StPO I: Unterjährige Änderung der Gerichtsbesetzung, oder: Wirksamkeitsvoraussetzungen

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Und ab heute läuft es hier wieder normal. Urlaub ist vorbei.

Ich mache dann noch einmal einen StPO-Tag. den starte ich mit derm BayObLG, Beschl. v. 14.10.2024 – 206 StRR 320/24 – zur Wirksamkeit der unterjährigen Änderung eines Geschäftsverteilungsplanes. In der Revision hatte der Angeklagte die Unwirksamkeit der Änderung geltend gemacht. Mit Erfolg. Das BayObLG sieht mit „einigen Bauschschmerzen“ die Verfahrensrüge als zulässig erhoben an – bitte selbst lesen und die richtigen Schlüsse daraus ziegen – und führt dann zu Begründetheit aus:

„4. Die Verfahrensrüge ist auch begründet. Die Übertragung des den Angeklagten betreffenden Verfahrens auf die 7. Strafkammer ist nicht gesetzmäßig erfolgt. Das erkennende Gericht war nicht zur Verhandlung und Entscheidung im vorliegenden Verfahren berufen. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung vor, § 338 Nr. 1 StPO.

a) Der Senat geht von folgendem Prozessgeschehen aus:

Bei Vorlage der Berufungen gegen das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 4. April 2023 an das Landgericht Landshut als Berufungsgericht mit Eingang am 8. August 2023 (Rev.Begr. S. 42, Bl. 1121 d.A.) war die 6. Strafkammer des Landgerichts Landshut gemäß dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Geschäftsverteilungsplan für die Sache zuständig. Mit Datum vom 17. Oktober 2023 wurde seitens des Präsidiums der 15. Nachtrag zur richterlichen Geschäftsverteilung bei dem Landgericht Landshut für das Geschäftsjahr 2023 beschlossen, der unter Ziff. „I. Feststellung“ folgende Formulierung enthält:

„1. Die dritte Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) ist wegen mehrerer Anklagen der Europäischen Staatsanwaltschaft überlastet (vgl. Belastungsanzeige vom 10.03.2023). Es wird eine weitere Wirtschaftsstrafkammer (7. Strafkammer) eingerichtet.
2. Staatsanwältin als Gruppenleiterin Z. ist mit Wirkung vom 01.11.2023 zur Vorsitzenden Richterin am Landgericht ernannt worden. […]
(Beschluss S. 1; Rev.Begr. S. 78).

Unter II. Nr. 1 heißt es:
„Vorsitzende Richterin am Landgericht Z. wird Vorsitzende der 7. Strafkammer.“ (Beschluss S. 2, Rev.Begr. S.79).

II. Nr. 17 enthält folgende Regelung:

„Alle anhängigen Berufungsverfahren der 6. Strafkammer, die am 01.11.2023 noch anhängig sind und bei denen in der 6. Strafkammer noch kein Hauptverhandlungstermin für die Zukunft bestimmt ist, werden der 7. Strafkammer übertragen.“ (Beschluss S. 10, Rev.Begr. S. 87)

Das gegenständliche Berufungsverfahren wurde entsprechend dieser Regelung auf die 7. Strafkammer übergeleitet und von dieser weitergeführt. Das angefochtene Berufungsurteil wurde von der 7. Strafkammer erlassen.

b) Die Revision rügt zu Recht, dass der Präsidiumsbeschluss vom 17. Oktober 2023 jedenfalls in Ansehung der Übertragung der gegenständlichen Berufungssache auf die 7. Strafkammer den Anforderungen des § 21e Abs. 1, Abs. 3 GVG an eine unterjährige Änderung von Geschäftsaufgaben nicht standhält.

aa) Gemäß § 21e Abs. 1 GVG ist die Verteilung der richterlichen Geschäfte vor dem Beginn eines Geschäftsjahres für dessen Dauer zu bestimmen. Änderungen während des laufenden Geschäftsjahres haben dem Maßstab des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG zu entsprechen. Dies ist der Fall, wenn sie aus den im Gesetz genannten Gründen, beispielsweise wegen der Überlastung eines Spruchkörpers, nötig werden.

(1) § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG muss im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2GG eng ausgelegt und entsprechend angewendet werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 1976, 5 StR 314/76, NJW 1976, 2029; s. auch Beschluss vom 21. April 2022, StB 13/22, BeckRS 2022,12653 Rn. 14 m.w.N.), denn eine Änderung im laufenden Geschäftsjahr birgt stets Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters in sich.

Dies gilt in besonderem Maße für die Überleitung bereits anhängiger Verfahren, bei denen schon eine anderweitige Zuständigkeit begründet war. Deshalb ist es in solchen Fällen geboten, die Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern, umfassend und nachvollziehbar zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten – jedenfalls auf Verlangen – zur Kenntnis zu bringen, um den Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung auszuschließen (BGH BeckRS 2022, 12653 Rn. 14; Urteil vom 9. April 2009, 3 StR 376/08, NJW 2010, 625 Rn. 11; Beschluss vom 22. März 2016, 3 StR 516/15, NStZ 2016, 562; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005, 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Der Änderungsgrund muss im Beschluss des Präsidiums oder einem Protokoll der entsprechenden Präsidiumssitzung festgehalten werden, damit überprüfbar ist, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die nur ausnahmsweise zulässige Änderung der Geschäftsverteilung vorlagen (BGH NStZ 2016, 562).

(2) Diesen Anforderungen genügt der Beschluss des Präsidiums vom 17. Oktober 2023 bereits deshalb nicht, weil die erforderliche Dokumentation derjenigen Gründe fehlt, die das Präsidium zur Änderung der Geschäftsverteilung im hier maßgeblichen Punkt veranlasst haben. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, ob die Überleitung des den Angeklagten betreffenden anhängigen Berufungsverfahrens von der 6. auf die 7. Strafkammer rechtmäßig war.

(i) Das Präsidium hat im Änderungsbeschluss (lediglich) festgestellt, Anlass für die Änderung der Geschäftsverteilung sei die Überlastung der 3. Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer; es werde eine weitere Wirtschaftsstrafkammer (7. Strafkammer) eingerichtet (Beschluss unter „I.“ Rev.Begr. S. 78). Dem lag eine Überlastungsanzeige der 3. Strafkammer (bereits vom 10. März 2023) zugrunde (Bezugnahme im Beschluss a.a.O.; Anzeige der Vorsitzenden der 3. Strafkammer vom 10. März 2023, Rev.Begr. S. 98 f.). Von einer Überlastung der 6. Strafkammer ist das Präsidium ersichtlich nicht ausgegangen. Weder im Beschluss noch in einer sonst dokumentierten Stellungnahme – die auch nachträglich zum Zweck der Heilung noch möglich gewesen wäre (vgl. KK-StPO/Diemer, 9. Aufl. 2023, § 21e GVG Rn. 15; BGH Beschluss vom 25. März 2021, 3 StR 10/20, BeckRS 2021, 13180 Rn. 39) – findet sich ein diesbezüglicher Hinweis. Aus der Verfügung des Vorsitzenden der 6. Strafkammer vom 16. August 2023 zu den gegenständlichen Verfahrensakten, die dahin lautet, eine „derzeitige“ Terminierung sei wegen der Belastung der Kammer nicht möglich, sie werde „nach Bewältigung der aktuellen Auslastung“ erfolgen (Rev.Begr. S. 45; Bl. 1124 d.A.), ergibt sich nichts anderes. Ausweislich der Verfügung ist diese lediglich den Verfahrensbeteiligten, nicht aber dem Präsidium des Landgerichts zugeleitet worden, die demzufolge eine Überlastung der 6. Strafkammer auch nicht dokumentiert hat. Im Übrigen ergibt sich aus der Verfügung auch inhaltlich keine dauerhafte Überlastung der 6. Strafkammer im Sinne des § 21e Abs. 3 GVG, allenfalls eine „derzeitige“ Auslastung mit anderen Verfahren; eine Terminierung nach deren Bewältigung wurde in Aussicht gestellt.

(ii) Der Generalstaatsanwaltschaft ist einzuräumen, dass als weiterer Änderungsgrund gemäß § 21e Abs. 3 GVG in Betracht kommt, dass die Neubildung eines Spruchkörpers (7. Strafkammer) eine Neuverteilung von Geschäftsaufgaben erforderlich gemacht haben kann (vgl. dazu KK-StPO/Gericke, 9. Aufl. 2023, § 338 Rn. 30). Gleichwohl ist auch insoweit lediglich dokumentiert, dass infolge des außergewöhnlichen Geschäftsanfalls in der 3. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) der neu geschaffenen Kammer neben neu eingehenden Verfahren auch ein Teil der dort bereits anhängigen Wirtschaftsstrafsachen übertragen wird. Die Zuweisung auch anderer Verfahren, hier von bereits anhängigen Berufungsverfahren in allgemeinen Strafsachen, entbehrt einer Begründung. Dieser Mangel betrifft auch die Frage, aus welchen Gründen insoweit eine Umverteilung zum 1. November 2023 noch im laufenden Geschäftsjahr nötig war.

(3) Das Revisionsgericht hat die aufgezeigten Mängel bei seiner rechtlichen Prüfung zu berücksichtigen. Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung unterliegt die Entscheidung des Präsidiums nach § 21 e Abs. 3 GVG nicht lediglich einer Vertretbarkeits – oder Willkürkontrolle, sondern ist einer vollständigen revisionsgerichtlichen Überprüfung unterworfen (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013, 2 StR 116/13, NStZ 2014, 226 Rn. 17; Urteil vom 7. April 2021, 1 StR 10/20, NStZ 2023, 122 Rn. 17, je m.w.N; für den verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab ebenso BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005, 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690).

Ob, wie es die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Vorlageschreiben vertritt (S. 6), abweichend hiervon eine Prüfung lediglich auf objektive Willkür vorzunehmen ist, wenn das Präsidium die Annahme der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21e Abs. 3 GVG fehlerhaft beurteilt hat (angedeutet, aber letztlich offengelassen von BGH, Beschluss vom 21. April 2022, StB 13/22, BeckRS 2022, 12653 Rn. 25 und BGH, Beschluss vom 25. März 2021, 3 StR 10/20, BeckRS 2021, 13180 Rn. 44 ff.), bedarf keiner Entscheidung.

Die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entlastung der 3. Strafkammer tatsächlich vorlagen, und nach welchem Maßstab dies zu überprüfen wäre, spielt für die hier maßgebliche Frage keine Rolle. Entscheidend ist, dass sich für die Regelung betreffend die 6. Strafkammer gar keine Begründung findet. Dem Senat ist es daher, unabhängig vom anwendbaren Prüfungsmaßstab, überhaupt nicht möglich nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die Übertragung der bereits anhängigen Berufungssache erfolgt ist und nicht erst, ob das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21e Abs. 3 GVG zutreffend bewertet wurde.

c) Zudem bestehen durchgreifende Rechtsbedenken gegen die Bestimmtheit der Geschäftsverteilung, soweit sie den Übergang von in der 6. Strafkammer bereits anhängiger Berufungsverfahren davon abhängig gemacht hat, dass diese „am 01.11.2023 noch anhängig sind und bei denen in der 6. Strafkammer noch kein Hauptverhandlungstermin für die Zukunft bestimmt ist“ (II. Nr. 17 des Beschlusses, Rev.Begr. S. 87).

aa) Sämtliche Regelungen eines Geschäftsverteilungsplanes, der die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeiten der jeweiligen Spruchkörper ergänzt, müssen die wesentlichen Merkmale gesetzlicher Vorschriften aufweisen. Sie müssen also im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Zuweisung der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache „blindlings“ aufgrund allgemeiner, vorab festgelegte Merkmale an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Dezember 2016, 2 BvR 2023/16, BeckRS 2016,111809 Rn. 25; BGH BeckRS 2022, 12653 Rn. 11). Es muss im Vorhinein so genau wie möglich feststehen, welcher Richter für welches Verfahren im Einzelfall berufen ist (Münchener Kommentar zur StPO/Schuster, § 21e GVG Rn. 29 m.w.N.). Soweit bereits anhängige Verfahren von einer Neuverteilung bestehender Zuständigkeiten erfasst werden, sind diese Voraussetzungen nur dann erfüllt, wenn die Neuverteilung durch den Geschäftsverteilungsplans selbst erfolgt, nicht aber, wenn sie im Einzelfall sowohl die Neuverteilung als auch die Beibehaltung bestehender Zuständigkeiten ermöglichen und dabei die konkreten Zuständigkeiten von Beschlüssen einzelner Spruchkörper abhängig machen (BVerfG a.a.O. Rn. 26).

bb) Diesem Maßstab wird die gegenständliche Regelung nicht gerecht.

(1) Nach dem Inhalt der am 17. Oktober 2023 vom Präsidium beschlossenen Klausel sollte der Übergang bereits anhängiger Berufungsverfahren von zwei Voraussetzungen abhängig sein, die, so jedenfalls der Wortlaut, am 1. November 2023 noch vorliegen sollten: die Sache sollte noch anhängig und noch nicht (für die Zukunft) terminiert sein. Jedenfalls hinsichtlich der zweiten Voraussetzung lag es demnach in der Hand des Vorsitzenden der 6. Strafkammer, im verbleibenden Zeitraum zwischen dem 17. und dem 31. Oktober 2023 die Voraussetzungen für den Übergang des Verfahrens eintreten zu lassen oder zu verhindern, je nachdem, ob er die Sache noch terminieren oder dieses unterlassen würde. Damit handelt es sich um eine Bestimmung, die die Begründung einer konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Zuständigkeit in unzulässiger Weise in die Entscheidungsgewalt eines Spruchkörpers gelegt hat, der gerade Adressat der generell-abstrakten Zuständigkeit sein sollte (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 31 für eine Regelung, die den Übergang von Verfahren an die Frage knüpft, ob bis zum Stichtag das Hauptverfahren noch eröffnet wird).

(2) Die Generalstaatsanwaltschaft weist zwar in ihrer Stellungnahme zutreffend darauf hin, dass Regelungen in einem Geschäftsverteilungsplan ebenso wie abstrakt-generelle Gesetze der Auslegung, auch im Lichte des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, zugänglich sind (Vorlageschreiben S. 7). Der Senat sieht jedoch keinen Spielraum für eine Interpretation dahingehend, dass es für die Frage, ob das Verfahren schon terminiert sei, auf den Tag des Präsidiumsbeschlusses ankommen solle, und deshalb kein Spielraum für eine Manipulation bis zum Stichtag 1. November 2023 gegeben sei. Die Bestimmung im Präsidiumsbeschluss stellt das Datum „01.11.2023“ den erst danach genannten beiden Voraussetzungen für einen Übergang der Sache voran, was dafür spricht, dass auch beide auf diesen Termin in der Zukunft bezogen sind. Auch aus der verwendeten Zeitform lassen sich keine abweichenden Schlüsse ziehen. Beide Voraussetzungen sind, nach Nennung des künftigen Stichtags, im Präsens formuliert („noch anhängig sind“; „noch kein Hauptverhandlungstermin für die Zukunft bestimmt ist“); für eine differenzierende Auslegung dahin, dass sich diese Klauseln auf unterschiedliche Daten beziehen könnten, sieht der Senat keinen ausreichenden Anhalt. Lediglich ergänzend sei bemerkt, dass auch der Vorsitzende der 6. Strafkammer selbst die Regelung dahin ausgelegt hat, dass er den Übergang der Sache durch eigene Terminierung noch verhindern könne, denn unter dem 26. Oktober 2023 hat er verfügt, dass ihm eine „Terminierung dieses Verfahrens […] vor dem 01.11.2023 nicht mehr möglich“ sei (Rev.Begr. S. 46; Bl. 1125 d.A.).

d) Wegen der aufgezeigten Verstöße gegen § 21e Abs. 3 GVG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG stellt sich die Überleitung des gegenständlichen Verfahrens von der ursprünglich zuständigen 6. Strafkammer des Landgerichts Landshut auf die 7. Strafkammer als unzulässig dar. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. Es liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 1 StPO vor.“

StPO III: Bindungswirkung an Geständnis I. Instanz, oder: Zumindest Fair-Trial beim Landgericht

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Und zum Tagesschluss etwas vom OLG Naumburg. Das hat im OLG Naumburg, Beschl. v. 24.09.2024 – 1 ORs 112/24 – zur „Bindungswirkung“ an ein erstinstanzliches Geständnis in den Verständigungsfällen Stellung genommen.

„Das AG hatte den Angeklagten, gestützt auf dessen geständige Einlassung, u.a. wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sich der Angeklagte mit zunächst unbeschränkter Berufung sowie die Staatsanwaltschaft mit einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung gewendet. Im Berufungshauptverhandlungstermin beim LG beschränkte der Angeklagte seine Berufung ebenfalls auf den Rechtsfolgenausspruch. Daraufhin änderte das LG unter Annahme einer beiderseitigen wirksamen Beschränkung der Berufung den Rechtsfolgenausspruch des AG-Urteils ab und verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten. Diese hatte mit der Sachrüge Erfolg:

„Die Revision des Angeklagten hat bereits mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils.

Die Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch war nicht wirksam, so dass das Landgericht nicht über alle Teile des amtsgerichtlichen Urteils entschieden hat, die seiner Prüfungskompetenz unterlagen.

Die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung hatte der Senat von Amts wegen im Freibeweis zu prüfen (vgl. KG Berlin, Urteil vom 17. August 2022 – (3) 161 Ss 129/22 (44/22) – , Rn. 14; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 16. Juni 2021 – 206 StRR 226/21 – , Rn. 4, 8; OLG Celle, Beschluss vom 23. November 2020 – 3 Ss 48/20 – , Rn. 23; jeweils zitiert nach juris; Paul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Auflage, § 318 Rn. 11 m. w. N).

Aufgrund der substanziierten Angaben des Angeklagten in seiner Revisionsbegründungsschrift, denen die Staatsanwaltschaft nicht entgegengetreten ist, der mit der Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft mitgeteilten Erklärung des erstinstanzlichen Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, die mit den Angaben des Angeklagten (jedenfalls soweit es die Absprache der Verhängung einer Gesamtstrafe unter Einbeziehung von Vorstrafen betrifft) in Einklang steht, sowie der im Protokoll festgehaltenen Vorgänge in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung geht der Senat davon aus, dass vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten eine – wenn auch informelle und damit unzulässige – Verständigung jedenfalls dahingehend getroffen worden ist, dass für den Fall eines Geständnisses des Angeklagten unter Einbeziehung der Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Köthen vom 3. Mai 2023 und vorn 19. Oktober 2022 eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr und neun Monaten verhängt wird.

Die Staatsanwaltschaft war durch die vorangegangene Verständigung nicht an der Einlegung der Berufung gehindert (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. November 2017 – 111-1 RVs 79/17 -, Rn. 16; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Auflage, vor § 312 Rn. 1e).

Jedoch hat die Staatsanwaltschaft ausweislich der Berufungsbegründung mit ihrer Berufung das Ziel verfolgt, die verhängten Einzelstrafen zu erhöhen und von der Gesamtstrafenbildung mit den erwähnten Strafen aus den vorangegangenen Urteilen abzusehen. Dieses verfolgte Ziel bedeutete für den Angeklagten in jedem Fall eine Überschreitung des Verständigungsstrafrahmens. Denn mit dem Urteil des Amtsgerichts Köthen vom 3. Mai 2023 war unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Köthen vom 19. Oktober 2022 eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verhängt worden. Selbst bei Beibehaltung der erstinstanzlich verhängten beiden Einzelstrafen von vier und fünf Monaten hätte aus diesen zwingend eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet werden müssen, mit der sich ohne die Bildung einer Gesamtstrafe mit den Strafen aus den genannten Vorverurteilungen die Gesamthöhe der Strafen gegenüber der nach dem Inhalt der Verständigung höchstmöglichen, aus allen Strafen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe erhöht.

Das erstinstanzlich aufgrund einer getroffenen Verständigung erfolgte Geständnis des Angeklagten darf in der Berufungsinstanz aber jedenfalls dann nicht verwertet werden, wenn – wie hier – das Berufungsgericht den Angeklagten zu einer Strafe über der erstinstanzlich vereinbarten Strafobergrenze verurteilten will. Denn der Schutz des Angeklagten, welcher in dem Grundsatz des fairen Verfahrens (Art 6 Abs. 1 S. 1 EMRK) manifestiert ist, verlangt, dass ein verständigungsbasiertes Geständnis bei einer fehlgeschlagenen Verständigung unverwertbar ist, weil er dieses im Vertrauen auf die Einhaltung der vereinbarten Strafobergrenze abgelegt hat (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2021 – 5 StR 484/20 BGHSt 66, 37-48, Rn. 20; OLG Hamm, Beschluss vom 22. November 2017 – 111-1 RVs 79/17 Rn. 19; OLG Naumburg, Urteil vom 16. März 2017 2 Rv 3/17 -, Rn. 7; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2010 – 111-4 RVs 60/10 -, Rn. 12; jeweils zitiert nach juris; Meyer-Goßner/Schmitt a. a. O.).

Das Verbot, das Geständnis zu verwerten, führt hier dazu, dass Schuldspruch und Rechtsfolgenausspruch rechtlich und tatsächlich nicht mehr selbstständig beurteilt werden können (vgl. OLG Hamm a. a. O. Rn. 20; OLG Naumburg a. a. O. Rn. 8; KG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2020 – (4) 161 Ss 121/20 (166/20) – , Rn. 9; zitiert nach juris; Meyer-Goßner/Schmitt a. a. O.). Dem fair-trial-Grundsatz widerspräche es, wenn Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagter sich – sei es unter den Voraussetzungen des § 257c StPO oder im Rahmen einer unzulässigen informellen Absprache – auf einen bestimmten Strafrahmen verständigt hätten, der Angeklagte mit Rücksicht darauf ein Geständnis abgibt, das Gericht absprachegemäß verurteilt, die Staatsanwaltschaft sodann aber gegen das Urteil Rechtsmittel mit dem Ziel einer höheren Bestrafung einlegt, welche dann – letztlich auf der Grundlage des erstinstanzlichen Geständnisses – erfolgt (OLG Düsseldorf a. a. O.).

Wegen der fehlenden Trennbarkeit von Schuld- und Rechtsfolgenausspruch war daher die Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam.

Das Landgericht hätte daher nicht von der Wirksamkeit der Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft ausgehen dürfen und das erstinstanzliche Urteil umfassend im Schuldspruch mit eigenen Feststellungen überprüfen müssen.

Daran ändert in der vorliegenden Konstellation auch nichts, dass es in der Berufungshauptverhandlung ebenfalls zu einer – diesmal formal ordnungsgemäßen -Verständigung der Verfahrensbeteiligten nach § 257c StPO gekommen ist. Diese Verständigung hatte zum Inhalt, dass bei Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen neun Monaten und einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, verhängt wird, woraufhin der Angeklagte seine Berufung entsprechend beschränkt hat. Zu einem Geständnis, das zur Grundlage der Überprüfung des Schuldspruches hätte gemacht werden können, kam es aufgrund der Verständigung bereits nicht. Ferner hätte ein solches Geständnis aufgrund der vom Landgericht angenommen wirksamen Beschränkung der Berufungen auf den Rechtsfolgenausspruch auch keine Bedeutung für die Entscheidungsfindung betreffend den Schuldspruch mehr entfalten können (vgl. OLG Düsseldorf a. a. O. Rn. 15). Nur wenn das Berufungsgericht den Schuldspruch auch tatsächlich überprüft, kann eine aufgrund der neu zu treffenden Verständigung abgegebene geständige Einlassung des Angeklagten Grundlage für eine Verurteilung sein (s. a. OLG Hamm a. a. O. Rn. 22).“

Im Ergebnis richtig. Bei der Begründung ist mir nicht so ganz klar, ob das OLG auf § 257c Abs. 4 und 5 StPO abstellt, zumindest „konkludent“ 🙂 . Das wäre m.E. aber nicht richtig. Denn die vom OLG entschiedene Frage ist (zunächst) keine Problematik des § 257c Abs. 4 und 5 StPO, der die Bindungswirkung bei einer formellen Absprache regelt. Denn eine formelle Absprache nach § 257c hat hier beim AG nicht vorgelegen. Im Übrigen wäre das LG aber auch an eine solche Absprache nicht gebunden gewesen, da die Bindungswirkung nur bei dem Gericht besteht, bei dem die Absprache zustande gekommen ist. Und das war das AG. Das OLG argumentiert hier daher ja auch mit dem fair-trial-Grundsatz, was letztlich nicht zu beanstanden ist, obwohl sich das OLG nicht mit der Frage der Bindungswirkung der informellen Absprache befasst.

Und zur Bindungswirkung kann man nachlesen <<Werbemodus an“ bei vgl. Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Aufl., 2025, Rn 305 ff. m.w.N.).; das Werk kann man hier bestellen. <<Werbemodus aus>>.

StPO II: Versuch der Protokollberichtigung misslungen, oder: Hatte Angeklagte noch einmal das letzte Wort?

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Als zweite Entscheidung dann der BGH, Beschl. v. 14.08.2024 – 5 StR 206/24 -, der (auch) mit dem Dauerbrenner „letztes Wort“ zu tun. Das LG hat den Angeklagten wegen Totschlags verurteilt.

Der Angeklagte macht mit seiner Revision geltend, dass das Schwurgericht, nachdem es vor Urteilsverkündung erneut in die Beweisaufnahme eingetreten war, ihm unter Verstoß gegen § 258 Abs. 2 StPO nicht erneut das letzte Wort gewährt. In der Hauptverhandlung hatten nach Schluss der Beweisaufnahme die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidiger ihre Schlussanträge gestellt. Der Angeklagte hatte das letzte Wort. Nach Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Urteilsberatung trat die Strafkammer erneut in die Beweisaufnahme ein. Auf Frage des Vorsitzenden gab der Angeklagte dort eine Erklärung ab, wonach er auf die Herausgabe mehrerer sichergestellter Gegenstände verzichte. Sodann erhielten die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger erneut das Wort; erstere hielt an ihrem gestellten Antrag fest, letzterer bezog sich auf seinen schon gehaltenen Schlussvortrag. Danach verkündete die Strafkammer ihr Urteil, ohne dass dem Angeklagten erneut das letzte Wort erteilt worden wäre.

Um das Letzte: „ohne dass dem Angeklagten erneut das letzte Wort erteilt worden wäre“ ist gestritten worden. Das Schwurgericht hat versucht, das Protokoll zu berichtigen. Aber: Soll ich sagen: Aller Anfang ist schwer? Egal, jedenfalls hat das nicht geklappt. Dazu der BGH:

„b) Nach Eingang der Revisionsbegründung, mit der unter Vortrag des vorgenannten Verfahrensablaufs die Verletzung von § 258 Abs. 2 StPO gerügt worden war, fanden folgende weitere Verfahrensschritte statt:

Es wurde ein vom Vorsitzenden der Strafkammer und der Protokollführerin unterzeichneter Vermerk zur Akte genommen, wonach das Protokoll der Hauptverhandlung vom 22. Dezember 2023 dahingehend berichtigt werde, dass an näher bezeichneter Stelle folgende Sätze einzufügen seien: „Der Angeklagte erhielt das Wort. Der Angeklagte hatte das letzte Wort.“ In einem weiteren Vermerk in der zugehörigen Verfügung wurde ausgeführt, dass sich „die Unterzeichner“ des Protokolls sicher seien, dass dem Angeklagten das letzte Wort nochmals erteilt worden sei; in der tagesaktuellen Mitschrift der Berichterstatterin sei dies sogar ausdrücklich aufgeführt. Diese Verfügung wurde allein vom Vorsitzenden unterschrieben. Die Protokollführerin erklärte in einer dienstlichen Stellungnahme, dass dem Angeklagten das letzte Wort erteilt worden sei. In ihrer Revisionsgegenerklärung trat die Staatsanwaltschaft der „Auffassung der Unterzeichner“ des Protokolls bei und führte zur Begründung aus, dass bei unterbliebener Gewährung des letzten Wortes die Sitzungsvertreterin auf das Versäumnis hingewiesen hätte, was aber nicht geschehen sei.

Durch den Generalbundesanwalt wurden die Akten im Revisionsverfahren zur Durchführung eines Protokollberichtigungsverfahrens an das Landgericht zurückgegeben. Dabei wurde auf die hierfür in der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 23. April 2007 (GSSt 1/06, BGHSt 51, 298) formulierten Grundsätze hingewiesen.

Der Vorsitzende der Strafkammer gab daraufhin erneut eine dienstliche Stellungnahme ab, in welcher er seine frühere Äußerung um den Hinweis ergänzte, dass sich die Erteilung des letzten Wortes auch aus der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft ergebe, welche von der Sitzungsvertreterin gefertigt worden sei. Zur beabsichtigten Protokollberichtigung erhielten der Verteidiger und der Angeklagte Gelegenheit zur Stellungnahme. Ersterer trat der Berichtigung entgegen, wobei er insbesondere darauf verwies, dass kein Verfahrensbeteiligter eine konkrete Erinnerung an die erneute Erteilung des letzten Wortes bekundet habe und auch der Inhalt der entsprechenden Ausführungen des Angeklagten nicht geschildert worden sei. Sodann verfügte der Vorsitzende erneut die genannte Protokollberichtigung, wobei er die bisherige Begründung wiederholte und um einen Satz ergänzte, wonach der Verteidiger nicht im Einzelnen dargelegt habe, weshalb er sich sicher sei, dass das ursprüngliche Protokoll richtig sei. Auch diese Verfügung wurde nur durch ihn unterschrieben. Die Protokollberichtigung wurde durch ihn und die Protokollführerin unterzeichnet.

c) Die zulässig erhobene Rüge ist begründet. Durch das Protokoll der Hauptverhandlung, welches keine erneute Erteilung des letzten Wortes verzeichnet, wird der Verstoß des Landgerichts gegen § 258 Abs. 2 StPO bewiesen (negative Beweiskraft, § 274 StPO). Zu der durch den Vorsitzenden der Strafkammer intendierten Berichtigung des Protokolls ist es – auch wenn Verteidiger und Angeklagter nunmehr zur beabsichtigten Änderung angehört wurden – nicht gekommen, weil die für eine solche Maßnahme bestehenden weiteren Anforderungen nicht erfüllt worden sind. Eine nachträgliche Protokollberichtigung, mit der zum Nachteil des Beschwerdeführers einer bereits ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzogen wird („Rügeverkümmerung“), setzt sichere Erinnerung beider Urkundspersonen voraus. Nehmen sie gemeinsam eine Protokollberichtigung vor, so haben sie ihre Entscheidung mit Gründen zu versehen. Darin sind die Tatsachen anzugeben, welche die Erinnerung der Urkundspersonen belegen. Die Gründe der Berichtigungsentscheidung unterliegen im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge der Überprüfung durch das Revisionsgericht (BGH, Beschluss vom 23. April 2007 – GSSt 1/06, BGHSt 51, 298).

Vorliegend verhält sich die Entscheidungsbegründung jedoch ebenso wenig wie die vorangegangenen dienstlichen Erklärungen dazu, auf welche Umstände die Urkundspersonen ihre sichere Erinnerung gründen. Dabei kann dahinstehen, ob hierfür – wie seitens des Vorsitzenden geschehen – genügen kann, allein auf indizielles Verhalten anderer Verfahrensbeteiligter zu verweisen (Mitschrift der Beisitzerin, Unterlassen einer Intervention durch die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft). Denn jedenfalls ist für die Protokollführerin nicht ersichtlich, woran sie ihre sichere Erinnerung an die Gewährung des letzten Wortes festmacht.

Zudem ist nicht erkennbar, dass die Begründung der Berichtigungsentscheidung durch beide Urkundspersonen verantwortet worden wäre. Enthalten ist eine solche nur in der zugehörigen Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer, der diese allein unterschrieben hat. Zwar hat die auch für das Protokoll tätig gewesene Urkundsbeamtin die dort verfügten Maßnahmen abgezeichnet, damit aber nur deren Abarbeitung dokumentiert. Dagegen hat sie hierdurch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie sich die Begründung – auch in Ansehung der Einwände des Verteidigers – als Protokollführerin inhaltlich zu eigen gemacht hätte (vgl. zur Notwendigkeit der Mitwirkung der protokollführenden Person BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 – 4 StR 197/21, NStZ-RR 2022, 286; Beschluss vom 27. April 2021 – 2 StR 1/21, NStZ-RR 2021, 254).

2. Das Urteil beruht im Schuldspruch nicht auf dem Verfahrensverstoß. Insoweit kann der Senat ausschließen, dass eine erneute Erteilung des letzten Wortes Auswirkungen auf den Schuldspruch gehabt hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. August 2022 – 5 StR 101/22; vom 11. Mai 2017 – 1 StR 35/17, NStZ 2018, 290, 291). Dies folgt nicht allein aus dem Umstand, dass der Angeklagte unmittelbar vor dem thematisch wie zeitlich eng begrenzten Wiedereintritt in die Beweisaufnahme sein letztes Wort bereits wahrgenommen hatte, sondern vor allem daraus, dass sich das Landgericht auf eine dichte Beweislage sowie auf die Einlassung des Angeklagten stützen konnte, mit der dieser sich zwar teils auf Erinnerungslücken berufen, jedoch an keiner Stelle entgegen der Feststellungen geäußert hat.

Der aufgezeigte Rechtsfehler führt jedoch zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch samt den zugehörigen Feststellungen, da der Angeklagte bei erneuter Erteilung des letzten Wortes möglicherweise Ausführungen gemacht hätte, die die Sanktionsentscheidung hätten beeinflussen können.“

StPO I: Beginn der 2-wöchigen Urteilsverkündungsfrist, oder: Das letzte Wort schließt die Hauptverhandlung

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Und auf geht es. Heute mit StPO-Entscheidungen.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 30.09.2024 – 1 StR 334/24 – zum Schluss der Hauptverhandlung. Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren, in dem der Angeklagte wegen Mordes verurteilt worden ist. Mit seiner Verfahrensrüge hatte der Angeklagte geltend gemacht, die Zweiwochenfrist des § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO – die sog. Urteilsverkündungsfrist – sei überschritten worden. Ohne Erfolg:

„Die Verfahrensrüge ist bereits deswegen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil der Angeklagte den Inhalt des vorletzten Verhandlungstages (17. November 2023) nicht vollständig mitteilt. Daraus hätte sich ergeben, dass der Vorsitzende dem Angeklagten am 17. November 2023 noch nicht das letzte Wort (§ 258 Abs. 2 zweiter Halbsatz, Abs. 3 StPO) gewährt hatte. Solange war die Verhandlung aber noch nicht im Sinne des § 268 Abs. 3 Satz 1 StPO geschlossen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 3 StR 130/14 Rn. 2 f.; vom 12. März 2014 – 1 StR 605/13 Rn. 6 und vom 20. Juni 2007 – 1 StR 58/07 Rn. 2 f.; Urteile vom 30. Mai 2007 – 2 StR 22/07, BGHR StPO § 268 Abs. 3 Verkündung 5 Rn. 3 und vom 12. November 1986 – 3 StR 260/86 Rn. 13); damit galt die Dreiwochenfrist des § 229 Abs. 1 StPO.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Vorverfahrensgebühr für Meldung nach Anklagezustellung?

Am Freitag hatte ich die Frage Ich habe da mal eine Frage: Vorverfahrensgebühr für Meldung nach Anklagezustellung?, die aus dem Rechtspflegerforum stammt, zur Diskussion gestellt.

Hm, was soll man zu der Frage sagen? Ich denke, dass der ein oder andere Leser ebenso wie ich mit dem Kopf geschüttelt hat. Wohlgemerkt: Rechtspflegerforum.

Es hatte dazu dann auch Antworten gegeben, und zwar u.a.:

Nein. Entscheidender Zeitpunkt ist der Eingang der Anklageschrift bei Gericht. Wenn das Gericht die Anklage zustellt, sind die Messen für die 4104 gesungen, es kann nur noch die 4106 anfallen. Natürlich vorausgesetzt, es hat nicht vorher eine Tätigkeit erbracht, die ggf nicht aus der Akte ersichtlich ist.

und unter Hinweis auf die vorstehende Antwort:

Steht sogar ausdrücklich in der Anmerkung zu Nr. 4104 VV RVG drin.

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Ein Blick ins Gesetz…..