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Zwischenbericht: Aktenversendungspauschale bei Lieferung durch externen Postdienstleister?

© mpanch - Fotolia.com

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Derzeit spielt die Frage des Anfalls der Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG, wenn der Aktentransport durch ein privates Unternehmen erledigt wird, das hierfür (bar) bezahlt wird, in der Rechtsprechung eine große Rolle. Mehrere Entscheidungen haben sich  mit der Frage (vgl. u.a. OLG Bamberg, Beschl. v. 05.03.2015 – 1 Ws 87/15; LG Kleve, Beschl. v. 28.04.2015 – 171 Ns-102 Js 229/13-6/14; AG Saarbrücken, Beschl. v. 17.04.2015 – 7 Gs 901/15 – stehen alle auch auf meiner HP). In allen entschiedenen Fällen war dem Rechtsanwalt Akteneinsicht jeweils dadurch gewährt worden, dass die Akten jeweils an den Rechtsanwalt durch einen externen Postdienstleister/privaten Kurierdienst versandt und in sein Gerichtsfach eingelegt worden sind. Vom Rechtsanwalt wurde dannr die Zahlung der Versendungspauschale i.H.v. 12 € (Nr. 9003 KV GKG) gefordert worden. Die dagegen erhobenen Einwände hatten keinen Erfolg.

Alle drei Gerichte weisen in ihren Beschlüssen darauf hin, dass nach der Neufassung der Nr. 9003 KV GKG durch das am 01.08.2013 in Kraft getretene 2. KostRMoG vom 23.7.2013 (BGBl. I, S. 2586) der Auslagentatbestand der Nr. 9003 KV GKG als eine „Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung“ erhoben werde. Alle Gerichte stellen zudem darauf ab, dass die Akten in den von ihnen entschiedenen Fällen nicht durch Justizmitarbeiter im Dienstwagen befördert wurden, sondern ein externer Postdienstleister bzw. privater Kurierdienst mit der Versendung beauftragt worden ist. Hierfür habe der Postdienstleister/Kurierdienst Kosten erhoben. Entweder sei vom externen Postdienstleister der Justizbehörde jedes Paket gesondert in Rechnung gestellt oder über eine Pauschale abgerechnet worden. Für diese Kosten und baren Auslagen sei die Gerichtskasse in Vorleistung getreten. Das rechtfertigte nach Auffassung des Gerichts den Ansatz der Aktenversendungspauschale.

Die Entscheidungen sind abzugrenzen von zwei anderen obergerichtlichen Entscheidungen, und zwar von OLG Köln (StraFo 2015, 40 = RVGreport 2015, 197) und von OLG Koblenz (JurBüro 2014, 379 = AnwBl 2014, 657). Die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalte sind jedoch mit den hier entschiedenen Fallgestaltungen nicht vergleichbar: Im Fall des OLG Koblenz (a.a.O.) wurden die Akten zur Einsicht an den Verteidiger durch Justizbedienstete vom Bürogebäude der StA mit dem Dienstwagen zum LG-Gebäude verbracht und dort in das Gerichtsfach des Verteidigers eingelegt. Wie genau die Akten im Fall des vom OLG Köln entschiedenen Verfahrens zur Akteneinsicht an den Verteidiger transportiert wurden, erschließt sich aus der Entscheidung nicht eindeutig. Es wird jedoch dort ausgeführt, dass die Akten nicht mittels Einzeltransport, sondern im Rahmen von Sammeltransporten zwischen verschiedenen Justizgebäuden befördert wurden und insoweit (nur) justizinterne Transportkosten angefallen sind.

Der Ansatz der Aktenversendungspauschalen dürfte in den o.a. Fällen gerechtfertigt gewesen sein. Dies insbesondere auch deshalb, weil im Gesetzgebungsverfahren (vgl. BT-Drucks. 17/13537, S. 276 f.) ausgeführt worden ist, dass mit der Pauschale der Ersatz „barer Auslagen“ gemeint ist, womit einerseits der justizinterne Verwaltungsaufwand ausdrücklich ausscheidet. Andererseits werden aber die baren Kosten, die im Rahmen der Aktenversendung auch an das Gerichtsfach des Rechtsanwalts bei einem auswärtigen Gericht durch Beauftragung eines externen Postdienstleisters anfallen, erfasst.

Warum bringe ich das? Nun, es gibt inzwischen eine weitere Entscheidung, nämlich den  LG Saarbrücken, Beschl. v. 02.07.2015 – 2 Qs 27/15 -, der in die gleiche Richtung geht. Und damit werden wir dann nach dem OLG Bamberg und dem OLG Düsseldorf bald die dritte OLG Entscheidung zu der Frage haben. Denn die weitere Beschwerde ist zugelassen worden. Also eine Art „Zwischenbericht“.

Zwischenbericht zu den „Torgauer Zuständen“ bei der Aktenversendungspauschale

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Ende April hatte ich u.a. unter: Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Sind das “Torgauer Zustände” oder wie läuft das mit der Aktenversendungspauschale? über einen Streit eines Kollegen in Torgau mit den dortigen Ermittlungsbehörden über die Aktenversendungspauschale berichtet (ja, das war die Sache mit dem „Fladenzores-Kommentar“. Der Kollege hatte gegen den gegen ihn erlassenen Kostenbescheid Erinnerung eingelegt, über die inzwischen das AG Torgau entschieden hat. Das gibt im AG Torgau, Beschl. v. 30.04.2015 – 2 Gs 65/15 – hinsichtlich des Anfalls der Aktenversendungspauschale der Staatsanwaltschaft Recht:

„Die zulässige Erinnerung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Aktenversendungspauschale ist zu erheben. Nach Zff 9003 KV GKG ist sie zu erheben „… für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten“. Durch die Versendung der Akte an die Kanzlei des Erinnerungsführers per Post sind derartige Kosten entstanden.

Es liegt auch kein Fall des § 21 GKG vor, wonach bei unrichtiger Sachbehandlung Kosten nicht zu erheben sind. Der Erinnerungsführer kann sich nicht darauf berufen, dass er zur Vermeidung dieser Kosten die Versendung in sein Anwaltsfach beantragt hatte. Denn er unterhält bei der Staatsanwaltschaft kein solches. Ein Anspruch auf Versendung der Akte an eine andere Justizbehörde – hier das AG Torgau -, bei welcher für den Erinnerungsführer ein Anwaltsfach eingerichtet ist, besteht hingegen nicht. Zwar kann die Staatsanwaltschaft diesen Verfahrensweg unter Hinzuziehung einer nicht an dem Ermittlungsverfahren beteiligten Justizbehörde – das räumlich von der Staatsanwaltschaft Leipzig Zweigstelle Torgau ca. 3 km entfernte AG Torgau – beschreiten. Sie ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die Versendung per Post zu bewerkstelligen, ist auch nicht willkürlich. Denn es existiert kein Rechtsanspruch auf Versendung der Akten an eine andere Justizbehörde, bei der der Erinnerungsführer ein Fach unterhält. Im Übrigen hat die Staatsanwaltschaft bei Vorlage der Akten an das Gericht ausgeführt, dass allen Rechtsanwälten, die die Aktenversendungspauschale auch bei Einlage in beim Amtsgericht Torgau geführte Gerichtsfächer nicht zahlen (die Rechtmäßigkeit dieses Kostenansatzes ist streitig, das Landgericht Leipzig hat sich hierzu in mehreren dort anhängigen Verfahren noch nicht in der Sache positioniert) Akten nur noch durch Postversand überlassen werden.

Zur Vermeidung der Kostenlast hätte der Erinnerungsführer anbieten können, die Akten am Sitz der Staatsanwaltschaft, welche sich ca. 1 km von seiner Kanzlei befindet, abzuholen.“

Wir werden dazu dann demnächst aus Leipzig hören.

Ich habe da mal eine Frage: Sind das „Torgauer Zustände“ oder wie läuft das mit der Aktenversendungspauschale?

Fotolia © AllebaziB

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Über den Kollegen Kümmerle aus dem „Haus“ des Bloggerkollegen C. Hoenig erreichte mich gerade taufrisch die (An)Frage eines Kollegen aus Torgau, die der an ihn gerichtet und die dann bei mir gelandet ist. Problematik: Aktenversendungspauschale, und zwar wie folgt:

„…Die StA Leipzig hat eine Außenstelle in Torgau. Ich betrage dort regelmäßig Akteneinsicht über mein Fach beim AG Torgau. Die StA-Außenstelle und das AG sind räumlich 2 km auseinander. Zwischen der StA-Außenstelle und dem AG besteht ein justizinterner Pendeldienst (täglich oder alle zwei Tage). So kriege die AE seit über 10 Jahren auf diesem Weg in mein Gerichtsfach und wir legen die Akte ins StA-Fach zurück..

Seit knapp einen halben Jahr verlangt die StA dafür die EUR 12,00 Versendungspauschale. Ich habe den Gruppenleiter der StA angerufen und gefragt, was das soll. Er hat gesagt, dass müsse er jetzt so machen, es gebe einen neuen  „Beschluss der Bezirksrevisorenkonferenz“. Ich habe mir gesagt, was juckt mich die Bezirksrevisorenkonferenz und habe stets Erinnerung eingelegt. Die Rechtslage ist nämlich so: Beispielhaft:

(LG Arnsberg, Beschluss vom 15.12.2014, 6 Qs 118/14 = http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/arnsberg/lg_arnsberg/j2014/6_Qs_118_14_Beschluss_20141215.html).

Die Kammer macht sich die nachfolgend zitierten Gründe aus dem Beschluss des OLG Koblenz vom 20.03.2014 – 2 Ws 134/14, auf die auch das LG Görlitz mit Beschluss vom 06.05.2014 – 13 Qs 100/14 und das OLG Köln mit Beschluss vom 16.10.2014 – 2 Ws 601/14 Bezug genommen haben, inhaltlich zu eigen: „Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Anfall der Aktenversendungspauschale gem. Ziff. 9003 GKG-KV bei Akteneinsichtsgewährung über das Gerichtsfach eines Rechtsanwaltes, auch bei vorangegangenem Transport der Akte zwischen verschiedenen Dienstgebäuden durch Justizbedienstete, abgelehnt.“

Ich habe alle (zwischenzeitlich über 30, jetzt nur noch per Formular, Bearbeitungszeit: 8 Sekunden) Erinnerungen gewonnen. Die Gebühr ist immer aufgehoben worden. Einige Male ist die StA in die zweite Instanz gegangen und hat dort auch immer verloren.

Der zuständige Amtsrichter hat mir gesagt, dass ich der einzige in Torgau bin, der sich dagegen wehrt. Die anderen RAe zahlen brav.

So weit so gut.

Doch jetzt kommt der Hammer:

Seit letzter Woche  legt mir die StA-Außenstelle auf Weisung des Gruppenleiters die Akte nicht mehr in das Gerichtsfach ein, sondern schickt sie mir per Post, und zwar deshalb, um dann die EUR 12,00 verlangen zu können. Natürlich kriegen alle anderen Torgauer Verteidiger die Akte übers Fach (die zahlen ja auch brav….). Natürlich beantrage ich ausdrücklich „Akteneinsicht (Fach)“

Die justizinternen Verfügungen der StA an die Geschäftsstelle sehen jetzt so aus:

AE bewilligt an RA ppp., 3 Werktage,

Nicht Fach, sondern Post.

Ist das nicht eine Sauerei? Ich lasse das nicht auf mir sitzen. Bevor ich mit Kanonen auf Spatzen schieße, will ich mal hören, was erfahrene Kollegen davon halten…..“.

Also: Was meinen die „erfahrenen Kollegen“? Damit war in der Mail übrigens nicht ich gemeint, sondern die Kollegen im Hause C. Hoenig, die das Problem vielleicht bei einem „Käffchen“ (auch) erörtert haben 🙂 .

Aktenversendungspauschale – auch wenn der Rechtsanwalt die Akte abholt?

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Häufig sind es im Gebühren-/Kostenrecht die kleinen beträge, die viel Arbeit bzw. auf die viel Arbeit verwendet wird bzw. verwendet werden muss. Eine dieser „Baustellen“ ist die Aktenversendungspauschale, die immer wieder zu langen/tief schürfen Beschlüssen auch von OLG führt. So der OLG Koblenz, Beschl. v.  14.01.2013, 14 W 19/13 -, der sich mit der Frage befasst, ob die Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG auch entsteht bei Abholung über das Gerichtsfach.Dazu gibt es eine ganze Reihe von Entscheidungen, die das verneint (vgl. die Zitate im Beschluss)., ebenso wie die Literatur.

Das OLG Koblenz sieht es nun anders und setzt die Pauschale an:

„Dementsprechend fällt die Aktenversendungspauschale auch dann an, wenn die Akten zur Einsichtnahme durch den Anwalt zwischen verschiedenen Dienstgebäuden desselben Gerichts transportiert werden müssen, wie etwa beim Oberlandesgericht Koblenz, wo die Abholfächer der Anwälte im Dienstgebäude I eingerichtet sind, das in der Stresemannstrasse liegt, während sich die Geschäfts- stellen der Strafsenate und einiger Zivilsenate auf der gegenüberliegenden Straßenseite in dem in der Regierungsstraße gelegenen Dienstgebäude II befinden. …..

Welchen Aufwand Nr. 9003 KV-GKG pauschaliert, erschließt sich aus den Gesetzesmaterialien. In der Begründung zur noch heute maßgeblichen Fassung von Nr. 9003 KV-GKG heißt es (BT-Drucksache 12/6962, S. 87), dass durch den Auslagentatbestand pauschal die Abgeltung von Aufwendungen ermöglicht werden soll, die dadurch entstehen, dass Akteneinsichten an einem anderen Ort als dem der aktenführenden Stelle gewünscht und dadurch Versendungen notwendig werden. Es bestehe kein Anlass, die durch solche besonderen Serviceleistungen der Justiz entstehenden zusätzlichen Aufwendungen unberücksichtigt zu lassen.

Indem die Gesetzesmaterialien von „zusätzlichen Aufwendungen“ und nicht lediglich von Portokosten sprechen, wird hinreichend deutlich, dass die pauschalierende Regelung keineswegs Fälle ausklammert, in denen keine Porto- oder sonstigen Transportkosten anfallen. Das ergibt sich auch ohne weiteres daraus, dass die Portokosten für den Paketversand durchweg deutlich niedriger sind als der Pauschbetrag von 12 EUR. Auch dass erhellt, dass die Pauschale mehr abgelten soll als die reinen Versandkosten.“

Die Justiz achtet schon darauf, dass sie zu Ihrem „Recht“ kommt.

 

12 € Aktenversendungspauschale? Nur für die vollständige (elektronische) Akte

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Die elektronische Akte (§§ 110a ff. OWiG), noch nicht so ganz verbreitet, aber im Vordringen. Deshalb sollte man als Verteidiger ggf. den AG Osnabrück, Beschl. v. 18.01.2013 – 201 OWi 570/12 – im Auge behalten. Da war im Verfahren von der Verwaltungsbehörde die Aktenversendungspauschale erhoben worden. Der Verteidiger hat sich gegen deren Ansatz gewandt und beim AG Osnabrück Recht bekommen: Denn:

„Die Erhebung der Auslagenpauschale kann nämlich nur verlangt werden, wenn die Akteneinsicht vollständig erfolgt, was bisher hier nicht der Fall ist. Die Akte, in die der Verteidiger Einsicht begehrt, wird bei der Stadt Osnabrück in elektronischer Form geführt, weshalb sich die Akteneinsicht – jedenfalls wenn der Verteidiger sich nicht mit einer anderen Form begnügt – nach § 110d OWiG richtet und insoweit auch nur in dieser Form ein Aktenausdruck erfolgen kann. Ein zur Akteneinsicht bestimmter Aktenauszug muss gemäß § 110d Abs. 1 Satz 3 OWiG vorhandene Vermerke gemäß § 110b Abs. 2 Satz 2 OWiG wiedergeben. Darüber hinaus bedarf es eines zusätzlichen Vermerks betreffend die qualifizierte Signatur des elektronischen Dokuments gemäß § 298 Abs. 2 BGB.

Diesen Anforderungen genügt die dem Gericht vorliegende Akte nicht. So tragen die Dokumente schon keine Vermerke, aus denen sich das Datum des Einscannens und der Name des Arbeitsplatzes ergibt (vgl. Amtsgericht Duderstadt, Beschluss vom 01.02.2012, Aktenzeichen 3 OWi 366/11; Amtsgericht Eutin, Beschluss vom 15.06.2009, Aktenzeichen 36 OWi 4/09). Auch ein Vermerk i. S. des § 298 Abs. 2 ZPO fehlt.“