen geriert, dem muss entgegengehalten werden, dass er damit grob fahrlässig die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Geldwäsche provoziert. Sie haben damit jedenfalls einen wesentlichen Ursachenbeitrag zur Begründung eines dringenden Tatverdachts wegen Geldwäsche geleistet (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.09.1995 – 2 BvR 2475/94, 1049, 1050).

Eine Strafverfolgungsentschädigung ist in solchen Fällen ausgeschlossen. Es ist dabei auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer und seine Mitreisenden darüber hinaus keine eigenen weiteren Andeutungen gemacht haben, dass das Geld aus einer illegalen Quelle stammen könnte, da ihr Verhalten schon einen entsprechenden Schein gesetzt hatte.

Dass die Sicherstellung nicht wegen eines Verstoßes gegen das ZolIVG erfolgte, ist dabei völlig unerheblich, da der Verstoß gegen dieses jedenfalls in die allgemeine Beurteilung der Umstände zum Zeitpunkt der Sicherstellung einfließen muss…“