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Das abgehörte Anbahnungsgespräch – eine Entscheidung mit Folgen

© scusi - Fotolia.com

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Es  ist ja auch schon an anderen Stellen/in anderen Blogs über den BGH, Beschl. v. 18.02.2014 – StB 8/13 – berichtet worden, in dem es um die Löschung eines aufgezeichneten Anbahnungsgesprächs eine Verteidigers im Hinblick auf die §§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr., 160a Abs. 1 Satz 2 und 5 StPO ging. Auf den will ich heute hier auch hinweisen, nachdem ich ihn jetzt ein paar Mal gelesen habe. Eine – wie ich meine – wichtige Entscheidung für die Verteidigung. Aus der umfangreiche Begründung des BGH, aus der ich hier jetzt nicht zitieren will, lässt ich m.E. Folgendes schlussfolgern:  

  • Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO umfasst auch die Inhalte von Anbahnungsgesprächen zwischen Verteidiger und Mandant. Werden bei einer Ermittlungsmaßnahme Erkenntnisse aus derartigen Anbahnungsgesprächen gewonnen, unterfallen sie dem absoluten Verwendungsverbot des § 160a Abs. 1 StPO. Das bedeutet: Auch wenn § 148 StPO in der Entscheidung nicht erwähnt wird, sollte diese Klarstellung des BGH zukünftig bei der Entscheidung der strittigen Frage berücksichtigt werden, ob ein Anspruch auf unüberwachten Verkehr auch für Anbahnungsgespräche besteht.
  • Zweitens klärt der BGH durch die Entscheidung, dass Erkenntnisse, die sich auf Gespräche zwischen Verteidiger und Mandant beziehen, unverzüglich – wie § 160a Abs. 1 S. 3 StPO dies fordert – zu löschen sind. Ein Zurückstellen der Löschung kommt auch dann nicht in Betracht, um auf diese Weise eine gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zu ermöglichen.

Alles in allem: Eine m.E. wichtige Entscheidung. Hängt auch schon bei den entsprechenden Stichwörtern in meinen Aktenordnern für das Handbuch Ermittlungsverfahren.

Hier hatte mal ein LG keinen Igel in der Tasche, oder: Dolmetscherkosten auch für Anbahnungsgespräch mit 2. Verteidiger

Die mit der Zuziehung eines Dolmetschers für den Beschuldigte/Angeklagten zusammenhängenden kostenrechtlichen Fragen sind weitgehend durch die obergerichtliche Rechtsprechung geklärt. Insoweit sei verwiesen auf BVerfG NJW 2004, 50; BGHSt 46, 178; vgl auch Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2010, Rn. 2099 m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Das gilt sowohl für den Pflichtverteidiger als auch für den Wahlanwalt.
In dem Zusammenhang steht die Entscheidung des LG Dresden v. 16. 8. 2010 – 3 Qs 92/10. Dort war dem Beschuldigten war im Ermittlungsverfahren ein Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Er nahm Kontakt zu RA R auf, der ein „Anbahnungsgespräch“ mit ihm führte. Zu diesem zog R einen Dolmetscher bei, da der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war. Die dafür von ihm verauslagten Dolmetscherkosten hat er nun ersetzt verlangt. Das AG hat das mit der Begründung abgelehnt, dass der Beschuldigte von RA H. als Pflichtverteidiger vertreten werde. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg. Das LG Dresden hat die Kosten erstattet. Nach Auffassung des LG steht einem der deutschen Sprache nicht hinreichend Kundigen auch dann (noch) das Recht zu, Anbahnungs- bzw. Mandatsgespräche mit einem frei gewählten bzw. zu wählenden weiteren Verteidiger zu führen, wenn er bereits einen Pflichtverteidiger hat. Die dabei entstandenen Auslagen trage grundsätzlich die Staatskasse.

Die Entscheidung behandelt also ein Randproblem, nämlich die Frage, wie es mit den Kosten für Anbahnungsgespräche mit einem zweiten oder sogar dritten (Wahl)Verteidiger bestellt ist. Insoweit wird in der Rechtsprechung der OLG, die allerdings vor der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH ergangen ist (vgl. OLG Hamm StraFo 1996, 90; OLG Düsseldorf StV 1992, 362), die Kostenübernahme mit dem Argument angelehnt, wenn der Beschuldigte bereits durch einen ersten Wahlverteidiger ordnungsgemäß verteidigt wird. M.E. wird man das nicht aufrecht erhalten können, zumindest dann nicht, wenn es um die Frage der Kontaktaufnahme zu einem Wahlverteidiger geht. Die Entscheidung des LG Dresden gibt eine gute Argumentationshilfe, ist allerdings hinsichtlich der Hintergründe, die zu dem Anbahnungsgespräch geführt haben, leider „dünn“.