U-Haft I: Sechs-Monats-Prüfung durch das OLG, oder: Das dürfte dem BVerfG wohl nicht reichen

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Und dann Wochenstart, und zwar geht es in die 10.KW mit zwei Haftentscheidungen.

Zunächst kommt hier der OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2025 – 2 Ws 48-51/24 – zum Haftgrund der Fluchtgefahr.

Ergangen ist der Beschluss im Haftprüfungsverfahren nach den §§ 120 ff. StPO, also Sechs-Monats-Prüfung. Das OLG hat die Fortdauer der U-Haft für weitere drei Monate angeordnet und führt aus:

„Zur Begründung wird auf die den Angeschuldigten und deren Verteidigungen bekannt gemachte Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 21.01.2025 sowie deren den Angeschuldigten zu 3. betreffende und dessen Verteidigung übermittelte – ergänzende -Stellungnahme vom 31.01.2025 verwiesen.

Im Hinblick auf die im Haftprüfungsverfahren seitens des Angeschuldigten zu 3. vorgebrachten Einwendungen, die sich gegen die Annahme eines Haftgrundes sowie die Verhältnismäßigkeit der Vollziehung des Haftbefehls richten, bemerkt der Senat ergänzend das Folgende:

1. Auch hinsichtlich des Angeschuldigten zu 3. besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Aus dem dringenden Verdacht der Begehung von – den dem Haftbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 17.05.2024 in Abweichung von der Anklageschrift vom 13.12.2024, die für seine Person von vier Taten ausgeht, zu Grunde liegenden und damit für den Senat im Haftprüfungsverfahren maßgeblichen – drei Taten nach §§ 259 Abs. 1, 260 Abs. 1 Nr. 1, 2, 260a Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB resultiert für den bislang nicht vorbestraften und damit besonders haftempfindlichen Angeschuldigten ein ganz erheblicher Fluchtanreiz. Dieser wird dadurch, dass ihm nach dem weiteren Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit der Anklage noch ein weiterer Fall der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei zur Last gelegt wird, noch verstärkt. Die Taten sind jeweils mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu ahnden, wobei für die Annahme minder schwerer Fälle bislang nichts ersichtlich ist. Der Angeschuldigte zu 3., der nach dem Ermittlungsergebnis Teil einer professionell vorgehenden Bande ist, durch deren Taten – auch in den dem Angeschuldigten zu 3. konkret zur Last gelegten Fällen – erhebliche Schäden entstanden sind, muss vor diesem Hintergrund mit einer empfindlichen, nicht aussetzungsfähigen Freiheitsstrafe rechnen. Ausreichende und hinreichend tragfähige fluchthemmende Umstände bestehen aus den in dem Haftbefehl ausgeführten Gründen sowie aus den von der Generalstaatsanwaltschaft im hiesigen Haftprüfungsverfahren in den Verfügungen vom 17.01.2025 und 31.01.2025 aufgezeigten Gründen nicht. Dabei hat der Senat gesehen, dass der Angeschuldigte zu 3. über familiäre Bindungen und einen Wohnsitz in den Niederlanden verfügt. Weder diese noch die in den Niederlanden ausgeübte selbständige Tätigkeit als Leiter eines Baggerbetriebes erscheinen nach derzeitigem Erkenntnisstand indes hinreichend tragfähig, um den aufgezeigten Fluchtanreiz auszuräumen bzw. diesem ausreichend entgegenzuwirken. Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der Angeschuldigte zu 3. hinsichtlich seines Wohnsitzes selbst einschränkend erklärt hat, dass der Verlust seines kreditfinanzierten Eigenheimes drohe, und hinsichtlich seiner selbständigen Tätigkeit zu berücksichtigen sei, dass die ihm zur Last gelegten Taten auf seinem Betriebsgelände begangen worden sein sollen und davon auszugehen ist, dass seine berufliche Tätigkeit zumindest teilweise mit den verfahrensgegenständlichen Taten zusammenhing. In der Gesamtschau, insbesondere mit Blick auf die beträchtliche Straferwartung, rechtfertigt schließlich auch der Umstand, dass der Angeschuldigte zu 3. am 21.06.2024 in den Niederlanden vom Vollzug der Auslieferungshaft verschont worden, den ihm in diesem Zusammenhang erteilten Weisungen nachgekommen ist und er sich insbesondere am 22.08.2024 zur Auslieferung in die Bundesrepublik freiwillig gestellt hat, derzeit weder eine Aufhebung noch eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Angesichts des kurzen Zeitraums von nur wenigen Wochen, in dem sich der Angeschuldigte zu 3. auf freiem Fuß befand, kommt allein diesem Umstand aktuell keine ausschlaggebende Bedeutung zu, zumal der Senat nicht auszuschließen vermag, dass der freiwilligen Gestellung zur Auslieferung die Hoffnung zugrunde lag, dass die Verschonung in der Bundesrepublik fortgesetzt bzw. beibehalten wird.

2. Der Vollzug der Untersuchungshaft steht vor diesem Hintergrund zu der Bedeutung der Sache, der Schwere der Taten, derer der Angeschuldigte zu 3. dringend verdächtig ist, und der zu erwartenden Strafe auch nicht außer Verhältnis (vgl.§§ 112 Abs. 1 S. 2, 120 Abs. 1 S. 1 StPO). Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Verschonung des Angeschuldigten zu 3. vom Vollzug der Untersuchungshaft nach dem bisherigen Erkenntnisstand und der Aktenlage bislang nicht vor. Es kann jedenfalls derzeit nicht hinreichend tragfähig angenommen werden, dass der Zweck der Untersuchungshaft durch weniger einschneidende Maßnahmen, ggf. auch die Leistung einer von dem Angeschuldigten zu 3. angebotenen Sicherheit in Höhe von 10.000-15.000,- EUR, erreicht werden kann. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls — insbesondere mit Blick auf die von der Verteidigung im Schriftsatz vom 30.01.2025 aufgezeigten Umstände, insbesondere die freiwillige Gestellung im Auslieferungsverfahren – in Betracht kommen und gerechtfertigt erscheinen kann, wird indes in der in Kürze beginnenden Hauptverhandlung und deren weiteren Verlauf auf der Grundlage der dort zur Verfügung stehenden, ggf. weiteren Erkenntnismöglichkeiten einer erneuten Überprüfung durch das Tatgericht zu unterziehen sein.

Inwieweit daneben auch der (subisdiäre) Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO) den Vollzug der Untersuchungshaft rechtfertigt, muss der Senat vor diesem Hintergrund nicht entscheiden.“

Ja, richtig gelesen, mehr steht nicht im Beschluss. Ich bin mir nicht so sicher, ob die Ausführungen des OLG betreffend die Angeschuldigten 1 und 2 dem entsprechen, was das BVerfG unter „Begründungstiefe“ bei Haftfortdauerentscheidungen versteht. Ich habe da erhebliche Zweifel. Mich hätte die Ansicht des BVerfG dazu schon interessiert :-).

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