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StGB II: Vermummungsverbot bei einer Versammlung, oder: Vermummung zum Selbstschutz?

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Als zweite Entscheidung stelle ich das OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2022 – 2 Rv 34 Ss 789/21 – vor. Es nimmt zur Reichweite des versammlungsrechtlichen Vermummungsverbots Stellung.

Das AG hatte den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten sprach das LG den Angeklagten frei gesprochen, weil es zum einen nicht ausschließen zu können meinte, die vermummende Aufmachung sei den Wetterbedingungen geschuldet gewesen, zum anderen dem Urteilsspruch zugrundelegte, dass eine Vermummung, die nicht auf die Verhinderung der Identifizierung durch die Ordnungsbehörden, sondern durch Dritte gerichtet sei, nicht gegen § 17a Abs. 2 Nr. 1 VersG verstoße.

Die Revision der StA hatte Erfolg. Das OLG sieht die Urteilsgründe als lückenhaft an und führt weiter aus:

„3. Schließlich vermag sich der Senat auch nicht der den Freispruch weiter tragenden einschränkenden Auslegung von § 17a Abs. 2 Nr. 1 VersG anzuschließen.

a) Wie das Kammergericht (Urteil vom 7.10.2008 – (4) 1 Ss 486/07 = StV 2010, 637 und Beschluss vom 11.12.2012 – (4) 161 Ss 198/12 (310/12) = NStZ 2013, 178) und das Oberlandesgericht Dresden (Beschluss vom 23.9.2013 – 2 OLG 21 Ss 693/13, juris) – ebenso OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.1.2021 – 1 OLG 2 Ss 87/20 = NStZ 2022, 243 – unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik überzeugend dargelegt haben, ist § 17a Abs. 2 Nr. 1 VersG vom Gesetzgeber bewusst als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet worden, weil das Auftreten Vermummter die Bereitschaft zur Gewalt und zur Begehung von Straftaten indiziere und provoziere, Vermummte bei einer Demonstration regelmäßig den Kern der Gewalttäter stellten und diejenigen Demonstrationsteilnehmer, die ohnehin zur Anwendung von Gewalt neigten, in ihrer Gewaltbereitschaft bestärkten (BT-Drs. 11/4359 S. 14). Eine einschränkende Auslegung, wonach eine lediglich aus Gründen des Selbstschutzes erfolgte Vermummung als nicht tatbestandsmäßig anzusehen sei (LG Hannover StV 2010, 640; AG Tiergarten, Urteils vom 21.4.2005 – 256 Cs 81 Js 1217/04, juris; AG Rotenburg a.d. Wümme, Urteil vom 12.7.2005 – 7 Cs 523 Js 23546/04, juris; AG Wuppertal, Beschluss vom 2.12.2015 – 25 Ds 521 Js 17/15, juris; Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste, Das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot, 2018 – WD 3 – 3000 – 313/18 S. 6; Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, § 17a VersG Rn. 6; Lembke in Ridder/Breitbach/Deiseroth, Versammlungsrecht, 2. Aufl., § 17a VersG Rn. 62; Güven NStZ 2012, 425; dagegen MK-Tölle, StGB, 4. Aufl., § 17a VersG Rn. 30), ist damit nicht vereinbar. Vielmehr sind solche Fallgestaltungen der Anlass für den Gesetzgeber gewesen, in § 17a Abs. 3 Satz 2 VersG eine Befreiung vom Vermummungsverbot durch behördliche Erlaubnis zu schaffen (BT-Drs. 11/4359 S. 14; Dietzel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze, 17. Aufl., § 17a VersG Rn. 15). Im Hinblick auf diese Befreiungsmöglichkeit ist nach Auffassung des Senats eine einschränkende Auslegung auch nicht geboten, um eine unverhältnismäßige Beschränkung der grundrechtlich verbürgten Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) zu verhindern (vgl. Wache in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 228. ErgLfg, § 17a VersG Rn. 1).

b) Die auf die Einlassung des Angeklagten gestützte Annahme, die Vermummung des Angeklagten habe nicht die Verhinderung der Identifizierung durch die Polizei oder die Ordnungsbehörde bezweckt, sondern habe ausschließlich der Verbergung der Identität gegenüber Teilnehmern der Gegendemonstration im Hinblick auf die Befürchtung von diesen ausgehender Repressalien gedient, lässt danach die Tatbestandsmäßigkeit einer Vermummung nicht entfallen, sondern kann, nachdem die Annahme einer Rechtfertigung fern liegt (vgl. dazu KG a.a.O.), nur im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden.

Bewährung III: Verlängerung der Bewährungszeit, oder: Bewährungswiderruf wegen neuer Stratat

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Und zum Tagesschluss dann noch der OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.03.2022 – 1 Ws 192/21 – zu den Voraussetzungen für einen Bewährungswiderruf wegen einer nach Ablauf der ursprünglich festgesetzten und später verlängerten Bewährungszeit begangenen Straftat. Dazu folgende Leitsätze – Rest bitte selbst lesen -:

  1. Die Entscheidung über einen Bewährungswiderruf ist zu treffen und darf nicht zurückgestellt werden, sobald das Gericht vom Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen überzeugt ist.

  2. Eine nach Ablauf der bisher festgesetzten Bewährungszeit angeordnete Verlängerung schließt unmittelbar an die zuvor abgelaufene Bewährungszeit an.

  3. Eine Straftat, die vor der Verlängerung der Bewährungszeit in der bewährungsfreien Zeit begangen wurde, kann dann einen Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen, wenn die Tat nicht nur rückwirkend in die Bewährungszeit fällt, sondern der Verurteilte bei Begehung der Nachtat zudem trotz Ablaufs der Bewährungszeit mit einer bewährungsverlängernden Maßnahme rechnen musste.

 

 

Bewährung II: Abstinenzweisung versus Sucht, oder: Bewährungswiderruf beim Weisungsverstoß

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Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, ist schon etwas älter. Ich habe sie immer wieder übersehen. Es handelt sich um den LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 21.12.2021 – JKII Qs 25/21 jug -, den mir der Kollege Peisl aus Nürnberg vor einiger Zeit geschickt hat.

Das LG nimmt Stellung zum Widerruf der Bewährung wegen eines Weisungsverstoßes. Im Bewährungsbeschluss wurde der Verurteilte u.a. angewiesen, sich in der Bewährungszeit frei von für den Probanden illegalen Drogen, rauscherzeugenden Kräutern sowie sonstigen psychoaktiven Stoffen zu führen und auf Anfordern der Bewährungshilfe Urinproben zu absolvieren.

Wegen eines Verstoßes gegen diese Weisung ist dann widerrufen worden. Das LG meint: Zu Unrecht:

„2. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 08.10.2021 ist auch begründet. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Bewährung waren vorliegend nicht erfüllt.

Gemäß §§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 109 Abs. 2 Satz 1 JGG widerruft das Gericht die Aussetzung der Jugendstrafe unter anderem dann, wenn der Jugendliche oder Heranwachsende gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt und dadurch Anlass zu der Besorgnis gibt, dass er erneut Straftaten begehen wird.

a) Voraussetzung für den Widerruf wegen eines Weisungsverstoßes ist folglich, dass zunächst beharrlich und / oder gröblich gegen die erteilten Weisungen verstoßen wird.

Gröblich ist ein Verstoß, wenn er objektiv erheblich und nicht lediglich unwesentlich ist und es sich subjektiv um eine schuldhafte Zuwiderhandlung handelt, die zum Ausdruck bringt, dass sich der Verurteilte die Straffreiheit nicht verdienen will (BeckOK-JGG, 23. Edition, Stand: 01.11.2021, § 26 Rn. 17).

Die Beharrlichkeit eines Verstoßes setzt grundsätzlich ein wiederholtes Zuwiderhandeln und / oder ein Zuwiderhandeln auf längere Zeit voraus (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.05,2008, 3 Ws 187/08, juris Rn. 23). Der Jugendliche muss mindestens schon einmal gegen die konkrete Weisung verstoßen haben und aus Missachtung oder Gleichgültigkeit dies immer wieder tun (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 11.05.2005, 4 Qs 21/05 I, juris Rn. 33).

Ein Widerruf setzt zudem die Vorwerfbarkeit des Verstoßes voraus (vgl. BeckOK-JGG, aa0, Rn. 13). Verstöße gegen Weisungen, die im Zusammenhang mit einer Suchterkrankung stehen, müssen für den Verurteilten vermeidbar sein (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12.02.2008, 3 Ws 52/08, NStZ-RR 2008, 220, Leitsatz 2, zu § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB).

b) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sind die Voraussetzungen für einen Widerruf aufgrund eines beharrlichen und gröblichen Verstoßes gegen das Verbot, Betäubungsmittel im Sinne des BtMG zu konsumieren, gemäß §§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 109 Abs. 2 Satz 1 JGG vorliegend nicht gegeben.

aa) Die Weisung hinsichtlich des Betäubungsmittelverbots als solche war bereits unverhältnismäßig.

Nach der Rechtsprechung ist es als ausreichend zu erachten, wenn die Frage, ob der suchtmittelabhängige Verurteilte unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse, des Grades seiner Abhängigkeit und des Verlaufs und des Erfolgs der bisherigen Therapiebemühungen überhaupt zu nachhaltiger Abstinenz in der Lage ist, im Rahmen der Entscheidung über einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung geprüft wird (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2016, 3 Ws 370/16, BeckRS 2016, 112243). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.03.2016, 2 BvR 496/12) entschieden, dass eine Abstinenzweisung gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB regelmäßig dann verhältnismäßig ist, wenn sie gegenüber einer Person angeordnet wird, die ohne Weiteres zum Verzicht auf den Konsum von Suchtmitteln fähig ist, und wenn im Falle erneuten Alkohol- oder Suchtmittelkonsums mit der Begehung erheblicher, die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit betreffender Straftaten zu rechnen ist. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Regeln sind hier entsprechend anzuwenden.

Vorliegend ist schon eine entsprechende Fähigkeit zum Verzicht nicht gegeben. Aus den vom Verurteilten vorgelegten medizinischen Unterlagen ergibt sich, dass der Verurteilte an einer paranoiden Schizophrenie ebenso leidet wie an psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und den Konsum anderer psychotroper Substanzen in Form eines schädlichen Gebrauches. Zwar stellt der schädliche Gebrauch eine Vorstufe einer Abhängigkeitserkrankung dar, die dem Verurteilten vorliegend ärztlicherseits nicht diagnostiziert wurde. Aus dem im Bewährungsheft ersichtlichen Verlauf der Bewährung folgt ebenfalls, dass dem Verurteilten der Verzicht auf den Genuss von Alkohol oder Cannabisprodukten nicht ohne weiteres möglich ist. Er hat bereits die zweite Entgiftungsbehandlung hinter sich, Rückfälle ziehen sich durch die Akte. Auch das Amtsgericht Fürth spricht im angegriffenen Beschluss von einer Suchtverlagerung von Alkohol in Richtung Umgang mit Betäubungsmitteln.

bb) Vorliegend hat der Verurteilte zwar gegen Auflagen im Rahmen seiner Bewährung verstoßen: in einer Urinprobe des Verurteilten waren Cannabinoide unterhalb des Grenzwertes nachweisbar (27.04.2021, Blatt 48 ff. BewH); zwei weitere Urinproben waren positiv auf Cannabinoide (27.02.2021, Blatt 60 ff. BewH; 11.08.2021, Blatt 64 ff. BewH). Zum Anhörungstermin am 17.09.2021 erschien der Verurteilte beim Amtsgericht Fürth mit 0,56 g Marihuana, die bei der Einlasskontrolle entdeckt wurden.

Aufgrund der dargestellten Suchtproblematik sind die dargestellten Verstöße dem Verurteilten jedoch nicht vorwerfbar.“

Bewährung I: Erstverbüßerregel beim BtM-Handel, oder: Dann gilt die Regel nur eingeschränkt

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Mit der ersten der drei Bewährungsentscheidungen, die ich heute vorstelle, knüpfe ich an gestrigen BtM-Tag an. Der KG, Beschl. v. 19.05.200 – 2 Ws 60/22 – hat nämlich die Frage zum Gegenstand, ob die sog. Erstverbüßerregel des § 57 Abs. 1 StGB bei BtM-Handel einegschränkt werden kann/ist.

Das KG hat die Frage bejaht:

2. Sie ist jedoch aus den zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu dem Rechtsmittel am 24. März 2022 u.a. wie folgt Stellung genommen:

„Zu Recht ist die Strafvollstreckungskammer zu dem Ergebnis gekommen, dass eine günstige Prognose nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe gemäß § 57 Abs. 1 StGB nicht gestellt werden kann.

Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB kommt eine Aussetzung des Strafrestes nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Die danach zu treffende Prognoseentscheidung stellt im Gegensatz zu einer Prognoseentscheidung gemäß § 56 Abs. 1 StGB nicht auf die Erwartung ab, der Verurteilte werde ohne die Einwirkung weiteren Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen. Entscheidend ist, ob eine Haftentlassung verantwortet werden kann, wobei eine Abwägung zwischen den zu erwartenden Wirkungen des erlittenen Vollzugs und den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit erforderlich ist (vgl. BGH-Beschluss vom 25. April 2003 – StB 4/03 in juris). Bei der Prüfung sind namentlich die Persönlichkeit, das Vorleben, die Umstände der Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten im Vollzug, die Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für den Verurteilten zu erwarten sind. Damit ist den Strafvollstreckungsrichtern eine prognostische Gesamtwürdigung abverlangt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. Januar 2016 – 2 BvR 2961/12 + 2484/13 in juris).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts kann bei einem Erstverbüßer im Rahmen der Zwei-Drittel-Entscheidung nach § 57 Abs. 1 StGB im Allgemeinen zwar angenommen werden, dass sich der Verurteilte durch die bisherige Strafvollstreckung hinreichend beeindruckt zeigt und fortan von weiteren Straftaten Abstand nehmen wird. Diese Vermutung gilt jedoch nicht ausnahmslos und besagt insbesondere nicht, dass in den Fällen der Erstverbüßung gleichsam automatisch die für die Reststrafenaussetzung erforderliche günstige Legalprognose bejaht werden kann (vgl. KG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – 5 Ws 159/16 –). Er erfährt wegen der vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine Einschränkung, wenn besondere Umstände vorliegen. So führt die wiederholte Begehung einer weiteren Straftat kurz nach Verhängung richterlicher Sanktionen regelmäßig dazu, dass bei dem Verurteilten an die Wahrscheinlichkeit künftiger Straffreiheit erhöhte Maßstäbe anzusetzen sind (vgl. KG, Beschlüsse vom 15. März 2006 – 5 Ws 104/06 – und vom 24. August 1993 – 5 Ws 278-279/93 –). Gegenüber Tätern, die mit Rauschgift handeln, erfährt das so genannte Erstverbüßerprivileg ebenfalls eine Einschränkung, weil durch die Beteiligung am Rauschgifthandel – vorliegend in nicht geringer Menge – die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit in hohem Maße berührt sind. Daraus folgt eine besondere Gefährlichkeit, die wegen der Charaktermängel, welche sie offenbart, zu einer strengeren Prüfung zwingt (vgl. KG, Beschlüsse vom    3. Januar 2013 – 2 Ws 520/12 – und 6. Juli 2006 – 5 Ws 273/06 – juris Rn. 4).

Eine Reststrafenaussetzung kann in solchen Fällen nur verantwortet werden, wenn erprobt und durch Tatsachen, die sich nicht nur auf äußere Umstände beziehen dürfen, belegt wäre, dass die charakterlichen Mängel und sonstigen Umstände, die zu den Straftaten geführt haben, soweit behoben sind, dass die Rückfallgefahr nur noch sehr gering ist (vgl. KG, Beschluss vom 29. November 2017 – 5 Ws 230/17 – m.w.N.).

Allein der Wille, sich künftig straffrei zu führen, reicht ebenso wenig aus, wie ein beanstandungsfreies Vollzugsverhalten. Maßgeblich ist vielmehr eine günstige Entwicklung während des Vollzugs, die von besonderem Gewicht sein muss und sich nicht nur als taktische Anpassungsleistung darstellt, sondern Beleg für einen Wandlungsprozess der Persönlichkeit und Einstellung ist (vgl. KG, Beschluss vom 6. Oktober 2017 – 5 Ws 182-183/17 –). Insbesondere ist erforderlich, dass der Verurteilte sich aktiv und erfolgreich mit seinen Taten auseinandergesetzt hat. Der Beschwerdeführer hätte sich hiernach in einem Erkenntnisprozess erarbeiten müssen, welche Charakterschwächen ihn haben versagen lassen, und er hätte Tatsachen schaffen müssen, die es überwiegend wahrscheinlich machen, dass er die Charaktermängel weitestgehend behoben hat und auch in Freiheit Tatanreizen zu widerstehen vermag. Von einer solchen Aufarbeitung kann nur gesprochen werden, wenn der Verurteilte seine Straftaten als Fehlverhalten erkannt und sie sich in ihrer konkreten Bedeutung, ihren Ursachen und Folgen so bewusstgemacht hat, dass eine Wiederholung dieses oder anderer Gesetzesverstöße wenig wahrscheinlich ist (vgl. KG, Beschlüsse vom 4. Februar 2005 – 5 Ws 49/04 – und 11. April 2003 – 5 Ws 190/03 –).

Dem Beschwerdeführer kann nach diesen Grundsätzen – auch unter Berücksichtigung der Erstverbüßung – eine günstige Prognose nicht gestellt werden. ….. „

BtM III: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, oder: Verkauf in Teilmengen

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Und als dritte Entscheidung heute dann noch der KG, Beschl. v. 07.02.2022 – 2 Ws 11/22 – in einem „Kurzposting“. Das KG nimmt Stellung zur Bewertungseinheit beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Worum es geht, erschließt sich aus dem Leitsatz, auf den ich mich hier beschränke:

Beschafft sich der Täter eine einheitliche Rauschgiftmenge zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, so verwirklicht er den Tatbestand des Handeltreibens auch dann nur einmal, wenn er sie in mehreren Teilmengen absetzt.