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U-Haft II: „Totschlagsargument „Corona-Virus“,, oder: „…. in den Bereich der Geschmacklosigkeit“

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Die zweite Haftentscheidung des Tages kommt vom OLG Jena. Das hat im OLG Jena, Beschl. v. 30.04.2020 – 1 Ws 146/20 – zu der zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht abschließend geklärten Frage der Haftfortdauer in Coronazeiten Stellung genommen.

Der Angeklagte befindet sich seit dem 03.04.2019 in Untersuchungshaft. Das AG hat ihn mit Urteil vom 02.10.2019 der Vergewaltigung und der sexuellen Belästigung schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 7 Monaten verurteilt. Dagegen die Berufungen des Angeklagten und der StA. Mit Verfügung vom 10.02.2020 bestimmte der Vorsitzende der Berufungskammer des LG Erfurt Beginn der Berufungshauptverhandlung auf den 26.03.2020 und Termine zur Fortsetzung auf den 27. und 30.03. sowie den 20., 23. und 24.04.2020. Mit Beschluss vom 18.03.2020 hob der Vorsitzende alle Termine ab dem 26.03.2020 auf und kündigte an, dass neuer Termin von Amts wegen ergehe. Zur Begründung ist ausgeführt, dass we­gen der Corona-Pandemie aus Schutzgründen nicht verhandelt werde.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers/seiner Verteidiger hat der Angeklagte Antrag auf mündliche Haftprüfung, Aufhebung des Haftbefehls und hilfsweise Gewährung von Haftverschonung beantragt. Das LG hat die Anträge zurückgewie­sen, Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet und hinsichtlich des weiteren Verfahrensgangs u. a. darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen werde, dass die Berufungshauptverhandlung noch vor dem Sommer 2020 stattfinden könne. Dagegen die weitere Haftbeschwerde des Angeklagten.

Die hatte beim OLG keinen Erfolg. Zum mit der Beschwerde offenbar auch angegriffenen dringenden Tatverdacht weist das OLG darauf hin, dass die Bewertung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender bzw. – wie hier – aufgrund bereits (durch Urteil) abgeschlossener Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt, was ständige Rechtsprechung ist.  Nach durch Urteil abgeschlossener Hauptverhandlung komme eine Aufhebung des Haftbefehls durch das Beschwerdegericht nur ganz ausnahmsweise bei offenkundiger Begründetheit des Rechtsmittels in Betracht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 117 Rn. 11b). Das hat das OLG hier verneint.

Und zum Beschleunigungsgrundsatz – insoweit spielt dann „Corona“ eine Rolle:

„4. Der Fortdauer der Untersuchungshaft steht bislang auch nicht die mit der Beschwerde gerügte Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen entgegen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.01.2014, Az. 2 BvR 2248/13, 2 BvR 2301/13, bei juris) setzt das verfassungsrechtliche Erfordernis der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs der Dauer der Untersuchungshaft unabhängig von der Straferwartung in dem zu sichernden Verfahren eine weitere Grenze, die mit dem verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Beschleunigungsgrundsatz in Zusammenhang steht (vgl. BVerfGE 20, 45, 49; 53, 152, 158).

Der Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermitt­lungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen, denn zur Durchführung eines ge­ordneten Strafverfahrens und zur Sicherstellung der Strafvollstreckung kann die Untersuchungs­haft dann nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verzögerungen verursacht ist. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht ge­rechtfertigte und vermeidbare Verfahrensverzögerungen stehen daher regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen (BVerfG, a. a. O.; Senat, Beschluss vom 23.01.2019, 1 Ws 13/19, Rn. 17 juris).

Gemessen daran ist der bisherige Verfahrensgang nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nach der – mittlerweile ständigen – Senatsrechtsprechung nichts gegen den mit der Beschwerde pri­mär angegriffenen Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 18.03.2020 zu erinnern, mit dem die in den Monaten März und April 2020 zunächst vorgesehenen Verhandlungstermine wieder aufge­hoben wurden. Denn diesem Aufschub der Hauptverhandlung liegt mit den zum betreffenden Zeitpunkt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen dringend gebotenen und nicht nur bundes-, sondern weltweit ergriffenen pandemiebedingten Gefahrenabwehrmaßnahmen im Gesundheits­sektor zum Schutz der Gesamtbevölkerung (COVID-19) ein nachvollziehbarer und wichtiger Grund im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO zu Grunde (vgl. u. a. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.03.2020, HEs 1 Ws 84/20, juris), der eine Verletzung des Beschleunigungsgebots aus­schließt.

Hierzu hat der Senat in jüngster Vergangenheit – u. a. mit Blick auf die Rechtsprechung des Bun­desverfassungsgerichts zur Rechtfertigung der Haftfortdauer bei Verfahrensverzögerungen durch unvorhersehbare, schicksalhafte Ereignisse (vgl. etwa BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 23.01. 2019, 2 BvR 2429/18, juris) – bereits mehrfach entschieden, dass eine aus der pan­demiebedingten Verschiebung von Hauptverhandlungen resultierende Verlängerung der Untersu­chungshaft, die auf ein außerhalb der Sphäre der Justiz liegendes schicksalhaftes Ereignis zu­rückgeht, von den Betroffenen in gewissen Grenzen hinzunehmen ist (u. a. Beschl. v. 20.03.2020, Az. 1 Ws 77/20, u. v. 08.04.2020, 1 Ws 109/20). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, zumal die Hauptverhandlung nach derzeitiger – nicht zu beanstandender – Planung der Straf­kammer jedenfalls zeitnah „noch vor dem Sommer“, mithin spätestens Juni 2020 beginnen soll.

Unangebracht erscheint in diesem Kontext der Vorwurf des Verteidigers PP2, dass die Berufungs­kammer seit über einem Monat „im Stillstand“ verharre, da bekanntermaßen erst mit der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Co­ronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2 EindmaßnVO) vom 18.04.2020 die Beschränkun­gen des öffentlichen Lebens teilweise zurückgenommenen wurden, ohne dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens am 20.04.2020 absehbar war, wie sich die Lockerungen auf die erst zwei Wochen später seriös bewertbare Entwicklung der Infektionszahlen auswirkt.

Die darüber hinaus im Schriftsatz vom 20.04.2020 gewählte Formulierung „Totschlagsargument „Corona-Virus’“, mit der eine vermeintlich unnötige Verzögerung zu Lasten des „bereits seit über 13 Monaten in Untersuchungshaft“ befindlichen Angeklagten angeprangert werden soll, gerät an­gesichts der in zahllosen amtlichen Erklärungen und zuverlässigen Medien hinlänglich erläuterten Problemstellung der unbedingten Vermeidung einer drohenden – und in einigen Staaten mit einer Vielzahl von Todesfällen leidvoll erfahrenen – Überforderung des Gesundheitssystems bereits in den Bereich der Geschmacklosigkeit.

Soweit in diesem Zusammenhang betont wird, dass die Untersuchungshaft des Angeklagten be­reits mehr als 1 Jahr andauert, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung, zumal während dieser Zeit bereits ein Urteil gegen den Angeklagten ergangen ist. Zwar gewinnt im Rahmen der gebotenen Abwägung des Freiheitsanspruchs des Untersuchungsgefangenen gegenüber dem Strafverfolgungsinteresse des Staates ersterer mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft an Gewicht. Allerdings vergrößert sich mit einer gerichtlichen Verurteilung auch das in die Abwä­gung einzustellende Gewicht des staatlichen Strafanspruchs, weil aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme die Begehung einer Straftat durch den Verurteilten als erwiesen angesehen worden ist. Der Umstand, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Einlegung eines Rechtsmittels hindert lediglich die Vollstreckung der durch das angegriffene Urteil ausgesprochenen Sanktionen bis zur Überprüfung durch das nächsthöhere Gericht. Sie beseitigt indessen nicht die Existenz des angegriffenen Urteils und damit den Um­stand, dass auf der Grundlage eines gerichtlichen Verfahrens bereits ein Schuldnachweis gelungen ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 29.12.2005, 2 BvR 2057/05, juris).

Ungeachtet dessen weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass es angesichts der nach Maßga­be der 3. ThürSARS-CoV-2 EindmaßnVO vom 18.04.2020 teilweise zurückgenommenen Be­schränkungen, die auch nach Ablauf der Inkubationszeit von ca. 2 Wochen keine Verschärfung erfahren haben, mit Blick auf den Freiheitsanspruch des – zwar immerhin in einem ersten Rechtszug, aber noch nicht rechtskräftig verurteilten – Angeklagten nunmehr geboten erscheint, unter Ausschöpfung der Möglichkeiten des Infektionsschutzes bei richterlichen Amtshandlungen, deren Ausgestaltung nach Art und Weise gem. § 3 Abs. 3 der 3. ThürSARS-CoV-2 EindmaßnVO dem Richter überlassen bleibt, alsbald auf eine zeitnahe Neuterminierung hinzuwirken.“

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass das OLG von der Argumentation betreffend „Corona“ „not amused“ war. Die Formulierungen „unangebracht“ und „in den Bereich der Geschmacklosigkeit“ deuten darauf hin 🙂 . Ist/war ja auch irgendwie zweispältig: Da wurde einerseits beklagt, dass bzw. wenn verhandelt wurde, wenn nicht verhandelt wurde, wurde ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz reklamiert.

U-Haft I: Beschleunigungsgrundsatz, oder: Warum ein Jahr nach Vernehmungen keine Anklage?

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Ich eröffne die 25. KW. dann heute mit zwei Entscheidungen zur U-Haft.

Zunächst hier der OLG Dresden, Beschl. v. 11.05.2020 – 1 Ws 123/20, der mir der Kollege Stephan aus Dresden geschickt hat; der hat den Beschluss von der Kollegin Jaskolski aus Sebnitz. Thematik: Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes.

Dem Beschuldigten wird/wurde mit dem auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützten Haftbefehl des AG V. 18.01.2019 gewerbsmäßige Bandenhehlerei in sechs Fällen gemäß §§ 259 Abs. 1, 260 a Abs. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB zur Last gelegt. Der Haftbefehl ist auf Wiederholungsgefahr gestützt. Seit dem 30.03.2020 befindet sich der Beschuldigte aufgrund dieses Haftbefehls in Untersuchungshaft, zuvor wurde der Haftbefehl nicht vollstreckt, sondern insoweit Überhaft notiert, weil sich der Beschuldigte seit dem 30.10.2018 in anderer Sache zunächst in U-Haft und dann in Strafhaft befand. der Beschuldigte hat Haftbeschwerde eingelegt. Das AG hat nicht abgeholfen, das LG hat umgestellt auf Fluchtgefahr und die Haftbeschwerde verworfen.

Das OLG sagt: So nicht:

„Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und des Haftbefehls des Amtsgerichts Chemnitz vom 18. Januar 2019. Dahingestellt bleiben kann, ob dringender Tatverdacht bezogen auf die dem Beschuldigten mit vorgenanntem Haft-befehl zur Last gelegten Taten und Fluchtgefahr besteht. Denn Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft sind jedenfalls wegen einer Verletzung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebotes unverhältnismäßig, nachdem das vorliegende Ermittlungsverfahren seitens der Staatsanwaltschaft Chemnitz nicht in notwendigem Maße gefördert worden ist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 2014, Az.: 2 BvR 2248113 – juris) setzt das verfassungsrechtliche Erfordernis der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs der Dauer der Untersuchungshaft unabhängig von der Straferwartung in dem zu sichernden Verfahren eine weitere Grenze, die mit dem verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Beschleunigungsgrundsatz im Zusammenhang steht (vgl. BVerfGE 20, 45, 49; 53, 152, 158).

Der Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen, denn zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und zur Sicherstellung der Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft dann nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verzögerungen verursacht ist. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare Verfahrensverzögerungen stehen daher regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen (vgl. BVerfG, Be-schluss vom 22. Januar 2014, a.a.O.).

Das aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EMRK sowie Art. 6 Abs. 3 1 Satz 1 EMRK folgende Beschleunigungsgebot gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Obergerichte auch dann, wenn der Haftbefehl nicht vollzogen wird, weil sich der Beschwerdeführer in anderer Sache in Strafhaft befindet und daher für das anhängige Verfahren lediglich Überhaft notiert ist (vgl. BVerfG, a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 01. März 2012, Az. 111 -3 Ws 37/12 – juris; KG, NStZ-RR 2009,188 ). Der Umstand, dass der Haftbefehl nicht vollstreckt wird, schwächt das Beschleunigungsgebot zwar ab, hebt es aber nicht auf. Vielmehr sind Zeiten, in denen der Haftbefehl nicht vollzogen wird, zu nutzen, um das Verfahren nachhaltig zu fördern und es so schnell wie möglich abzuschließen (OLG Hamm, a.a.O.; KG, Beschluss vom 20. Oktober 2006 – 5 Ws 569/06 – juris). Denn zum einen unterliegt der Gefangene in Strafhaft bei Notierung von Überhaft regelmäßig weiteren Beschränkungen, die der Zweck der Untersuchungshaft (z. B. Post-, Telekommunikations- und Besuchsüberwachung) erfordert. Zum anderen bedarf es der (weiteren) Vollstreckung von Untersuchungshaft im Anschluss an die Strafvollstreckung dann nicht mehr, wenn das Verfahren bereits während der Dauer der Strafhaft in anderer Sache abgeschlossen werden kann; jeden-falls bedarf es der Vollstreckung von Untersuchungshaft für solche Verfahrensabschnitte nicht mehr, die während der Vollstreckung der Strafhaft in anderer Sache durchgeführt werden konnten (vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

2. Unter Berücksichtigung der dargestellten Maßstäbe liegt hier eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor.

Die dem Senat vorliegenden Akten lassen nicht erkennen, aus welchem sachlichen Grund bis-lang eine Anklageerhebung im Hinblick auf die haftbefehlsgegenständlichen Taten unterblieben ist, nachdem der Beschuldigte bereits im Rahmen seiner Vernehmungen am 22. sowie 27. Mai 2019 eine Beteiligung jedenfalls an vier der sechs ihm mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten eingeräumt hat und die Auswertung der WhatsApp- bzw. SMS-Kommunikation des Beschuldigten offensichtlich im Juni 2019 abgeschlossen worden ist (vgl. BI. 362 ff. d. A.). Soweit unter dem 21. Juni 2019 seitens der Staatsanwaltschaft Chemnitz ausweislich des Vermerks vom 03. Juli 2019 (BI. 419 d. A.) umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen in Polen zur weiteren Aufklärung der haftbefehlsgegenständlichen, aber auch weiterer Taten bzw. der Bandenstruktur für erforderlich angesehen worden sind, sind diese in der Folge nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung erfolgt, nachdem die Durchsuchungsmaßnahmen im Wege der Rechtshilfe seitens der Staatsanwaltschaft Chemnitz erst im Oktober 2019 veranlasst (BI. 431 ff. d. A.) und die Durchsuchungen der Objekte erst am 12. Dezember 2019 durchgeführt worden sind. Aber auch nach Vorliegen der Erkenntnisse aus den Durchsuchungen zum Wohnobjekt des Beschuldigten (BI. 508 ff. d. A.) hat in der Folge keine beschleunigte Förderung des Verfahrens und ein zeitnaher Abschluss der Ermittlungen stattgefunden. Entsprechendes gilt, soweit am 10. Februar 2020 bzw. 08. April 2020 ein weiteres Bandenmitglied – der gesondert Verfolgte pp. – vernommen worden ist.

Vor dem dargestellten Hintergrund ist die weitere Aufrechterhaltung des Haftbefehls daher unverhältnismäßig. Sowohl die Haftfortdauerentscheidung des Landgerichts Chemnitz vom 06. April 2020 und der Haftbefehl des Amtsgerichts Chemnitz vom 18. Januar 2020 waren dementsprechend aufzuheben.“

U-Haft II: Umwandlung des Unterbringungsbefehls, oder: Richterliche Vernehmung?

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Die zweite Entscheidung des Tages behandelt eine verfahrensrechtliche Problematik. Und zwar geht es im OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2020 – 1 Ws 1/20 – um die Frage der Verkündung eines Haftbefehls, und zwar in den Fällen, in denen ein Unterbringungsbefehl in einen Haftbefehl umgewandelt worden ist. Das OLG sagt: Auch in den Fällen ist stets eine richterliche Vernehmung des Beschuldigten in entsprechender Anwendung von § 115 StPO erforderlich.

„Dem Senat ist eine Entscheidung über die Beschwerde derzeit nicht möglich, weil die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Angeschuldigten gemäß § 115 StPO zur Haftentscheidung vom 11. Februar 2020 noch aussteht.

1. Die Vorschrift des § 115 StPO verlangt, dass der Beschuldigten nach Ergreifung auf Grund eines Haftbefehls von dem zuständigen Richter vor der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls zu vernehmen ist. Die Vorschrift zählt dabei zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien, deren Beachtung Artikel 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. September 2001 – 2 BvR 1144/01 –, Rn. 17, juris).

Zwar ist dem Wortlaut nach § 115 StPO nur auf den gerade erst ergriffenen und nicht auf den schon in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten anwendbar. Nach ständiger Rechtsprechung und Literatur findet § 115 StPO jedoch auf den erweiterten oder wesentlich geänderten Haftbefehl entsprechende Anwendung (BVerfG aaO; OLG Hamm, StV 1995, S. 200; StV 1998, S. 273; StV 1998, S. 555; Hilger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2007, § 115, Rn. 3; KK-StPO/Graf, 8. Aufl. 2019, StPO § 115 Rn. 15; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 115 Rn. 12, jeweils m.w.N.). Nichts anderes gilt, wenn ein vormals ergangener Unterbringungsbefehl in einen Haftbefehl umgewandelt wird, zumal das Vorliegen von Haftgründen nach § 112 Abs. 2 StPO erstmals im Rahmen des Haftbefehls festzustellen ist. Auch insofern muss dem Beschuldigten die Möglichkeit eingeräumt werden, sich gegenüber dem für die Vernehmung nach § 115 StPO zuständigen Richter zu äußern.

2. Zwar ist vorliegend der Haftbefehl der Kammer vom 11. Februar 2020 dem Angeschuldigten durch schriftliche Übersendung bekannt gemacht worden. Dies genügt indes nicht. Vielmehr ist – unabhängig von der Bekanntmachung nach Maßgabe von § 114a StPO, die als solche auch schriftlich erfolgen kann (vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 114a Rn. 3) – eine richterliche Vernehmung in entsprechender Anwendung des § 115 StPO aus den vorstehenden Erwägungen weiterhin geboten (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08. Dezember 2016 – 1 Ws 599/16 –, Rn. 6, juris, m.w.N.). Die unverzichtbare persönliche Vernehmung entsprechend § 115 Abs. 2 und Abs. 3 StPO soll dem Gericht ermöglichen, sich einen unmittelbaren Eindruck vom Beschuldigten zu verschaffen, und der Betroffene soll Gelegenheit erhalten, im unmittelbaren persönlichen Kontakt mit dem zuständigen Gericht die den neuen Haftbefehl tragenden Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und die ihn entlastenden Tatsachen vorzutragen (vgl. OLG Celle aaO; OLG Koblenz, Beschluss vom 4. April 2011 – 1 Ws 183/11; OLG Jena, Beschluss vom 27. Juni 2008 – 1 Ws 240/08; vgl. zur parallelen Konstellation einer Haftfortdauerentscheidung nach §§ 121, 122 StPO BVerfG, Beschluss vom 20. September 2001 – 2 BvR 1144/01, NStZ 2002, 157; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Januar 1998 – 2 BL 2/98, StV 1998, 273).

3. Bei dieser Sachlage war die Abhilfeentscheidung daher aufzuheben und dem Landgericht Gelegenheit zur Nachholung der ihr obliegenden Anhörung gemäß § 115 Abs. 2 und 3 StPO zu geben.

Das Landgericht wird im Rahmen der Aufrechterhaltung des Haftbefehls auch über eine neue Abhilfeentscheidung zu befinden haben.

4. Der Senat verkennt auch nicht, dass ein ordnungsgemäßes Abhilfeverfahren keine Verfahrensvoraussetzung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist. Anders ist der Fall jedoch dann, wenn durch eine Zurückweisung der Sache das Verfahren beschleunigt wird oder der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 306 Rn. 10).

Letzteres ist hier gegeben. Denn der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil die Kammer eine zwingend vorgeschriebene mündliche Anhörung unterlassen hat und diese Einfluss auf die zu treffende Abhilfeentscheidung haben kann.“

U-Haft I: Untersuchungshaft mehr als 1 Jahr, oder: „… Leerläufe sind dem Steuerzahler nicht vermittelbar…“

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Ich eröffne die 24. KW./2020 mit zwei Haftentscheidungen

Den Anfang mache ich mit dem BVerfG, Beschl. v. 01.04.2020 – 2 BvR 225/20, über den auch u.a. schon HRRS berichtet hat. Entschieden hat das BVerfG in einem Verfahren, in dem die Untersuchungshaft bereits über ein Jahr gdauert hat. Das BVerfg geht von folgendem Sachverhalt aus:

„1. Eine Haftfortdauerentscheidung genügt den verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen nicht, wenn das Gericht eine durch eine Aussetzung der Hauptverhandlung und eine Neuterminierung erst auf einen etwa sieben Monate später liegenden Zeitpunkt bedingte Verzögerung unter Hinweis auf das Verteidigungsverhalten des Angeklagten als gerechtfertigt ansieht, obwohl weder erkennbar ist, weshalb die Strafkammer darauf hätte vertrauen können, der Angeklagte werde ein umfassendees Geständnis ablegen, noch, weshalb sie die Hauptverhandlung nach der nur teilgeständigen Einlassung des Angeklagten sogleich ausgesetzt hat, ohne die erschienenen Zeugen zu vernehmen und ohne sich um weitere Fortsetzungstermine zu bemühen.

2. Eine im Zwischenverfahren in Abwesenheit und ohne Zustimmung des Angeklagten zwischen den Berufsrichtern, dem Staatsanwalt und zwei von drei Verteidigern vereinbarte Verfahrensverständigung entfaltet für den Angeklagten keine Bindungswirkung dahingehend, dass er sich daran festhalten lassen muss, es sei ein umfassendes Geständnis in Aussicht gestellt worden. Dies gilt erst recht, wenn die Verteidiger einen Vorbehalt hinsichtlich des angesprochenen Strafrahmens angemeldet haben, der als Bestandteil einer Verständigung in einer synallagmatischen Verknüpfung mit dem Einlassungsverhalten des Angeklagten steht.

3. Hat der Angeklagte sich bei dem vorgesehenen (Neu-)Beginn der Hauptverhandlung bereits ein Jahr und fünf Monate in Untersuchungshaft befunden, ist dies verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise hinnehmbar, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Die Terminslage eines Verteidigers – bei der es sich nicht um einen verfahrensimmanenten Umstand handelt – kann dabei allenfalls eine kurzfristige Verzögerung des Verfahrensfortgangs rechtfertigen. Die Strafkammer hat gegebenenfalls die Bestellung eines Pflichtverteidigers zur Verfahrenssicherung in Betracht zu ziehen.

4. Die Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist wegen der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Unschuldsvermutung nur ausnahmsweise zulässig, wenn die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung den Freiheitsanspruch des Beschuldigten überwiegen. Bei der Abwägung ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen.

5. Mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs regelmäßig gegenüber dem Strafverfolgungsinteresse. Damit steigen die Anforderungen sowohl an die Zügigkeit der Bearbeitung der Haftsache als auch an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund. Der Vollzug der Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr bis zum Beginn der Hauptverhandlung oder dem Erlass des Urteils wird dabei nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zu rechtfertigen sein.

6. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um mit der gebotenen Schnelligkeit eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Bei absehbar umfangreicheren Verfahren ist stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlung mit mehr als einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig.

7. Allein die Schwere der Tat und die sich daraus ergebende Straferwartung vermögen bei erheblichen, vermeidbaren und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang andauernden Untersuchungshaft zu dienen.

8. Die nicht nur kurzfristige Überlastung eines Gerichts kann die Haftfortdauer niemals rechtfertigen. Dies gilt selbst dann, wenn die Überlastung auf einem Geschäftsanfall beruht, der sich trotz Ausschöpfung aller gerichtsorganisatorischen Mittel und Möglichkeiten nicht mehr innerhalb angemessener Fristen bewältigen lässt.

9. Haftfortdauerentscheidungen unterliegen von Verfassungs wegen einer erhöhten Begründungstiefe und erfordern regelmäßig schlüssige und nachvollziehbare Ausführungen zum Fortbestehen der Voraussetzungen der Untersuchungshaft, zur Abwägung zwischen Freiheitsgrundrecht und Strafverfolgungsinteresse sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit.“

Eien kurze Passage aus dem Beschluss will ich dann aber doch anführen, und zwar:

Corona/Haft II: Außervollzugsetzung des Haftbefehls, oder: Der Angeklagte kann doch eh nicht fliehen

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Und als zweite Entscheidung zum Themenbereich „Corona und U-Haft“ stelle ich dann den OLG Hamm, Beschl. v. 16.04.2020 – 4 Ws 72/20 – vor.

Folgender Sachverhalt: Der Angeklagte wurde am 10.04.2019 festgenommen und befand sich seitdem in U-Haft. Im Rahmen der Aktenvorlage gem. §§ 120, 121 StPO hat das OLG mit Beschluss vom 24.10.2019 (3 Ws 461/19) die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens hat am 21.02.2020 der erste Hauptverhandlungstag stattgefunden. Ein weiterer Hauptverhandlungstag hat am 02.03.2020 stattgefunden.

Mit Beschluss vom 18.03.2020 hat die Strafkammer die Hauptverhandlung ausgesetzt, weil die Hauptverhandlung nicht binnen der Frist des § 229 Abs. 1 StPO fortgesetzt werden könne. Das LG könne nicht hinreichend gewährleisten, dass die Verfahrensbeteiligten (drei Angeklagte, zehn Verteidiger, vier Schöffen, vier Berufsrichter, zwei Staatsanwälte, ein Protokollführer, zwei Wachtmeister) während der Sitzung hinreichend gegen das Risiko einer Infektion mit dem „Corona-Virus“ geschützt werden könnten.

Mit Beschluss vom selben Tag hat das LG den Vollzug der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten gegen Auflagen (u.a. Wohnsitznahme unter einen bestimmten Anschrift, Meldung bei einer Polizeidienstelle dreimal pro Woche, Sicherheitsleistung 10.000 Euro) ausgesetzt. Der Angeklagte hat die Kaution noch am selben Tag geleistet und wurde am 18.03.2020 aus der Untersuchungshaft entlassen.

Dagegen dann (natürlich) die Beschwerde der StA, der die GStA Hamm (natürlich) beigetreten ist.

Das OLG hat die Beschwerde als unbegründet verworfen:

„Der Generalstaatsanwaltschaft ist zwar darin zuzustimmen, dass der Angeklagte angesichts der sehr hohen Straferwartung einen hohen Anreiz hat, zu fliehen und es auch tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass er Kontakte ins Ausland unterhält und über finanzielle Mittel jedenfalls im untersten sechsstelligen Bereich verfügt, die – zumindest für eine vorübergehende Zeit – eine Flucht erleichtern könnten.

Es ist allerdings festzustellen, dass jedenfalls zur Zeit die Außervollzugsetzung des Haftbefehls in Verbindung mit den getroffenen Auflagen die Erwartung hinreichend begründet, dass auch so der Fluchtgefahr begegnet werden kann.

Zum einen sind die finanziellen Mittel des Angeklagten, die er auf einer Flucht zur Verfügung hätte, durch die Sicherheitsleistung – wenn auch nur mäßig – vermindert. Durch die Meldeauflage würde eine Flucht des Angeklagten zudem zeitnah auffallen.

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass diese Auflagen in dem nunmehr rund vierwöchigen Zeitraum seit der Haftentlassung des Angeklagten auch dazu geführt haben, dass er sich dem Verfahren gerade nicht durch Flucht entzogen hat. Eine vom Senat eingeholte Auskunft hat ergeben, dass er sich an die Meldeauflagen bisher gehalten hat.

Vor allem ist aber in der gegenwärtigen Situation Folgendes zu berücksichtigen: Der Angeklagte gehört als über sechzigjährige Person mit einer Asthmaerkrankung zu der von Covid-19 besonders gefährdeten Personengruppe. Bei dieser nimmt die Erkrankung überdurchschnittlich häufig einen schweren bzw. sogar tödlichen Verlauf.  So soll die Sterblichkeitsrate bei den 60-69-jährigen Personen (schon ohne spezielle Berücksichtigung von Vorerkrankungen) bei 3,6% liegen (vgl. : https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1039211/umfrage/sterblichkeit-durch-das-coronavirus-nach-altersgruppen-in-china/). Der Angeklagte wäre aber bei einer Flucht im Vergleich zu einem gegenwärtig empfohlenen bzw. gebotenen (vgl. etwa § 12 Abs. 1 CoronaSchVO NW) kontaktarmen Verhalten zwangsläufig einer erhöhten Zahl von Kontakten ausgesetzt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Gesundheitssystem in Deutschland augenscheinlich eines der leistungsstärksten ist und mit einer höheren Zahl schwerer Krankheitsverläufe besser umgehen kann als die Gesundheitssysteme der meisten anderen Länder, so dass hier bislang eine vergleichsweise geringe Zahl an Todesopfern zu beklagen ist. Mit einer Flucht ins Ausland würde sich der Angeklagte einer erhöhten Gefährdung aussetzen. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass das Land, das nach den Telefonabhörprotokollen als Fluchtland  am wahrscheinlichsten erscheint (insoweit kann auf die Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Bezug genommen werden), Großbritannien, angesichts der Überlastung des dortigen Gesundheitssystem ein besonders hohes Risiko birgt. Die Zahl der tödlichen Krankheitsverläufe ist dort um ein Vielfaches höher als in Deutschland.

Nicht völlig unberücksichtigt bleiben kann auch, dass Grenzübertritte zur Zeit angesichts der zahlreichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im In- und Ausland sowie der verstärkten Kontrollen zwar nicht unmöglich, wohl aber erschwert und eher nachverfolgbar sind.

Angesichts dieser Umstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass gegenwärtig der Vollzug der Untersuchungshaft nicht erforderlich ist. Das Landgericht wird ggf. zu erwägen haben, ob die von der Verteidigung angebotene Abgabe des Reisepasses des Angeklagten als weitere Auflage anzuordnen ist, wenn die weltweiten Reisebeschränkungen in Zukunft wieder verringert werden sollten.“