Archiv der Kategorie: Vereinsrecht

Die Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung, oder: Grundlage in der Vereinssatzung?

Vereinsrecht- 11. Aufl.Es ist „Saturdaytime“ und damit „Kessel-Buntes-Tag. In dem köchelt heute etwas zum Vereinsrecht und dann noch etwas zu Corona.

Den Opener mache ich mit dem Vereinsrecht, und zwar mit dem Hinweis auf den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2024 – 19 W 21/24 (Wx) – zur Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung eines Vereins.

Und da die Problematik bereits entschieden ist und das OLg dem folgt, reicht der Leitsatz- Und zwar:

Eine Eventualeinberufung zur Mitgliederversammlung für den Fall fehlender Beschlussfähigkeit ist nur bei entsprechender Satzungsgrundlage zulässig (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 1998 – 2 T 736/98).

Die Fragen sind übrigens auch behandelt bei <<Werbemodus an>> Burhoff, Vereinsrecht, 11. Aufl, 2022, das man hier bestellen kann <<Werbemodus aus>>.

Vereinsrecht II: Anmeldung gemeinnütziger Vereine, oder: Ohne (vorläufige) FA-Bescheinigung geht es nicht

Vereinsrecht- 11. Aufl.

Und dann als zweite Entscheidung der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.01.2024 – 19 W 80/23 (Wx) zur Anmeldung eines Vereins mit gemeinnützigen Zwecken ohne finanzamtliche Bescheinigung

Nach Gründung eines Vereins melden die in der Gründungsversammlung gewählte Vorsitzende und ihre zweite Stellvertreterin meldeten mit unterschriftsbeglaubigter Erklärung unter Beifügung von Gründungsprotokoll und Satzung den Verein zur Eintragung an. Die Satzung enthält in § 2 Abs.  1 den Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge. Eine finanzamtliche Bescheinigung über die (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit war nicht beigefügt.

Das Registergericht beanstandet u.a., dass es an einer vorläufigen Bescheinigung des Finanzamtes über die Gemeinnützigkeit fehle und weist dann schließlich den Eintragungsantrag zurück. Dagegen die Beschwerde, die beim OLG keinen Erfolg hat:

„In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Anmeldung nach § 60 BGB zu Recht zurückgewiesen,

1. Eine Vereinsanmeldung kann zurückgewiesen werden, wenn die in §§ 56 bis 59 BGB genannten Bestimmungen verletzt sind oder andere Vorschriften des zwingenden öffentlichen oder privaten Vereinsrechts verletzt sind. Alle Rechtsverhältnisse des Vereins müssen in der Satzung ohne Gesetzesverstoß geregelt sein. Es kommt nicht darauf an, ob die verletzte Vorschrift eine Soll- oder Mussvorschrift ist. (D. U. Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 60 BGB, Rn. 2).

2. Zu den in § 57 Absatz 1 geregelten Mindestanforderungen an die Vereinssatzung gehört es, dass diese den Vereinszweck wiedergibt. Die Vorschrift dient – neben der Ermöglichung der Vereinsaufsicht – auch dem Verkehrsschutz (MüKoBGB/Leuschner, 9. Auflage, BGB § 57 Rn. 1). Wer daher von dem in § 79 Absatz 1 BGB einschränkungslos gewährten Recht auf Einsicht in das Vereinsregister und die eingereichten Unterlagen Gebrauch macht, muss aus der Satzung ein zutreffendes Bild von den Verhältnissen des Vereins gewinnen können. Dazu gehört für potentielle Spender auch die Information, ob ein Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt und dies von der zuständigen Finanzbehörde anerkannt ist; hiervon hängt nämlich ab, ob die Spende nach § 10b Absatz 1 Satz 1 EStG steuermindernd geltend gemacht werden kann. Hier enthält die Satzung des Vereins zwar nicht die ausdrückliche Behauptung, dass die Gemeinnützigkeit des Vereins vom Finanzamt anerkannt worden sei. Der in § 2 enthaltene Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge, erweckt aber den Eindruck einer solchen Anerkennung und ist daher geeignet, bei Dritten einen entsprechenden Eindruck einer Anerkennung zu erwecken. Eine solche ist aber tatsächlich nicht erfolgt; der entsprechende Antrag ist – wie das Finanzamt mitgeteilt hat – zurückgewiesen worden. Dass gegen den entsprechenden Bescheid Einspruch (§ 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO) eingelegt worden ist oder dies noch innerhalb der Einspruchsfrist (§ 355 Absatz 1 Satz 1 AO) beabsichtigt sei, hat der zu der Mitteilung des Finanzamts angehörte Verein nicht geltend gemacht. Unabhängig davon kann die Eintragung des Vereins jedenfalls nicht erfolgen, solange über einen etwaigen Widerspruch nicht im Sinne des Vereins entschieden ist…..“

So, und hier gibt es dann ein wenig Werbung – das Bild lässt es schon vermuten. Und twar hier dann der Hinweis auf „Burhoff, Vereinsrecht, 11. Aufl., 2022“. Das Werk kann man hier bestellen.

Vereinsrecht I: Persönliche Daten im Vereinsregister, oder: DSGVO und Datenschutz

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Im „Kessel Buntes“ heute dann zwei vereinsrechtliche Entscheidungen, also zu einem meiner „Vorkinder“ 🙂 .

Zunächst hier der OLG Köln, Beschl. v. 03.05.2023 – 2 Wx 56/23, schon etwas älter, aber sicherlich immer mal wieder von Bedeutung. Folgender Sachverhalt:

Im Vereinsregister eines Vereins ist am 28.12.2004 eingetragen worden, dass ein Vereinsmitglied als Vorstandsvorsitzender aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Aus dem chronologischen Auszug des Vereinsregisters, der auch die gelöschten Daten enthält, ist die ehemalige Vorstandstätigkeit des – unter Nennung seines vollständigen Namens und Geburtsdatums eingetragenen – Beteiligten ersichtlich. Es wird nun die Löschung der Angabe des Geburtsdatums verlangt und außerdem, dass die Dauer der Vorstandstätigkeit nicht mehr voraussetzungslos über das Internet verfügbar gemacht werden. Der Antrag wird zurückgewiesen. Dagegen dann die Beschwerde an das OLG Köln. Die hatte keinen Erfolg:

„In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg. Das Registergericht hat die beantragte Löschung der persönlichen Daten des Beteiligten im Vereinsregister, insbesondere seines Geburtsdatums, zu Recht abgelehnt. Auch der mit der Beschwerde gestellte Antrag auf Löschung seiner direkt abrufbaren Daten im Vereinsregister und sein Hilfsantrag, die Verarbeitung seiner persönlichen Daten dahingehend einzuschränken, dass hierüber nur noch nach Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses im Einzelfall Auskunft erteilt werde, haben keinen Erfolg.

Für das Begehren des Beteiligten fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Ein Löschungsanspruch zugunsten des Beteiligten ergibt sich nicht aus Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO. Denn diese Bestimmungen gelten gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b) DSGVO nicht, soweit die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, notwendig ist. Hier ergibt sich eine solche Verpflichtung aus § 387 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit §§ 3, 11 VRV. Soweit sich der Beteiligte auf Art. 18, 21 DSGVO stützt, dringt er damit nicht durch. Ein Widerspruchsrecht gem. Art 21 Abs. 1 DSGVO steht dem Beteiligten gem. § 79a Abs. 3 BGB nicht zu. Dementsprechend ist auch Art. 18 Abs. 1 lit. b) DSGVO nicht einschlägig, weil diese Bestimmung das Bestehen eines Widerspruchsrechts gem. Art. 21 Abs. 1 DSGVO voraussetzt, das hier aber aus vorgenannten Gründen nicht besteht (für den Fall eines im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers einer GmbH ebenso: OLG Celle, Beschluss vom 24.02.2023 – 9 W 16/23). Auch § 395 FamFG ist hier nicht einschlägig. Denn die Aufnahme des Geburtsdatums und Wohnorts des Beteiligten in das Vereinsregister war im Hinblick auf § 387 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 3 S. 3 Nr. 3 VRV nicht unzulässig im Sinne von § 395 FamFG. Die Löschung durch bloße „Rötung“ entspricht § 11 VRV.

Die Eintragung des Geburtsdatums (und des ehemaligen Wohnortes) des Beteiligten in das Vereinsregister und die Löschung des Beteiligten durch bloße „Rötung“ nach seinem Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender verstößt nicht gegen europäisches Recht. Der Einwand des Beteiligten, dass europäisches Recht vorrangig sei und das nationale Recht verdränge, verhilft seiner Beschwerde nicht zum Erfolg, weil das europäische Recht in der DSGVO entsprechende Ausnahmen vorsieht und dem nationalen Gesetzgeber Regelungsinhalte belassen hat. Nach der Gesetzesbegründung zu § 79a BGB gilt für Eintragungen im Vereinsregister der Grundsatz der Erhaltung der Eintragung, welche den Kern des materiell-rechtlichen Publizitätsprinzips bildet. Diese wird unter anderem dadurch geschützt, dass Eintragungen gem. § 383Abs. 3FamFG nicht mit der Beschwerde anfechtbar sind. Es würde dem Kern des Grundsatzes der Publizitätswirkung widersprechen, sollten Eintragungen über einen längeren Zeitraum nicht einsehbar sein. Die Aufrechterhaltung der Leichtigkeit des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs durch uneingeschränkt einsehbare Register ist im allgemeinen öffentlichen Interesse. Ein Widerspruch der betroffenen Person gem. Art. 21 DSGVO, der zu einer Einschränkung der Verarbeitung von Registerdaten führen könnte, wird deshalb durch § 79a Abs. 3 BGB auf der Grundlage des Art. 23 Abs. 1 lit. e) DSGVO ausgeschlossen. Auch insoweit bleibt es bei den registerrechtlichen Vorschriften über die Löschung und Berichtigung (BT-Drs. 19/4671, 111 f.; vgl. auch BeckOK-BGB/Schöpflin, 65. Ed., Stand 01.02.2023, § 79a Rn. 5). Ein Recht der betroffenen Person auf Löschung von Daten, die im Vereinsregister oder in den Registerakten gespeichert sind, kann nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO gegenüber dem registerführenden Gericht nicht geltend gemacht werden, da die Daten im Register und den Registerakten zur Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse gespeichert werden, sodass nach Art. 17 Abs. 3 lit. b) DSGVO ein Recht auf Löschung nicht besteht (BT-Drs. 19/4671, 111 f.; vgl. auch BeckOK-BGB/Schöpflin, 65. Ed., Stand 01.02.2023, § 79a Rn. 7). Eine Beschränkung des Rechts der betroffenen Person auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 DSGVO ist nicht erforderlich. Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Vereinsregister oder den Registerakten ist, auch wenn das Recht geltend gemacht wird, nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO weiterhin uneingeschränkt möglich. Das Führen des Vereinsregisters ist ein wichtiges öffentliches Interesse (vgl. auch Erwägungsgrund 73 der DSGVO), sodass die Datenverarbeitung nicht eingeschränkt werden muss (BT-Drs. 19/4671, 111 f.; vgl. auch BeckOK-BGB/Schöpflin, 65. Ed., Stand 01.02.2023, § 79a Rn. 8).

Soweit der Beteiligte noch vorträgt, dass seine Daten nicht mehr erforderlich seien, weil er schon im Jahr 2004 aus dem Amt des Vorstandsvorsitzenden ausgeschieden sei, verhilft auch dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. Es ist gerade Folge der uneingeschränkten Publizitätswirkung des Vereinsregisters, dass auch überholte Eintragungen aus dem Register ersichtlich sind, dieser Umstand vielmehr durch „Rötung“ gekennzeichnet wird. Hierfür spricht, dass aus dem Register nicht nur die jeweils aktuelle Situation, z.B. bezüglich der Vertretungsbefugnisse, ersichtlich sein muss, sondern auch die früher bestehenden Vertretungsbefugnisse, weil diese im Hinblick auf die Wirksamkeit von Eintragungen, Satzungsänderungen oder abgeschlossenen Rechtsgeschäften auch deutlich später noch von erheblicher Bedeutung sein können.“

Einige neue Entscheidungen zum Vereinsrecht, oder: „Institut“, „Centrum“ und USt beim Mitgliedsbeitrag

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Und dann das „vereinsrechtliche Posting“ mit folgenden Hinweisen:

Zunächst der Hinweis auf das LG Dresden, Urt. v. 18.12.2023 – 5 O 578/23 zu dem ich allerdings keinen Volltext einstellen kann. Ich bin auf die Entscheidung über die Berichterstattung in anderen Blogs gestoßen, vgl. u.a. hier. Das heißt es:

„Das LG Dresden hat entschieden, dass die Selbstbezeichnung einer private Bildungseinrichtung, die Online-Weiterbildungskurse für Interior Design und Raumgestaltung anbietet, als „Institut für Innenarchitektur“ irreführend ist, da auf diese Weise der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine Hochschuleinrichtung. Die Bildungseinrichtung hatte die Kursteilnehmer als „Studenten“ und den Unterricht als „Kurs für Innenarchitektur“ bezeichnet. Problematisch sei nicht die Bezeichnung „Institut“ per se, sondern, wenn der gesamte Zusammenhang der Begriffsverwendung auf eine wissenschaftliche Betätigung hindeute. Bei der Fachrichtung Innenarchitektur handele es sich um einen wissenschaftlichen Bildungszweig. Überdies existiere am Sitz der Beklagten eine Universität mit einer Fakultät für Architektur.“

Die Ausführungen könnten ggf. bei der Namensgebunng für einen Verein auch von Bedeutung sein.

Die zweite Entscheidung, auf die ich hinweise, ist dann das OLG Celle, Urt. v. 19.12.2023 – 13 U 26/23. Auch die kann bei der Namensgebung von Bedeutung sein. Der Leitsatz des Entscheidung lautet:

Zur Frage der Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG durch Verwendung des Begriffs „Zentrum“ in einer Geschäftsbezeichnung, hier: durch einen Augenoptiker und Hörgeräteakustiker mit der Leuchtreklame-Aufschrift „Hörgeräte I Brillen * Zentrum * Hörgeräte I Brillen“ und im Internet mit der Bezeichnung „W. [Eigenname] Zentrum fürs Hören und Sehen“.

Es geht/ging also um die Frage der  Irreführung durch Verwendung des Begriffs „Zentrum“ in einer Geschäftsbezeichnung. Das kann – wie gesagt – auch bei der Namensgebung des Vereins von Bedeutung sein.

Und dann noch das FG Niedersachsen, Urt. v. 10.01.2023 – 11 K 147/22, also Steuerrecht. Es geht in der Entscheidung um die steuerliche Behandlung von Mitgliedsbeiträge. Die sind – sagt das FG – nicht immer umsatzsteuerfrei. Hier die Leitsätze des FG:

1. Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins sind steuerbar, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins, den Mitgliedern Vorteile wie Sportanlagen zur Verfügung zu stellen, und den Mitgliedsbeiträgen besteht.

2. Mitgliedsbeiträge können ein Entgelt in Form einer Teilnehmergebühr i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG darstellen.

3. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG verstößt nicht gegen Unionsrecht, weil sie die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL nach neuester BFH-Rechtsprechung dem Grunde nach umsetzt.zu tragen hätte, waren die Kosten dem Kläger ganz aufzuerlegen.

In der Sache ist Revision zum BFH eingelegt. Das Aktenzeichen dort: V R 4/23

Und dieses Posting gibt mir dann mal wieder Gelegenheit zu ein wenig Werbung. Also: <<Werbemodus ein>>. Ich weise hin auf mein Vereinsrecht, 11. Aufl., 2022, das man (auch) hier bestellen kann. <<Werbemodus aus>>

Verein II: Abberufung/Wahl eines Vorstandsmitgliedes, oder: War die Ladung zur Mitgliederversammlung ok?

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Und als zweite Entscheidung dann das OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2023 – 4 U 11/23. In dem Verfahren wurde um die Wirksamkeit der Abberufung des 2. Vorsitzenden eines Vereins und die Neuwahl eines (neuen) 2. Vorsitzenden auf einer Mitgliederversammlung gestritten. Es geht um den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Kläger war 2. Vorsitzender des beklagten Vereins.

Das LG hat den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die keinen Erfolg hatte:

„Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, denn dem Kläger steht weder ein Verfügungsanspruch (1.) noch ein Verfügungsgrund (2.) zur Seite.

Die Nichtigkeit von Beschlüssen eines Vereins ist im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen (Ellenberger, in: Grüneberg, 82. Aufl. 2023, § 32 Rn. 11). Demzufolge ist auch der prozessuale Weg eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eröffnet, im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nur nach Maßgabe der zuletzt im Termin der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2023 gestellten Anträge. Denn die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 22. Oktober 2022 zur Abberufung des Klägers als 2. Vorsitzender des Beklagten nähme die Hauptsache vorweg, was nicht zulässig ist. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann aber entschieden werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ein Beschluss keine Wirkungen entfaltet.

Der Kläger dringt jedoch auch mit den aktualisierten Anträgen nicht durch, weder mit den Haupt- noch mit den Hilfsanträgen. Es fehlt sowohl am Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO.

Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass ein Verfügungsanspruch nicht vorliegt, weil der am 22. Oktober 2022 in der Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten unter Tagungsordnungspunkt 3 gefasste Beschluss (Amtsenthebung von Herrn pp. als 2. Vorsitzenden) wirksam ist.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereins (§ 32 BGB) kann vorliegen bei Nichtladung eines Teils der Mitglieder (BGH 59, 369, NJW-RR 06, 831, BayObLG NJW-RR 97, 289). Mängel der Beschlussfassung eines Vereins sind jedoch weder direkt noch analog nach §§ 241 ff. AktG oder nach § 51 GenG zu beurteilen (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Tz 36).

Der streitige Beschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den (rechtzeitige) Zugang der Ladung zur Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2022 beim Kläger nicht bewiesen hat. Der Mangel der Ladung ist im vorliegenden Fall durch die unstreitige persönliche Anwesenheit des Klägers in der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 und seine dortige Mitwirkung geheilt.

Eine ordnungsgemäße Ladung zu einer Mitgliederversammlung erfordert, dass der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung so genau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, möglich ist (BGH vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, Rn 38, juris,). Eine Heilung ist möglich, wenn dem nicht ordnungsgemäß geladenen Mitglied der Gegenstand der Beschlussfassung auch ohne Ladung rechtzeitig bekannt wurde. Ferner führt ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn er für das Abstimmungsergebnis für die Ausübung der Mitwirkungsrechte relevant wurde. Dabei ist auf ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied abzustellen (BGH, a.a.O., Rn. 44 unter Verweis auf BGHZ 385, 391 f.; 153, 32, 37). Im vorliegenden Fall kann der Senat nicht erkennen, dass die mangelhafte Ladung des Klägers für das Abstimmungsergebnis relevant wurde, wobei dem Senat bewusst ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Irrelevanz beim Beklagten liegt.

Dem Kläger war die Zeit und die Tagesordnung der Versammlung vom 22. Oktober 2022 aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. September 2022 bekannt. Dieses Protokoll hat er unstreitig erhalten. Er wusste somit, dass seine Abwahl als 2. Vorsitzender und ggf. die Nachwahl des 2. Vorsitzenden auf der Tagesordnung standen und er hatte Gelegenheit, sich gerade hierauf vorzubereiten. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang vorträgt, „Wären dem Berufungskläger die Tagesordnungspunkte der (außerordentlichen) Mitgliederversammlung – wie sie durchgeführt worden ist – sowie die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe im Einzelnen bekannt gewesen und hätten ihm als Vorbereitung auf diese Versammlung jedenfalls die satzungsmäßigen 14 Tage zur Verfügung gestanden, wäre in der Versammlung möglicherweise anders abgestimmt worden. Zum einen wären dem Antragsteller (bei Kenntnis der genauen Vorwürfe) insbesondere bei entsprechender Vorbereitungszeit in Kenntnis der Einzelheiten Gespräche mit den übrigen Vereinsmitgliedern, auch denjenigen, die zur Versammlung nicht erschienen sind, möglich gewesen, deren Ergebnisse möglicherweise die Willensbildung und somit die Stimmabgabe der übrigen Mitglieder beeinflusst hätten. Zum anderen hätte der Antragsteller die Versammlung bei Kenntnis der Einzelheiten zu den Vorwürfen und bei mehr (Vorbereitungs-) Zeit gewissenhafter vorbereiten und letztlich durch entsprechende Redebeiträge und Anträge in der Versammlung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung und die Stimmabgabe der Mitglieder nehmen können. All dieses war ihm verwehrt. …“, vermag dieser Vortrag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn schon dem Vorstandsbeschluss vom 17. September 2022 waren mehrfach Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und dem Vorstand sowie den Vereinsmitgliedern vorausgegangen, welche das Verhalten des Klägers, insbesondere die Verwendung von Vereinsvermögen zum Gegenstand hatten. Auch in der Berufungsverhandlung ist nicht ersichtlich geworden, dass in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 neue Vorwürfe gegen den Kläger Gegenstand der Diskussion geworden wären. Auch wäre es dem Kläger mit der unstreitigen Übersendung des Protokolls des Vorstandes vom 17. September 2022 möglich gewesen, Kontakt zu jedem Mitglied des Beklagten – der Verein hat insgesamt nur 17 Mitglieder – aufzunehmen und mit diesen Gespräche zu führen. Davon hat der Kläger offensichtlich keinen Gebrauch gemacht, jedenfalls lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass er insoweit – vergebliche – Versuche unternommen hat.

Der Kläger kann eine Nichtigkeit des Beschlusses der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 auch nicht darauf stützen, dass kein wichtiger Grund für seine Abberufung vorläge. Gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 BGB kann durch die Satzung vom Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Vorstandsbestellung abgewichen und die Widerruflichkeit auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Eine solche Beschränkung sieht die Satzung des Beklagten nicht vor. Da der Kläger jedoch für eine bestimmte Amtszeit zum 2. Vorsitzenden bestimmt wurde, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, während der laufenden Periode nicht ohne wichtigen Grund abberufen zu werden.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist nach einhelliger Auffassung gegeben, wenn dem Verein eine Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum Ende seiner Amtszeit nicht zugemutet werden kann (BeckOGK/Segna, 1.12.2022, BGB § 27 Rn. 4446.1; Staudinger/Schwennicke, 2019, Rn. 55; Soergel/Hadding Rn. 18; Wagner in Reichert/Schimke/Dauernheim Vereins- und VerbandsR-HdB Kap. 2 Rn. 2200). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Verhältnis des Klägers zu den übrigen Vorstandsmitgliedern so gestört ist, dass eine konstruktive Zusammenarbeit ganz offensichtlich nicht mehr möglich ist. Dabei kommt es auf die Gründe für die Zerrüttung, die auch in der Berufungsverhandlung deutlich zu Tage getreten ist, nicht entscheidend an. Die Zerstörung der Vertrauensbeziehung im Vorstand war erkennbar Grund für die Absicht des Vorstandes des Beklagten, über die Abberufung des Klägers abstimmen zu lassen.

Auch der weitere Vortrag des Klägers, wonach die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V. von dessen Präsidium bevollmächtigte Herr Giersch in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse führe, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des Herrn pp.3 durch den Mangel der Ladung des Klägers zu der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 verursacht wurde. Auch bildet diese Verweigerung keinen eigenständigen Grund für die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abberufung des Klägers. Der Beklagte hat mit der Verweigerung zweifelsohne gegen seine Pflicht als Mitglied des Deutschen pp. e.V., dessen Vertreter in der Mitgliederversammlung ein Rederecht einzuräumen, verstoßen (§ 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V). Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres die Verletzung eines Mitgliedsrechts des Klägers.

Auch der Hauptantrag zu A 2.a), wonach der Beschluss des Beklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022, durch Nachwahl des 2. Vorsitzenden nunmehr Herrn pp.2 als neuen 2. Vorsitzenden des Berufungsbeklagten zu berufen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen entfalten soll, ist aus den vorgenannten Ausführungen unbegründet. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu A 2.b).

Mit seinen Hilfsanträgen im Übrigen vermag der Kläger aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht durchzudringen.

Selbst unter Annahme des Vorliegens eines Verfügungsanspruches scheitert die Berufung jedenfalls daran, dass der Kläger einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat, § 940 ZPO……“