Archiv für den Monat: Dezember 2022

Weihnachten 2022 – der BOB wünscht frohe Feiertage, vor allem Gesundheit und Frieden

 

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Es ist Samstag und damit an sich „Kessel-Buntes-Tag“, Aber wir schreiben auch den 24. Dezember und damit ist dann heute “Heilig Abend” und damit steht das Weihnachtsfest vor der Tür. Zu dem Fest dann auch vom BOB gute Wünsche. Und wie immer am 24.12. gibt es an dem Tag keine Posts mit Entscheidungen, sondern nur Weihnachtsgrüße und Weihnachtswünsche an alle Leser/Leserinnen/Abonnenten/Abonnentinnen, Kommentatoren und Freunde. Ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest und viel Spaß bei allem, was sie in den nächsten Tagen tun und machen.

Na ja, so richtig kommt „Weihnachtsfreude“ nicht auf, wenigstens bei mir. Natürlich freue ich mich auf das Zusammensein mit der Familie, vor allem den Prinzessinnen. Aber, wenn man sich so umsieht, dann hat man außerhalb seiner kleinen Blase so viel Grund zur Freude dann doch nicht. Immer noch Corona. Zwar nicht mehr so schlimm wie 2020 und 2021, aber immerhin und man weiß nicht so richtig, wohin die Fahrt geht. Viel schlimmer und bedrückender ist aber in meinen Augen der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen. Auch da weiß man nicht, wohin das alles führt. Aber: Wie immer hat jedes Ding zwei Seiten. Und so zeigen uns m.E. der Ukrainekrieg und seine Folgen doch recht deutlich, dass manches, was wir für selbstverständlich gehalten haben, gar nicht so selbstverständlich ist und man es vielleicht nicht ganz so gedankenlos einfach hin nimmt. Es ist eben einfach da. Manches ist eben nicht (mehr) einfach so da. Aber: M.E. ist eben so sicher: Es wird weitergehen und es wird auch wieder aufwärts gehen. Man muss nur fest daran glauben, dann klappt das schon.

Meine Hl. Abend-Weihnachtspostings sind für mich dann immer auch Anlass – wer diese Postings jährlich liest, weiß, was jetzt kommt -, mich bei allen, die mit Weihnachtskarten und -grüßen an den BOB und mich gedacht haben, zu bedanken. Wie immer: Ich freue mich über jede Karte, die ich bekomme 🙂 , aber auch über jede, die ich nicht bekomme. Denn es gilt für mich nach wie vor: Weihnachtskarten, ja danke, aber: Können wir das im nächsten Jahr nicht anders regeln?. Und ich tue das und habe das, was für Weihnachtskarten usw. vorgesehen war, gespendet.

Und dann stellt sich natürlich immer wieder die Frage: Welches Bild. Nun, es werden am 24.12. so viele Weihnachsbäume usw. gepostet, da muss ich nicht auch noch einen einstellen. Ich habe mich dann für „Gesundheitsplätzchen“ entschieden. Gesundheit ist mit das wichtigste Gut, das wir haben und das wir uns bewahren sollen/müssen. Und die dann in Kombination mit Plätzchen, was will man mehr? Außer natürlich: Frieden. Das wünsche ich allen und schließe mit: In dem Sinn: Allen ein Frohes Fest. Und: Nach wie vor positiv denken.

Ich habe da mal eine Frage: Fällt die Verfahrensgebühr nach „Wiederaufnahme des Verfahrens“ weg?

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Und dann als letztes Postin vor Weihnachten noch das RVG-Rätsel (damit man über die Feiertage etwas zu tun hat 🙂 ). Es enthält heute mal wieder eine Frage zur Nr. 4141 VV RVG, und zwar:

„Moin Herr Burhoff,

ich habe eine Anwendungsfrage zur obigen Verfahrensgebühr.

Und zwar haben wir einen Mandanten in einem Ermittlungsverfahren vertreten, die Angelegenheit wurde gem. § 154, Abs. 1 StPo am 24.09.2021 eingestellt (in der anderen Strafsache wurde er am 01.12.2021 freigesprochen), hernach wurden die Ermittlungen am 07.02.2022 wieder aufgenommen, in der Hauptverhandlung am 08.09.2022 wurde er dann freigesprochen.

Ich habe dazu in „aus RVGreport 2015, 42“ den Absatz c) „Wiederaufnahme“ des Verfahrens gefunden. Kann ich die obige Gebühr nun ansetzen – die Bezirksrevision sieht dieses anders – ?

Vielen Dank für Ihre Bemühungen vorab!“

Die Einziehungsgebühr im sog. „Bagatellbereich“, oder: Gegenstandswert eine „Diebestüte“

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Und als zweite Entscheidung dann noch ein Beschluss aus Frankfurt/Main, und zwar der AG Frankfurt am Main, Beschl. v. 10.05.2022 – 989 Ds 955 Js 18304/19. Er enthält auch eine Problematik in Zusammenhang mit der Nr. 4142 VV RVG, und zwar die Frage nach dem Gegenstandswert.

Der AG nimmt Stellung zum Gegendstandswert eine sog. „Diebestüte“ Stellung. Der Verteidiger hatte beantragt, den auf mindesens 30 EUR festzusetzen. Das AG sagt: Nein, der Gegenstandswert ist Null:

„Der Gegenstandswert ist nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen. Mit Schriftsatz vom 30. März 2022 hat der Verteidiger, pp., beantragt den Gegenstandswert für das führende Verfahren 989 Ds 955 Js 18304/19 auf mindestens EUR 30,00 festzusetzen.

Selbst der Neupreis einer derartigen Tragetasche liegt weit unter dem vom Verteidiger angesetzten Wert. Die gegenständliche Tasche wurde ausweislich des Aufnähers bei „tegut“ erworben. Der Prospekt des „tegut“ führte für den Zeitraum vom 31. Januar bis zum 5. Februar 2022 derartige Tragetaschen der Marke „manomama“ zu einem Verkaufspreis in Höhe von lediglich EUR 4,44.

Im vorliegenden Fall sind ausweislich der Lichtbilder Bl. 24 ff. der Akte beide Tragegriffe der Tasche jeweils an einer Stelle abgerissen. Die Tragetasche kann als solche nur noch aufgrund der provisorischen Verknotung der Tragegriffe miteinander verwendet werden.

Einer derart beschädigten Tragetasche kann kein Verkehrswert beigemessen werden.

Der Inhalt der Tasche führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Gebühr nach VV 4142 RVG verlangt einen erhaltenswerten Gegenstand (vgl. Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Rn. 19). Eine „Diebestüte“, die mit Alufolie ausgehüllt darauf zielt, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, hat keinen legalen Anwendungsbereich und stellt deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar.“

M.E. so zutreffend. Damit scheidet eine Abrechnung der Nr. 4142 VV RVG aus. Darum ging es, denn die entsteht ja im sog. „Bagatellbereich“ nicht.

Welche Gebühren bei der selbständigen Einziehung?, oder: Ggf. alles noch einmal…..

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Heute ist der letzte Arbeitstag vor Weihnachten und ich stelle hier – es ist Freitag – noch einmal Gebührenentscheidungen vor.

Ich hatte im vergangenen Jahr über den AG Bremen, Beschl. v. 04.03.2021 – 87 Ds 310 Js 53638/14 (29/18) – berichtet. Der hat zu den Gebühren im selbständigen Einziehungsverfahren (§§ 421 ff. StPO) Stellung genommen. Nun bin ich durch Zufall auf die dazu ergangenene Rechtsmittelentscheidung gestoßen, deren Volltext ich mir dann über das LG Bremen besorgt habe. Den LG Bremen, Beschl. v. 17.02.2022 – 5 Qs 321/21 u. 5 Qs 488/21 will ich dann heute als erste Entscheidung vorstellen.

Nochmals kurz der Sachverhalt: Der Rechtsanwalt war für die Betroffene sowohl im Strafverfahren als auch in einem sich anschließenden selbstständigen Einziehungsverfahren tätig. Er hat für dieses nach dessen Einstellung gegenüber der Staatskasse, der die Kosten des Verfahrens auferlegt worden waren, neben der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG u.a. auch die allgemeinen Verfahrensgebühren und eine Terminsgebühr geltend gemacht. Diese sind vom AG Bremen im Beschl. v. 04.03.2022 festgesetzt worden. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Staatskasse hatte keinen Erfolg:

„Die zulässigen sofortigen Beschwerden mit einem Beschwerdewert von 268,94 Euro (5 Qs 321/21) und 686,15 Euro (5 Qs 488/21) sind aus den bereits in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Amtsgerichts Bremen genannten Gründen als unbegründet zurückzuweisen.

Die erkennende Kammer teilt vollumfänglich die Auffassung, dass es sich bei dem eingestellten Ermittlungsverfahren und dem selbstständigen Einziehungsverfahren nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG handelt. Gebührenrechtlich hat eine eigenständige Abgeltung zu erfolgen bei der – neben der zusätzlichen Verfahrensgebühr für Einziehungen nach Nr. 4142 VV RVG – auch Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren für den Einziehungsbeteiligten entstehen können (vgl. auch Burhoff, AGS 2021, 400-401).

Aus Sicht der Kammer kann die zur gleichgelagerten Problematik in Bußgeldsachen (Nr. 5116 VV RVG) ergangenen Rechtsprechung auf den Bereich der Strafsachen übertragen werden (vgl. zu Nr. 5116 VV RVG: LG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 07. Dezember 2012 – 5 Qs 384/12 –, juris; LG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 3 Qs 6/13 Ko –, juris; LG Trier, Beschluss vom 08. August 2016 – 1 Qs 32/16 –, juris; LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 29. Oktober 2019 – 16 Qs 30/19 –, juris, LG Stuttgart, Beschluss vom 17. Februar 2020 – 20 Qs 15/19 –, juris und LG Hamburg, Beschluss vom 18. Oktober 2021 – 612 Qs 100/20 OWi –, juris; a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. April 2012 – 1 AR 70/11 –, juris und LG Kassel, Beschluss vom 15. Mai 2019 – 8 Qs 4/19 –, juris).

Wie die §§ 421 ff. StPO und insbesondere § 427 StPO deutlich machen, geht das Gesetzgeber davon aus, dass ein Einziehungsbeteiligter zur Wahrung seiner Rechte nicht nur vollumfänglich am Verfahren zu beteiligen ist, sondern ihm grundsätzlich auch die gleichen Befugnisse einzuräumen sind, die einem Angeklagten zustehen. Gerade die ggf. unterschiedliche Interessenlage zwischen Beschuldigten und Einziehungsbeteiligten kann es im Einzelfall erforderlich machen, dass der Einziehungsbeteiligte sich intensiv(er) und umfangreich(er) – z.B. über Beweisanträge – am Verfahren beteiligen muss. Eine Vergütung lediglich anhand der als Wertgebühr ausgestalteten Einziehungsgebühr würde der gesetzlichen Stellung und Interessenlage der Einziehungsbeteiligten demnach nicht gerecht werden und führt in aller Konsequenz in eine Situation, in der Verteidiger von Einziehungsbeteiligten nur dann mit einer angemessenen Vergütung rechnen können, wenn der Wert des Einziehungsgegenstandes ausreichend hoch ist, um ggf. auch umfangreiche und schwierige anwaltliche Tätigkeiten abzudecken.“

Ist zutreffend. Und an diejenigen, die Ausführungen zur Grundgebühr vermissen. Dazu hatte das AG bereits Stellung genommen. Die Frage hat im Rechtsmittelverfahren keine Rolle mehr gespielt.

OWI III: Geschwindigkeitsmessung duch Nachfahren, oder: Wenn das AG Probleme mit Zeugenausssagen hat

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Und zum Tagesschluss dann noch etwas zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren. Das AG Dortmund hatte sich in dem Verfahren mit den Angaben der Polizeibeamtinnen zur Messung etwas schwer getan und daher dann den Betroffenen mit AG Dortmund, Urt. v. 22.11.22 – 729 OWi-265 Js 1807/22-117/22 – frei gesprochen.

Hier die Leitsätze der AG-Entscheidung, die vom AG mitgeteilt worden sind. Ich habe sie um die „*“  „bereinigt“:

  1. Es ist bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit über eine Strecke von 1000 m bei einem Verfolgungsabstand von 100 m auf einer BAB nicht plausibel, dass einerseits die Messstrecke, andererseits der gleichbleibende Abstand der Fahrzeuge und schließlich eine durchgehende Tachometerbeobachtung durch zwei Polizeibeamtinnen ohne jegliche Kommunikation untereinander zuverlässig festgestellt werden kann. Bei einer durchgehenden Tachometerbeobachtung sowohl durch die Beifahrerin als auch die Fahrerin sind eine durchgehende Beobachtung des Fahrzeugs des Betroffenen, eine durchgehende Kontrolle des gleichbleibenden Abstandes des Polizeifahrzeuges und schließlich eine gleichzeitige Feststellung der Messstrecke nach menschlichem Ermessen nicht möglich, zumal zur Nachtzeit.
  2. Zur Nachtzeit und ohne Umgebungsbeleuchtung kann ohne weitere Beleuchtungs-quellen, die die Fahrzeugkonturen eines Fahrzeuges aufhellen, anerkanntermaßen nicht davon ausgegangen werden, dass Fahrzeugkonturen eines gemessenen 100 m entfernten Fahrzeugs erkennbar sind. Die bloße Erkennbarkeit von Rücklichtern reicht nicht aus, um zuverlässig eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit durchführen zu können.