Zwang II: Führung eines Anbahnungsgesprächs, oder: Kontaktaufnahme über einen Dritten

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Und als zweite Entscheidung dann auch noch einmal etwas zur U-Haft, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 19.11.2024 – III 3 Ws 385/24 – zur Erteilung einer Besuchserlaubnis zur Führung eines Anbahnungsgesprächs mit dem potentiellen Mandanten, wenn die Kontaktaufnahme zu dem Rechtsanwalt über einen Dritten auf Veranlassung des Mandanten erfolgt ist. Da war das OLG Hamm ja früher recht restriktiv. Hier ist die Besuchserlaubnis erteilt worden, nachdem das LG abgelehnt hatte:

„Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache zumindest vorläufigen Erfolg. Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben.

Beschwerdebefugt ist auch der (angehende) Verteidiger (vgl. Jahn/Klie in LR-StPO, 27. Aufl. § 148 Rn. 57).

1. Gem. § 137 Abs. 1 StPO kann sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens eines oder mehrerer Verteidiger bedienen. Dieser durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistete Anspruch umfasst das Recht des Beschuldigten, sich im Strafverfahren von einem gewählten Anwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen (BVerfG, NJW 1975, 1013, 1014).

a) Dem inhaftierten Beschuldigten muss deshalb zur Anbahnung – neben unüberwachten Gesprächen – die unüberwachte telefonische und schriftliche Kontaktaufnahme zur Antragung eines Verteidigungsverhältnisses ermöglicht werden – ggf. auch zu mehreren potentiellen Verteidigern, da nur so § 137 Abs. 1 S. 2 StPO und dem Wahlrecht aus § 142 Abs. 5 StPO genügt werden kann. Neben der Möglichkeit, potentielle Verteidiger zu kontaktieren, muss deren Besuch ohne Hürden ermöglicht werden (MüKoStPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl. 2023, StPO § 148 Rn. 8).

b) Eine Konstellation, in der Dritte den Rechtsanwalt beauftragt haben, ohne dass in irgendeiner Form ersichtlich wäre, dass dies auf den Wunsch des Anklagten zurückgeht, sondern sich aus der Begründung für die Besuchserlaubnis schließen lässt, dass der Angeklagte von der Kontaktaufnahme zu dem Rechtsanwalt nichts weiß (vgl. Senat, NStZ 2010, 471), liegt hier nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus der vom Angeklagten selbst auf Nachfrage der Kammer abgegebenen Erklärung, dass dieser tatsächlich die Beauftragung eines weiteren Rechtsanwalts beabsichtigt und dass zu diesem Dritte mit seiner Billigung Kontakt aufgenommen haben. Die Bevollmächtigung eines Dritten zur Anbahnung des Mandatsverhältnisses war gem. § 167 Abs. 2 BGB formfrei möglich. Vor diesem Hintergrund ist angesichts der Angaben des Rechtsanwalts ohne weiteres davon auszugehen, dass die Kontaktaufnahme zu ihm auf Wunsch und Veranlassung des Angeklagten erfolgt ist — zumal dem Rechtsanwalt augenscheinlich die vorgesehenen Verhandlungstermine bekannt sind.“

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