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Vollzug II: Anspruch auf Eigengeldauszahlung, oder: Wenn das gesamte Vermögen bar verwahrt wird

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Die zweite Entscheidung, der BayObLG, Beschl. v. 03.01.2023 – 203 StObWs 412/22 – gehört für mich in die Rubrik: Was es nicht alles gibt. Denn der Beschluss hat einen etwas ungewöhnlichen Sachverhalt, und zwarI.

„Der im April 2021 verstorbene, von den drei Antragstellerinnen beerbte Erblasser war in den Jahren 2013 und 2019 bis 2020 mehrmals kurzzeitig in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bamberg inhaftiert. Beim Zugang am 4. März 2013 zahlte der Erblasser, der nach dem Vortrag der Antragstellerinnen über kein Konto verfügte und sein gesamtes Vermögen in bar verwahrte, nach der von den Antragstellerinnen nicht in Frage gestellten Darstellung des Antragsgegners bei der JVA Bamberg einen Betrag von 10.465,75 Euro in bar ein; das Guthaben wurde einen Tag später auf dem Gefangenengeldkonto gutgeschrieben. Nach seiner Entlassung verweigerte er es, den Empfang des verbleibenden Betrages von 8.557,25 Euro zu quittieren, woraufhin ihm der Geldbetrag nicht ausgehändigt wurde (Anlage B 4). Einer anschließenden schriftlichen Aufforderung, ein Konto zu benennen oder das Geld abzuholen, kam er nicht nach (Anlage B 5). Anlässlich des Zugangs am 1. August 2013 zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe zahlte er bei der JVA Bamberg auf das Gefangenengeldkonto einen Bargeldbetrag in Höhe von 125.105,13 Euro ein, der am Folgetag als Guthaben des Strafgefangenen gebucht wurde. Nach seiner Entlassung am 7. August 2013 nahm der Gefangene das verbleibende Geld in Höhe von 121.781,63 Euro nicht an sich, woraufhin ein Mitarbeiter der JVA unterschriftlich auf einem Ausdruck mit der Bezeichnung „Kontenabschluss“ vermerkte: „Geld wurde von Herrn A… nicht mitgenommen. Geld wieder auf Konto gutgeschrieben“ (Anlage B 8). Am 28. Oktober 2013 löste die JVA ohne weitere Kontaktaufnahme mit dem Erblasser das interne Gefangenenkonto auf und zahlte das Eigengeld des Erblassers in Höhe von 130.338.88 Euro bei der Landesjustizkasse Bamberg zur Verwahrung ein (Anlagen B 7, B 9). Anlässlich eines Zugangs am 13. Mai 2019 zahlte der Erblasser bei der JVA Bamberg einen Betrag von 22,70 Euro ein, nach der Unterbrechung der Vollstreckung wurde das Guthaben am 4. November 2019 ebenfalls bei der Landesjustizkasse gebucht. Das bei einer weiteren Inhaftierung im Jahr 2019 einbezahlte Gefangenengeld wurde dem Erblasser bei seiner Entlassung am 10. Januar 2020 in bar ausgehändigt, bei seiner letzten Inhaftierung im Jahr 2020 zahlte er kein Bargeld ein.

Nach dem Tod ihres Vaters baten die drei mit Erbschein ausgewiesenen Miterbinnen in einem an die JVA Bamberg gerichteten Schreiben vom 15. Juni 2021 um Prüfung, ob noch Forderungen gegen den Freistaat bestünden. Daraufhin teilte die JVA Bamberg den drei Miterbinnen mit Schreiben vom 7. September 2021 mit, dass aus den Inhaftierungen des Erblassers im Jahre 2013 resultierend aus Bargeldeinzahlungen auf das Gefangenengeldkonto ursprünglich ein Betrag von 130.338,88 Euro offen gewesen, der Rückforderungsanspruch jedoch mittlerweile verjährt wäre; aus der Inhaftierung im Jahr 2019 bestünde noch ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 22,70 Euro. Die drei Miterbinnen traten dem entgegen und verlangten unter Vollmachtsanzeige mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Oktober 2021 von der JVA nähere Auskünfte zu den Einzahlungen, den Verfügungen und dem Verbleib des Geldes sowie Einsicht in den Vollzugsplan. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2021 erteilte die JVA weitere Auskünfte zu den Vollzugszeiten, den Einzahlungen, den Buchungsvorgängen und den jeweiligen Guthaben des Erblassers und wiederholte ihre Rechtsansicht, dass bezüglich eines Betrages von 130.338,88 Euro zum Ende des Jahres 2016 Verjährung eingetreten sei. Daraufhin widersprach der anwaltliche Vertreter der Antragstellerinnen unter Bezugnahme auf das Schreiben der JVA vom 25. Oktober 2021 mit Schreiben vom 2. November 2021 den Ausführungen zur Verjährung und forderte von der JVA Bamberg die Auszahlung des „Restbetrags“ unter Fristsetzung bis zum 15. November 2021. Nachdem die JVA auf die Zahlungsaufforderung nicht reagierte, reichten die Miterbinnen mit anwaltlichem Schriftsatz am 21. Dezember 2021 Klage auf Zahlung von 130.338,88 Euro nebst Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten zum Landgericht Bamberg ein.

Das Landgericht Bamberg – 4. Zivilkammer – hat sich mit Beschluss vom 11. Mai 2022 für funktionell unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger an die Strafvollstreckungskammer abgegeben. Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 12. August 2022 „den Antrag“ auf gerichtliche Entscheidung vom 21. Dezember 2021 wegen der Versäumung der Frist von § 112 StVollzG als unzulässig verworfen. Mit der Frage der Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat sich die Strafvollstreckungskammer nicht befasst.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragstellerinnen mit ihrer Rechtsbeschwerde und beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antragsgegner zur Zahlung von 130.338,88 Euro zu verpflichten, hilfsweise die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen. Zur Begründung führen sie an, dass §§ 109, 112 StVollzG nicht anwendbar und der auf sie übergegangene Anspruch auf die Zahlung des Eigengelds nicht verjährt sei. Zu den ursprünglich in der Klageschrift geltend gemachten Rechtsanwaltskosten verhalten sie sich nicht ausdrücklich. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.“

Und: Die drei Damen hatten beim BayObLG Erfolg. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

  1. Hat die Justizvollzugsanstalt auf eine Aufforderung des Berechtigten auf Auskunft über Eigengeld hin den Einwand der Verjährung erhoben, steht die Regelung von § 112 StVollzG einer gerichtlichen Geltendmachung des Zahlungsanspruchs nicht entgegen.
  2. Dem Strafgefangenen steht ab dem Zeitpunkt der Gutschrift von Eigengeld gegen das Land als Träger der Justizvollzugsanstalt ein schuldrechtsähnlicher Anspruch auf Auszahlung seines Eigengeldguthabens nach § 700 Abs. 1 Satz 2, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu.
  3. Der Lauf der Fristen nach Art. 71 BayAGBGB und §§ 195, 199 BGB wird weder mit der Einzahlung noch mit der Entlassung aus der Haft, sondern gemäß § 695 S. 2 BGB analog mit einem Zahlungsverlangen des Berechtigten ausgelöst.

Wie gesagt: Was es nicht alles gibt. Und: Gut, dass wir darüber gesprochen haben.

StGB II: Feststellungen bei der Trunkenheitsfahrt, oder: Keine Mindest-BAK, Ausfallerscheinungen reichen

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich um das BayObLG, Urt. v. 13.02.2023 – 203 StRR 455/22 -, das sich noch einmal zu den erforderlichen Feststellungen bei dem Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) äußert. Das LG hatte den Angeklagten frei gesprochen. Das hat der GStA nicht gefallen, die Revision eingelegt hat. Dem BayObLG gefällt das LG-Urteil auch nicht. Es hat den Freispruch aufgehoben:

„… 2. Ob infolge Alkoholgenusses die Grenze zwischen Fahrtüchtigkeit und Fahruntüchtigkeit überschritten worden ist, stellt das Gericht in freier Beweiswürdigung fest. Ist es dem Tatrichter mangels (verwertbarer) Blutprobe, verlässlicher Erkenntnisse über das Trinkgeschehen oder „beweissicherer“ Atemtests nicht möglich, eine annähernd bestimmte Alkoholkonzentration festzustellen, scheidet die Annahme von alkoholbedingter Fahrunsicherheit gleichwohl nicht aus (König in LK StGB, 13. Aufl., § 316 Rn. 91, 96 f.; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 316 Rn. 30 ff.; Hecker in Schönke/ Schröder, StGB, 30. Aufl., § 316 Rn. 12; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, StGB § 316 Rn. 19-20). Vielmehr besteht in der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Literatur weitgehend Übereinstimmung darüber, dass korrelierend zu einer rauschmittelbedingten Fahruntüchtigkeit eine alkoholbedingte relative Fahruntüchtigkeit auch ohne die Feststellung oder die Berechnung einer Blutalkoholkonzentration nachgewiesen werden kann (vgl. etwa OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. August 1997 – 2 Ss 428/96 –, juris Rn. 11; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Januar 2004 – 4 Ss 581/2003 –, juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 4. Februar 1999 – Ss 116/98 (11/99) –, juris, Rn. 6; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Oktober 1991 – 5 Ss 380/91 – 123/91 I –, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Juni 1984 – 1 Ws 405/84 –, juris, OLG Koblenz, Urteil vom 28. September 1989 – 1 Ss 310/89 –, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15. Februar 1999 – 1 Ss 228/98 –, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Januar 2005 – 1 Ss 454/04 –, juris; König a.a.O.). Allerdings bedarf es aussagekräftiger Beweisanzeichen von hinreichender Überzeugungskraft, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers alkoholbedingt soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2015 – 4 StR 111/15-, juris, sowie die oben genannte obergerichtliche Rspr.). Unerlässlich für die richterliche Überzeugungsbildung ist die Feststellung einer – wenn auch nur geringen – Ausfallerscheinung, die durch die Aufnahme alkoholischer Getränke zumindest mitverursacht sein muss (BGH, Urteil vom 22. April 1982 – 4 StR 43/82 –, BGHSt 31, 42 ff., juris Rn. 8 BGH, Beschluss vom 2. Juni 2015 – 4 StR 111/15 –, juris).

3. Des Nachweises einer bestimmten Mindest-Atemalkoholkonzentration oder einer Mindest-Blutalkoholkonzentration bedarf es jedoch nicht (OLG Hamm, Beschluss vom 23. September 2003 – 1 Ss 319/03 –, juris Rn. 8; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Januar 2005 – 1 Ss 454/04 –, juris Rn. 19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Oktober 1991 – 5 Ss 380/91 – 123/91 I –, juris Rn. 6 m.w.N.; wohl auch Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 4. Februar 1999 – Ss 116/98 (11/99) –, juris, Rn. 6; OLG Köln NZV 1989, 357, 358; König a.a.O. Rn. 93 ff.; Hecker a.a.O. Rn. 12; Fischer a.a.O. Rn. 31). Der Tatrichter hat vielmehr eine umfassende Würdigung aller Beweisanzeichen vorzunehmen.

a) Eine maßgebliche Rolle kommt der festgestellten Fahrweise zu (König a.a.O. Rn. 98 ff.; Hecker a.a.O. Rn. 12; OLG Hamm, Beschluss vom 31. Mai 2022 – III-5 RVs 47/22 –, juris Rn. 9). Beachtlich ist ein Fahrfehler dann, wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, der Fahrfehler wäre dem Angeklagten ohne alkoholische Beeinträchtigung nicht unterlaufen (BayObLG, NZV 1988, 110; OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 1994 – Ss 559/94-, juris). Die theoretisch stets denkbare Möglichkeit, dass einem anderen Kraftfahrer ein Fahrversagen auch dann unterlaufen wäre, wenn er keinen oder nur unerhebliche Mengen Alkohol genossen hätte, schließt die Alkoholbedingtheit des Fehlers indes nicht aus (BGH, Urteil vom 11. September 1975 – 4 StR 409/75 –, juris Rn. 5; OLG Hamm, Beschluss vom 31. Mai 2022 – III-5 RVs 47/22 –, juris Rn. 9; König a.a.O. Rn. 99, 102 ff.). Ein Beispiel für eine Fehlleistung mit hoher Aussagekraft in Richtung auf eine alkoholbedingte Fahrunsicherheit ist etwa das Geradeausfahren in einer Kurve (König a.a.O. Rn. 102; Haffner/Erath/Kardatzki NZV 1995, 301, 303; OLG Dresden, Beschluss vom 20. Dezember 2021 – 4 U 2144/21 –, juris Rn. 35 m.w.N.).

b) Befand sich der Täter – wie hier – auf der Flucht vor der Polizei, muss dies in die Beurteilung des Indizwertes seines Fahrverhaltens einbezogen werden. Dabei ist der Tatrichter jedoch nicht gehindert, auch bei einem Täter, der sich seiner Festnahme durch die Polizei entziehen will, in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine alkohol- oder rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit zu sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2000 – 4 StR 171/00-, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03. Dezember 1996 – 5 Ss 325/96 – 92/96-, juris).

c) Die Ausfallerscheinung muss zudem nicht notwendig beim Fahren aufgetreten sein (König a.a.O. Rn. 114 m.w.N.; Hecker a.a.O. Rn. 12). Die Feststellung von Fahruntüchtigkeit setzt nicht stets das Vorliegen eines Fahrfehlers voraus; die Beeinträchtigung des psycho-physischen Leistungsvermögens kann sich vielmehr auch im Verhalten vor oder nach der Tat, insbesondere bei der Kontrolle, dokumentiert haben (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2015 – 4 StR 111/15 –, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 22. April 1982 – 4 StR 43/82 –, BGHSt 31, 42 ff., juris; OLG Hamm, Beschluss vom 31. Mai 2022 – III-5 RVs 47/22 –, juris Rn. 9). Anerkannte Anzeichen für fahrsicherheitsrelevante Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens außerhalb von Fahrfehlern sind etwa Beeinträchtigungen der Körperbeherrschung wie beispielsweise Stolpern oder Schwanken beim Gehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1982 – 4 StR 43/82 –, BGHSt 31, 42 ff., juris Rn. 9; KG Berlin, Beschluss vom 15. September 2011 – (3) 1 Ss 192/11 (73/11) –, juris Rn. 3; König a.a.O. Rn. 115; Hecker a.a.O. Rn. 12; BayObLG, Urteil vom 14. Februar 2005 – 1 StRR 188/04BayObLGSt 2004, 170, 171). Ein gewichtiges Beweisanzeichen kann auch eine lallende oder verwaschene Sprechweise sein (König a.a.O. Rn. 115; Hecker a.a.O. Rn. 12; BayObLG a.a.O.), wobei aber insoweit präzise Feststellungen notwendig sind (BayObLG, Beschluss vom 9. Mai 1988 – RReg 1 St 17/88 –, juris Rn. 15).

d) Bestehen Anhaltspunkte für eine Ausfallerscheinung, kann auch dem Ergebnis einer nicht „beweissicheren“ Atemalkoholanalyse bei der Prüfung der Frage, ob der Angeklagte alkoholbedingt relativ fahruntüchtig war, eine Indizwirkung zukommen (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. August 1997 – 2 Ss 428/96 –, juris Rn. 13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Januar 2004 – 4 Ss 581/2003 –, juris Rn. 7; Burmann a.a.O. Rn. 19a). Anerkanntermaßen liefert nämlich die Atemalkoholkonzentration einen Hinweis auf die alkoholische Beeinflussung des Probanden (BayObLG NZV 2000, 295, 296), auch wenn jedem Atemalkoholkonzentrationswert eine gewisse „Bandbreite“ von Blutalkoholkonzentrationswerten entsprechen kann (BGHSt 46, 358; BayObLG a.a.O.).

e) Die Beweiswürdigung, ob eine Fahruntüchtigkeit vorlag, ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16-, juris m.w.N.). Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders würdigt oder Zweifel überwunden hätte. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Dies gilt auch dann, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14-, juris). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind.

aa) Dazu muss die Begründung so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen hat der Tatrichter in der Regel nach dem Tatvorwurf zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen zum objektiven Tatgeschehen feststellen, die er für erwiesen erachtet, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite nicht getroffen werden konnten (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 – 4 StR 568/19-, juris m.w.N.).

bb) Ein Rechtsfehler in der Beweiswürdigung liegt etwa vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14-, juris). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen ( st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 – 2 StR 326/19 –, juris; BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08-, juris m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende Gewissheit, sondern es genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 – 2 StR 326/19 –, juris; Urteil vom 29. Oktober 2003 – 5 StR 358/03-, juris Rn. 9 m.w.N.; vom 14. September 2017 – 4 StR 45/17-, juris Rn. 14). Dabei ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16-, juris Rn. 26 m.w.N.).

4. Die Ausführungen des Landgerichts werden bereits den Anforderungen nicht gerecht, die die höchstrichterliche Rechtsprechung nach § 267 Abs. 5 S. 1 StPO an ein freisprechendes Urteil stellt. Es fehlt an einer geschlossenen Darstellung des vom Landgericht festgestellten Sachverhalts. Ein Ausnahmefall, dass Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen in Gänze nicht möglich sind, liegt hier ersichtlich nicht vor.

5. Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist gemessen an den oben dargestellten Vorgaben mehrere durchgreifende Rechtsfehler auf.

a) Als unzutreffend erweist sich bereits nach dem oben Dargestellten die Annahme des Landgerichts, die Verurteilung des Angeklagten setze den sicheren Nachweis einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,3 ‰ voraus. Denn wenn der Tatrichter keine bestimmte Blutalkoholkonzentration festzustellen vermag, wäre eine Überzeugungsbildung, es habe eine solche von mindestens 0,3 ‰ und nicht lediglich eine solche von 0,299 ‰ vorgelegen, nicht begründbar (so zutreffend König a.a.O. Rn. 93a).

b) Die Beweiswürdigung weist zudem Lücken auf………“

Den Rest der – wie immer beim BayObLG – sehr umfangreichen Gründe bitte im verlinkten Volltext selbst lesen.

StGB I: Zulassung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, oder: Delegation der Halterprüfpflichten auf Bauleiter

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In die 24. KW. starte ich dann mit zwei verkehrsrechtlichen Entscheidungen, die beide vom BayObLG stammen.

Zunächst stelle ich den BayObLG, Beschl. v. 07.11.2022 – 203 StRR 420/22 – vor. Der nimmt Stellung zu den Feststellungen bei einer Verurteilung wegen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG). Das AG hatte den Angeklagten wegen fahrlässigen Zulassens des Führens eines Kraftfahrzeuges ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen die Sprungrevision, die Erfolg hatte:

„1.Nach § 21 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StVG macht sich strafbar, wer fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat. Halter ist, wer das Fahrzeug auf eigene Rechnung gebraucht und wer tatsächlich, vornehmlich wirtschaftlich, über die Fahrzeugbenutzung (als Gefahrenquelle) so verfügen kann, dass es dem Wesen der Veranlasserhaftung entspricht (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. September 2004 – 2 Ss 133/04 (111/04) –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 25. Juli 2017 – (6) 121 Ss 91/17 (32/17) –, juris). Halter sind auch Unternehmen, wenn sie Firmenfahrzeuge auf eigene Rechnung in Gebrauch haben, den Nutzen der Verwendung erhalten und die Kosten der Fahrzeugnutzung tragen. Ist die Halterin eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, treffen die Halterpflichten nach § 14 Abs. 1 StGB grundsätzlich deren Vertreter.

2. An die Sorgfaltspflicht des Halters sind zwar strenge Anforderungen zu stellen (BGHSt 24, 352), sie dürfen aber auch nicht überspannt werden (BayObLG, Urteil vom 15. Oktober 1982 – RReg 1 St 257/82 –, juris; BayObLG, Beschluss vom 19. April 1996 – 2 St RR 53/96 –, juris; Weidig in MüKo zum StVR, 1. Aufl., § 21 StVG Rn. 26). Die Pflichtverletzung muss zudem für den Verstoß kausal sein (OLG Köln, Beschluss vom 31. März 1989 – Ss 138/89 –, juris).

3. Überlässt der Halter einem anderen ein Fahrzeug, hat er grundsätzlich vor der Fahrzeugüberlassung zu überprüfen, ob die Person, der das Fahrzeug überlassen wird, im Besitz der dazu erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Der Halter muss sich dazu in der Regel vom Fahrer den Originalführerschein vorlegen lassen, wenn er nicht sicher weiß, dass der andere eine Fahrerlaubnis besitzt (BGH VRS 34, 354; KG Berlin, Beschluss vom 16. September 2005 – (3) 1 Ss 340/05 (86/05) –, juris Rn. 7; König in Hentschel/König/Dauer, StVR, 45. Aufl. § 21 StVG Rn. 12 m.w.N.; Mielchen/Meyer DAR 2008, 5 ff., 7; Schäler DAR 2013, 235, 236). Er hat die Führerscheinklasse und eine etwaige Gültigkeitsdauer zu beachten. Mit einer ihm unverständlichen fremdsprachigen „Bescheinigung“ darf er sich nicht begnügen (KG VRS 45, 60). Der Umstand, dass ein EU-Bürger ein Führerscheindokument eines EU-Mitgliedstaates vorlegt, begründet für den Halter jedoch keine Pflicht, weitere Nachprüfungen bei der Fahrerlaubnisbehörde oder der Polizei zu veranlassen (König a.a.O. Rn. 12; überholt insoweit die Anmahnung von Skepsis durch Mielchen/Meyer a.a.O. S. 7). Denn ein Führerschein aus einem Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bleibt in der Regel auch nach Wohnsitznahme in der Bundesrepublik gültig (vgl. § 28 Abs. 1 FeV).

4. Die Pflicht, sich vor der Überlassung des Fahrzeugs den Führerschein zeigen zu lassen, besteht auch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis (Schäler a.a.O. S. 235; Mielchen/Meyer a.a.O. S. 5 ff.). Wie jeder Halter darf auch der Arbeitgeber die Halterpflichten delegieren (Petri, Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl. Abschn. E IV Rn. 22; Mielchen/Meyer a.a.O. S. 8; vgl. § 14 Abs. 2 StGB). Eine wirksame Delegation bewirkt, dass anstelle des Halters derjenige strafrechtlich verantwortlich ist, der von diesem zur Leitung mit entsprechender Personal- und Führungsverantwortung bestimmt wurde (König a.a.O. Rn. 14; zu einem Fall der Delegation vgl. OLG Zweibrücken ZfSch 2021, 107). Eine wirksame Delegation setzt allerdings die Geeignetheit der mit der Aufgabe betrauten Person voraus. Der Betriebsinhaber hat darauf zu achten und sich davon zu vergewissern, dass er eine sorgfältige und zuverlässige Person mit der Aufgabe der Führerscheinkontrolle beauftragt, da andernfalls die Verantwortung nicht wirksam übertragen ist oder wieder zurückfällt (BayObLG VRS 66, 287; OLG Düsseldorf VRS 72, 118; OLG Koblenz VRS 65, 457; Mielchen/Meyer a.a.O. S. 8). Den Beauftragten treffen im Fall der Delegation keine weitergehenden Pflichten als den Halter selbst.

5. Gemessen daran tragen die Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung des Angeklagten nicht.

Im einzelnen:

a) Der Senat entnimmt den insoweit noch ausreichenden Ausführungen des Amtsgerichts, dass der Tatrichter auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten und der von ihm als glaubhaft erachteten Aussagen der Zeugen zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Angeklagte als Geschäftsführer eines in D. ansässigen, bundesweit tätigen Bauunternehmens mit etwa 400 bis 600 Angestellten die jeweiligen Bauleiter, so auch den Zeugen D. in N., beauftragt hatte, selbstständig den jeweiligen Fuhrpark der Firma vor Ort zu verwalten und eigenverantwortlich zu entscheiden, welchem Mitarbeiter ein Fahrzeug überlassen werden durfte. Die Bauleiter waren angewiesen, dazu eine Kontrolle des Führerscheins vorzunehmen. Der gesondert verfolgte V.., ein Mitarbeiter des Unternehmens, zeigte dem Zeugen D. ein rumänisches Identitätsdokument und einen der Erinnerung des Zeugen D. nach in P. ausgestellten Führerschein vor und erhielt daraufhin von ihm einen Firmen-PKW ausgehändigt, den er am 17. Dezember 2021 in N. führte. Eine polizeiliche Führerscheinabfrage ergab, dass dem Fahrer in Europa keine Fahrerlaubnis ausgestellt worden war. Der von ihm vorgezeigte Führerschein wurde im Verfahren nicht sichergestellt. Das Amtsgericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme von einer Fälschung ausgegangen, die der Zeuge D. nicht erkannt hatte.

b) Nach diesen Feststellungen ist der Angeklagte ohne weiteres vom Vorwurf des fahrlässigen Zulassens des Führens eines Kraftfahrzeuges ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis freizusprechen. Denn der Angeklagte hatte die originär ihm als Geschäftsführer der Halterin obliegende Pflicht, sich mittels einer Sichtprüfung des Originalführerscheins darüber zu vergewissern, dass jeder Fahrzeugnutzer im Besitz einer zum Führen des Fahrzeugs erforderlichen gültigen Fahrerlaubnis ist, noch vor der Überlassung des Fahrzeugs an den gesondert verfolgten V. wirksam auf den Zeugen D. delegiert. Die Übertragung der Halterpflichten bewirkte, dass der Angeklagte insoweit von seiner eigenen Kontrollpflicht befreit worden ist.

aa) Gegen die Zulässigkeit der Delegation der Halterpflichten an einen Bauleiter bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei der beauftragten Person handelte es sich um den vor Ort für die Baustelle und den Fuhrpark Verantwortlichen. Als Vorgesetzter des gesondert verfolgten V. war der Zeuge D. zudem diesem gegenüber weisungsbefugt. Aufgrund dessen Führungsposition konnte der Angeklagte somit grundsätzlich dem Zeugen D. sowohl die Entscheidungskompetenz für die Überlassung der Fahrzeuge vor Ort wie auch die Halterpflichten übertragen.

bb) Für die Rechtswirksamkeit der Delegation bedurfte es hier nicht der vom Strafrichter vermissten Dokumentation der Anweisung. Dass der Angeklagte dem Zeugen D. eine Kontrolle des Führerscheins auferlegt hatte, hat das Amtsgericht festgestellt. Die Delegation als solche bedarf keiner besonderen Form, insbesondere keiner Schriftform. Sie kann sowohl einzelfallbezogen wie auch generell mündlich erfolgen. Eine Arbeitsplatzbeschreibung zu Dokumentationszwecken ist demnach keine zwingende Voraussetzung für die verbindliche Übertragung der Halterpflichten.

cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Strafrichters war die Delegation der Halteraufgaben an den Bauleiter auch ohne die vorherige Vermittlung von rechtlichen Kenntnissen des deutschen und internationalen Fahrerlaubnisrechts und ohne Hinweise auf Fälschungsmerkmale von Führerscheindokumenten möglich. Welche Instruktionen geboten sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Gehalt der erforderlichen Weisungen hat sich maßgeblich an der Person des Beauftragten und der Art des Fahrzeugs zu orientieren. Innerhalb eines Unternehmens erachtet der Senat die Übertragung der Führerscheinkontrolle auf eine in das Unternehmen eingegliederte und mit Führungsaufgaben betraute Person in Form einer Anweisung, vor einer Überlassung eines Firmen-PKWs an einen unterstellten Mitarbeiter eine Sichtprüfung des Originalführerscheins vorzunehmen, verbunden mit der Entscheidungskompetenz, bei Zweifeln das Fahrzeug nicht auszuhändigen, für eine wirksame Delegation der Halterpflichten als ausreichend. Legt ein Beschäftigter seinem Vorgesetzten einen von einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein der entsprechenden Führerscheinklasse vor, darf dieser von einer ordnungsgemäß erteilten Fahrerlaubnis ausgehen (überholt Mielchen/Meyer a.a.O., S. 7). Dass diese gefälscht, ungültig oder die Fahrerlaubnis dem anderen inzwischen entzogen worden sein könnte, braucht er nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte in Rechnung zu stellen. Solange letzteres nicht der Fall ist, muss der Halter nicht prüfen, ob die Fahrerlaubnis des anderen tatsächlich erteilt wurde. Der Angeklagte war danach im vorliegenden Fall nicht gehalten, dem Zeugen D. für den Fall der Vorlage eines EU-Führerscheins durch einen Firmenmitarbeiter noch weitere, über die Sichtprüfung hinausgehende Vorgaben, etwa auf eine generelle Prüfung auf Fälschungsmerkmale, zu machen. Eine anlasslose Abklärung durch eine Polizei- oder Führerscheinbehörde ist bei einem EU-Dokument ebenfalls nicht veranlasst. Das gilt mit Blick auf den Schutz der Freizügigkeit auch, wenn Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Ausstellerbehörde im EU-Inland auseinanderfallen. Den vom Amtsgericht im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Erfahrungssatz des Inhalts, dass in einem bestehenden Arbeitsverhältnis für den Fall der Vorlage eines in einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins oder für den Fall der Abweichung von Staatsangehörigkeit und Ausstellungsland eine gesteigerte Prüfungspflicht des Arbeitgebers bestünde, auf die der Angeklagte den Bauleiter im vorhinein hätte hinweisen müssen, gibt es danach nicht.

dd) Ein Ausnahmefall, dass die Verantwortlichkeit des Halters auf den Angeklagten zurückgefallen wäre, liegt hier nicht vor. Denn nach den Feststellungen des Amtsgerichts gibt es keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Delegation oder anschließend, jedenfalls vor dem 17. Dezember 2021, von einer Unzuverlässigkeit des Zeugen D. ausgehen musste. Vielmehr ist das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Zeuge D. den Führerschein des gesondert verfolgten V. vorlegen ließ und damit seiner – vom Halter übernommenen – Pflicht zur Sichtprüfung des Führerscheins vor der Überlassung des Fahrzeugs an den Fahrer auch nachgekommen war. Weitere Prüfungspflichten des Zeugen D. insbesondere auf den Ausschluss einer möglichen Fälschung des Dokuments bestanden nach dem oben Gesagten gerade mit Blick auf den Vertrauenstatbestand eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses des Fahrers nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der dem Zeugen D. vorgezeigte – falsche – EU-Führerschein den gesondert verfolgten V. auch aus anderen Gründen als einer Fälschung nicht berechtigt hätte, den Firmen-PKW zu führen, sind nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht ersichtlich.

ee) Auch wenn der gesondert verfolgte V. dem Zeugen D. ein gefälschtes Dokument vorlegte, lässt dies die Wirksamkeit der Delegation der Halterpflichten auf den Zeugen D. somit unberührt. Darauf, ob der Bauleiter im Einzelfall die Fälschung hätte erkennen können, kommt es für die Frage der insoweit ex ante zu beurteilenden wirksamen Delegation der Halterpflichten entgegen der Rechtsansicht der Generalstaatsanwaltschaft nicht an…..“

OWi II: Zum Verfahrensrecht im Bußgeldverfahren, oder: Quer durch das OWiG

Und im zweiten Psting hier ein paar Entscheidungen zum Verfahrensrecht im Bußgeldverfahren, ein wenig „Ecken sauber machen“. 🙂 Vorgestellt werden aber jeweils nur die Leitsätze, und zwar:

Eine Vertretung des Betroffenen in der Hauptverhandlung im Sinne der § 73 Abs. 3, 79 Abs. 4 OWiG setzt den Nachweis der Vertretungsvollmacht voraus. Im Falle einer Untervertretung genügt es hierfür nicht, wenn zwar eine vom Wahlverteidiger dem Untervertreter erteilte Vollmacht zu den Akten gelangt ist, aber keine dem Wahlverteidiger erteilte Vertretungsvollmacht nachgewiesen ist.

1. Zur Beurteilung der Frage, ob bei der Verhängung mehrerer Geldbußen die Wertgrenze des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG überschritten ist, sind einzelne Geldbußen zu addieren, soweit sie wegen einer Tat im prozessualen Sinne gemäß § 264 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG verhängt wurden.

2. Kann aufgrund der unzulänglichen tatrichterlichen Feststellungen nicht beurteilt werden, um wie viele prozessuale Taten es sich bei den abgeurteilten Verstößen gegen das Steuerberatungsgesetz handelt, sind die verhängten Geldbußen für die Prüfung der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde zusammenzurechnen.

Das Verschlechterungsverbot hindert das neue Tatgericht im neuen Rechtsgang nicht an der Verurteilung wegen einer für den Betroffenen nachteiligen Schuldform (hier Vorsatz statt Fahrlässigkeit), wohl aber an der Verhängung einer gegenüber dem ersten Rechtsgang höheren Geldbuße.

1. Nach der unmissverständlichen Formulierung des § 79 Abs.1 Satz 2 OWiG ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur gegen Urteile möglich. Gegen nach § 72 OWiG erlassene Beschlüsse ist eine Zulassungsrechtsbeschwerde ausgeschlossen.

2. Gibt das Tatgericht dem Betroffenen unter Fristsetzung die Möglichkeit, rechtsfolgenmindernde Umstände nachzuweisen (hier: verkehrserzieherische Nachschulung), so stellt es eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 OWiG dar, wenn der nach § 72 OWiG ergehende Beschluss vor Fristablauf ergeht.

1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht allein deshalb geboten, weil das angefochtene Urteil keine Urteilsgründe enthält, obwohl die Voraussetzungen des § 77b OWiG, unter denen von der Fertigung von Urteilsgründen abgesehen werden kann, nicht gegeben sind, da ggf. insbesondere bei massenhaft auftretenden Bußgeldverfahren wegen einfacher Verkehrsordnungswidrigkeiten, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten aufweisen, die Zulassungsvoraussetzungen häufig auch ohne Kenntnis von Urteilsgründen geprüft werden können.

2. Ist jedoch das Recht auf rechtliches Gehär des Betroffenen verletzt, ist die Rechtsbeschwerde ggf. zuzulassen.

So, Ecken sauber. Und das Bild mal nur so bzw.: Die o.a. Fragen sind alle auch in unserem OWi-Hnadbuch angesprochen. Zur <<Werbemodus an>> Bestellseite geht es hier. <<Werbemodus aus>>.

 

 

 

StGB I: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, oder: Entkleidung einer Frau im Beisein männlicher Beamter

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Ich stelle heute dann StGB-Entscheidungen vor, die eins gemeinsam haben: Es handelt sich um nicht alltägliche Fallgestaltungen.

Schon etwas älter ist die erste Entscheidung, die ich vorstelle. Es handelt sich um den BayObLG, Beschl. v. 07.12.2022 – 206 StRR 296/22. Das LG hatte die Angeklagte wegen eines Geschehens, das noch in der „Corona-Zeit“ liegt wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der Beleidigung“ verurteilt.

Dagegen die Revision der Angeklagten, die nur teilweise Erfolg hatte. Das BayObLG hat nämlich die Revision wegen eines Teils des Berufungsurteils verworfen, insoweit bitte selbst lesen. Wegen eines weiteren Teils hatte sie hingegen Erfolg. Insoweit geht es um die Frage der Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) durch Widerstandshandlungen einer weiblichen Person, die aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften zur Durchsetzung einer Platzverweisung in Gewahrsam genommen und in eine Haftzelle verbracht wurde, gegen ihre Entkleidung, die nach zunächst erfolglosen Maßnahmen weiblicher Polizeibeamtinnen unter Anwendung unmittelbaren Zwangs unter Beteiligung mehrerer männlicher Polizeibeamter bis auf den Slip durchgeführt wurde. Dazu das BayObLG:

„Die Revision erweist sich hingegen als begründet, soweit das Verhalten der Angeklagten im zweiten Teilkomplex des Gesamtgeschehens zu einer Verurteilung geführt hat. Das Berufungsurteil weist insoweit durchgreifende Darstellungs- und Erörterungsmängel auf.

1. Ein Schuldspruch wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte setzt, was das Landgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 3 StGB die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Diensthandlung voraus (Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 114 Rn. 6). Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen fehlt es hieran, wie die Revision zu Recht beanstandet. Auch die Generalstaatsanwaltschaft schließt sich dem in ihrer Stellungnahme vom 21. September 2022 im Ergebnis an; soweit die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft die Entkleidung der Angeklagten in der Haftzelle betreffen, nimmt der Senat hierauf ergänzend zu den nachfolgenden Ausführungen Bezug.

a) Der von der Angeklagten geleistete tätliche Widerstand richtete sich ausweislich der Feststellungen nicht gegen ihre Ingewahrsamnahme als solche gemäß Art. 17 PAG in der zur Tatzeit geltenden, von der aktuellen Rechtslage abweichenden Fassung vom 25. Mai 2018 bis 31. Juli 2021. Gegen ihre Verbringung zur Polizeidienststelle hat sich die Angeklagte nicht gewehrt. Tätlichen Widerstand leistete sie vielmehr erst gegen die ihr in der Haftzelle erteilte Aufforderung, sich (offensichtlich: vollständig oder nahezu vollständig) zu entkleiden, sowie gegen ihre zwangsweise Entkleidung, vorgenommen durch zwei Polizeibeamtinnen, die dabei von männlichen Beamten unterstützt wurden (UA S. 8), wobei der Senat anmerkt, dass in den Urteilsfeststellungen lediglich das Hinzukommen eines männlichen Beamten (POM …) geschildert wird, während sich aus den Aussagen der Zeugen eine Unterstützung durch drei männliche Beamte ergibt (UA S. 14, S. 15), von welchen einer sogar den BH der Angeklagten geöffnet hat (UA S. 15).

b) Ob die Ingewahrsamnahme der Angeklagten nach Art. 17 PAG gerechtfertigt war, begegnet zwar Bedenken, eine abschließende Entscheidung ist aber auf der Grundlage der insoweit lückenhaften Feststellungen weder möglich noch ist sie erforderlich. Selbst wenn eine etwaige weitere Sachverhaltsaufklärung durch den neuen Tatrichter die Beurteilung erlauben würde, dass die Ingewahrsamnahme als solche rechtmäßig war, stellt dies kein Präjudiz für die Rechtmäßigkeit der Entkleidungsanordnung dar. Die Frage der Anordnung der Ingewahrsamnahme und deren Vollzug sind grundsätzlich voneinander zu scheiden (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, 2 BvR 447/05, juris Rn. 61). Auch wenn die Anordnung der Ingewahrsamnahme rechtmäßig ist, kann sich eine einzelne Maßnahme während des Vollzugs als rechtwidrig erweisen (BVerfG a.a.O.).

c) Die Maßnahme der Entkleidung, gegen die die Angeklagte Widerstand leistete, stellt einen gravierenden, jedenfalls durch die festgestellten Tatsachen nicht zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff dar und war damit rechtswidrig.

(1) Maßnahmen, die mit einer Entkleidung verbunden sind, stellen allgemein einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 GG dar (VG Augsburg, Urteil vom 10. Dezember 2021, Au 8 K 20.1952, juris Rn. 28; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, 2 BvR 455/08, juris Rn. 25 für eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung). Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist auch die Menschenwürde, Art. 1 GG, tangiert. Die Maßnahme einer Entkleidung kann allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn sie zum Schutz der in Gewahrsam genommenen Person selbst oder zum Schutz der Beamten vor Gefahren für Leib und Leben im Einzelfall geboten erscheinen (VG Augsburg a.a.O.).

(2) Der Senat kann den Feststellungen keine tatsächlichen Umstände entnehmen, die die Entkleidung der Angeklagten hätten rechtfertigen können.

aa) Nach den Angaben der als Zeugin vernommenen Polizeibeamtin pp. habe sich die Anordnung auf „Vorschriften der HVOPol“ gestützt (UA S. 8, 14); eine konkrete Bestimmung wurde dabei von ihr nicht genannt. Weiter nach Aussage der Zeugin – der sich die Berufungskammer ohne weitere Erörterung kritiklos angeschlossen hat (UA S. 17) –, seien „in einem BH meistens Metallbügel verarbeitet, die man leicht entnehmen könne und die dann gefährlich sein könnten“ (UA S.17).

Auf diese Behauptungen und Wertungen lässt sich die Maßnahme indessen nicht stützen. Nr. 3 Abs. 1 der Haftvollzugordnung der Polizei (HVPol), die zur Tatzeit in Geltung war (Fassung vom 5. April 1978) und inzwischen außer Kraft ist (seit 1. Mai 2022) ordnete an, dass ein Polizeihäftling sachlich, gerecht und unter Achtung der Menschenwürde zu behandeln sei. Gemäß der auch vom Landgericht herangezogenen Nr. 16 Abs. 1 der HVPol waren Gegenstände des Polizeihäftlings, die u.a. zur Schädigung von Leben und Gesundheit verwendet werden konnten, zu beschlagnahmen; beispielhaft waren Messer, Werkzeuge, Gürtel, Hosenträger u.a. genannt. Nach Nr. 16 Abs. 2 der HVPol war ein Polizeihäftling auf die nach Abs. 1 sicherzustellenden Gegenstände gründlich zu durchsuchen.

Von einer Entkleidung ist in der Verordnung nicht die Rede. Selbst wenn unterstellt wird, dass in einen BH Metallbügel eingearbeitet sein können – worauf sich die Annahme, dies sei „meistens“ der Fall, stützt, ist nicht dargelegt und dürfte auch tatsächlich nicht zutreffen – erschließt sich dem Senat nicht, warum zur Feststellung, ob ein solcher BH von der Angeklagten getragen wurde, deren vollständige Entkleidung notwendig gewesen sein sollte, insbesondere auch der Bekleidung des Unterkörpers, wobei in den Feststellungen nicht einmal mitgeteilt wird, worin diese Kleidung bestand und ob von dieser irgendeine Gefahr ausgehen konnte. Dass es bedeutend mildere Maßnahmen zur Feststellung, ob der BH der Angeklagten im konkreten Fall tatsächlich so beschaffen war, dass er als Werkzeug zur Schädigung von Leben oder Gesundheit hätte verwendet werden können (z.B. Abtasten durch eine weibliche Beamtin unter der Oberbekleidung, ggf. Ablegen des BH unterhalb der Kleidung durch die Angeklagte), liegt auf der Hand. Feststellungen, wonach solche milderen Eingriffe im konkreten Fall nicht möglich gewesen wären, sind nicht getroffen. Die vollständige Entkleidung der Angeklagten – das Gericht teilt in den Feststellungen nicht mit, ob und welche Kleidungsstücke die Angeklagte anbehalten durfte, lediglich aus einer Zeugenaussage ergibt sich, dass sie wenigstens ihren Slip habe anbehalten dürfen (UA S. 15) – stellt sich im Hinblick darauf als grob unverhältnismäßig und als schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Angeklagten dar.

bb) Dass eine, wie von einer Zeugin geschildert, etwaige „allgemeine Anordnung des Polizeipräsidiums“ und „eine seit Jahren bewährte Praxis“ (UA S. 17) nicht geeignet sind, einen derart gravierenden Eingriff wie das vollständige Entkleiden einer in Polizeigewahrsam genommenen Person unabhängig von den Umständen des konkreten Einzelfalls zu rechtfertigen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Derartige Faktoren können fehlende gesetzliche Eingriffsgrundlagen nicht ersetzen.

cc) Feststellungen dazu, dass sich die Entkleidung der Angeklagten aus anderen Gründen als zum Zweck der Sicherstellung eines etwaig getragenen Büstenhalters mit eingearbeiteten Bügeln als erforderlich erwiesen habe, sind nicht getroffen. Im Übrigen unterlassen es die Urteilsgründe zudem, mitzuteilen, ob und welche Art von BH von der Angeklagten tatsächlich getragen wurde.

(2) Hinzu kommt schließlich noch, dass die Entkleidung der Angeklagten – bei andauerndem Widerstand ihrerseits – unter Hinzuziehung männlicher Beamter stattgefunden hat, wobei sich zudem ein offener Widerspruch zwischen den Feststellungen (UA S. 8: PHM … sei „in die Zelle gekommen, um zu helfen“) und der erhobenen Beweise (UA S. 14): PHM … [männlich] habe sich zusammen mit PHM … [männlich] und PHM … [männlich] in die Zelle begeben, danach sei der Körper der Angeklagten fixiert worden. Schließlich habe der männliche Beamte … den BH-Verschluss geöffnet (UA S. 15).

Die Beteiligung männlicher Beamter an der Entkleidung der Angeklagten beinhaltet zunächst einen eklatanten Verstoß gegen Nr. 16 Abs. 4 HVPol, welcher anordnet dass, bei der körperlichen Durchsuchung von Frauen Männer nicht einmal anwesend sein durften, was nach dem Gesetzeszweck nicht nur für die Durchsuchung des Körpers, sondern auch für eine Durchsuchung gemäß Nr. 16 Abs. 2 HVPol nach Gegenständen im Sinne der Nr. 16 Abs. 1 HVPol zumindest dann gelten musste, wenn diese Durchsuchung in der Bekleidung vorgenommen wurde oder gar mit deren fast vollständiger Entfernung vom Körper der Betroffenen verbunden war. Zudem liegt gleichzeitig ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 PAG in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 24. Juli 2017, insoweit gleichlautend mit der geltenden Fassung, vor, wonach Personen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden durften. Dies ist nur dann anders, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dafür, dass diese Voraussetzungen vorgelegen hätten, ergibt sich aus den Feststellungen nicht im Ansatz ein Hinweis. Ob ein BH, der als gefährlicher Gegenstand hätte missbraucht werden können, getragen wurde, hätte sich, wie dargelegt, durch Maßnahmen deutlich geringerer Eingriffsintensität als durch das fast vollständige Entkleiden der Angeklagten unter Beteiligung dreier männlicher Beamter feststellen lassen, ggf. sogar unter Festhaltung der bekleideten Angeklagten durch männliche Beamte und Überprüfung der Beschaffenheit des BHs unter der Oberbekleidung durch eine weibliche Beamtin.

d) Soweit die Angeklagte gegen die Maßnahme des zwangsweisen Entkleidens tätlichen Widerstand geleistet hat, kann sie sich somit wegen deren jedenfalls auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsurteils bestehenden Rechtswidrigkeit weder wegen eines tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte nach § 114 StGB noch – vom Berufungsgericht ohnehin übersehen – wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch wird vom Revisionsgericht aufgehoben.“