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Aktenversendungspauschale, oder: Der ortsansässige Verteidiger in Großstädten/Berlin

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Am heutigen Gebührenfreitag weise ich als erstes auf den AG Tiergarten, Beschl. v. 13.12.2018 – (229 Ds) 3021 Js 2985/15 (189/15) hin. Den hatte mit der Kollege Scheiding , der ihn erstritten hat, schon vor meinem Uralub zukommen lassen. Ich kann ihn aber erst jetzt einstellen.

Im Beschluss geht es nicht um große Summe – es geht nur um die Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG – aber: Der Beschluss hat für alle Kollegen in Großstädten Bedeutung. Denn gerade dort wird von der Staatskasse gern die Erstattung der 12 € Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG verweigert mit dem Argument: Ortsansässig. Das ist dort erst recht falsch, m.E. aber auch in anderen (kleineren) Orten. Kurz und knapp dazu das AG Tiergarten:

„Auch bei einem ortsansässigen Verteidiger kann die Aktenversendungspauschale notwendige Kosten der Verteidigung sein (vgl. auch AG Köln Beschluss vom 8.6.2018- 707 Ds 101/15) So liegt es hier: Die einfache Entfernung zwischen der Kanzlei und dem Amtsgericht Tiergarten beträgt laut Routenplaner 18 km, das ist nicht zumutbar. Es ist völlig abwegig, in einer Großstadt das Kriterium der Ortsansässigkeit heranzuziehen, ohne auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Berlin ist nun einmal keine Kleinstadt und nicht alle Verteidiger praktizieren direkt in Nähe des Amtsgericht Tiergarten.“

Die Kollegen in Berlin wird es freuen 🙂 , nun ja, nicht nur die…..

Aktenversendungspauschale na(h)türlich auch beim ortsansässigen RA, oder: Solche Entscheidungen braucht man nicht

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Die 27. KW., ist fast abgelaufen, aber vorher gibt es natürlich am heutigen Gebührenfreitag noch zwei gebührenrechtliche Entscheidungen. Zunächst weise ist auf den AG Köln, Beschl. v. 08.06.2018 – 707 Ss 101/15 – hin, den mir der Kollege M. Hayn aus Köln übersandt hat. Er – der Beschluss, nicht der Kollege 🙂 – gehört in die Rubrik: Entscheidungen, die man an sich nicht braucht.

Entschieden hat das AG über die Aktenversendungspauschale (AVP) der Nr. 903 KV GKG, also über einen Betrag von 12,00 €. Der Kollege hatte die AVPnach Einstellung des Verfahrens gegen den Mandanten nach § 170 Abs. 2 StPO im Wege der Kostenerstattung geltend gemacht. Der Kostenbeamte hatte sie festgesetzt. Die „Hüterin der Staatskasse“ meinte, das sei nicht zutreffend, da der Kollege ortsansässig sei. Bei ortsansässigen Rechtsanwälten  gehöre die AVP aber nicht zu den zu erstattenden notwendigen Gebühren und Auslagen Auslagen eines Rechtsanwalts gemäß § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Zutreffend anders das AG:

Das Gericht schließt sich zunächst den zutreffenden Ausführungen der Abt. 535 (AG Köln, Beschl. v. 20.12.2013, Az. 535 Ds 44/13) an:

,Bei der Aktenversendungspauschale, die im Rahmen der für ein Strafverfahren zur Verteidigung des Angeklagten erforderlichen Akteneinsicht anfällt, handelt es sich im konkreten Fall um notwendige, nämlich zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche und damit vom Mandanten zu erstattende Auslagen i.S. des 91 Abs. 2 ZPO. Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten i.S.d. 91 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen dufte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen; sie ist ledig/ich gehalten, die kostengünstigste Maßnahme auszuwählen (vgl. BGH vom 16.2.2002, VIII ZB 30/02, zitiert nach Juris). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt diese Kosten im Rahmen des mit dem Mandanten bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß 670, 675 BGB erstattet verlangen kann (vgl. auch LG Berlin Beschluss vom 17.5.1997 – 510 Qs 46/97; AG Lahr Urteil vom 13.3.2008, 6 C 33/08, beide zitiert nach Juris). Dies gilt im konkreten Verfahren auch für die Erstattung dieser Kosten durch die Landeskasse. ‚

Das Gericht schließt sich von diesem Standpunkt ausgehend zunächst den zutreffenden Ausführungen des Rechtspflegers in dem angefochtenen Beschluss an. Nach Auffassung des Gerichts ist es auch einem ortsansässigen Anwalt nicht zumutbar, für jede Akteneinsicht das Prozessgericht aufzusuchen.

Unstreitig so auch nach Auffassung der Erinnerungsführerin ist die Aktenversendungspauschale im Rahmen der Kostenfestsetzung nach S 464b StPO zu erstatten, wenn der Anwalt nicht in Köln ansässig ist (vgl. auch AG Köln, a.a.O.). Aus der Akte ergibt sich (BI. 16 d.A.), dass sich der Verteidiger zunächst von seinem Büro in Wismar aus bestellt und dorthin auch die Übersendung der Akte beantragt hat, sodass insoweit gar keine abweichende Auffassung bestehen dürfte.

Aber auch hinsichtlich des zweiten Akteneinsichtsersuchens (BI. 64 d.A.) darf nach hier vertretener Auffassung im Ergebnis nichts anderes gelten. Nach Auffassung des Gerichts durfte eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme, nämlich die Aktenversendung, im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen. Dass es für den Anwalt kostengünstiger gewesen wäre, die Akte auf der Geschäftsstelle einzusehen oder gar einen Boten zu schicken, ist für das Gericht nicht erkennbar. Ein Gerichtsfach führt der Verteidiger am hiesigen Gericht nicht. Zudem würde es andernfalls zu einer im Vergleich zu einem ortsabwesenden Anwalt bestehenden Ungleichbehandlung kommen, für die es nach Auffassung des Gerichts keine Gründe gibt.“

Wie gesagt: SolcheEntscheidungen sind m.E. überflüssig wie ein Kropf.

Aktenversendungspauschale: Nicht bei Scans ohne Scanvermerk

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Und als zweite Entscheidung dann der AG Gelnhausen, Beschl. v. 05.03.2018 – 44 OWi 57/17. Nichts Dolles, sondern nur noch einmal die Frage der Aktenversendungspauschale“ bei der elektronischen Akte (im Bußgeldverfahren). Deren Ansatz ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig – so das AG in Übereinstimmung mit einer ganzen Reihe anderer AG:

„Der Antrag des Verteidigers des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung als Rechtsbehelf gegen den Ansatz der erhobenen Auslagen ist zulässig und begründet.

Gemäß § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG kann von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführter Sendung einschließlich der Rücksendung pauschal 12,00 Euro als Auslage erhoben werden.

Grundsätzlich hat bei der durch einen Rechtsanwalt beantragten Aktenübersendung die Übersendung der Originalakte zu erfolgen. Dies gilt jedoch nicht, wenn zulässigerweise eine elektronische Akte im Sinne von § 110 b OWiG a.F. geführt wird. In einem solchen Fall kann anstelle der — physisch nicht vorliegenden — Akte gemäß § 110 d Abs. 2 §. 1 OWiG a.F. Akteneinsicht durch Ubermittlung von elektronischen Dokumenten oder — wie hier — durch Erteilung von Aktenausdrucken erfolgen.

Die Aktenversendungspauschale kann nur dann verlangt werden, wenn die Akteneinsicht vollständig erfolgt ist (vgl. AG Soest, Beschluss vom 14.09.2016 Aktenzeichen 21 OWi 295/16).

Die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung eines Aktenausdrucks setzt jedoch voraus, dass der Aktenausdruck den Anforderungen der § 110b Abs. 2 OWiG (in der Fassung aus dem Geltungszeitraum März 2017) genügt. Der hier vorliegende Aktenauszug enthält zum Teil Scans, an denen kein Scanvermerk angebracht ist.

Demnach kann auch für die Versendung eines Aktenauszugs eine Aktenversendungspauschale nicht beansprucht werden, da auch nur bei vollständiger Akteneinsicht das Begehren auf Akteneinsicht vollständig gewährt worden ist (vgl. AG Soest, Beschluss vom 14.09.2016 – Aktenzeichen 21 OWi 295/16 mit weiteren Nachweisen).“

Wie war das noch mit dem „Kleinvieh“ 🙂 .

Lösung zu Ich habe da mal eine (Um)Frage: Wie ist das mit der Aktenversendungspauschale bei der Beratungshilfe?

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An sich ist die Überschrift zu diesem Posting nicht ganz korrekt. Denn eine „Lösung“ zu der (Um)Frage von vergangenem Freitag – Ich habe da mal eine (Um)Frage: Wie ist das mit der Aktenversendungspauschale bei der Beratungshilfe? – habe ich leider nicht. Außer, dass man an die Vernunft der Rechtspfleger und Bezirksrevisoren appellieren muss. Denn: Wie soll ich eigentlich als Verteidiger „richtig“ beraten, wenn ich die Akten nicht kenne? Und deren Inhalt erfahre ich nur durch Akteneinsicht, so dass m.E. die dafür anfallende Aktenversendungspauschale Nr.9003 KV GKG zu erstatten ist. Alles andere geht an der Praxis vorbei. Es hilft weder der Hinweis darauf, dass der Mandant ja dem Rechtsanwalt berichten könne, um was es geht. Das ist sicherlich richtig und die Information des Mandanten ist auch für den Rechtsanwalt/Verteidiger von Bedeutung. Nur allein mit dessen Information kommt man als Rechtsanwalt nicht weiter. Denn nicht selten „blenden“ Mandanten wichtige Umstände aus. Zudem weiß der Mandant z.B. häufig nicht, was Zeugen für Angaben gemacht haben u.a. Also fällt die Nr. 9003 VV RVG an und ist zu erstatten.

Im Übrigen: Ich weiß auch nicht, warum man eigentlich um einen Gebührentatbestand, der 12 € bringt/kostet, ein solches Theater veranstaltet. Wahrscheinlich muss es dann erst ein OLG richten.

Der Kollege Gregor hatte in seinem Kommentar auf seinen Beitrag aus StRR 2014, 13 hingewiesen. Da heißt es zu der Problematik:

„b) Sonderproblem Akteneinsicht

Wie dargestellt, ist die Akteneinsicht unerlässlich für eine am konkreten Fall orientierte strafrechtliche Beratung. Problematisch ist oft die Abrechnung der durch die Akteneinsicht entstehenden Kosten. Es ist erstaunlich, mit welcher Kreativität und Hingabe hier zum Teil von Rechtspflegern versucht wird, die zur Festsetzung beantragten Kosten zumindest zu reduzieren oder gar ganz abzusetzen. Dies muss der Verteidiger nicht hinnehmen.

Der Verteidiger muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass er den Mandaten anhand der Originalakte beraten kann, um so Kopierkosten zu ersparen (AG Halle-Saalkreis, Beschl. v. 8. 2. 2010 – 103 II 3103/09, JurionRS 2010, 10883) oder dass er sich den wesentlichen Akteninhalt notieren kann (AG Riesa, Beschl. v. 27. 6. 2012 – 002 UR II 00885/10, JurionRS 2012, 18904).

Ferner ist es dem Verteidiger grundsätzlich möglich, die erhaltene Akte vollständig zu kopieren und neben der Aktenverwendungspauschale auch die durch das Fertigen des Aktenauszuges entstandenen Kosten abzurechnen (z.B. LG Kleve, Beschl. v. 11. 8. 2011 – 120 Qs 68/11; AG Essen, Beschl. v. 21. 11. 2011 – 50 Ls-6 Js 778/09-119/11). Schließlich kann der Anwalt auch die auf die Aktenversendungspauschale bei ihm anfallende Umsatzsteuer erstattet verlangen (BGH StRR 2011, 279 = NJW 2011, 3041).“

Ich bin gespannt, wie es in Mannheim weitergeht. Der Kollege wird sicherlich berichten.

Ich habe da mal eine (Um)Frage: Wie ist das mit der Aktenversendungspauschale bei der Beratungshilfe?

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Mal eine etwas andere Frage hat mich in dieser Woche erreicht, eigentlich keine „echte“ Gebührenfrage, sondern mehr ein „Appell“ und/oder Aufruf zu einer Umfrage unter den Kollegen. Es geht um die Erstattung der Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG – es gibt kaum eine gebührenrechtliche Vorschrift, die so viel „Ärger“ macht – bei Beratungshilfesachen. Zu der Problematik hatte der Kollege bereits vor einiger Zeit den AG Mannheim, Beschl. v. 05.06.2012 – 1 BHG 380/11 „erstritten“ und fühlte sich mit dem in seinem Sprengel auf der sicheren Seite. Leider wohl – zunächst mal – eine Fehlannahme. Denn der Kollege teilt Folgendes aus einem Schreiben „seiner“ Rechtspflegerin mit:

Nun hat mich „meine“ Rechtspflegerin am hiesigen Amtsgericht, mit der ich sehr gut auskomme, vorgewarnt. Zitat:

„Wie bereits telefonisch mitgeteilt, bin ich bei der Festsetzung nicht sachlich unabhängig.

Die Meinung, dass die Erstattung der Aktenversendungspauschale und von Kopiekosten nur ausnahmsweise im Einzelfall in Betracht kommt, ist nicht nur die Meinung in Landau, sondern beruht auf einem gemeinsamen Beschluss sämtlicher Bezirksrevisorinnen und Bezirksrevisoren aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland bei der letzten gemeinsamen Arbeitstagung im Juli 2015.

Hieran bin ich gebunden und bitte daher künftig um detaillierte Darlegung des Erfordernisses der Akteneinsicht.“

Und der Kollege meint dazu:

Eine Erstberatung in Strafsachen im Wege der Beratungshilfe ist für mich niemals auch nur annähernd kostendeckend. Eine Beratung ohne Akteneinsicht werde ich auch künftig nicht vernünftig liefern können, da sehe ich mich nicht nur mit einem Bein in einer Haftungsfalle. Dann berate ich lieber gar nicht. Aber ist dies Sinn der Sache? Jedesmal einen Besinnungsaufsatz, warum gerade hier die Akteneinsicht zwingend war, bringt diese Sachen noch deutlicher unter den Mindestlohn.. Haben Sie auch Erfahrungen aus anderen Ländern? Kennen Sie auch Kollegen die dem entgegentreten? Denn jeden einzelnen Fall wie damals in Mannheim durchzukämpfen, wird dann doch sehr anstrengend… vielleicht können Sie ja im Kommentar noch einen Halbsatz fallenlassen?“