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„Ich habe mit dem Handy doch nur einen Hilfsdienst gesucht….“

© Mac Dax - Fotolia.com

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Nach der in Zusammenhang mit dem AG Waldbröl, Urt. v. 31.10.2014 – 44 OWI-225 Js 1055/14-121/14 – gestellten Frage: „Ist ein iPod ein Mobiltelefon?“ dann gleich noch eine Entscheidung zu der Thematik „Mobiltelefon“, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 15.01.2015 – 1 RBs 232/14. In ihm ging es mal wieder um den Begriff der „Benutzung“ i.S. des § 23 Abs. 1a StVO, den das OLG weit auslegt und für Nutzung des Mobiltelefons als Navigationshilfe bzw. zur Internetabfrage bejaht, wenn das Mobiltelefon dafür in der Hand gehalten wird.

Der Senat schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an, dass auch die Nutzung der Navigationsfunktion des Mobiltelefons unter § 23 Abs. 1a StVO fällt. Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat insoweit in seinem Beschluss vom 18. Februar 2013 (III-5 RBs 11/13, 5 RBs 11/13 – […]) zutreffend u.a. ausgeführt:

„Insbesondere das Oberlandesgericht Köln hat bereits in seinem Beschluss vom 26. Juni 2008 (81 Ss OWi 49/08 = NJW 2008, 3368, 3369) zutreffend ausgeführt, der Gesamtheit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1a StVO sei mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass auch die Nutzung der Funktion eines Mobilfunkgeräts als Navigationshilfe als unzulässig anzusehen sei. Denn die Nutzung des Geräts als Navigationshilfe beinhalte einen Abruf von Daten und stelle sich damit zugleich als „Benutzung“ dar. Ein derartiger Kommunikationsvorgang solle nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls im Zusammenhang mit einem Mobiltelefon unterbleiben (so OLG Köln, a.a.O.).

Der Senat folgt dieser Argumentation. Denn der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen (vgl. Senatsbeschluss vom 01. Februar 2012 – 5 RBs 4/12 – m. w. Nachw.). Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S.d. § 23

Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Gerät in der Hand gehalten wird oder nicht (vgl. bereits OLG Hamm, NZV 2003, 98) und die Handhabung des Geräts einen Bezug zu einer bestimmungsgemäßen Funktion desselben aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 (VBl. 2001, 8) soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gebrauch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein“. Hierzu zählt auch die Verwendung der Navigationshilfe, weil jegliche Nutzung untersagt wird, soweit das Mobiltelefon – wie im vorliegenden Fall festgestellt – in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch wiederum erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können.“

Auch die Nutzung des Mobiltelefons für Abfragen über das Internet o.ä. fällt nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung unter § 23 Abs. 1a StVO (vgl. nur: OLG Hamm NZV 2003, 98).“

Nach den Empfehlungen des 53. VGT wird sich an der Stelle dann demnächst vielleicht etwas tun.

Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon: Yes, he can.

© Steve Young - Fotolia.com

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In den letzten Monaten hat es einiges Hin und Her in der Frage gegeben: Ist der Fahrlehrer Führer eines Kraftfahrzeuges und gilt daher für ihn der § 23 Abs. 1a StVO? Bzw. darf der Fahrlehrer während einer Schuldungsfahrt sein Mobiltelefon benutzen?. Die Frage hatten in der Vergangenheit das OLG Bamberg und das OLG Düsseldorf unterschiedlich entschieden (vgl. dazu den OLG Bamberg, Beschl. v. 24.03.2009 – 2 Ss OWi 127/09 bzw. den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2013 – 1 RBs 80/13 und Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon – er darf…. sowie auch das AG Herne-Wanne, Urt. v. 24.11.2011 – 21 OWi-64 Js 891/11-264/11 und dazu Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon). Das OLG Karlsruhe hat die Frage dann im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.02.2014 – 3 (5) SsRs 607/13 – dem BGH nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG vorgelegt. Und der hat dann jetzt im BGH, Beschl. v. 23.09.2014 – 4 StR 92/14 – erst jetzt auf der Homepage des BGH veröffentlicht – entschieden: Yes, he can. Und zwar mit folgender Begründung:

  • Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien – etwa im Sinne der §§ 315c, 316 StGB – das Kraftfahrzeug nicht, und zwar so lange nicht, wie er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift.
  • Aus der gegenüber einem Normalfahrzeug abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens (zusätzliche Gas- und Bremspedale, vgl. § 5 Abs. 2 DVFahrlG) ergibt sich nichts anderes; diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen.
  • Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt – etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler – lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden.
  • Soweit zum Teil die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers aus seiner Verantwortung für die Fahrt und deren Folgen sowie aus der Pflicht, den Fahrschüler jederzeit im Auge zu behalten, hergeleitet wird (vgl. OLG Bamberg, NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476, 477), folgt der BGH dem nicht.
  • Schließlich spricht die Existenz der Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gegen eine Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers. Wäre der Fahrlehrer nach der gesetzgeberischen Konzeption als Fahrzeugführer anzusehen, so hätte keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Fiktion („gilt… als Führer“) bestanden (Heinrich, DAR 2009, 402, 403).

Ob es  nun sinnvoll ist, wenn der Fahrlehrer telefoniert oder simst, ist eine ganz andere Frage.

Mobiltelefon: Uhrablesen kostet 60 €….

© cirquedesprit - Fotolia.com

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Nach dem Weglegen des Mobiltelefons (vgl. dazu den dem OLG Köln, Beschl. v. 07.11. 2014- 1 RBs 284/14 und Mobiltelefon: Verteidigungsansatz – Nur Weglegen ist kein Benutzen) nun das OLG Zweibrücken mit dem – schon etwas älteren – OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.01.2014 – 1 SsRs 1/14. Auch er hat eine Konstellation zum Inhalt, die schon mal entschieden worden ist, nämlich das Ablesen der Uhr auf/im Mobiltelefon. Das OLG macht es kurz:

„Aufgrund der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung ist von einer verbotswidrigen Benutzung gemäß § 23 Absatz 1a StVO auszugehen, wenn die beanstandete Handlung des Betroffenen einen Bezug zu einer der Funktionen des Geräts hat (OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2005, 83 Ss OWi 19/05; OLG Bamberg, Beschluss vom 27.04.2007, 3 Ss OWi 452/2007). Nicht erfasst werden ausschließlich Handlungen, die keinen Zusammenhang zu einer bestimmungsgemäßen Verwendung aufweisen wie beispielsweise das bloße Aufheben oder Umlagern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2006, IV Ss OWi 134/06).

Wird jedoch wie im vorliegenden Fall das Mobiltelefon aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt eindeutig ein Verstoß gegen § 23 Absatz 1a StVO vor (OLG Hamm, Beschluss vom 06.07.2005, 2 Ss OWi 177/05; Herrmann, NStZ 2011, 65f. mit umfangreichen Nachweisen).“

Der angeführte OLG Hamm, Beschluss kommt aus „meinem“ alten Senat. Ob ich das allerdings heute noch mal so machen würde, bezweifle ich zumindest. Denn, ob das Schauen auf die Uhr noch „Benutzung“ des Mobiltelefons ist, kann man schon bezweifeln. Mit Kommunikation hat das in der Regel nichts mehr zu tun.

Mobiltelefon: Verteidigungsansatz – Nur Weglegen ist kein Benutzen

© Steve Young - Fotolia.com

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Machen wir heute am letzten Arbeitstag vor Weihnachten noch einen Handy-Tag. Passt sicherlich gut zu den vielen Smartphones usw., die morgen als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum liegen. Starten will ich dazu mit dem OLG Köln, Beschl. v. 07.11. 2014- 1 RBs 284/14 -, der ja schon als PM an verschiedenen Stellen gelaufen ist. Hier dann der Volltext. Die Entscheidung betrifft das bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung entschiedene Probleme der Ortsveränderung/des Umlegens des Mobiltelefons im Pkw, was von den Obergerichten nicht als Benutzung i.S. des § 23 Abs. 1a StVO angesehen wird. Hier war es aber ein etwas anderes Umlegen, nämlich nach den Feststellungen:

„Die Betroffene befuhr am 22.8.2013 um 11:30 Uhr als Führerin eines PKW T, amtliches Kennzeichen XX-XX000, die Lstraße in L2 in Fahrtrichtung L3tstraße. Auf dem Beifahrersitz saß ihr 10 Jahre alter Sohn, der Zeuge L4. Die Betroffenen hatte ein eingeschaltetes Mobilfunkgerät in ihrer Handtasche. Als das Handy klingelte, versuchte der Zeuge L4, das Handy in der Handtasche zu finden und herauszunehmen. Da ihm dies nicht gelang, reichte er die Tasche mit dem Handy an die Betroffene. Diese suchte – während sie die Fahrt als Führerin des Fahrzeugs fortsetzte – in der Tasche nach dem Handy, ergriff es und reichte es – während sie an der Kreuzung L3straße nach rechts in Richtung I abbog – an ihren Sohn. Entsprechend der Einlassung der Betroffenen unterstellt das Gericht, dass die Betroffene vor der Weitergabe des Handys nicht auf das Display schaute. Der Sohn nahm das Gespräch entgegen. (…)“

Das OLG sagt: (noch) Ortsveränderung und keine Benutzung:

„Hiervon ausgehend ließe sich im Streitfall zwar argumentieren, dass im Aufnehmen des Geräts nach Erklingen des Signaltons regelmäßig der erste Schritt zur Kommunikation zu erblicken ist und hierin ein Bezug zur Funktionalität des Mobiltelefons liegt. Indessen bereitet die Betroffene durch die Weitergabe des Mobiltelefons ohne vorheriges Ablesen des Displays keinen eigenen Kommunikationsvorgang in ihrer Eigenschaft als Fahrerin vor. Ihre Handlung hat daher hier gerade keinen Bezug zu einer von ihr in Anspruch genommenen Funktionalitäten des Mobiltelefons, sie macht sich keine der von dem Gerät angebotenen Funktionen „zu Nutze“ und bereitet dies – im Unterschied zu der der vom Amtsgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm vom 20.04.2007 (VRS 113, 317 = NZV 2007, 483; vgl. a. Senat NZV 2009, 304) zugrundeliegenden Sachgestaltung – auch nicht vor. Von den Fällen des „Wegdrückens“ eines eingehenden Anrufs oder des Ausschaltens des Geräts unterscheidet sich der hier vorliegende dadurch, dass der Betroffene dort gerade eine der Funktionsmöglichkeiten des Mobiltelefons nutzt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der hier zu entscheidende Fall daher in allen wesentliche Punkten demjenigen vergleichbar, in welchem der Fahrer das Mobiltelefon wegen von diesem ausgehender störender Geräusche verlegt. Der Fall ist letztlich nicht anders zu beurteilen als derjenige der Ortsveränderung eines beliebigen Gegenstands im Fahrzeug.“

M.E. zutreffend, aber das Ganze ist für die Betroffenen kaum noch nachvollziehbar. Weglegen des klingelnden Handys, ohne auf das Display Schauen, kein § 23 Abs. 1a StVO, Weglegen und Schauen wäre dann § 23 Abs. 1a StVO. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Wie gesagt, kaum noch nachvollziehbar. Ebenso wenig wie das obiter dictum des AG Lüdinghausen, Urt. v. 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 86/14-14/14 – (vgl. dazu: Amtsgerichtliches “obiter dictum”, oder: Warum?). Blinkender Akku, Weglegen, ohne auf das Mobiltelefon zu schauen, kein § 23 Abs. 1a StVO, schaue ich hingegen drauf, soll es ein § 23 Abs. 1a StVO sein.

Jedenfalls: Ein Verteidigungsansatz ist da…..

 

Amtsgerichtliches „obiter dictum“, oder: Warum?

Manchmal ist man von Entscheidungen ziemlich überrascht. So ist es mir mit dem AG Lüdinghausen, Urt. v. 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 86/14-14/14 – ergangen, das das AG zur Prüfung der Frage der Veröffentlichung übersandt hat. Das AG hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO – verbotene Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr – verurteilt. Der Leitsatz der Entscheidung:

„Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO liegt auch vor, wenn der Betroffene ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegendes Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere Blendung zu vermeiden.“

Na, da habe ich schon Bedenken, denn was hat das noch mit Kommunikation zu tun? Und ist das nicht doch nicht nur ein bloßes Verlegen des Geräts? Wahrscheinlich hat das AG auf den fast leeren Akku und darauf abgestellt, dass der Betroffene auf das Mobiltelefon geschaut hat. Aber reicht das aus, wenn ich feststelle: „um eine weitere Blendung zu vermeiden„? Wird die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO dann nicht allmählich zu weit und zu unbestimmt?

Aus dem Urteil ergibt sich leider nichts Näheres. Denn das Urteil ist rechtskräftig und das AG hat nur mit einem Zusatz gearbeitet (also BGH- und OLG-like). Und da liest man dann und ist – ich zumindest – überrascht:

„Zwar ist der Betroffene durch die Aussage des am Tatort eingesetzten Polizeibeamten überführt worden, sein Handy in der rechten Hand gehalten und mit dem Daumen auf dem Handy herumgetippt zu haben, was unzweifelhaft ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons und somit einen Verstoß gegen das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO darstellt. Er wäre jedoch auch nach seiner eigenen Einlassung wegen Verstoßes gegen diese Vorschrift zu verurteilen gewesen, da er geltend gemacht hat, er habe das Handy auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen gehabt. Das Handy habe aufgeblendet und hierdurch angezeigt, dass der Akku aufgeladen werden müsse. Der Betroffene führte aus, er sei durch das aufleuchtende Handy geblendet gewesen. Er habe das Handy deshalb in die Hand genommen, darauf geschaut und es dann zur Seite gelegt, damit es ihn nicht blende. Auch dies würde ein Benutzen im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO darstellen.“

Ah, also „herumgetippt “ hat er der Betroffene, „unzweifelhaft ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons“. Warum dann aber das „obiter dictum“ zum „aufgeblendeten Akku“. Manchmal ist/wäre weniger mehr und das Weniger würde zu weniger Verwirrung führen. Jedenfalls bei mir.