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Zusätzliche Verfahrensgebühr ist Festgebühr, oder: Selbstkorrektur

Und die zweite RVG-Entscheidung betrifft (auch) eine Selbstverständlichkeit, nämlich die Frage nach der Höhe der zuästzlichen Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG (das Probelm ist bei Nr. 4141 VV RVG ebenso da). Da AG Karlsruhe hatte das zunächst anders gesehen, sich dann aber auf die Gegenvorstellung des Verteidigers im AG Karlsruhe, Beschl. v. 13.02.2017 – 7 OWi 139/16 – selbst korrigiert:

„Der Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 17.03.2016 – 7 OWi 139/16 – war auf die Gegenvorstellung des Betroffenen hin abzuändern, da es sich bei der Gebühr nach Nummer 5115 VV RVG um eine Rahmengebühr handelt und die Kriterien des § 14 RVG keine Bedeutung haben (vgl. Hierzu Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Auflage 2014, Nr. 5115, Rd. Nr. 60). Da die Verwaltungsbehörde bei dem Erlass des Kostenfestsetzungsbescheides vom 10.03.2016 Gebühren für die Nummer 5115 VV RVG in Höhe von 100,00 Euro angesetzt hat, sich jedoch die Rahmengebühr auf 160,00 Euro beläuft, waren weitere 60,00 Euro festzusetzen, sodass sich letztlich die gesamten festzusetzenden Auslagen auf 434,85 Euro belaufen.“

Steht auch so in der 5. Auflage des Kommentars.

Akteneinsichtspotpourri – von Karlsruhe über Kassel nach Lübben, oder: Geht doch!

 © hati - Fotolia.com

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In meinem Blogordner haben sich einige Entscheidungen zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren angesammelt, die ich in der letzten Zeit von Kollegen übersandt bekommen habe. Damit sie nicht „zu alt“ werden, bringe ich sie heute mal in einem Überblick – einem Akteneinsichtspotpourri. Es sind Entscheidungen quer durch die Republik, und zwar der:

1. Im Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung hat der Verteidiger das Recht auf Einsicht in die gesamte Messreihe einschließlich der entsprechenden Datensätze. Das gilt auch dann, wenn sich diese nicht in der Akte, sondern bei der Bußgeldbehörde befinden. Datenschutzrechtliche Bedenken stehen der Einsicht in die gesamte Messreihe nicht entgegen.

2. Die Einsicht in die vollständige Messreihe kann dem Verteidiger durch Übersendung einer Kopie der Datensätze auf einem von ihm zur Verfügung zu stellenden Datenträger gewährt werden. Ggf. ist ihm der dazugehörige öffentlichen Schlüssel/Token zur Verfügung zu stellen.

  • AG Karlsruhe, Beschl. v. 29.12.2015 – 14 OWi 465/15 – der auf den OLG Oldenburg, Beschl. v. 06.05.2015 – 2 Ss (OWi) 65/15 – verweist und im Übrigena ausführt: „Auf eine mögliche Beiziehung des Messfilms erst im gerichtlichen Verfahren muss sich der Verteidiger nicht verweisen lassen, sondern kann – gegebenenfalls unter Beauftragung eines Sachverständigen – durch die Betrachtung aller Aufnahmen ermitteln (lassen), ob die Möglichkeit konkreter Messfehler besteht und diese sodann in einem Beweisantrag substantiieren.“
  • AG Lübben, Beschl. v.19.01.2016 – 40 OWi 6/16 E, der dem Verteidiger des Betroffenen ebenfalls hat ein weites Recht auf Akteneinsicht einräumt, das sich auf alle Akten, Aktenteile und weiteren Unterlagen oder Datenträger bezieht, auf die der Vorwurf gegen den Betroffenen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird. Auch das AG Lübben hat keine datenschutzrechtlichen Bedenken, „denn technisch sollte es ohne Weiteres möglich sein, hier Vorkehrungen zu treffen, z.B. indem die Kennzeichen und Gesichter der weiteren Betroffenen abgedeckt werden, was bei Beifahrern bisher auch so gehandhabt wird.

Kein Ausreißer 🙂 dabei. Geht also.

Zustellungsfragen – gerade auch im OWi-Verfahren von Bedeutung

Ob der Bußgeldbescheid wirksam zugestellt worden ist, ist im Hinblick auf die verjährungsunterbrechende Wirkung der Zustellung (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 (OWiG) von erheblicher Bedeutung. Gerade an der Stelle setzt ja auch die Diskussion um den sog. „Vollmachtsverweigerer“ bzw. der Hinweis an, als Verteidiger eben keine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Um die Frage geht es im AG Karlsruhe, Beschl. v. 23.08.2013 – 14 OWi 430 Js 13775/13 nicht – obwohl: Der Verteidiger hatte eine Vollmacht nicht vorgelegt :-).

Im Verfahren war dem Betroffenen der Bußgeldbescheid im Wege der Ersatzzustellung zugestellt worden. Und die war im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH nicht wirksam, denn:

„Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 16.06.2011 – III ZR 342/09 – genügt es nämlich für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung nach § 178 bis 181 ZPO nicht, dass der Adressat in zurechenbarer Weise den Rechtsschein geschaffen hat, unter der Zustellanschrift eine Wohnung oder Geschäftsräume zu nutzen. Insbesondere reicht nicht, dass er nach Aufgabe der Wohnung oder der Geschäftsräume ein Schild mit seinem Namen an dem Briefeinwurf belässt. Dass dem Betroffenen vorliegend doloses Verhalten anzulasten wäre, ist weder aus dem Akteninhalt noch aus sonstigen Umständen ersichtlich. Weil mithin nach dem Erlass des Bußgeldbescheides dieser nicht binnen zwei Wochen zugestellt worden war, ist die Verfolgungsverjährung eingetreten.