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Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon – er darf….

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Wer kennt sie nicht? Die Fahrschulwagen mit einem telefonierenden Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz; ich sehe sie übrigens täglich, da ich von meinem „Arbeitsplatz“ aus auf den Eingang eines Gymnasiums schaue und somit den täglichen Abhol- und Bringeverkehr der (Fahr)Schüler vor Augen habe. :-). Bei den „telefonierenden Fahrlehrern“ stellt sich immer die Frage, ob diese nicht ggf. wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO belangt werden müssen, wenn sie während einer Ausbildungsfahrt das Mobiltelefon benutzen. Die Antwort hängt davon ab, ob man sie als „Führer“ des Fahrzeugs ansieht oder nicht.

Die Frage wird seit einiger Zeit in der Rechtsprechung diskutiert: Das OLG Bamberg hat sie im OLG Bamberg (Beschl. v. 24.03.2009 – 2 Ss OWi 127/09) bejaht, das AG Herne-Wanne im AG Herne-Wanne, Urt. v. 24.11.2011 – 21 OWi-64 Js 891/11-264/11 hingegen verneint (vgl. dazu Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon).

Nun hat das OLG Düsseldorf vor einiger Zeit im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2013 – 1 RBs 80/13 – die Frage noch einmal aufgegriffen und wie das AG Herne-Wanne entschieden, und zwar mit einer m.E. überzeugenden Begründung:

„aa) § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO ist – ebenso wie die §§ 315c, 316 StGB – ein eigenhändiges Delikt. Es kann nur durch denjenigen verwirklicht werden, der das Fahrzeug in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung lenkt. Ein Führen allein „durch Worte“ reicht hierfür nicht aus, so dass nach herrschender Meinung der eine Ausbildungsfahrt nur mündlich anleitende Fahrlehrer kein Fahrzeugführer ist, solange er nicht manuell in die Steuerung des Wagens eingreift (OLG Dresden, aaO S. 1013 f.; König, in: Hentschel/König/Dauer, aaO, § 23 StVO Rdnr. 30a und § 316 StGB Rdnr. 3, 5; LK-König, aaO, § 315c Rdnr. 42; Fischer, StGB, 60. Auflage [2013], § 315c Rdnr. 3a; Burmann, in Burmann/Heß, aaO, § 316 StGB Rdnr. 2). Ob dies anders zu beurteilen ist, wenn sich der Fahrschüler infolge mangelhafter eigener Fahrkenntnisse „bedingungslos“ oder zumindest „im Wesentlichen“ nach den technischen Anweisungen des Fahrlehrers richtet (vgl. die Fallkonstellationen bei BGH VRS 52, 408, 409; OLG Hamm VRS 37, 281, 282), kann dahinstehen, denn eine derartige Situation war hier nicht gegeben. Die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen lassen keinerlei Anhaltspunkt dafür erkennen, dass der Betroffene während der Ausbildungsfahrt mit seiner – fortgeschrittenen – Fahrschülerin deren Verkehrsverhalten durch mündliche Anweisungen maßgeblich bestimmt hat.

bb) Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, der Fahrlehrer sei bei der Begleitung einer Ausbildungsfahrt schon aufgrund seiner Beobachtungs- und Kontrollpflichten in Verbindung mit der bloßen Möglichkeit einer manuellen Beeinflussung als Fahrzeugführer anzusehen (so OLG Bamberg, aaO, mit Anm. Scheidler; LK-Geppert, aaO, § 69 Rdnr. 29), vermag der Senat nicht zu teilen. Sie überschreitet jedenfalls im Hinblick auf § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO die Grenzen einer zulässigen Normauslegung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber mit dem Verbot der Handynutzung nicht jegliche Ablenkung durch Telefonate während der Fahrt sanktionieren, sondern lediglich sicherstellen wollte, dass der Fahrzeugführer während einer derartigen Ablenkung zumindest „beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat“ (Wiedergabe der Begründung zur ÄndVO bei König, in Hentschel/König/Dauer, aaO, § 23 StVO Rdnr. 4). Diese Motivation verdeutlicht (zusätzlich zum Wortlaut der Vorschrift), dass § 23 Abs. 1a StVO die Führung eines Handytelefonats nur in Verbindung mit der tatsächlichen Betätigung der Bedieneinrichtungen des Fahrzeugs (insbesondere der Lenkung) unter Verbot stellt. Es mag zwar sein, dass auch von einem telefonierenden Beifahrer in Ausbildungssituationen potentielle Gefahren für die Verkehrssicherheit ausgehen können, die mit Blick auf die Verantwortung und Aufgabe des Fahrlehrers de lege ferenda auch sanktionierungswürdig sein mögen. Von der Schutzrichtung des § 23 Abs. 1a StVO werden derartige Situationen indes nicht erfasst.“

Also: Danach darf der Fahrlehrer im Straßenverkehr telefonieren, ob er es tun sollte, ist eine ganz andere Frage.

Finger weg vom Handy – Fahrverbot droht

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Die Verhängung eines Fahrverbotes wegen Beharrlichkeit ist im BKat nicht geregelt, sondern nur in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG. Voraussetzung ist u.a. mangelnde Rechtstreue. Insoweit herrscht aber immer noch häufig die Vorstellung vor, dass dafür gravierende Verkehrsverstöße erforderlich sind. Zwar wird die Verhängung eines Fahrverbotes i.d.R. in diesen Fällen in Betracht kommen, aber: Möglich ist die Festsetzung auch bei (vielen) kleinen Verstößen. Das musste jetzt ein Betroffener vom OLG Hamm erfahren, das ihm im OLG Hamm, Beschl. v. 24.10.2013 – 3 RBs 256/13 – bescheinigte:

Mangelnde Rechtstreue, die ggf. zur Verhängung eines Fahrverbot wegen Beharrlichkeit führen kann, wird sich zwar vor allem im Zusammenhang mit der Begehung gravierender Verkehrsverstöße zeigen. Jedoch ist dieses Unwerturteil nicht auf solche Zuwiderhandlungen beschränkt, sondern kann sich im Einzelfall auch aus der wiederholten Begehung für sich genommen eher geringfügiger Verstöße ergeben. Auch die wiederholte verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons ist daher im Einzelfall geeignet, die Anordnung eines Fahrverbotes wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung zu rechtfertigen.

Also: Finger weg vom Handy, wenn einem die Fahrerlaubnis lieb ist. Allerdings: Bei dem Betroffenen handelte es sich nun wahrlich um einen „viel beschossenen Hasen“. Denn der Betroffene war innerhalb eines Zeitraums von nur zweieinhalb Jahren sieben Mal verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten, wobei auch die dreimalige Verhängung eines Fahrverbotes, zuletzt nur ca. fünf Monate vor dem für das OLG relevanten Verstoß, ihn nicht zur Einhaltung von Verkehrsvorschriften anhalten konnte. Da bleibt ja nichts anderes mehr als (nochmal) ein Fahrverbot.

„Ich habe doch nur eine SMS gelesen.“ = Benutzung eines „Mobiltelefons“?

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Der Betroffene hält während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand und sieht sich eine darin gespeicherte SMS an. Die Frage, die sich AG und OLG Hamm stellte: Ist das Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 Abs. 1a StPO, und zwar ggf. auch dann, wenn zu diesem Zeitpunkt keine SIM-Karte im Mobiltelefon befand?

Der OLG Hamm, Beschl. v. 01.02.2012 – III- 5 RBs 4/12 – also schon etwas älter – hat das bejaht:

„Der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt.  Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Nutzung von Bedienfunktionen, etwa als Organisator oder als Internetzugang (vgl. OLG Hamm NJW 2003, 912), zum Ablesen der Uhrzeit auf dem Display (vgl. OLG Hamm NJW 2005, 2469), zum vergeblichen Versuch der Entgegennahme eines Telefongesprächs (vgl. OLG Hamm NStZ 2006, 358), als Diktiergerät (vgl. Thüring. OLG DAR 2006, 636) oder zum Auslesen einer dort gespeicherten Telefonnummer (vgl. OLG Hamm NJW 2006, 2870). Denn die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i. S. d. § 23 Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht (vgl. OLG Hamm NZV 2003, 98) und die Handhabung des Gerätes – wie hier durch Ablesen einer gespeicherten Nachricht – einen Bezug zu einer der bestimmungsgemäßen Funktionen desselben aufweist (vgl. hierzu auch OLG Köln NJW 2005, 3366). Auch während der Vor- und Nachbereitungsphase einer SMS liegt danach eine Benutzung des Mobiltelefons im Sinne dieser Vorschrift vor, denn bereits hierdurch wird der Zweck der Vorschrift berührt, nämlich der Ablenkung von der Fahrzeugführung entgegen zu wirken (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15. Oktober 2007 – 2 Ss OWi 614/07).

Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 (VBl. 2001, 8) soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gespräch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. 

Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss …”  Es wird demzufolge nicht differenziert, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird, sondern es ist jegliche Nutzung untersagt, soweit das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können. Es war nicht Ziel des Gesetzgebers, die Wahrnehmung bestimmter Funktionsmöglichkeiten eines Mobiltelefons während der Fahrt zu untersagen. So ist es z.B. durchaus zulässig, während der Fahrt mit dem Mobiltelefon zu telefonieren, solange dies mit Hilfe einer Freisprechanlage geschieht.

Vorliegend hat der Betroffene das Mobiltelefon in der Hand gehalten und eines  seiner Funktionen genutzt, indem er eine gespeicherte SMS gelesen und darüber hinaus mit dem Gerät „herumgespielt“ hat.  Auf die Frage, ob sich bei Tatbegehung eine SIM-Karte in dem Mobiltelefon befunden hat, kommt es nicht an. Denn auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, läge eine Benutzung im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO vor.“

Ähnlich hat vor Jahren das OLG Karlsruhe entschieden (vgl. NJW 2007, 240 = DAR 2007, 99 = VRR 2007, 34).

 

Das Kühlhandy – was es nicht alles gibt… oder: So kann man dem Mandanten helfen

Der ein oder andere wird sich noch an OLG Hamm, Beschl. v. 13.09.2007 – 2 Ss OWi 606/07 (mein Gott, was ist das schon lange her) erinnern. Da ging es um die „interessante Frage“, ob die Benutzung eines Mobiltelefons/Handy als Wärmeakku „Benutzung“ i.S. des § 23 Abs. 1a StVO  ist. Der 2. Bußgeldsenat des OLG Hamm musste diese Frage letztlich nicht entscheiden, da nach den Feststellungen aus anderen Gründen von „Benutzung“ ausgegangen werden konnte.

An die Entscheidung habe ich mich (auch) erinnert, als ich vor einigen Tagen von einem Kollegen auf das „Kühlhandy“ hingewiesen worden bin. Wer unter dem Link mal nachschaut, wird sicherlich auch denken: Was es nicht alles gibt. Ich darf mit Erlaubnis des Betreibers der HP zitieren:

Bei dem „Kuehlhandy” handelt es sich um ein sog. hot-and-cold pack.
Man kann es sowohl zum Kühlen als auch zum Wärmen verwenden.
Sowohl beim Erwärmen als auch beim Abkühlen des „Kuehlhandys“ darauf achten, das es nicht zu Beschädigungen der Außenhaut des „Kuehlhandys“ kommt.
Zur Kühlung:
Das „Kuehlhandy“ kann im Kühlschrank, im Eisfach (bis – 18° C) oder im Kühlfach des Autos abgekühlt und danach zur Kühlung verwandt werden. Bei Abkühlung im Eisfach unbedingt darauf achten, das es nicht zu Erfrierungen auf der Haut kommt.
Zum Wärmen:
Das „Kuehlhandy“ im Wasserbad (am besten in einem Waschlappen) maximal 3 Minuten in kochendem Wasser erhitzen. Vor Hautkontakt vorsichtig die Temperatur des „kuehlhandys“ testen, um Verbrühungen zu vermeiden.
Es gibt jährlich 300.000 Betroffene (allein in Deutschland) von Bußgeldbescheiden wegen des Vorwurfs der Nutzung eines Handys am Steuer. Es drohen ein Bußgeld von 40,- Euro und ein Punkt in Flensburg. Nach Umfragen nutzt jede(r) zweite Autofahrer(in) regelmäßig ein Handy beim Autofahren.
Das neue Kuehlhandy sieht aus wie ein Smartphone, ist jedoch ein hot-and-cold-pack. Man kann es abkühlen oder erwärmen. Es kann zum Kühlen bei Zahnschmerzen, zum Wärmen bei Ohrenschmerzen oder einfach zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Entspannung genutzt werden.
Die Nutzung des Kuehlhandys am Steuer ist bußgeldfrei und belastet nicht das Punktekonto. Bei Nutzung des Kuehlhandys am Steuer kann man nicht wegen verbotener Handynutzung am Steuer belangt werden. Das Kuehlhandy kann bei jeder Polizeikontrolle vorgezeigt werden.“

Na, ist das nicht eine Idee, mit der man dem ein oder anderen Mandanten vorbeugende helfen kann – der Griff zum Kühlhandy ist bußgeldfrei 🙂

Das Handyverbot wird nicht kippen

Der Schadenfixblog stellt gestern die Frage: Handy am Steuer – das wird teuer..? Oder kippt das Handyverbot bald? und berichtet u.a. über die Entscheidung des AG Gummersbach v. 08.07.2009 – 85 OWi 196/09 über die wir hier auch schon berichtet hatten. M.E. liegt die Antwort auf die Frage auf der Hand. Das Handyverbot wird m.E. nicht kippen.

Das BVerfG hat vor einiger Zeit bereits schon mal eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO entschieden und kein Wort zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift gesagt.
Zudem hat sich auch das OLG Stuttgart im Beschl. v. 16.08.2008 – 1 Ss 187/08 mit der Frage auseinandergesetzt (vgl. NJW 2008, 3369 = DAR 2008, 654 = VA 2008, 208 = VRR 2008, 471 = NZV 2009, 95) und ausgeführt, dass die Ungleichbehandlung von erlaubten und unerlaubten Tätigkeiten eine hinzunehmende gesetzgeberische Entscheidung ist.

Im Übrigen habe ich bei dem Beschluss des AG Gummersbach eher den Eindruck, dass sich das BVerfG nicht ganz ernst genommen fühlen und das Handyverbot nicht kippen wird. Eine Missbrauchsgebühr gegen Richtervorlagen gibt es aber nicht :-).