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Revision I: Reicht die Begründung der Verfahrensrüge?, oder: Selbstleseverfahren, Observation, Protokoll

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Heute stelle ich dann ein paar Revisionsentscheidungen vor. Zunächst einige Entscheidungen des BGH zum erforderlichen Revisionsvortrag bei (verschiedenen) Verfahrensrügen:

„Die von beiden Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des § 261 StPO infolge nicht ordnungsgemäßen Abschlusses des am 12. Mai 2021 begonnenen („dritten“) Selbstleseverfahrens erweist sich als unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da nicht dargelegt wird, inwieweit welche Urkundeninhalte aus dem beanstandeten Selbstleseverfahren (Chats) anderweitig zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind (vgl. zu den Anforderungen BGH, Urteil vom 11. April 2001 – 3 StR 503/00, NStZ 2001, 425; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99, 657/99 und 683/99). Hier wäre insbesondere Vortrag dazu erforderlich gewesen, ob die Chats im Rahmen weiterer Selbstleseverfahren oder durch Verlesung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 StPO ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Dieses Erfordernis erhellt dadurch, dass die Staatsanwaltschaft in ihrer Gegenerklärung detailliert unter Angabe der einzelnen Fundstellen dargelegt hat, welche Urkunden verlesen worden sind, wie etwa die am 3. April 2020 von „napprobra“ und „putinbra“ zwischen 13.53 Uhr bis 14.42 Uhr ausgetauschten Chats.“

Durch die protokollierte Formulierung „Die Vorschrift des § 257 StPO wurde stets beachtet“ ist die Einhaltung der Vorschrift des § 257 Abs. 1 StPO belegt und bewiesen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 257 Rn. 2, 4 und § 273 Rn. 7). Der entgegenstehende Vortrag der Beschwerdeführerin verfängt daher nicht.“

„Die Rügen betreffend die Verwertung von Observationsergebnissen scheitern zwar nicht daran, dass die Angeklagten in der Hauptverhandlung der Verwertung nicht rechtzeitig widersprochen hätten. Denn dies haben sie mehrfach ausdrücklich getan. Der Senat teilt jedoch die Zulässigkeitsbedenken des Generalbundesanwalts insoweit, als die Beschwerdeführer die näheren Umstände der im März 2019 durchgeführten Observation nicht ausreichend vorgetragen haben, aus deren Rechtsfehlerhaftigkeit sich nach Auffassung der Revisionen auch die Unverwertbarkeit der Anfang April 2019 richterlich genehmigten Observationsmaßnahmen ergeben soll. Für die Frage, ob die Angeklagten T., B. und K.  als mitbetroffene Dritte im Sinne von § 163f Abs. 2 Satz 1 StPO anzusehen sein könnten und ob der als „Zielfahrzeug“ benannte PKW Renault Clio auch in Beziehung zu den Zielpersonen der Ende Februar 2019 richterlich angeordneten Observationen (M.T. und H. E.) stand, wäre nicht nur Vortrag zu den Verwandtschaftsverhältnissen, sondern auch zu den weiteren Umständen der ursprünglich richterlich angeordneten Observation erforderlich gewesen (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die jeweiligen Rügen wären aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts genannten Erwägungen aber auch unbegründet.“

Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, das Landgericht habe § 261 StPO verletzt, weil es im Urteil betreffend die Tat 1 der Urteilsgründe eine von ihm stammende schriftliche Erklärung gegenüber dem Handelsregister verwertet habe, die nicht prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, ist die Verfahrensrüge bereits unzulässig. Denn der Revisionsvortrag ist unvollständig und entspricht damit nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der Vorsitzende entgegen § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO nicht festgestellt habe, dass die Richter und Schöffen der Strafkammer von der betreffenden Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Verfahrensbeteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Er teilt zudem mit, dass die dritte Seite des Protokolls vom vierten Hauptverhandlungstag wie folgt ende: „Vom Vorsitzenden wird bekannt gegeben, dass die Kammermitglieder vom Wortlaut der Ur-“. Welches Verfahrensgeschehen diesem im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkten unvollständigen Satz zugrunde liegt, teilt der Beschwerdeführer nicht mit, obgleich der Instanzverteidiger das Prozessgeschehen dem Revisionsverteidiger berichtet habe. Dies wäre aber notwendig gewesen, um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob der Vorsitzende den auf die Feststellungen im Sinn des § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO hindeutenden Satz abgebrochen hat oder ob es sich lediglich – wie nach dem ordnungsgemäß durchgeführten Protokollberichtigungsverfahren feststeht – um einen Protokollierungsfehler gehandelt hat. Ergeben sich – wie hier – aus dem von der Revision selbst vorgetragenen Protokoll zum Verfahrensablauf konkrete Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, welcher der erhobenen Rüge die Grundlage entziehen kann, ist der Beschwerdeführer nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verpflichtet, sich dazu zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2021 ? 4 StR 143/21, NStZ 2022, 126 mwN).

Von seinen Vortragspflichten wird der Revisionsverteidiger auch nicht dadurch befreit, dass er selbst nicht in der Hauptverhandlung anwesend war. Denn er wäre angesichts der oben genannten Stelle des (fehlerhaften) Protokolls verpflichtet gewesen, konkrete Erkundigungen über den diesbezüglichen Ablauf der Hauptverhandlung einzuholen (vgl. etwa zum Instanzverteidiger BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13, BGHSt 58, 315, 318).

Die Rüge wäre aber – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat – auch unbegründet, weil das Protokoll nach den daran zu stellenden Anforderungen berichtigt wurde (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. April 2007 – GSSt 1/06, BGHSt 51, 298, 316 ff.) und damit feststeht, dass die betreffende Urkunde prozessordnungsgemäß nach § 249 Abs. 2 StGB zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden war.“

Dass alle Entscheidungen vom 5. Strafsenat des BGH stammen, ist Zufall 🙂 .

StPO III: Zweimal BGH zur Protokollberichtigung, oder: Selbstleseverfahren und „sichere Erinnerung“

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Und unter „StPO III“ dann zwei BGH-Entscheidungen zur Protokollberichtigung. Es handelt sich um zwei Protokollberichtigungen zu Verfahrensvorgängen, die den jeweils erhobenen Verfahrensrügen ggf. den Boden entzogen haben. Ist immer misslich, wenn das im Revisionsverfahren passiert, aber die Rechtsprechung lässt es zu. Und zwar:

 

„….. 2. Die Rügen der Verletzung von § 249 Abs. 2 StPO dringen nicht durch. Zwar fehlen in der ursprünglichen Fassung des Hauptverhandlungsprotokolls die für die Beendigung des Selbstleseverfahrens erforderlichen Feststellungen. Die Protokollberichtigung, mit der diese ergänzt worden sind, entzieht den Verfahrensbeanstandungen aber die Grundlage. Insbesondere ist der dienstlichen Äußerung der Urkundsbeamtin zu entnehmen, dass sie an das Geschehen eine sichere Erinnerung hat. Dabei kommt es nicht auf die Verwendung des Wortes „sicher“ an. Maßgeblich ist vielmehr, ob die dienstliche Äußerung – wie hier – insgesamt erkennen lässt, dass die Urkundsperson keinen Zweifel an der Richtigkeit des Verfahrensvorgangs hat oder ob sie ihn im Gegensatz hierzu lediglich für möglich hält (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 620/09, NStZ 2010, 403, 404; LR-Stuckenberg, StPO, 27. Aufl. 2021, § 271 Rn. 49, 65).“

„a) Entgegen der Auffassung der Revision ist das (auch im Übrigen ordnungsgemäß durchgeführte) Protokollberichtigungsverfahren nicht deshalb „kontaminiert“, weil die richterlichen Beisitzer ihre Stellungnahmen zeitlich vor der Urkundsbeamtin abgegeben hatten. Ob die Urkundsbeamtin diese Stellungnahmen bei Abfassung ihrer Erklärung überhaupt kannte, kann dabei dahingestellt bleiben. Denn die Urkundsbeamtin hat die Erklärung aus eigener, zum Grund ihres Versehens erläuterter Überzeugung abgegeben, ohne sich in irgendeiner Weise auf die Stellungnahmen der Beisitzer zu beziehen.“

Rechtsmittel II: Protokollberichtigungsverfahren, oder: Wenn die Verfahrensrüge unzulässig wird

Die zweite Entscheidung kommt vom OLG Hamburg. Das hat im OLG Hamburg, Urt. v. 10.12.2020 – 2 Rev 52/20 – die Revision eines Angeklagten als unzulässig verworfen. Begründung: Die Verfahrensrüge ist nicht zu lässig begründet. Ok, insoweit ja nichts Besonderes. „Besonders“ wird die Entscheidung dadurch, dass die Verfahrensrüge zunächst zulässig war, dann aber unzulässig geworden ist. Das führt(e) dann zur Verwerfung.

Das AG hatte den Angeklagten am 2. August 2019 wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls. Der Angeklagte hatte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. In der Berufungshauptverhandlung vor dem LG hat der Angeklagte mit Zustimmung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Mit Urteil vom gleichen Tage hat das LG die Berufung verworfen.

Dagegen hat der Angeklagte Revision eingelegt, die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts  begründet hat. Zu der Verfahrensrüge, wonach dem Angeklagten das letzte Wort nicht erteilt worden sei, ist näher ausgeführt. Daraufhin hat die Strafkammervorsitzende ein Protokollberichtigungsverfahren durchgeführt, in diesem Rahmen u.a. den Verteidiger des Angeklagten angehört, und mit Beschluss vom 26. 07.2020 unter Beteiligung der protokollführenden Urkundsbeamtin das Hauptverhandlungsprotokoll ergänzt.

Das OLG hat die Revision verworfen:

„1. Die Verfahrensrüge, dem Angeklagten sei vor Verkündung des Urteils nicht das letzte Wort gewährt worden (§ 258 Abs. 2 Halbs. 2, Abs. 3 StPO), ist unzulässig erhoben, da sie den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entspricht.

a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:

Der Verteidiger des Angeklagten hat mit seiner Revisionsrechtfertigung die Verletzung des § 258 Abs. 2, Halbs. 2, Abs. 3 StPO gerügt und hierzu behauptet, in der Berufungshauptverhandlung sei der Angeklagte vor der Beratung und Urteilsverkündung weder befragt worden, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung auszuführen habe, noch sei ihm das letzte Wort gewährt worden.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Vorsitzende der Kleinen Strafkammer 4 des Landgerichts ein Protokollberichtigungsverfahren durchgeführt und im Zuge dessen auch den Verteidiger des Angeklagten angehört. Dieser hat mit Schriftsatz vom 28. März 2020 erklärt, er habe keine konkrete Erinnerung daran, ob tatsächlich das letzte Wort gewährt worden sei. Auch sichere Aufzeichnungen darüber habe er nicht. Er erinnere lediglich, mit dem Angeklagten nach der Berufungshauptverhandlung darüber gesprochen zu haben, dass ein formeller Fehler geschehen sei, der die Aufhebung des Urteils rechtfertigen könne. Leider erinnere er nicht mehr, um welchen konkreten Fehler es sich gehandelt habe. Aus dem Protokoll ergebe sich nur der gerügte Fehler, so dass er davon ausgehe, dass tatsächlich das letzte Wort nicht gewährt worden sei.

b) Aus diesen nach ursprünglich zulässiger Erhebung der Verfahrensrüge bekannt gewordenen Umständen ergibt sich nachträglich die Unzulässigkeit der Rüge.

aa) Gemäß § 344 Absatz 2 Satz 2 StPO sind im Falle der Erhebung einer Verfahrensrüge in der Revisionsbegründungsschrift die den Mangel enthaltenden Tatsachen – objektiv richtig (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 344 Rn. 22) – anzugeben. Der Revisionsführer hat dabei alle Tatsachen, die den Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen zum Verfahrensablauf erwiesen sind (BGHSt 60, 238; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, § 344 Rn. 99; LR/Franke, § 344 Rn. 78).

§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verlangt ferner, dass Tatsachen-behauptungen, aus denen die Verletzung einer Verfahrensnorm gefolgert wird, mit Bestimmtheit vorgebracht werden (BGHSt 7, 162; BGHSt 25, 165). Ungenügend sind deshalb etwa die Äußerung einer bloßen Vermutung, ebenso die Erklärung, dass ein Verstoß „möglicherweise“ geschehen oder „wahrscheinlich“ sei, oder die Äußerung von bloßen Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens (vgl. BGHSt 19, 273). Dem Erfordernis bestimmter Behauptung genügt auch nicht ein Vortrag, wonach „davon auszugehen“ ist, ein Geschehnis habe sich ereignet (BGH NStZ-RR 2014, 15; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, § 344 Rn. 101; vgl. im Übrigen zur Unzulässigkeit der sog. Protokollrüge: Senat, Urteil vom 3. Juni 2020, Az.: 2 Rev 26/20).

Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verfahrensrüge ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts abzustellen (BGHSt 51, 88 Rn. 33). Eine ursprünglich zulässig erhobene Verfahrensrüge kann sich im Lichte weiteren Vorbringens oder anderer später bekannt gewordener Umstände als unzulässig erweisen.

So kann eine Verfahrensrüge etwa dadurch unzulässig werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Rahmen der Gegenerklärung gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO, zum ursprünglichen Rügevortrag in Widerspruch stehende Verfahrenstatsachen behauptet werden (BGH NStZ-RR 2006, 181; BGH, Beschluss vom 28. August 1997, Az.: 1 StR 291/97 (juris); OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27. Januar 2017, Az.: 1 Ss 176/16 (juris)). Ebenso zu behandeln sind Fälle, in denen die ursprüngliche Begründung fallen gelassen und durch eine andere ersetzt wird (BGHSt 17, 337), oder bei denen eine zunächst nicht bewusst wahrheitswidrig erhobene Rüge im später erworbenen sicheren Wissen ihrer Unwahrheit gleichwohl missbräuchlich weiterverfolgt wird (BGHSt 51, 88 Rn. 33).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2 und 3 StPO vorliegend unzulässig erhoben, da das Vorliegen eines Verfahrensfehlers lediglich mit Vermutungen begründet worden ist.

(1) Von der Stellungnahme des Verteidigers vom 28. März 2020 hat der Senat im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit und sonstigen Beachtlichkeit des Protokollberichtigungsverfahrens (grundlegend: BGHSt 51, 298 ff.; vgl. Senatsbeschluss in dieser Sache vom 17. August 2020 m.w.N.) von Amts wegen Kenntnis genommen.

(2) Aus der Stellungnahme vom 28. März 2020 ergibt sich, dass es sich bei der – zunächst mit der Revisionsbegründung bestimmt vorgetragenen – Behauptung, dem Angeklagten sei das letzte Wort nicht gewährt worden, lediglich um eine Vermutung des Revisionsführers bzw. seines Verteidigers handelt.

Nach den vorstehend dargestellten Bekundungen im Protokollberichtigungsverfahren erinnerten sich Verteidiger und Revisionsführer nicht konkret daran, dass das letzte Wort nicht gewährt worden war. Lediglich hatte der Verteidiger danach die „Erinnerung“, es sei zu irgendeinem den Bestand des Urteils gefährdenden Verfahrensfehler gekommen, ohne aber sagen zu können, worum es sich konkret gehandelt habe. Dass es um die Nichtgewährung des letzten Wortes gegangen sei, habe er sodann dem Protokoll der Hauptverhandlung entnommen.

(3) Hätte der Revisionsführer bereits in der Revisionsbegründung offengelegt, er bzw. sein Verteidiger erinnerten sich zwar nicht an einen konkreten Verfahrensfehler, man gehe aber aufgrund des Hauptverhandlungsprotokolls von der Nichtgewährung des letzten Wortes aus, so wäre die Verfahrensrüge nach den oben genannten Grundsätzen von Anfang an als unzulässig erhoben anzusehen gewesen, da es an einem bestimmten Vorbringen der den Verfahrensfehler begründenden Tatsachen gefehlt hätte.

Nichts anderes kann gelten, wenn sich nachträglich aus dem weiteren Verfahrensablauf, soweit ihn das Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hat, ergibt, dass es sich bei mit der Revisionsbegründung bestimmt vorgebrachten Tatsachen lediglich um Vermutungen handelt. Denn das Erfordernis bestimmten Tatsachenvorbringens nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erschöpft sich nicht in einem funktionslosen Formalismus. Es soll vielmehr sicherstellen, dass eine Verfahrensrüge nur dann zulässig erhoben ist, wenn der Revisionsführer auch sicher ist, dass der geltend gemachte Fehler tatsächlich stattgefunden hat. Wird bekannt, dass er den Fehler nur vermutet, ist die Rüge nicht deshalb zulässig, weil er seine Unsicherheiten bezüglich des Verfahrensablaufs in der Revisionsbegründung verschweigt.“

Wochenspiegel für die 25. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand..

Wir berichten

  1. Über die Seher von Bochum (man glaubt es nicht).
  2. Dazu passt die Protokollberichtigung.
  3. Über Kachelmann – die Nachgefechte, vgl. hierhierhier und hier.
  4. Kein Fahrprüfung, aber legal am Steuer, geht das?
  5. Über freundliche Rechtspfleger.
  6. Über den Strafrichter und das Unterhaltsrecht.
  7. Über den Vorschlag, die Amtshaftung für Richter einzuführen (na ja)
  8. Über den sexuellen Missbrauch bei der ärztlichen Behandlung.
  9. Über einen fast vergessenen Prozess in Münster.
  10. Und dann war da noch: „Pferdeleckerli“ vs. „Pferdeäppel„.

Protokollberichtigung im Strafverfahren

Die Protokollberichtigung im Strafverfahren – es mehren sich die Entscheidungen, in denen LG von ihrer in BGHSt 51, 298 grundsätzlich eingeräumten Möglichkeit, das Protokoll der Hauptverhandlung zu berichtigen – und damit ggf. einer Verfahrensrüge „den Boden zu entziehen“ – Gebrauch machen.

Nur: Es muss passen bzw. das vom BGH und später auch vom BverfG vorgegebene Verfahren muss eingehalten werden. Dazu jetzt noch einmal BGH, Beschl. v. 22.12.2010 – 2 StR 386/10, in dem es heißt:

„Die vorliegend durch die Vorsitzende und die Protokollführerin erfolgte Berichtigung des Protokolls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn die Berichtigungsentscheidung wird nicht durch die in Bezug genommenen dienstlichen Erklärungen der beiden Urkundspersonen getragen. Grundlage einer jeden Protokollberichtigung ist die sichere Erinnerung der Urkundspersonen. Fehlt es hieran, kann ein Protokoll nicht mehr berichtigt werden (BGHSt 51, 298, 314, 316). Die vorliegenden dienstlichen Erklärungen der beiden Urkund-personen enthalten keinen Hinweis darauf, dass hinsichtlich der in den Anlagen 3 und 4 aufgeführten Urkunden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO durch die Vorsitzende in der Hauptverhandlung eine Feststellung der Kenntnisnahme ge-troffen und diese von der Protokollführerin lediglich nicht protokolliert wurde. Die in den dienstlichen Erklärungen enthaltene Behauptung, das Selbstleseverfahren sei durchgeführt worden, ist demgegenüber unbeachtlich.“