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Und dann das zweite Posting zur Enziehung. Hier geht es um die Frage des anwendbaren Rechts. Dazu zwei Entscheidungen.
Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 16.05.2024 – 3 StR 379/23. In dem Verfahren geht es um eine Familie, deren Mitglieder, u.a. drei Brüder, gemeinsam mit ihren Eltern mit Hilfe erschlichener Sozialleistungen ein Haus erbaut haben. Das LG hat u.a. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges verurteilt und außederm die Einziehung des Wertes von Taterträgen als Gesamtschuldner angeordnet.
Der BGH hat die Revision von zwei Brüdern verworfen, die des dritten hatte teilweise Erfolg. Diesen hatte das LG wegen Geldwäsche verurteilt. Er hatte 2017 als 20-jähriger mit seinen Eltern beschlossen, die unrechtmäßig erhaltenen Sozialleitsungen für den Kauf einer Immobilie einzusetzen. Im August 2018 erwarb er ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, im Oktober 2018 wurde er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Um die illegale Herkunft des als Eigenkapital genutzten Geldes zu verschleiern, zahlte der Angeklagte einen Teilbetrag über Dritte auf seinem Konto ein. In dem Einfamilienhaus lebten alsdann die Eltern und zwei der drei Brüder. Das LG hatte auch die Einziehung des Grundstücks angeordnet. Nach Auffassung des BGH war zu beanstanden, dass das LG nicht erörtert hatte, ob Erwachsenen- oder Jungendstrafrecht anzuwenden war. Außerm konnte die Einziehungsanordnung so nicht bestehen bleiben. Dazu führt der BGH aus:
„3. Die Einziehungsentscheidung hat im Ergebnis ebenfalls keinen Bestand.
a) Ausgehend von der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht hat das Landgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass im vorliegenden Fall § 261 Abs. 1 und 7 Satz 1 StGB aF zur Anwendung kommt. Dabei hat es für die Beurteilung des milderen Rechts nach § 2 Abs. 3 StGB nicht auf einen Vergleich der Strafrahmen, sondern auf die einziehungsrechtlichen Folgen abgestellt. Dieser Ansatz begegnet rechtlichen Bedenken.
aa) Der Tatbestand des § 261 StGB ist vor dem erstinstanzlichen Urteil durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327 ff.) neu gefasst worden. Dadurch hat sich der Strafrahmen für das vorsätzlich begangene Grunddelikt insofern geändert, als er nicht mehr bei einer erhöhten Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe beginnt, sondern allgemein Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.
bb) Vor diesem Hintergrund ist bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht § 261 Abs. 1 StGB nF gemäß § 2 Abs. 3 StGB das mildeste Gesetz. Die mit der Neufassung des Gesetzes verbundenen Erweiterungen hinsichtlich der Nebenfolgen (§ 261 Abs. 10 StGB nF) ändern daran nichts.
Das mildere von zwei Gesetzen ist dasjenige, welches anhand des konkreten Falls nach einem Gesamtvergleich des früher und des derzeit geltenden Strafrechts das dem Angeklagten günstigere Ergebnis zulässt (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteil vom 4. Juli 2018 – 5 StR 46/18, NStZ 2018, 652, 653 mwN). Dabei ist der Grundsatz strikter Alternativität zu beachten. Es kann nur entweder die frühere oder die neue Gesetzesvorschrift in ihrer Gesamtheit angewendet werden; eine Beurteilung teilweise nach der alten und teilweise nach der neuen Vorschrift ist nicht zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 12 mwN).
Demgemäß ist in aller Regel eine abgestufte Prüfungsreihenfolge einzuhalten. Zunächst muss feststehen, dass bei beiden (oder mehreren) in Betracht kommenden Gesetzesfassungen die Strafbarkeit fortbesteht. Sodann ist unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles das mildeste Gesetz zu ermitteln. Hierbei sind zuerst die nach beiden Gesetzen zulässigen Hauptstrafen miteinander zu vergleichen. Erst wenn sich daraus das mildere Gesetz nicht ergibt, kann es auf Nebenstrafen und Nebenfolgen ankommen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1965 – 3 StR 12/65, NJW 1965, 1723).
Da der Angeklagte den Tatbestand der Geldwäsche sowohl nach § 261 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 3 StGB aF als auch nach § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 7 StGB nF erfüllte, kommt es – bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht – auf einen Vergleich der Hauptstrafen an. Danach ist die geltende Gesetzesfassung des § 261 Abs. 1 StGB das mildeste Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.
cc) Bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht richtete sich die Einziehung demnach nach der Vorschrift in § 261 Abs. 10 Satz 3 StGB nF, die einen Vorrang der §§ 73 ff. StGB vor einer Einziehung nach § 74 Abs. 2 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22, juris Rn. 7; Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 9 ff., 24 ff.). Nach dieser Regelung wäre die Immobilie als ein durch die Geldwäsche des Angeklagten erlangter Tatertrag einzuordnen. Sie unterläge dann der – zwingenden – Einziehung nach § 261 Abs. 10 Satz 3 StGB nF i.V.m. § 73 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 24).
b) Bei Anwendung von Jugendstrafrecht, was nicht sicher auszuschließen ist, wären nach dem zuvor Ausgeführten die zu vergleichenden Hauptstrafen im Hinblick auf die jeweils nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 JGG vorgesehenen Rechtsfolgen identisch. Insoweit ist die nach altem Recht leicht erhöhte Untergrenze des für Erwachsene geltenden Regelstrafrahmens ohne Bedeutung. Deshalb ist für den Günstigkeitsvergleich nach § 2 Abs. 3 StGB auf die Nebenfolge der Einziehung abzustellen.
Danach käme Tatzeitrecht zur Anwendung, da die Einziehung nach § 74 Abs. 2 i.V.m. § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB aF enger gefasst ist und eine Ermessensentscheidung des Tatgerichts vorschreibt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2022 – 3 StR 175/22, NStZ-RR 2023, 8, 9 mwN zu einem Fall einer besonders schweren Geldwäsche, bei welcher der Strafrahmen bei beiden Gesetzesfassungen identisch ist). Demgemäß käme bei einer – hier wohl vorliegenden – Selbstgeldwäsche nur eine Einziehung des hierdurch erlangten Vermögensgegenstands als Tatobjekt in Betracht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2018 – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533 Rn. 29; Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 185/20, NJW 2022, 1028 Rn. 56 mwN). Das Hausgrundstück war indes nicht Objekt einer von dem Angeklagten begangenen Selbstgeldwäsche; dies war allein der bemakelte Geldbetrag, der zu dessen Bezahlung aufgewendet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 23).
c) Nach alledem muss auch über die Einziehung des Hausgrundstückes neu verhandelt und entschieden werden.“
Und dann noch den LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 09.07.2024 – 5/08 Qs 10/24 -, auch zur Frage des anwendbaren Rechts. Dazu gibt es aber nur den Leitsatz, und zwar:
Ist das zugrundeliegende Strafverfahren eingestellt worden, ist im selbständigen Einziehungsverfahren bei der Prüfung der Frage, ob altes oder neue Geldwäscherecht Anwendung findet, also der Frage, welches Recht das mildere Gesetz ist, auf die Regelungen zur Einziehung abzustellen.