Und heute dann BtM – aber „reines BtM“ – also nichts mit KCanG.
Das habe ich hier zunächst den BGH, Beschl. v. 10.12.2024 – 3 StR 508/24 – zu einer alt bekannten Problematik, nämlich Abgrenzung Täterschaft/Teilnahme.
Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge verurteilt. Dagegen die Revision, die teilweise erfolgreich war.
Der BGH hatte von folgenden Feststellungen auszugehen:
„Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen erklärte sich der Angeklagte bereit, für einen unbekannten Hintermann Kokain aus den Niederlanden nach Deutschland zu transportieren. Hierfür wurde ihm eine Vergütung von 3.000 € versprochen, mit der er den überwiegenden Teil seiner Schulden hätte tilgen können. Das Fahrzeug wurde ihm ebenso wie ein Mobiltelefon zu Kommunikationszwecken zur Verfügung gestellt. Spesen für Kraftstoff und Unterkunft verauslagte der Angeklagte selbst; diese sollten ihm allerdings nach Durchführung der Fahrt erstattet werden.
Nachdem der Angeklagte zunächst Ende Februar 2023 absprachegemäß eine ihm übergebene Anzahlung von 40.000 € in die Niederlande verbracht hatte und dort unter dem Fahrersitz ein professionelles Drogenversteck eingebaut worden war, fuhr er Anfang März 2023 für die eigentliche Beschaffungsfahrt erneut in die Niederlande. Dort übernachtete er für zwei Tage in einem von ihm ausgesuchten Hotel in R. Auf Weisung seines niederländischen Mittelsmanns fuhr er zu einer in der Nähe gelegenen Garage, wo von seiner Kontaktperson in seiner Abwesenheit insgesamt 10.040,14 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 4.889,55 Gramm Kokainhydrochlorid in dem präparierten Pkw versteckt wurden. Zudem erhielt er zu Tarnzwecken eine geringe Menge Marihuana, die er im Kofferraum für den Fall einer Zollkontrolle verstaute.
In Kenntnis dessen, dass er über keine gültige Fahrerlaubnis verfügte und erhebliche Mengen an Kokain im Fahrzeug versteckt waren, fuhr der Angeklagte sodann nach Deutschland, wo er nach dem Grenzübertritt kontrolliert, das Kokain aufgefunden und er festgenommen wurde.“
Nach Auffasssung des BGH reicht das nicht für den Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die Feststellungen tragen nach Ansicht des BGH lediglich eine Verurteilung wegen Beihilfe zu einem solchen gemäß § 30a Abs. 1 BtMG, § 27 StGB:
„a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige Mittäter, der einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden ein Teil der Tätigkeit aller sein. Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Ausschlaggebend sind dabei der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (s. BGH, Beschlüsse vom 6. August 2019 – 3 StR 189/19, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 41 Rn. 4 f.; vom 12. August 2021 – 3 StR 441/20, BGHSt 66, 226 Rn. 50).
Bei der Mitwirkung von Drogenkurieren am Betäubungsmittelhandel ist entscheidend, welcher Stellenwert der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Erschöpft sich das Verhalten in der bloßen Beförderung von Betäubungsmitteln, ist regelmäßig von einer untergeordneten Bedeutung auszugehen. Eine andere Bewertung kommt in Betracht, wenn der Angeklagte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er einen Anteil am Umsatz oder zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Ausreichend ist etwa, wenn er mit den Lieferanten oder Abnehmern verhandelt und selbständig den Umfang der Verkaufsmenge bestimmt. Eine bloße weisungsgebundene Transporttätigkeit genügt dagegen nicht (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 – 3 StR 136/22, juris Rn. 6 mwN).
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen Handelns des Angeklagten auch dann durchgreifenden Bedenken, wenn man dem Tatgericht bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 12. August 2021 – 3 StR 441/20, BGHSt 66, 226 Rn. 52 mwN). Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen vermögen den Schluss, der Angeklagte habe seine Mitwirkungshandlungen als Teil der Handelsbemühungen aller und demzufolge das Drogengeschäft als eigene Tat verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
Das Verhalten des Angeklagten stellt sich äußerlich als untergeordnete Unterstützung einer fremden Tat dar, nicht als Tatbeitrag, der im Rahmen eines gleichrangigen, arbeitsteiligen Vorgehens von einem Mittäter erbracht wird. Es beschränkte sich darauf, die ihm überlassene Anzahlung und das Transportfahrzeug zur Vorbereitung des Drogengeschäfts in die Niederlande zu verbringen sowie bei der Beschaffungsfahrt auf Abruf zu warten, um diese auftragsgemäß durchzuführen. An dem eigentlichen Kokainhandel war der Angeklagte nicht maßgeblich beteiligt. Weder war er in die Einkaufsverhandlungen mit dem Lieferanten, etwa dem Aushandeln der Rauschgiftmenge und des Kaufpreises, noch in die Entgegennahme und die Bezahlung der Drogen oder in deren geplanten Absatz in Deutschland eingebunden. Zwar musste der Angeklagte in gewissem Umfang selbstständig vorgehen, weil er sich vor Beginn der Fahrt für wenige Tage allein in den Niederlanden aufhielt. Jedoch belegen die Feststellungen keinen maßgebenden Einfluss auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts.
Auch die Entlohnungsabrede vermag eine täterschaftliche Beteiligung nicht zu tragen. Nach dieser handelte der Angeklagte in der Aussicht auf eine vom Taterfolg unabhängige, pauschale und im Vergleich zum Gesamtwert des gehandelten Kokains geringe Vergütung. Dies stellt keine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung nach erfolgreichem Absatz dar. Dass er durch den Schuldenerlass einen persönlichen Vorteil erlangte, ändert an dieser Bewertung nichts. Denn ein Kurier wirkt regelmäßig an einem Betäubungsmittelgeschäft mit, weil er Geld benötigt oder einen sonstigen Vorteil erstrebt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2020 – 1 StR 43/20, juris Rn. 10). Es macht zudem wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied, ob der Beteiligte seinen Lohn in bar erhält oder wie hier durch seine untergeordnete weisungsgebundene Transporttätigkeit vermeintliche Schulden bei seinen Auftraggebern getilgt werden. Allein aus dem Umstand, dass das Handeln des Angeklagten vom Streben nach Gewinn geleitet wurde, folgt somit kein Täter- oder Tatherrschaftswille.“