Archiv für den Monat: Mai 2021

Corona II: Subventionsbetrug beim„Corona-Soforthilfe-Antrag“, oder: „Kreuzchen-Erklärung“

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Im zweiten Corona-Posting geht es um eine materielle Frage. Nach den Feststellungen des LG hat der Angeklagte im Frühjahr 2020 in sieben Fällen in vier Bundesländern, und zwar in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, sog. Corona-Soforthilfen für tatsächlich nicht existierende Kleingewerbe beantragt und auf diese Weise – seine Anträge hatten in vier Fällen Erfolg – insgesamt 50.000 EUR erhalten. In drei Fällen nutzte der Angeklagte fremde Personendaten. Er täuschte bei der Antragsstellung über subventionserhebliche Tatsachen. Das LG hat den Angeklagten wegen siebenfachen Subventionsbetruges, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte in dem BGH, Beschl. v. 04.05.2021 – 6 StR 137/21 – keinen Erfolg:

„3. Auch der Sachrüge bleibt der Erfolg versagt. Die gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit sind ergänzend folgende Ausführungen veranlasst:

a) Zutreffend geht die Strafkammer davon aus, dass es sich bei den beantragten Soforthilfen um Subventionen gemäß § 264 Abs. 8 Satz 1 StGB handelt, die als sogenannte verlorene Zuschüsse ohne eine marktmäßige Gegenleistung von den Ländern aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht (hier aufgrund der Haushaltsgesetze § 44 BHO i.V.m. § 23 BHO bzw. § 53 der HO der Länder) Betrieben und Unternehmen gewährt werden und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienen.

b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe in seinen Anträgen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 StGB gegenüber den zuständigen Behörden oder eingeschalteten Stellen oder Personen (Subventionsgeber) für ihn vorteilhafte unrichtige Angaben über aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnete Tatsachen (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB) gemacht.

aa) Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147 mwN). § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden. Da die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ und die zur Umsetzung erlassenen Richtlinien der Länder keine Gesetze im formellen oder materiellen Sinne sind und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, kommt nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – hier § 2 SubvG i.V.m. den Subventionsgesetzen der Länder (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147, 149) – in Betracht. Pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen reichen dabei nicht aus; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, NJW 2014, 3114, 3115; Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238).

bb) Diesen Anforderungen genügen die vom Angeklagten ausgefüllten Antragsformulare.

Das bei der ersten Tat genutzte niedersächsische Antragsformular („Version 1“) bezeichnet unter Ziffer 4 die subventionserheblichen Tatsachen ausdrücklich, namentlich die Angaben zum Antragsteller, zum Unternehmen und zum Förderbedarf. Das für die letzte Tat verwendete sächsische Formular kennzeichnet dieselben jeweils durch einen erläuternden Zusatz.

Auch in dem in zwei Fällen verwendeten nordrhein-westfälischen und auch in dem bei einer Tat benutzten baden-württembergischen Antragsformularen werden die subventionserheblichen Tatsachen in der gebotenen Eindeutigkeit bezeichnet. Zwar werden sie nicht einzeln als solche benannt; der Antragsteller muss aber „durch ein zu setzendes Kreuz seine Kenntnis bestätigen, dass es sich ‚bei den Angaben unter Ziff. […] um subventionserhebliche Tatsachen handelt‘ “. Abgefragt werden unter den aufgezählten Ziffern auch hier Angaben zu seinen Personalien, Art und Beschäftigtenzahl des Unternehmens sowie dessen Förderbedarf. Die Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen erfordert keine wörtliche Wiederholung, sondern kann sich auch aus einer präzisen Verweisung ergeben. Da nur einige und zudem fast ausschließlich erhebliche Tatsachen abgefragt werden, wird die umfangreiche Verweisung nicht zu einem grundsätzlich unzulässigen pauschalen oder lediglich formelhaften Hinweis, zumal sie sich nur auf im Antragsformular selbst enthaltene Angaben bezieht (so auch LG Hamburg, NJW 2021, 707, 710; Rau/Sleiman NZWiSt 2020, 373, 375; Burgert, StraFo 2020, 181, 185). Einer wirksamen Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber steht auch nicht entgegen, dass diese ausschließlich in einer vom Subventionsempfänger anzukreuzenden Wissenserklärung aufgeführt werden. Dies führt nicht dazu, dass der Subventionsnehmer selbst über die Subventionserheblichkeit der Tatsache entscheidet (aA Schmuck/Hecken/Tümmler NJOZ 2020, 673, 676 f.). Vielmehr handelt es sich um eine nach Sinn und Zweck zulässige Gestaltungsmöglichkeit, welche die Kenntnisnahme des Subventionsnehmers nachweist.

Auch das in zwei weiteren Fällen verwendete geänderte niedersächsische Formular („Version 2“), in dem es heißt, dass „alle in diesem Antrag (inklusive dieser Erklärung) anzugebenden Tatsachen subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB sind“, genügt in den hier zu entscheidenden Fallkonstellationen den Anforderungen des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB (aA LG Hamburg, NJW 2021, 707, 710; Schmuck/Hecken/Tümmler NJOZ 2020, 673, 675; Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373, 375). Das Formular verlangt wie diejenigen anderer Bundesländer auf knapp vier Seiten die bereits genannten Angaben. Der Hinweis, dass „alle Angaben subventionserheblich“ sind, sorgt bei dem Subventionsnehmer für die nötige Klarheit über die subventionserheblichen Tatsachen. Sein Augenmerk wird hinreichend präzise auf die Bedeutung aller abgefragten Angaben gelenkt. Abweichend von den in der Rechtsprechung bisher entschiedenen Konstellationen unzulässiger pauschaler und lediglich formelhafter Verweisungen, bei denen in der Regel lediglich der Wortlaut von § 264 Abs. 9 StGB oder § 2 SubvG wiederholt (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; OLG Jena, Beschluss vom 1. November 2006 – 1 Ws 290/06; LG Magdeburg, wistra 2005, 155, 156 f.; LG Düsseldorf, NStZ 1981, 223) oder auf den Antrag nebst umfangreichen Anlagen, Gesprächsprotokolle, Finanzierungspläne und Bewilligungsbescheide Bezug genommen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17 Rn. 47, NStZ-RR 2019, 147, 149), bleibt es hier nicht dem Antragsteller bzw. Subventionsnehmer überlassen, sich Klarheit über die maßgebenden Tatsachen und Angaben zu verschaffen.

c) Schließlich begegnet die Annahme der Strafkammer, dass bei allen Taten ein unbenannter schwerer Fall nach § 264 Abs. 2 Satz 2 StGB vorliegt, keinen Bedenken. Sie hat insofern auf die besonderen Umstände der Taten abgestellt, namentlich auf das Ausnutzen eines Soforthilfeverfahrens in einer deutschlandweiten Notlage, die mehrfach und in verschiedenen Bundesländern gestellten Anträge und den Gesamtumfang der unberechtigt erlangten Unterstützungsleistungen von 50.000 Euro. Angesichts dessen bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Strafkammer die Tatbegehung bei wertender Betrachtung den benannten Regelbeispielen gleichgestellt hat, zumal die Gewerbsmäßigkeit des Handelns des Angeklagten auch beim Subventionsbetrug zumindest eine Indizwirkung für das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles entfaltet (vgl. MüKo-StGB/Ceffinato, 3. Aufl. 2019, § 264 Rn. 139; BeckOK/Momsen/Laudien, 49. Edition 1. Februar 2021 § 264 Rn. 51).“

Corona I: Zusammentreffen von drei Personen im Pkw, oder: Ansammlungsverbot/Mindestabstand

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Heute dann Start in die 20 KW., und zwar mit Entscheidungen rund um Corona. Und ich beginne die Berichterstattung mit einer AG- und einer OLG-Entscheidung.

Bei der AG-Entscheidung handelt es sich um den AG Dortmund, Beschl. v. 03.05.2021 – 729 OWi-127 Js 200/21 -54/21. Durch Bußgeldbescheid ist dem Betroffenen vorgeworfen worden, am 21.11.2020 gegen 23:53 Uhr in Dortmund an einem Zusammentreffen von drei Personen in einem Pkw teilgenommen zu haben und dabei den Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten zu haben. Das AG hat den Betroffenen von diesem Vorwurf frei gesprochen:

„Ausweislich des Anzeigesachverhaltes haben Ordnungsamt und Polizei Folgendes festgestellt:

„Bei Kontrollen durch das Ordnungsamt der Stadt Dortmund wurde festgestellt, dass Sie, Herr A, am 21.11.2020 um 23:53 Uhr an der oben genannten Örtlichkeit sich verbotswidrig mit 2 weiteren Personen im PKW mit dem Kennzeichen XXX fuhren. Aufgrund der Gegebenheiten des PKW’s konnten Mindestabstände nicht eingehalten werden. Bei den Überprüfungen in der Kontrolle konnte festgestellt werden, dass die Anzahl der haushaltsfremden Personen ein Verstoß gegen die Regeln der CoronaSchVO darstellen. Weitere Personen: Herr B und Herr C“.

Nach diesen Feststellungen war der Betroffene aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

In der Corona-Schutzverordnung in der zur Tatzeit gültigen Fassung galt die Mindestabstandsregelung lediglich „im öffentlichen Raum“ vgl. § 2 Abs. I der CoronaSchVO. Zudem war geregelt, dass die Unterschreitung des Mindestabstandes dann zulässig ist, wenn aus „baulichen Gründen“ die Einhaltung des Mindestabstandes nicht möglich ist.

In einem PKW sind derartige bauliche Gründe gegeben, wenn alle Sitzplätze bestimmungsgemäß und nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zulässig besetzt sind. Schließlich ist der PKW aber auch kein öffentlicher Raum i.S.d. zum Tatzeitpunkt geltenden Verordnungslage.

Derartiges wurde bereits festgestellt für CoronaSchVOen entsprechenden Inhaltes anderer Bundesländer und zwar etwa durch das AG Salzgitter mit Urteil vom 14.12.2020 – Az.: 11 a OWi 123 Js 40670/20 -, AG Stuttgart, Beschluss vom 08.09.2020 – 4 OWi 177 Js 68534/20 – bzw. auch AG Reutlingen, Beschluss vom 09.12.2020 – 4 OWi 23 Js 1624/20 -.

Dementsprechend war bereits aufgrund des Akteninhaltes im schriftlichen Verfahren ohne Zustimmung des Betroffenen und des Verteidigers, aber nach Gewährung rechtlichen Gehörs, ein Freispruch möglich.“

Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich um den OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.04.2021 – 4 Rb 24 Ss 7/21. Von dem stelle ich aber nur den Leitsatz vor. Denn die vom OLG Stuttgart  behandelten Fragen haben auch schon in anderen Verfahren eine Rolle gespielt. Das AG hatte gegen die Betroffene „wegen des vorsätzlichen Aufenthalts mit mehr als einer weiteren Person, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehört, im öffentlichen Raum trotz eines Aufenthaltsverbots“ eine Geldbuße verhängt. Das OLG hat aufgehoben und zurückverwiesen, damit das AG weitere Feststellungen treffen kann/muss.

Der Leitsatz der OLG-Entscheidung lautet:

  1. Das Infektionsschutzgesetz ermächtigte im März 2020 in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Landesregierung, den Aufenthalt im öffentlichen Raum angesichts der Corona-Pandemie zu beschränken und Verstöße als Ordnungswidrigkeit auszugestalten.

  2. Das in § 3 Abs.1 Satz 1 Corona-Verordnung vom 17. März 2020 in der Fassung vom 28. März 2020 geregelte Verbot des gemeinsamen Aufenthalts mit mehr als einer nicht dem eigenen Haushalt angehöriger Person im öffentlichen Raum ist verfassungsgemäß dahin auszulegen, dass ein ordnungswidriges Verhalten nur vorliegt, wenn zusätzlich die in § 3 Abs. 1 Satz 2 Corona-Verordnung festgelegte allgemeine Abstandsregel von 1,5 Metern nicht eingehalten wird.

Sonntagswitz, heute mal wieder zum Wetter

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So und dann am Sonntagnachmittag der Sonntagswitz. Heute ist das Thema mal wieder das Wetter. Anlass: Die sog. Eisheiligen(Tage) in der letzten Woche – heute dann noch die „kalte Sofie“.

Hier sind:

Und wenn man danach sucht: Den bekommt man an vielen Stellen angezeihgt:

In der Schule fragt der Lehrer: „Wer kann mir die drei Eisheiligen nennen ?“

Meldet sich Peter: „Langnese, Schöller und Dr. Oetker !“


Der empörte Ehemann: „Bei diesem Sauwetter soll ich einkaufen gehen? Da jagt man ja keinen Hund auf die Straße!“

Erwidert seine Frau ungeniert: „Ich hab ja auch nicht gesagt, dass du den Hund mitnehmen sollst!“


Der Küster entdeckt Schlittschuhe in der Sakristei.

„Wem gehören die?“ fragt er streng die Ministranten.

Hubert grinst: „Wahrscheinlich den Eisheiligen!“


Ein Gefangener wird vom Pfarrer zum Galgen begleitet. Es regnet in Strömen, der Pfarrer hält den Schirm:

Gefangener: „So ein Sauwetter, Herr Pfarrer.“

Pfarrer: „Sie haben’s gut, Sie müssen nur hin – ich muss auch wieder zurück.“


 

Wochenspiegel für die 19. KW., das war Corona, Corona, Messdaten, WhatsApp, Hitlergruß und EncroChat

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So, heute dann der Wochenspiegel für die 19 KW. mit folgenden Beiträgen/Hinweisen:

  1. OLG Schleswig-Holstein: Keine Entschädigung wegen Schließung aufgrund des Corona-Lockdowns aus Betriebsschließungsversicherung – pandemische Ausnahmesituation kein Versicherungsfall,
  2. Datenleck bei Corona-Schnelltests – So hilft Ihnen WBS,

  3. LG Bonn: Irreführende Bewerbung einer KN95-Maske als „ähnlich einer FFP2-Maske“ ,

  4. LG Düsseldorf: Kein Entschädigungsanspruch gegen Land NRW wegen coronabedingter Einnahmeausfälle im Einzelhandel,
  5. Cloud Computing: Datenschutz und Datensicherheit,
  6. „Akteneinsicht“ in Protokollaufzeichnung?

  7. Geschwindigkeitsüberschreitung: Bundesverfassungsgericht rügt erneut unfaires Bußgeldverfahren,
  8. Hamburgischer Datenschutzbeauftragter: Verbot der Weiterverarbeitung für WhatsApp-Nutzerdaten ,

  9. Hitlergruß war keine Tanzbewegung,

  10. und aus meinem Blog: Haft I: Dringender Tatverdacht, oder: Verwertungsverbot wegen EncroChat-Krypto-Handys?

 

StrEG II: Telefonkontakt zum Verteidiger während der Durchsuchung, oder: Entschädigung?

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Die zweite Entscheidung kommt vom OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Urt. v. 29.01.2021 – I-11 U 41/20 – zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Feststellungklage, mit der ein Entschädigungsanspruch aus § 2 StrEG für aus Anlass einer strafprozessualen Durchsuchung entstandene Verteidigerkosten geltend gemacht wird. Der Beschuldigtre hatte während der Durchsuchung zu seinem Verteidiger telefonischen Kontakt aufgenommen. Nach Einstellung des Verfahrens macht er die entstandenen Kosten gegen die Landeskasse geltend, die sich natürlich heftig wehrt.

Hier dann nur die Ausführungen des OLG zur Begründetheit:

„2. In der Sache ist die Feststellungsklage nur teilweise begründet.

Der Feststellungsantrag ist allein insoweit begründet, als dass in ihm als Minus das Begehren des Klägers enthalten ist, die grundsätzliche Verpflichtung des beklagten Landes festzustellen, ihn von den zu seinen Lasten durch die Durchsuchungsmaßnahme vom 24.10.2017 verursachten Verteidigerkosten freizustellen, wobei sich die Freistellungsverpflichtung des beklagten Landes auf die nach dem RVG abrechenbaren Gebühren und Auslagen beschränkt und auch hinsichtlich dieser, soweit mit ihnen nicht nur die Verteidigung des Klägers gegen die Durchsuchungsmaßnahme sondern auch dessen sonstige Verteidigung in dem Ermittlungsverfahren 355 Js 1/17 (126) StA Bochum abgegolten wird oder würde, nur auf den Anteil, der dem Anteil der Verteidigung gegen die Durchsuchungsmaßnahme an der gesamten Verteidigung des Klägers in dem Ermittlungsverfahrens 355 Js 1/17 (126) StA Bochum entspricht. Allein insoweit ist das Feststellungsbegehren des Klägers dem Grunde nach aus §§ 2 und 7 StrEG begründet. Wegen seines darüber hinausgehenden Feststellungsbegehrens ist die Klage unbegründet.

a) Aufgrund der vom Amtsgericht Bochum mit Beschluss vom 24.07.2018 (64 GS 2430/18 (355 Js 1/7) getroffenen Grundentscheidung, welche seit dem 09.08.2018 rechtskräftig ist, steht mit Bindungswirkung für den Senat fest, dass der Kläger für die am 24.10.2017 bei ihm durchgeführte Durchsuchungsmaßnahme, die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG eine andere Strafverfolgungsmaßnahme i.S.d. § 2 Abs. 1 StrEG darstellt, für etwaige von ihm durch den Vollzug der Strafverfolgungsmaßnahme erlittene Vermögensschäden aus der Staatskasse zu entschädigen ist (vgl. Meyer, a.a.O. Vorbem. §§ 10-13 Rn. 5).

Aus den bereits oben unter C. 1. B) cc) (3) dargelegten Gründen ist vom Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dargelegt und nachgewiesen worden, dass durch die während der Durchsuchungsmaßnahme erfolgte telefonische Kontaktierung von Rechtsanwalt P zu seinen Lasten infolge der Durchsuchungsmaßnahme Verteidigerkosten entstanden sind. Diese stellen einen nach § 7 StrEG erstattungsfähigen Vermögensschaden dar, weil das gegen den Kläger geführte Ermittlungsverfahren am 04.04.2018 von der Staatsanwaltschaft Bochum nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde und die Kostenvorschriften der Strafprozessordnung für diesen Fall die Möglichkeit einer prozessualen Erstattung dieser Auslagen nicht vorsehen (BGH, Urteil vom 11.11.1976, III ZR 17/76 – Rz. 12 juris).

Allerdings kann der Kläger nach den §§ 2 und 7 StrEG für seine Verteidigerkosten vom beklagten Land nur eine Entschädigung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen verlangen. Eine etwaig vereinbarte höhere Anwaltsvergütung ist nach diesen Vorschriften nicht zu entschädigen (BGH, a.a.O. – Rz. 36 bis 38). Auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen können vom Kläger, soweit mit ihnen nicht nur die vom Verteidiger im Zusammenhang mit der Durchsuchungsmaßnahme entfalteten Tätigkeiten, sondern zugleich auch die von ihm vor und/oder nach der Durchsuchungsmaßnahme im Ermittlungsverfahren 355 Js 1/17 (126) StA Bochum entfalteten Tätigkeiten pauschal abgegolten werden, nicht in voller Höhe erstattet verlangt werden. Für diese Gebühren und Auslagen, zu denen auch die vom Kläger auf Seite 5 der Berufungsbegründung vom 17.04.2020 genannten Gebührentatbestände und Auslagen gehören dürften, steht dem Kläger allein eine anteilige Entschädigung zu, die dem Anteil der Verteidigung gegen die Durchsuchungsmaßnahme an der gesamten Verteidigung des Klägers in dem Ermittlungsverfahren 355 Js 1/17 (126) StA Bochum durch P entspricht (BGH, a.a.O. – Rz. 39). Entsprechend war der Feststellungsausspruch inhaltlich zu beschränken.

b) Das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen das beklagte Land weder ein weitergehender Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch wegen der ihm durch die Durchsuchungsmaßnahme bereits entstandenen Verteidigerkosten, noch ein Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch wegen „noch entstehenden Verteidigungsauslagen“ und „sonstigen Vermögensschäden“ zu.

Hinsichtlich der dem Kläger durch die Durchsuchungsmaßnahme bereits entstandenen Verteidigerkosten ist die Entschädigungspflicht des beklagten Landes aus §§ 2 und 7 StrEG aus den bereits vorstehend unter Ziffer 1 genannten Grunde dem Grunde nach auf dem im Urteilstenor bezeichneten Umfang beschränkt. Ein Entschädigungsanspruch aus § 2 und 7 StrEG wegen der im Feststellungsantrag des Klägers genannten „noch entstehenden Verteidigungsauslagen“ und „sonstigen Vermögensschäden“ scheitert hingegen bereits daran, dass solche vom Kläger im Justizverwaltungsverfahren nicht geltend gemacht wurden und es damit ihrer wegen bereits an der für die Zulässigkeit des Betragsverfahrens erforderlichen Durchführung des Justizverwaltungsverfahrens fehlt (vgl. dazu: Meyer, a.a.O. § 13 Rn. 15).

Dem Kläger stehen insoweit auch keine weitergehenden Ansprüche aus den von ihm mit der Berufung ausdrücklich weiterverfolgten, aber nicht näher bezeichneten „konkurrierenden“ Anspruchsgrundlagen zu. Als solche käme vorliegend allenfalls § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht. Allerdings scheitert ein Amtshaftungsanspruch vorliegend bereits an dem Fehlen einer haftungsbegründenden Amtspflichtverletzung des beklagten Landes. Denn es ist weder vom Kläger dargelegt worden, noch sonst ersichtlich, weshalb die bei ihm am 24.10.2017 durchgeführte Durchsuchungsmaßnahme rechtswidrig und damit amtspflichtwidrig sein sollte. Eine Amtspflichtverletzung des beklagten Landes könnte vorliegend allenfalls darin zu sehen sein, dass die von der Generalstaatsanwältin in Hamm im Justizverwaltungsverfahren vertretene Rechtsauffassung, dass in dem Entschädigungsverfahren nach dem StrEG nur ein bezifferter Vermögensschaden ersetzt verlangt werden könne, aus den vorstehend dargelegten Gründen jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend gewesen ist. Allerdings fehlt es an jeglichem näheren Vortrag des Klägers dazu, ob und auf welche Weise ihm durch diese denkbare Amtspflichtverletzung „Verteidigungsauslagen“ oder derzeit für ihn noch nicht bezifferbare „sonstige Vermögensschäden“ entstanden sein sollen.“