Archiv für den Monat: März 2019

Beschlussverfahren III: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, oder: Bagatellsache

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Und da ja bekanntlich aller guten Dinge drei sind, kommt die dritte Entscheidung zu § 72 OWiG auch vom KG 🙂 . Es hat im KG, Beschl. v. 20.09.2018 – 3 Ws (B) 235/18 – zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 72 OWiG in Bagatellsachen Stellung genommen. Das KG meint:

„Die gegen einen nach § 72 Abs. 1 OWiG erlassenen Beschluss gerichtete Rechtsbeschwerde ist unabhängig von der Höhe der verhängten Geldbuße statthaft, wenn ein Verfahrensverstoß der Verletzung des § 72 Abs. 1 OWiG geltend gemacht wird.“

 

Beschlussverfahren II: Anforderungen an die Beschlussbegründung, oder: Wie ein Urteil

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In der zweiten Entscheidung zum Beschlussverfahren nimmt (wiederum) das KG Stellung, und zwar im KG, Beschl. v. 16.01.2019 – 3 Ws (B) 312/18 – zu den Anforderungen an die Beschlussbegründung. Dafür gilt:

„Für die Begründung eines verurteilenden Beschlusses gemäß § 72 OWiG gelten die gleichen Anforderungen, die an eine Urteilsbegründung zu stellen sind (vgl. § 72 Abs. 4 Satz 3 und 4 OWiG). Eine unterschiedliche Form der Begründung ist nicht vorgesehen, da der Beschluss nach § 72 OWiG grundsätzlich – abgesehen von den Fällen des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 und dem Ausschluss der Zulassungsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG – mit dem gleichen Rechtsmittel anfechtbar ist wie das Urteil (Göhler-Seitz/Bauer, OWiG 17. Aufl., § 72 Rn. 63) und damit auch dem gleichen Prüfungsmaßstab unterliegt.

Das Gericht entscheidet nach § 72 Abs. 3 Satz 1 OWiG hierbei auf schriftlicher Grundlage, ob der Betroffene hinsichtlich des im Bußgeldbescheid enthaltenen Tatvorwurfs freigesprochen, gegen ihn eine Geldbuße festgesetzt, eine Nebenfolge angeordnet oder das Verfahren eingestellt wird und prüft auch im Beschlussverfahren den Bußgeldbescheid als vorangegangene Entscheidung nicht nach (vgl. Göhler, a.a.O., § 72 Rn. 49).

Die Gründe eines Urteils oder eines Beschlusses in Bußgeldsachen unterliegen hierbei zwar keinen hohen Anforderungen (vgl. BGHSt 39, 291; Senat, Beschluss vom 27. März 2017 – 3 Ws (B) 581/16BeckRS 2017, 119427; OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 1 Ss (OWi) 266 B/07 – BeckRS 2008, 4865; BayObLG NZV 2003, 247; OLG Rostock DAR 2001, 421), so dass es teilweise für ausreichend erachtet wird, den Begründungsaufwand auf das rechtsstaatlich unverzichtbare Maß zu beschränken (vgl. Cierniak NZV 1998, 293). Die Gründe müssen aber so beschaffen sein, dass diese zu den entscheidungserheblichen Vorgängen und Umständen Feststellungen sowie eine Beweiswürdigung enthalten, aus der sich die durchgeführten Beweiserhebungen, deren Ergebnis und deren Beurteilung durch das Tatgericht ergeben (OLG Jena, Beschluss vom 2. August 2006 – 1 Ss 144/06BeckRS 2007, 5390). Schließlich sind auch die tatrichterlichen Erwägungen für die Bemessung der Geldbuße, die nach § 17 OWiG vorzunehmen ist, und der Anwendung von Nebenfolgen darzulegen (OLG Bamberg, Beschluss vom 29. November 2018 – 2 Ss OWi 1359/18BeckRS 2018, 33056 m.w.N.).“

Beschlussverfahren I: Zustimmung unter einer Bedingung, oder: Widerruf/Beschränkung

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Das Beschlussverfahren nach § 72 OWiG ist in der Praxis ja gar nicht so selten, wie man ggf. zunächst meint. Daher heute mal drei Entscheidungen zu diesem Verfahren, die sich in der letzten Zeit bei mir angesammelt haben.

Ich beginne mit dem KG, Beschl. v. 29.10.2018 – 3 Ws (B) 270/18. Das KG nimmt zunächst zu den prozessualen Befugnissen eines in Untervollmacht auftretenden Terminvertreters Stellung, wenn die (Haupt-) Verteidigerin keine schriftliche Vollmacht zur Akte gereicht hat und der Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war.

Und zum Verfahren nach § 72 OWiG stellt es fest:

1. Die Zustimmung zur Entscheidung nach § 72 Abs. 1 OWiG kann mit der Bedingung verbunden werden, dass das Amtsgericht vom Fahrverbot absieht.

2. Eine einmal erklärte Zustimmung zur Entscheidung nach § 72 OWiG kann grundsätzlich auch widerrufen und beschränkt werden kann.

Mal wieder Auszeit: Von Singapore nach Bangkok, von Bangkok dann nach Shanghai

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Heute dann vor den drei „Tagespostings“ ein vierter Beitrag. Und das ist dann mal wieder ein Abmeldeposting.

Denn ich bin jetzt im Urlaub 🙂 , wenn dieser Beitrag online geht und auf dem Weg zum Zug und der fährt/bringt mich – hoffentlich, denn das weiß man bei der DB ja nie – zum Flughafen Düsseldorf. Von dort aus geht es heute am frühen Nachmittag dann nach Dubai und von dort aus weiter nach Singapore. Ankunft dort dann morgen Mittag 🙂 .

Ab morgen schließen sich dann drei Tage Singapore an, die wir privat und auf eigene Faust genießen wollen. Wir waren ja zwar schon auf der Kreuzfahrt 2017 in Singapore, aber: Wir hatten schon damals beschlossen: Wir kommen wieder, um die Stadt, die wir sehr interessant fanden, dann noch einmal ein wenig genauer erkunden zu können. 2017 hat es nicht für alles gepasst. So fehlt z.B. das Schwimmen im Pool vom Marina Bay Sands Hotel, hoch über den Dächern von Singapore. Einen Singapore Sling hatten ich zwar schon, aber da ist noch Platz für einen zweiten 🙂 .

Am Montag geht es dann mit dem Flieger – Orient-Express war zu teuer, aber wirklich teuer – nach Bangkok und dort aufs Schiff – also Kreuzfahrt bzw. betreutes Wohnen, wieder AIDA. Wir können nur AIDA 🙂 . Und am Dienstag heißt es dann Leinen los. Und wer wissen will, wo ich bin und wo es hin geht, der hat hier den Reiseverlauf. Über/bei Facebook werde ich zwischendurch berichten.

19.03.2019   Laem Chabang (Bangkok) / Thailand
20.03.2019   Erholung auf See
21.03.2019   Phu My (Ho-Chi-Minh-Stadt) / Vietnam
22.03.2019   Erholung auf See
23.03.2019   Da Nang (Hue) / Vietnam
24.03.2019   Erholung auf See
25.03.2019   Hongkong / China
26.03.2019   Hongkong / China
27.03.2019   Erholung auf See
28.03.2019   Keelung / Taiwan
29.03.2019   Ishigaki / Japan
30.03.2019   Erholung auf See
31.03.2019   Shanghai / China
01.04.2019   Shanghai / ChinaTransfer zum Flughafen, Rückflug
02.04.2019   Ankunft daheim

Ganz nett, finde ich. Das ist dann – wenn man die Indienrundreise mit rechnet – die vierte Etappe auf dem Weg in den ganz fernen Osten. Dann bin ich auch angekommen 🙂 . Allerdings: China auf einer Rundreise würde mich dann auch noch reizen :-). Mal schauen, was noch kommt und geht.

Und hier? Der „Dauerleser“ weiß: Hier gilt das, was ich bei längeren Urlauben immer schreibe und was ich dann dieses Mal wieder „einrücke“:

“Hier geht es – der Technik sei Dank! – an sich ganz normal weiter. Beiträge sind vorbereitet, damit es nicht ggf. langweilig wird. Allerdings ist natürlich die ein oder andere Entscheidung schon etwas älter, da ich die Beiträge ja schließlich über einen längeren Zeitraum vorbereiten musste. 🙂

Und eins habe ich dann auch (wieder) gemacht – selbst auf die Gefahr hin, dass ich wieder gerüffelt werden. Die Kommentarfunktion habe ich ausgestellt. Denn ich kann – und will 🙂 – die Kommentare von unterwegs  nicht im Blick haben. Darauf muss man nun eben bis zum 02.04.2019 verzichten. Ich bräuchte sonst wahrscheinlich auch nach der Rückkehr einen Fachanwalt/eine Fachanwältin für Familienrecht 🙂 .”

Ich wünsche allen Bloglesern usw. eine gute Zeit und mir mal wieder eine tolle Reise. Man sieht sich, hoffentlich 🙂 .

WhatsApp-Nachrichten an enge Familienmitglieder, oder: Beleidigungsfreie Sphäre

entnommen wikimedia.org
Autot WhatsApp

Und zum Tagesschluss dann das OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.01.2019 – 16 W 54/18. Vom Aktenzeichen her Zivilrecht, aber mit strafrechtlichem Einschlag. Es geht um die Frage der Beleidigung durch WhatsApp-Nachrichten an engste Familienmitglieder.

Und ich mache es mir heute mal einfach und nehme nur den Leitsatz und die PM des OLG vom 30.01.2019 zu dieser Sache. Zunächst aus der PM:

„Der Kläger ist der Schwiegersohn der Beklagten. Er verlangt von seiner Schwiegermutter, dass sie zahlreiche Äußerungen über ihn nicht mehr behauptet bzw. verbreitet. Der Kläger und die Tochter der Beklagten haben zwei gemeinsame Kinder und sind weiterhin verheiratet. Anfang 2016 kam es zu einem heftigen Ehestreit. Nach Darstellung des Klägers hat er in diesem Zusammenhang seinen Sohn, der nicht von alleine das Zimmer verlassen wollte, am Nacken/Halsbereich gefasst und ihn von hinten „geschubst“, damit er ein wenig schneller laufe. Die Ehefrau des Klägers fertigte ein Video des weinenden und sich am Hals fassenden Sohnes an. Dieses gab sie der Beklagten zur Aufbewahrung.

Die beklagte Schwiegermutter verfasste daraufhin ein so genanntes „Protokoll über Misshandlungen“, in welchem sie zahlreiche Verhaltensweisen des Klägers auflistete. Dieses „Protokoll“ sowie das Video versandte die Beklagte als WhatsApp-Anlagen an ihre Schwester mit der Bitte, dieses an ihre gemeinsame Mutter weiterzuleiten. Darüber hinaus stellte sie Strafanzeige gegen den Kläger wegen Kindesmisshandlung und legte dem Jugendamt und der Kriminalpolizei ebenfalls das „Protokoll“ und das Video bei.

Der Kläger begehrt von der Beklagten, dass sie zahlreiche in diesem „Protokoll“ enthaltene Aussagen nicht weiter behauptet und verbreitet. Das Landgericht hat seinen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die streitgegenständlichen Äußerungen seien als „privilegierte Äußerungen“ einzustufen. Sie seien in einem „ehrschutzfreien Raum“ gefallen und deshalb nicht rechtswidrig. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gebe „es einen Bereich vertraulicher Kommunikation innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen (…), wozu insbesondere der engste Familienkreis gehören, (der) dem Ehrenschutz vorgeht („beleidigungsfreie Sphäre“)“. Damit solle ein persönlicher Freiraum gewährt werden, in dem man sich mit seinen engsten Verwandten frei aussprechen könne, ohne eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. „Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts eigentlich nicht schutzwürdig wären, genießen in solchen privaten Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz, welcher dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht“, resümiert das OLG.

Hier seien die streitgegenständlichen Äußerungen in diesem Freiraum erfolgt. Die Beklagte unterhalte zu den Adressaten der Mitteilungen einen sehr engen und guten Kontakt, der das Bedürfnis rechtfertige, „sich über den Kläger frei auszusprechen“. Dabei spiele es keine Rolle, dass sich die Aussagen in einem elektronischen Dokument als Anlage zu einer WhatsApp Nachricht befunden hätten und nicht bloß (fern)mündlich kommuniziert worden seien.

Soweit die beanstandeten Äußerungen und das „Protokoll“ auch an die Kriminalpolizei und das Jugendamt weitergeleitet worden seien, könne darauf ohnehin kein Unterlassungsanspruch gestützt werden. Es sei „mit dem Recht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz sowie auf rechtliches Gehör unvereinbar, wenn rechtliche Äußerungen in einem Prozess oder die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten in einem Strafverfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu straf-, oder zivilrechtlichen Nachteilen führten, weil sich eine Behauptung später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist“, betont das OLG.“

Und als Leitsatz könnte man nehmen:

„Eine über den Nachrichtendienst WhatsApp versandte Mitteilung an enge Familienmitglieder unterfällt einer beleidigungsfreien Sphäre, sodass kein strafbares Verhalten nach den Normen der §§ 185 ff. StGB vorliegt. Die Übermittlung durch WhatsApp entzieht die Nachricht nicht automatisch der beleidigungsfreien Sphäre. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Nachricht an dritte – nicht mehr von der beleidigungsfreien Sphäre umfasste – Personen weitergeleitet werden soll.“