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Sachverständigenkosten beim Mandanten, oder: Was ist der richtige Weg?

Die zweite Entscheidung stammt dann aus Bayern, und zwar vom AG Rosenheim. Es handelt sich um den AG Rosenheim, Beschl. v. 04.02.2019 – 5 OWi 410 Js 21529/18. Der „Einsender“ schreibt in seinem Begleizschreiben:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir zu folgender Problematik eine kurze Einschätzung geben könnten. Ich habe einen Mandanten, der als Motorradfahrer von der Polizei angehalten wurde. Er hat sofort eingeräumt, dass sein Motorrad zu laut war. Trotzdem hat die Polizei ein Gutachten eingeholt. Das Bußgeld beläuft sich auf 90,00 EUR, die Kosten des Gutachtens auf 1.123,89 EUR. Ich hatte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt und diesen gegenüber dem AG Rosenheim auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, mit dem Ziel, dass dem Mandanten die Kosten des Gutachtens nicht auferlegt werden. Anliegend übereiche ich nun den Beschluss des AG Rosenheim, das sich mit der Problematik der Unverhältnismäßigkeit nicht auseinandersetzt, sondern ausführt, ich hätte den falschen Rechtsbehelft gewählt. Sehen Sie das auch so? Falls nicht, wie bewerten Sie meine Chancen in der Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 5 OWiG wegen einer Versagung des rechtlichen Gehörs? 2

Das AG hatte in seiner Entscheidung zu den Kosten des Verfahrens – nach Verurteilung des Betroffenen – ausgeführt:

„VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 465 StPO.

Aufgrund der Verurteilung und der Festsetzung der Geldbuße hat der Betroffene gem. § 465 StPO auch die Kosten des Verfahrens und die Auslagen des Verfahrens zu tragen.

Im Rahmen der Entscheidung über den Einspruch, auch wenn er sich primär gegen die Kosten richtet, ist nur eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Hier ist nur zu prüfen, ob grundsätzlich eine Kostentragungspflicht des Verurteilten besteht. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, da der Betroffene bzgl. des Verstoßes verurteilt wurde und ihm eine Geldbuße auferlegt wurde.

Eine Aufteilung oder Aussonderung bestimmter Auslagen gem. § 465 Abs.2 StPO ist nicht möglich, da hier nur Kosten für Untersuchungen ausgeschieden werden können, die zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind. Im vorliegenden Fall ging das Gutachten jedoch zu Lasten des Betroffenen aus. Die Einwände, die der Betroffene über seinen Verteidiger erhebt, betreffen nicht die Kostengrundentscheidung, sondern lediglich den Kostenansatz.

Der Kostenansatz ist, auch wenn er mit dem Bußgeldbescheid verbunden ist, durch gerichtlichen Antrag nach § 108 Abs.1 S.1 Nr. 3 OWiG anzufechten (siehe Göhler, OWiG, 17. Auflage, 2017, vor § 105 RdNr.27; § 107 RdNr. 30).

Auf eine schriftliche Anhörung des Zeugen pp. konnte daher verzichtet werden, da es für die Kostengrundentscheidung nicht darauf ankommt, welche Angaben der Betroffene vor Ort gemacht hat.2

Ich habe dem Kollegen geschrieben, dass ich es ebenso sehe wie das AG und er leider den falschen Weg gewählt hat bzw. über die Rechtsbeschwerde keine für den Mandanten günstige Entscheidung zu den Kosten bekommt.Den richtigen Weg hat das AG vorgezeichnet. Und zur Frage der richtigen Sachbehandlung gibt es Rechtsprechung, und zwar einmal den LG Ingolstadt, Beschl. v. 30.09.2015 – 2 Qs 48/15 ( dazu “Disziplinierung” durch “vorauseilenden Gehorsam”, oder: Das zu schnell eingeholte Sachverständigengutachten) aber auch den LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2016 – 512 Qs 43/16.

So erspart man dem Mandanten rund 14.000 EUR, oder: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?

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Am „Gebühren-Friday“ weise ich heute zunächst auf den sehr schönen LG Aurich, Beschl. v.  03.11.2017 – 15 KLs 1000 Js 36718/07 (2/10). „Sehr schön“ in doppelter Hinsicht, und zwar: Zunächst ist die „Hartnäckigkeit des Kollegen Möckel aus Aurich zu loben, der die Entscheidung für seinen Mandanten erstritten und mir übersandt hat. Er hat auch nach einer ersten – falschen – Entscheidung der Kammer nicht „aufgegeben“. Und dann ist auch die Wirtschafttsstrafkammer des LG Aurich zu loben. Die hat der Beschwerde des Kollegen abgeholfen und ihre zuvor getroffene Entscheidung korrigiert.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Mandant des Kollegen ist durch Urteil der Kammer vom 06.10.2011 u.a. dazu verurteilt worden, die Kosten des Strafverfahrens zu tragen. Das Urteil ist am 01.02.2012 rechtskräftig geworden. Unter dem 28.08.2013 hat die Staatsanwaltschaft mit einer Kostenrechnung I einen Betrag von 360 EUR (Gebühr gemäß Ziff. 3112 KV GKG) in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthielt den Zusatz: „Die Einziehung weiterer Kosten (Zeugenentschädigung, Zustellungsauslagen, Sachverständigenkosten, TU-Kosten, Pflichtverteidigergebühren, Unterstellkosten) in noch nicht feststehender Höhe bleibt vorbehalten gem. 27 Abs. 6 KostVfg.“ Unter dem 30.01.2017 hat die StA mit der Kostenrechnung Il einen Betrag von zunächst insgesamt weiteren 20.563,27 EUR in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthielt den vorgenannten Zusatz und außerdem den Zusatz: „Auf den Kostenvorbehalt aus der Kostenrechnung vom 28.8.2013 wird Bezug genommen. Unter dem 17.02.2017 wurde die Kostenrechnung Il um einen versehentlich zu viel angesetzten Betrag von 5.748,90 EUR berichtigt auf den Betrag von noch zu zahlenden 14.814,37 EUR. Der Verurteilte hat gegen die Kostenrechnung II form- und fristgerecht Erinnerung eingelegt und die Einrede der Verjährung erhoben. Das LG hat zunächst die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Der dagegen dann vom Kollegen erhobenen zulässigen Beschwerde hat es dann jedoch abgeholfen und den Kostenansatz aufgehoben. Begründung:

Die Kammer ist in dem angefochtenen Beschluss rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die von der Staatsanwaltschaft mit der Kostenrechnung IIl in Ansatz gebrachten Auslagenerstattungsansprüche der Staatskasse noch nicht verjährt waren.

Gemäß § 5 Abs. 1 GKG verjähren die Ansprüche der Staatskasse auf Zahlung von Kosten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet worden ist. Dies war vorliegend mit Ablauf des 31.12.2016 der Fall.

Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung hat nicht stattgefunden. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Bezirksrevisors stellt der in der Kostenrechnung I vom 28.08.2013 enthaltene Zusatz auch keine Stundung der später in Ansatz gebrachten Auslagen dar, welche einen Neubeginn der Verjährungsfrist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG bewirkt hätte.

Insoweit ist anerkannt, dass nicht nur die ausdrückliche Mitteilung, sondern auch die stillschweigende eindeutige Gewährung einer Stundung die Verjährung der Kostenforderung neu beginnen lässt (Hartmann, KostG, § 5 GKG, Rn. 10). Eine solche stillschweigende Stundung wurde in der Rechtsprechung angenommen im Fall einer (ausdrücklich erklärten) Stundung einer Geldstrafe, die im Hinblick auf die Regelung des § 459b StPO zugleich eine (konkludente) Stundung der – konkret bezifferten – Kostenforderung enthält (LG Lübeck JurBüro 2003, 372). Ebenso wurde eine Stundung der Kostenforderung in einem in der Kostenrechnung enthaltenen Zusatz „Die Anforderung weiterer anteiliger Auslagen in Höhe von 31.971,86 DM bleibt vorbehalten.“ gesehen (OLG Koblenz, NStZ-RR 2005, 254). In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Kostenansatz Auslagen, für die mehrere Verurteilte gemäß § 466 StPO als Gesamtschuldner hafteten, zunächst anteilig nach Kopfteilen angesetzt und im Hinblick auf die auf die übrigen Mitverurteilten entfallenen Kopfteile den vorstehend wiedergegebenen Zusatz aufgenommen.

Eine nach diesen Grundsätzen anzunehmenden Stundung der Kostenforderung ist vorliegend nicht gegeben. Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Stundung um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner handelt. Diese kommt zumeist durch Parteivereinbarung zustande, kann aber auch durch Gesetz, Richterspruch oder durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt angeordnet werden (BGHZ 197, 21, Rn. 18). Eine ohne vorherigen Antrag seitens der Staatsanwaltschaft einseitig bewilligte Stundung von Verfahrenskosten ist angesichts dessen zwar grundsätzlich möglich, setzt jedoch nach Auffassung der Kammer eine hinreichende Konkretisierung der zu stundenden Forderung voraus. Entsprechend sind die vorstehend zitierten Entscheidungen auch jeweils in Verfahren ergangen, in denen die Kostenforderung der Staatskasse bereits konkret beziffert war und lediglich von der (vollständigen) Einforderung einstweilen abgesehen worden ist.

Insoweit mag auch ein Kostenvorbehalt nach § 24 Abs. 5 KostVfg (= § 27 Abs. 6 a.F.) Stundungswirkung entfalten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn sich aus den Akten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass noch weitere Kosten geltend gemacht werden können, die vom Kostenschuldner als Auslagen zu erheben sind (z.B. Vergütungen von Pflichtverteidigern, Verfahrensbeiständen oder Sachverständigen), ein eindeutiger Vorbehalt über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme für die weiteren, nach Art oder voraussichtlicher Höhe zu bezeichnenden Kosten in die Kostenrechnung aufzunehmen. Einen solchen eindeutigen Vorbehalt stellt der in der Kostenrechnung vom 28.08.2013 enthaltene formelhafte Zusatz, der zudem wortgleich in der Kostenrechnung vom 30.01.2017 wiederum enthalten ist, jedoch nicht dar.“

Auch die Staatsanwaltschaft war übrigens (zutreffend) davon ausgegangen, dass die Kostenforderung der Staatskasse mit Ablauf des 31.12.2016 verjährt war.

Also einmal im positiven Sinn: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Dem Mandaten/Verurteilten hat der Schwenk gut 14.000 EUR gebracht.

Ich kenne die Konstellation übrigens. Auch eine Verjährungsproblematik, und zwar bei der Pauschvergütung nach § 99 BRAGO a.F. Da hatte der 2. Strafsenat des OLG Hammn, dem ich damals angehörte, im OLG Hamm, Beschl. v. 18.03.1996 – 2 (s) Sbd 4 – 52/96 gesagt: Verjährt. Dagegen dann die Gegenvorstellung des Pflichtverteidigers. Und der Senat hat dann im OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.1996 – 2 (s) Sbd 4 – 52/96 gesagt: Nicht verjährt. Anmerkung „meines“ damaligen – von mir sehr geschätzten VorRiOLG Hugemann: Wer kann schon Verjährung. Und wir sind ein Strafsenat und kein Zivilsenat.

Egal, ob Kostenansatz von fast 162.000 € oder nur 74.000 € – konkret muss es schon sein

MünzenMachen wir nach dem Gegenstandswert von 5,20 Mio € – vgl. hier: 5,2 Mio Gegenstandswert im Strafverfahren – das ist doch mal “ein Schluck aus der Pulle”, dann gleich noch ein Posting mit großen Zahlen. Nämlich einem Kostenansatz von rund 74.000 €, den die Staatsanwaltschaft Hildesheim gegenüber einem Angeklagten geltend gemacht hat, nachdem ein Verfahren wegen Einschleusens von Ausländern abgeschlossen war. Der Hauptposten in dem Betrag letztlich von rund 74.000 € – zunächst wollte die Staatsanwaltschaft rund 162.000 € haben – machten Übersetzungskosten für eine TÜ aus. Der Verurteilte hat die mangelnde Überprüfbarkeit des Kostenansatzes gerügt und beim OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v.  21.03.2014 – 1 Ws 100/14 Recht bekommen:

Die angefochtene Kostenrechnung entsprach nämlich – so das OLG – nicht den Anforderungen, welche an einen Kostenansatz i. S. des § 19 GKG zu stellen sind. Zwar waren die (technischen) Voraussetzungen für eine  den Anforderungen des § 27 Abs. 1 KostVfg genügende Kostenrechnung – Bezeichnung der Sache, der Geschäfts?Nummer, des Kostenschuldners sowie der einzelnen Kostenansätze unter Hinweis auf die angewendeten Vorschriften, Gesamtbetrag der Kosten – enthalten. Das war dem OLG aber nicht genug. Vielmehr verweist es unter Hinweis darauf, dass es sich bei der Kostenrechnung um einen Verwaltungsakt handelt und dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet ist, den Rechtsweg zu beschreiten (Art. 19 Abs. 4 GG), eine Kostenrechnung die ihm Klarheit über die Rechtsgrundlage der Gebührenforderung vermittelt. Maßgebend für den notwendigen Inhalt müsse dabei letztendlich der Zweck einer Kostenrechnung sein, dem Kostenschuldner zu ermöglichen, die mit der Zahlungspflicht verknüpften Einzelheiten in allen Teilen nachzuprüfen. Dies folge bereits aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass derjenige, in dessen Rechte eingegriffen oder der mit einer hoheitlichen Maßnahme belastet werde, einen Anspruch darauf habe, die Gründe hierfür zu erfahren, weil er nur dann seine Rechte sachgemäß verteidigen könne. Eine nähere Begründung sei insbesondere auch bei Ermessensentscheidungen des Kostenbeamten erforderlich.

„Diesen Anforderungen wird die Kostenrechnung im vorliegenden Fall nicht gerecht. Es ist bereits nicht mitgeteilt worden, aus welchen Gründen die Kostenbeamtin ihr Ermessen dahingehend ausgeübt hat, die Auslagen für die Telefonüberwachung und die Übersetzungskosten der Polizei nicht auf alle vier gemeinsam Verurteilten zu verteilen. Darüber hinaus ist die Ermittlung der Höhe dieser Kostenansätze in der Kostenrechnung nicht nachvollziehbar begründet worden. Der schlichte Verweis auf Aktenbände oder auf bloße Blattzahlen von Aktenbänden ist nicht geeignet, eine prüffähige Kostenrechnung zu bewirken (vgl. OLG Schleswig a. a. O.).“

Und auch diese Sache für den Rechtsanwalt/Verteidiger gebührenrechtlich interessant: Abgerechnet wird nämlich nach Vorbem. 4 Abs. 5 VV RVG i.V.m. Nr. 3500 VV RVG. Gegenstandswert: 162.000 € 🙂 .

Ähnlich übrigens vgl. dazu: OLG München, Beschl. v. 17.10.2013 – 4 Ws 135/13 und Kostenansatz von rund 174.000 € nach Geldstrafe von 80 TS zu je 15 €: So nicht.

Kostenansatz von rund 174.000 € nach Geldstrafe von 80 TS zu je 15 €: So nicht

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Der Verurteilte ist vom AG zusammen mit einem Mitangeklagten wegen wegen vorsätzlichen Handelns ohne Erlaubnis nach dem KG zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt worden. Außerdem sind ihm auch die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Es kommt dann der Kostenansatz der Gerichtskasse. Der enthält auch eine Position von rund 174.000 € für Telekommunikationsüberwachungskosten. Die waren in einem Ermittlungsverfahren angefallen, dem der Verdacht einer gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schleusung von Ausländern gemäß §§ 92 a Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 AuslG zu Grunde lag. Der Tatverdacht konnte jedoch nicht erhärtet werden, sodass die Staatsanwaltschaft schließlich nur wegen vor-sätzlichen Handelns ohne Erlaubnis nach dem KWG angeklagt hatte.

Der Verurteilte hat gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG Beschwerde eingelegt, die beim OLG München im OLG München, Beschl. v. 17.10.2013 – 4 Ws 135/13 – vorläufig Erfolg hatte. Das OLG hat die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung aufgehoben. Es rügt insbesondere, dass sich das LG angesichts der Höhe der geltend gemachten Summe nicht ausreichend mit der Zahlungspflicht des Verurteilten auseinander setzt.

Und dann gibt es noch Segelanweisungen, nämlich:

1. Die Höhe und die Zusammensetzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Kosten sind zu erläutern. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf die Kostenakten reicht angesichts der großen Rechnungssumme und des Umstands, dass die Anordnung der Überwachung der Telekommunikation in keinem direkten Zu-sammenhang mit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat steht, nicht aus.

2. Das Landgericht hat (s. dort II. 1. Absatz) zu Unrecht § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG angewendet, denn diese Vorschrift gilt nur für das vor dem Oberlandesgericht geführte Verfahren der weiteren Beschwerde. Das Landgericht wird sich daher mit der Kostenrechnung im Ganzen zu befassen und im Detail zu prüfen ha-ben, welche aus den Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen resultie-renden Kosten in Vorbereitung der gegen den Beschwerdeführer geführten Klage entstanden sind.

3. Gemäß § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO dürfen aus einer Überwachung der Tele-kommunikation erlangte Zufallserkenntnisse zu Beweiszwecken in anderen Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu de-ren Aufklärung eine solche Maßnahme nach § 100a StPO hätte angeordnet werden dürfen.

Wegen des Verdachts einer Straftat nach dem KWG wäre eine Anordnung ge-mäß § 100a StPO unzulässig gewesen. Erkenntnisse aus der Überwachung der Telekommunikation des Mitangeklagten I. A. B. durften daher gemäß § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO bei der Beweisführung gegen die beiden Angeklagten nicht verwendet werden (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 100a Rdn. 34, § 477 Rdn. 5). Es ist dem Senat jedenfalls bislang nicht möglich zu erkennen, warum angesichts dieser Rechtslage die durch die Überwachung der Telekommunika-tion verursachten Kosten Teil der von § 464 a StPO erfassten Verfahrenskos-ten sein sollen. Ist die Verwendung gemäß § 100a StPO erlangter, personenbezogener Daten in anderen Strafverfahren unmittelbar zu Beweiszwecken nicht zulässig, so können auch die dadurch verursachten Kosten nicht zum Gegenstand der Verfahrenskosten des allenfalls mittelbar (s. Meyer-Goßner aaO § 477 Rdn. 15) von Erkenntnissen aus der Anordnung nach § 100a StPO berührten anderen Strafverfahrens wegen einer Nichtkatalogtat gemacht werden.“

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass im Strafverfahren nicht unbedingt die verhängte Strafe das eigentliche „Übel“ sein kann, sondern dass im Kostenansatz, mit dem gegen den Verurteilte die im Verfahren entstandenen Verfahrenskosten eine viel stärkere Belastung liegen kann. Hier war der Verurteilte nämlich nur zu einer (kleinen) Gesamtgeldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 15,00 € verurteilt worden. Dem stand eine Forderung der Staatskasse von rund 174.000 € gegenüber, die vornehmlich auf die Telekommunikationsüberwachungskosten zurückgingen. Diese bezogen sich allerdings auf einen Vorwurf, der dann nicht Gegenstand der Anklage geworden ist. Insoweit weit das OLG – verhältnismäßig versteckt – auf § 465 Abs. 2 StPO hin. Danach können besondere Auslagen, die durch Untersuchungen entstanden sind, die zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegt werden, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Eine Vorschrift, die leider häufig übersehen wird und hier auch übersehen worden ist. Den Weg über § 465 Abs. 2 StPO hätte der Verteidiger des Verurteilten hier auf jeden Fall gehen müssen und auch können, indem nach § 464 Abs. 3 StPO sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des amtsgerichtlichen Urteils eingelegt worden wäre. Die Chance ist leider verpasst, so dass das OLG von der (nicht angegriffenen) Kostenentscheidung des amtsgerichtlichen Urteils ausgehen musste.

Insbesondere die Punkte 1 und 3 der Segelanweisung dürften aber den Verurteilten hoffnungsfroh stimmen.

Auch einen schlechten Pflichtverteidiger muss man bezahlen….

Geld MünzenDer OLG Dresden, Beschl. v. 19.09.2013 – 2 Ws 445/12 lässt sich zusammenfassen in der Überschrift: Auch einen schlechten Pflichtverteidiger muss man = der Angeklagte bezahlen, denn auch die an ihn ausgezahlten Gebühren sind Kosten des Verfahrens. Mit dem Hinweis auf ungenügende Einsatzbereitschaft eines Pflichtverteidigers wird der Angeklagte im kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nicht gehört. Denn:

„Soweit die Verurteilte sinngemäß vorträgt, Rechtsanwalt B. habe aufgrund seiner ungenügenden Einsatzbereitschaft für die Verteidigung seinen Gebührenanspruch verwirkt, ist dieses Vorbringen im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren gegen den Kostenansatz nicht zu berücksichtigen. Dieses Rechtsbehelfsverfahren ist allein wegen einer Verletzung des Kostenrechts statthaft. Die Verurteilte rügt mit ihrem Vortrag zur ungenügenden Einsatzbereitschaft des Pflichtverteidigers aber nicht die kostenmäßige Richtigkeit der in Ansatz gebrachten Beträge, sondern wendet sich gegen die Anspruchsberechtigung des Rechtsanwalts dem Grunde nach. Damit kann sie jedoch nicht gehört werden.

Im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren darf auch nicht geprüft werden, ob die Anordnung, welche die Auslagen verursacht hat – hier die Aufrechterhaltung der Pflichtverteidigerbestellung von Rechtsanwalt B. durch die Zurückweisung des Entpflichtungsantrags durch den Kammervorsitzenden – rechtsfehlerfrei gewesen ist. Hierfür wäre ein eigenständiges Anfechtungsverfahren (Beschwerde gemäß § 304 StPO) eröffnet gewesen, welches die – durch Rechtsanwalt S. wahlverteidigte -Verurteilte allerdings nicht wahrnahm.

Ergänzend ist anzumerken, dass die Aufrechterhaltung der Beiordnung eines Pflichtverteidigers zusätzlich zu der bereits bestehenden Wahlverteidigung eines Verurteilten ihren Grund darin hatte, die Hauptverhandlung gegen einen möglichen Ausfall des Wahlverteidigers abzusichern. Auch wenn eine solche Verfahrensweise in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist, so ist sie doch zulässig und sogar geboten, wenn anders der zügige Fortgang des Verfahrens und vor allem der Hauptverhandlung nicht gesichert werden kann. Nur so kann auch dem Beschleunigungsgebot im Strafverfahren, das nicht zuletzt die Interessen eines Angeklagten im Auge hat, Genüge getan werden (vgl. BVerfGE 39, 238 (246 f.); 63, 45 (68 f.); BVerfG NStZ 1984, 561; BGHSt 15, 306, 309; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 141 Rdnr. 2; § 143 Rdnr. 2). Erfolgt die Bestellung eines Pflichtverteidigers (oder die Aufrechterhaltung seiner Bestellung) gegen den Willen eines Angeklagten, kann sie zwar zum Wegfall der Einheitlichkeit der Verteidigung führen; dies muss aber im Interesse einer wirkungsvollen staatlichen Strafrechtspflege in Kauf genommen werden. Kommt es zur Verurteilung, so greift auch hier das Verursachungsprinzip der Kostenbelastung nach § 465 Abs. 1 StPO. Eine Entlastung der Angeklagten von den Kosten einer durch prozessuale Vorsorge veranlassten zusätzlichen Pflichtverteidigung sieht das Gesetz auch dann nicht vor, wenn sie sich ausdrücklich gegen eine solche Maßnahme stellt (vgl. BVerfG NStZ 1984, 561, 562).