In tatrichterlichen Strafzumessungserwägungen findet man häufig die Wendung, dass die Strafzumessung unter „Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände“ erfolgt ist. Wird so argumentiert/begründet, dann muss aber auch eine Abwägung erkennbar sein bzw. es müssen für und gegen den Angeklagten sprechende Umstände angeführt werden, soll nicht diese Wendung eine bloße Floskel darstellen. Wo Abwägung drauf steht, muss also auch Abwägung drin bzw. erkennbar sein. Das gilt vor allem auch für belastende/strafschärfende Umstände, und zwar vor allem dann, wenn die Strafe am oberen Rand des Strafrahmens festgesetzt wird. So der BGH, Beschl. v. 13.08.2013 – 2 StR 180/13.
Im zugrundeliegenden Verfahren hatte das LG den Angeklagten u.a. wegen Totschlags verurteilt und eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Jahren festgesetzt. Dazu der BGH, Beschluss:
a) Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten verhängte Einzelfreiheitsstrafe von neun Jahren dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen; einen minder schweren Fall des Totschlags hat es unter Berücksichtigung von Tatbild und Täterpersönlichkeit verneint. Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat es zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es sich um ein situatives Tatgeschehen und keine von langer Hand geplante Tat gehandelt hat, der Angeklagte bei der Tat stark erregt war und er alters- und krankheitsbedingt besonders haftempfindlich und nicht vorbestraft ist. Strafschärfungsgründe führt die Strafkammer nicht auf.
b) Diese Ausführungen sind – auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 3. August 2011 – 2 StR 207/11, Rn. 5 juris; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 241/09, NStZ-RR 2009, 336, jeweils mwN) – lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer stützt sich zur Begründung der im anwendbaren Strafrahmen gefundenen Strafe ausschließlich auf Strafmilderungsgründe. Eine Abwägung „aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände“ (UA S. 52) findet gerade nicht statt. Damit ist aber nicht erkennbar begründet, warum sich die Strafe am oberen Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von elf Jahren drei Monaten bewegt.