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Begründung des Verwerfungsurteils: Warum ist es eigentlich so schwer?

Die OLG müssen sich immer wieder mit den Anforderungen an eine ausreichende Begründung eines Verwerfungsurteils (§ 74 Abs. 2 OWi) befassen. Es scheint schwer, um nicht zu sagen zu schwer zu sein. Und dabei ist es im Grunde doch so einfach. Denn, so das OLG Bamberg, Beschl. v. 14.04.2011 – 2 Ss OWI 427/11:

Danach müssen sowohl die Umstände, die nach der Auffassung des Betroffenen sein Fernbleiben in der Hauptverhandlung entschuldigen sollten, wie auch die Erwägungen des Tatrichters, diese nicht als genügende Entschuldigung anzusehen,» so ausführlich und vollständig dargelegt werden, dass, das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Urteilsgründe die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen vermag (OLG Hamm NZV 2003, 348 f.; BayObLG WW 1999, 879 f.; OLG Köln NZV 1999, 261 f.; Göhler OWG 15. Auflage § 74 Rdnr. 34, 35). Insbesondere muss aus den Gründen ersichtlich sein, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung zutreffend erkannt und angewendet hat. Insoweit ist maßgeblich; ob der Betroffene nach den Umständen, die dem Tatrichter bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen, tatsächlich entschuldigt ist. Nicht entscheidend ist, ob er sich entschuldigt hat.

Beim OLG Bamberg ging es um einen Verkehrsunfall, den der Betroffene vor dem Hauptverhandlungstermin als Entschuldigung vorgebracht hatte. Dazu das OLG:

„Hierüber hat das Amtsgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Es fehlt im Urteil bereits an einer Darstellung dahingehend, wie, wann und von wem das Amtsgericht über den Verkehrsunfall (des Betroffenen) unterrichtet wurde und welche Maßnahmen es im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht hinsichtlich des Vorliegens eines Entschuldigungsgrundes getroffen hat. Bei Zweifeln an der Richtigkeit eines mitgeteilten Unfalls hätte sich das Amtsgericht im Freibeweisverfahren (etwa durch telefonische. Rücksprache mit dem Mitteiler des Verkehrsunfalls oder dem Betroffenen) die erforderliche Aufklärung verschaffen müssen (zur Amtsaufklärungspflicht vgl. Göhler § 74 Rdnr, 31). Die Formulierung, der Verkehrsunfall sei „nicht nachgewiesen“ lässt im Übrigen besorgen, dass das Amtsgericht seine Aufklärungspflicht im Rahmen eines vorgetragenen Entschuldigungsgrundes, an dem es zweifelte, verkannt hat.“

Hier dann der Volltext von OLG Hamm betreffend „Richter Gaspedal“

Über die Entscheidung des OLG Hamm v. 15.03.2011 – III-3 RBs 62/11 betreffend die Rechtsbeschwerde der StA gegen einen der „Massenfreisprüche“ durch das AG Herford hatten wir ja vor einigen Tagen schon berichtet. Wer nun genau wissen will, warum das OLG Hamm die Rechtsbeschwerde der StA aus formalen Gründen verworfen hat, kann das im Volltext des Beschlusses nachlesen. Die vom OLG angesprochene Frage hat ja auch nicht nur für Rechtsbeschwerden der StA Bedeutung.

Bei aller Schadenfreude 🙂 darüber, dass auch mal die StA den bitteren Becher der Unzulässigkeit einer Verfahrensrüge trinken darf, sollte der Verteidiger nicht übersehen, dass in vergleichbaren Fällen die vom OLG aufgestellten Maßstäbe auch für ihn gelten. Daher: lesen!

Immer wieder: Nicht ausreichende Begründung der Verfahrensrüge

Ein verfahrensrechtlicher Dauerbrenner sind die mit der ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge zusammenhängenden Fragen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dort werden immer wieder Fehler gemacht bzw. dort wird immer wieder vom BGH nicht ausreichender Vortrag moniert.

So auch in BGH, Beschl. v. 13.01.2011 – 3 StR 337/10.  Es war die Aufklärungsrüge erhoben. Der BGH dazu: Eine Aufklärungsrüge gegen die Nichteinführung von im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gewonnener Verkehrsdaten im Wege des Urkundsbeweises ist wegen unzureichender Begründung unzulässig, wenn im Rahmen der Revision nicht der Wortlaut der Urkunde mitgeteilt wird, deren Nichteinführung in den Prozess beanstandet wird. Andernfalls kann durch das Revisionsgericht nicht überprüft werden, ob die Verlesung überhaupt geeignet gewesen wäre, etwas zur Sachaufklärung beizutragen. Die Darstellung des Urkundeninhalts wird auch nicht deswegen entbehrlich, wenn hilfsweise die Vernehmung eines Zeugen zum selben Beweisthema beantragt wird, der allein Angaben zu den in der Urkunde enthaltenen Auskünften des Dienstanbieters machen soll.

Im Übrigen: Es war die Rüge der StA 😉

Fahrtenbuchauflage: Neun Monate bei einem „Einpunktdelikt“ muss man begründen

Die Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) bietet immer wieder neuen Berichtsstoff. So ist jetzt hinzuweisen auf die Entscheidung des OVG Lüneburg v. 10.02.2011 – 12 LB 318/08. Danach ist eine neunmonatige Dauer bei einem „Einpunktdelikt“ zu begründen, sonst liegt ein Ermessensfehler vor, weil bei diesen geringen Verstößen eine Dauer von sechs Monaten die Regel ist.

Und was auch interessant ist: Die Ausgangsentscheidung des VG Stade war vom 31.05.2007 – das ist doch mal eine beschleunigte Erledigung :-).

Mal wieder was zur Begründung der Verfahrensrüge

Beim LG Münster hatte der Angeklagte sich u.a. gegen die Verwertung von Erkenntnissen aus einer Durchsuchung gewendet. Dazu hatte es dann eine Verfahrensrüge gegeben, die aber – so der BGH im Beschl. v. 02.12.2010 – 4 StR 464/10 – nicht ausreichend begründet war: Der BGH schreibt:

 „2. Soweit die Beschwerdeführer die Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung des Pkw VW T 4 vom 13. Oktober 2009 rügen, weil auch diese Durchsuchung ohne richterliche Anordnung erfolgt sei, genügen die Rü-gen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revisionen geben den Inhalt des Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls nicht wie-der. Dadurch ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob die Anordnung der Durch-suchung zur Ermittlung der Eigentumsverhältnisse – was nicht ausgeschlossen und vom Landgericht zu Grunde gelegt worden ist – zum Zwecke der Gefahren-abwehr auf Grund polizeirechtlicher Vorschriften erfolgte. Die rechtliche Einord-nung der Maßnahme wäre indes für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit, je-denfalls aber des Gewichts eines etwaigen Rechtsverstoßes von Bedeutung. Darüber hinaus teilen die Revisionen nicht mit, auf welchem Wege die Ergeb-nisse der Durchsuchung in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, wes-halb offen bleibt, gegen welche Beweiserhebungen die Beschwerdeführer sich wenden und ob der Verwertung jeweils rechtzeitig widersprochen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 3 StR 6/09, NStZ 2009, 648).“