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OWi I: Bezugnahme in den Urteilsgründen auf den Bußgeldbescheid?, oder: Nicht erlaubt

So, heute dann mal wieder ein ganzer OWi-Tag, und zwar ein wenig Verfahrensrecht. Und den Opener macht der OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.01.2020 – 1 OWi 2 SsBs 117/19, den mir der Kollege F. Schneider aus Bad Harzburg geschickt hat.

Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße  verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot verhängt. Dagegen die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte. Grund: Nicht ausreichende Feststellungen

„Das Amtsgericht hat die Regelgeldbuße „aufgrund von Voreintragungen im Fahreig-nungsregister auf 200,– EUR“ (UA S. 4) erhöht und zur Begründung auf Feststellungen des Bußgeldbescheides verwiesen.

Herzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 23. Dezember 2019 u.a. folgendes ausgeführt:

„Soweit das Amtsgericht die Regelgeldbuße erhöht hat, sind die entsprechenden Darlegungen lückenhaft, was auf die erhobene Sachrüge dazu führt, dass das Urteil im Hinblick auf die Geld¬buße mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben werden muss. Die angefochtene Entscheidung verhält sich im Hinblick auf frühere Verfehlungen nicht zu deren Art, Zeitpunkten und Sanktionen (vergleiche Senat, Beschluss vom 24.11.2017 — 1 OWi 2 Ss Bs 87/17, juris; OLG Koblenz VRS 64, 215, 216).“

Dem schließt sich der Senat an. Verweise auf den Rechtsfolgenausspruch betreffende Feststellungen des Bußgeldbescheides in den Urteilsgründen sind auch dann unstatt¬haft, wenn der Einspruch auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt worden war.

Das OLG hat zudem auch noch zur Wirksamkeit des dem Verfahrens zugrunde liegenden Bußgeldbescheides Stellung genommen.

Das Verfahren war nicht mangels wirksamen Bußgeldbescheides einzustellen. Der Senat teilt weiterhin die Rechtsauffassung des OLG Koblenz (Beschluss vom 17.07.2018 — 1 OWi 6 SsBs 19/18, juris), dass mit vollständigen Ausdruck der bei der Bußgeldbehörde elektronisch gespeicherten Verfahrensunterlagen ein Übergang zu einer Aktenführung in Papierform vorliegt und die gefertigten Ausdrucke eine ausrei¬chende Grundlage des weiteren Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens bilden. Entsprechendes gilt für den ausgedruckten und in Papierform dem Betroffenen zuge¬stellten Bußgeldbescheid. Das Fehlen einer landesrechtlichen Rechtsgrundlage für die elektronische Aktenführung durch die Verwaltungsbehörde in Bußgeldverfahren bleibt daher ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides (OLG Koblenz aaO. Rn. 6). Aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 19. November 2019 (VGH B 24/19) ergibt sich nichts Gegenteiliges, Der Verfassungsgerichtshof hat entgegen der Auffassung des Verteidigers gerade nicht einen Verstoß der Verwaltungsbehörde gegen das Willkürverbot festgestellt. sondern lediglich aus¬geführt, dass der (dortige) Beschwerdeführer mit seinem Vortrag von einem solchen Verstoß „offenbar aus(gegangen)“ sei (vgl. Rn. 27 der Entscheidung).“

Ach so: Und wer beim Lesen des Volltextes stutzt: Ja, das OLG hat tatsächlich so formuliert: Es hat den den „Beschluss des Amtsgerichts ….., mit dem es die Rechtsbe­schwerde gegen sein Urteil vom 30. September 2019 als unzulässig verworfen hat, ….. aufgehoben.“ Der Tenor erschließt sich mir nach den Gründen nicht. Irgendetwas fehlt da. 🙂