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Richtervorbehalt bei der Blutentnahme – die Diskussion ist (nicht) zu Ende…

allerdings in Sachsen-Anhalt wohl, wenn man OLG Naumburg, Urt. v. 07.02.2011 – 1 Ss 38/10 liest. Denn nach Auffassung des OLG besteht für den Geschäftsbereich des Oberlandesgerichts Naumburg aufgrund des eher geringen Fallaufkommens kein Bedürfnis für die Einrichtung eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes. Daher folge aus dem Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes bei Anordnung der Blutprobenentnahme durch Ermittlungspersonen zu einem Zeitpunkt außerhalb der Dienstzeit des eingerichteten richterlichen Bereitschaftsdienstes kein Beweiserhebungsverbot.

Na ja, die Entscheidung beißt sich m.E. an der ein oder anderen Stelle mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Unzulässigkeit genereller Anordnungen, aber: Der Zug fährt erkennbar in die andere Richtung. Zwar leider falsch, aber: Manches kann man nicht ändern.

Karlsruhe locuta, causa finita? – BVerfG zum 4. Mal BVV bei § 81a StPO, allerdings ablehnend

Gerade erreicht mich die Pressemitteilung des BVerfG zum Beschl. v. 24.02.2011 – 2 BvR 1596/10  und  2 BvR 2346/10, mit dem das BVerfG zum vierten Mal zum Beweisverwertungsverbot bei § 81a StPO Stellung genommen hat.

Das BVerfG lehnt ein BVV ab. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach der strafgerichtlichen Rechtsprechung eine fehlende  Dokumentation allein nicht zu einem Verwertungsverbot führt (hatten wir schon im Sommer 2008). Gleiches gelte für das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes. In einem solchen Fall können die Strafgerichte darauf verweisen, dass die handelnden Polizeibeamten den Richtervorbehalt nicht willkürlich oder zielgerichtet umgehen.

Na ja, das kann man auch anders sehen. Aber: Karlsruhe locuta, causa finita? Zumindest wird es nicht einfacher :-(.

Kein Lehrstück vom OLG Oldenburg zum Richtervorbehalt und zum Beweisverwertungsverbot

Tage-/Wochenlang ist Ruhe und dann  auf einmal gibt es wieder ein paar Entscheidungen zu § 81a StPO und zum Richtervorbehalt. Nach der schönen Entscheidung des AG Pirna, über die ich heute ja schon berichtet hatte, nun die in meinen Augen weniger schöne des OLG Oldenburg vom 15.04.2010 – 2 SsBs 59/10, in der das OLG Oldenburg m.E. eben so wie das OLG Bamberg vor einiger Zeit und der 4. Strafsenat des OLG Hamm zu kurz springt. Es kommt doch nicht auf die zu knappen Ressourcen der Justiz an und schon gar nicht darauf, ob denn Rufbereitschaft des Richters nur während bestimmter Zeiten bestand. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG, ob Bedarf bestand. Aber: Die OLGs sehen es, aus welchen Gründen auch immer, anders. Man wird allmählich müde…..

Gibt es den „Handyrichter“?

In der Zeitschriftenauswertung von LexisNexis wird über einen Beitrag von Wiesneth (RiAG) in DRiZ 2010, 46 berichtet. Er hält Bereitschaftsrichter angesichts vielfacher gesetzlicher Neuerungen für überfordert. In der Meldung von LexisNexis heißt es weiter:

„In den letzten 2,5 Jahren ist auf den amtsgerichtlichen Bereitschaftsdienst eine Unzahl gesetzlicher Neuerungen zugekommen, die zu einer erheblichen Belastung und Zuständigkeitserweiterung der Eilrichter geführt haben. Der Beitrag zählt zunächst die Einzelheiten auf: das TKÜG v. 01.01.2008, die örtliche Konzentration in Haft- und Unterbringungssachen (§ 162 StPO), die Eskalationshaft (§ 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO), die Angleichung des Haft- und Unterbringungsverfahrens v. 20.7.2007, die Präzisierung der Wiederholungsgefahr durch das 2. ORRG v. 01.10.2009, das Beweisverwertungsverbot bei Zeugnisverweigerungsberechtigten (§ 160a Abs. 2, 2 StPO), die Neuregelung des § 64 StGB v. 20.07.2007 sowie neue Zuständigkeiten in Abschiebungs- und familienrechtlichen Betreuungs- und Unterbringungssachen. Im Weiteren folgen nähere Ausführungen zum neuen U-Haftrecht, zur notwendigen Verteidigung (§ 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO), zur Belehrungspflicht (§ 115 Abs. 4 StPO), dem „nächsten Richter“ (§ 115a StPO), der Vorführfrist und zur neuen Rspr. betr. den Richtervorbehalt bei Blutprobenentnahme. Insgesamt beklagt der Verfasser die hohen Ansprüche an die jederzeitige Erreichbarkeit (sog. „Handyrichter„) und fordert entsprechende Rücksichtnahme bei der Geschäftsverteilung und personeller und sachlicher Ausstattung.“

Den Begriff „Handyrichter“ finde ich „gut“. 🙂 Er zeigt, dass die Technik bei der Justiz angekommen zu sein …………..scheint. 🙂

Blutentnahme: Ich brauche meinen Schlaf, also stör mich nachts bloß nicht…..ist das keine Willkür?

Na, wenn das keine Willkür ist/war. Es geht mal wieder um die richterliche Anordnung bei der Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO). Dazu stellt das AG Reutlingen in seinem Urteil vom 25.11.2009 – 10 Ds 25 Js 16424/09, das mir heute übermittelt worden ist, fest:

Gegen 01:17 Uhr riefen die Beamten hingegen beim Bereitschaftsstaatsanwalt, Herrn Oberstaatsanwalt X  an. Dieser ordnete umgehend die Entnahme zweier Blut­proben an. Er versuchte dabei erst gar nicht, den Bereitschaftsrichter zu kontaktieren. Denn dieser, Vorsitzender Richter am Landgericht S , hatte ihm am Freitag, 14. August 2009 um 10.40 Uhr dienstlich eine Email mit dem Betreff „Bereitschaftsdienst“ gesandt. Diese lautete in vollem Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt ….., zur Vorbereitung und Durchführung des gemeinsamen Bereitschaftsdienstes am kommenden Wochenende (Freitag, 14.8.2009, 14.00 Uhr bis Montag 17.8.2009, 7.30 Uhr) weise ich darauf hin, dass ich – auch in den Zeiten der Nachtbereitschaft und in Eilfällen – nicht lediglich aufgrund fernmündlicher Sachverhaltsdarstellung entscheiden werde, sondern um Zuleitung jeweils schriftlich abgefasster Anträge der Staatsanwalt­schaft bitte. Mit freundlichen Grüßen xxxxx Vors. Richter am Landgericht“. Zu einer schriftlichen Antragstellung sah sich der Bereitschaftsstaatsanwalt auf die Schnelle aber nicht in der Lage, zumal er auch nicht wusste, wie er den Antrag dem Bereitschafts­richter hätte nachts zukommen lassen sollen.

Wie schreibt der Kollege so schön: Die Stimmung wird langsam gereizt. Das AG hat ein BVV verneint, weil nicht willkürlich gehandelt worden sei. Das muss man m.E. anders sehen: Ist es denn nicht willkürlich, wenn von vornherein ein Tätigkwerden aufgrund mündlicher Stellungnahme abgelehnt wird. Was muss denn noch passieren. Man glaubt es nicht.