Archiv für den Monat: November 2018

Wochenspiegel für die 46 KW., das war Scans als Kopien, „Staatsrechtsler“, Afd Und Miete, Handbuch, Ermittlungsverfahren

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Die 46. KW., neigt sich em Ende zu, also zeit für den Wochenspiegel, in dem ich für diese Woche WK Legal hinweis auf:

  1. Scans sind doch Kopien – Hoffnung am Erstattungshimmel!, mit der Anmerkung: Bloß nicht zu früh freuen und: Das Problem ist nicht der Bund, das Problem sind die Länder, die auf den Geldbeuteln sitzen,

  2. Der Staatsrechtsler und das bisschen Strafrecht,

  3. Was man nicht schafft, wenn man nicht arbeitet,
  4. OLG Karlsruhe: Behindertenparkausweis des toten Vaters benutzt – kein Missbrauch von Ausweispapieren,

  5. Bayerischer VGH: Fahrzeughalter ist auch, wer im Fahrzeug wohnt

  6. Täglich grüßt das Murmeltier: Rechtmäßigkeit von Grenzschließungen aus Regierungssicht,

  7. Aktivität für die AfD und Folgen für die Wohnraummiete,
  8. Recht auf Vergessenwerden gegenüber Suchmaschinen?,

  9. und aus meinem Blog: StGB II: Einschleusen von Ausländern, oder: Wenn Menschen wie “Vieh oder Stückgut” transportiert werden,
  10. und dann noch mal aus meinem Blog – der musste sein 🙂 -: “I proudly present!” – “Burhoff, Handbuch für das Ermittlungsverfahren, 8. Aufl.” erschienen.

Wildunfall, oder: Rettungskostenersatz aus der Teilkaskoversicherung?

entnommen Wikimedia.org
Urheber Mediatus – Eigenes Werk

Das LG Kleve, Urt. v. 30.08.2018- 6 O 97/16 – bezieht sich auf einen Sachverhalt/Unfallablauf, der in der Praxis häufiger vorkommen dürfte. Es geht um den Ersatz von Schäden, die durch das Ausweichen vor einem Widltier zur Vermeidung einer Kollision entstanden sind. Besteht dann keine Vollkaskoversicherung, wird gern auf eine bestehende Teilkaskoversicherung zurückgegriffen. Die Versicherungen sind an der Stelle aber sehr „argwöhnisch“ , weil u.U/nicht selten ein Sachverhalt wahrheitswidrig geschildert wird, um Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung erhalten zu können. Vor dem Hintergrund geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Versicherungsnehmer nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO frei von Zweifeln den Vollbeweis dafür zu erbringen hat, dass der von ihm behauptete Fall eines Rettungskostenersatzes bei einer ansonsten drohenden Kollision mit einem ausreichend großen Tier auch tatsächlich so stattgefunden hat. So eben auch das LG Kleve:

„Unstreitig besteht für das streitgegenständliche Fahrzeug „lediglich“ ein Premium-Teilkaskoversicherungsvertrag bei der Beklagten. Gern. E. 2 b) der anzuwendenden AKB besteht in der Premium-Teilkaskoversicherung Versicherungsschutz bei einem Zusammenstoß des fahrenden Fahrzeuges mit Tieren, wobei es in der Premium-Versicherung – anders als in der Basis-Versicherung – nicht darauf ankommt, um welche Tierart es sich handelt.

Unstreitig ist es nicht zu einem Zusammenstoß zwischen dem fahrenden Fahrzeug und einem Tier gekommen, so dass sich ein Anspruch auf Versicherungsleistungen nicht ausschließlich aus dem Versicherungsvertrag der Parteien ergibt.

Der Klägerin würde jedoch ein Anspruch aus §§ 90, 83 VVG zustehen, wenn die behaupteten Fahrzeugschäden entstanden sind, um einen unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall abzuwenden oder in seinen Auswirkungen zu mindern (sog. Rettungskostenersatz). Gern. § 83 Abs. 1 VVG hat der Versicherer Aufwendungen des Versicherungsnehmers nach § 82 Abs. 1 und 2 VVG, auch wenn sie erfolglos bleiben, insoweit zu erstatten, als der Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte, Nach § 82 Abs, 1 VVG ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls verpflichtet, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Aufwendung i. S. d. § 83 Abs. 1 S. 1 VVG ist dabei jede auch unfreiwillige Vermögensverminderung, welche adäquate Folge einer Maßnahme ist, die der Versicherungsnehmer zur Schadensabwehr oder Schadensminderung getroffen hat. Grundsätzlich kommen hierfür auch Vermögensminderungen wegen der Beschädigung von Sachen in Betracht, Hierzu zählen Reparaturkosten (vgl. OLG Rostock, Urt. vom 27.05.2016, Az. 5 U 45/14 zit. nach juris).

Bei der Klage auf sog. Rettungskostenersatz wegen Wildwechsels gegen die Teilkaskoversicherung — wie hier — bedarf es der vollen richterlichen Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO, dass der Unfall durch einen Wildwechsel verursacht worden ist (vgl. OLG Rostock, a.a.O.). Die Beklagte hat den von der Klägerin vorgetragenen Unfallhergang — auch dass dieser durch einen Wildwechsel verursacht wurde -bestritten. Die beweisbelastete Klägerin hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen pp. und Beifahrer) angetreten.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen pp. ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Fahrzeugschäden aufgrund eines Wildwechsels und einem dadurch bedingten Ausweichmanöver entstanden sind……“

 

Laub auf Straßen/Wegen, oder: Wie oft muss gereinigt werden?

Im „Kessel Buntes“ liegt heute dann zuerst der OLG Bremen, Beschl. v.  13.04.2018 – 1 U 4/18. Der muss weg 🙂 , denn sein Thema ist ein jahreszeitliches. Es geht nämlich um die Frage, in welchen Intervallen eine Gemeinde befahrene Wege von Laub befreien muss. Und da nur noch weniger Blätter an den Ästen hängen, wird es mit dem Thema Zeit.

Das OLG sagt/meint: Ein Intervall von einer Woche ist ausreichend. Nur bei stark genutzten Wegen oder besonderen Gefahren durch das Laub, vor allem Rutschgefahren, kann eine häufigere Beseitigung von Laub geboten sein:

„1. Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten nicht hat feststellen können. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen der Umfang der Pflichten des Verkehrssicherungspflichtigen im Hinblick auf die Sicherung der Benutzbarkeit von Straßen- und Wegeflächen nach den Umständen des Einzelfalls, wobei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs dabei ebenso zu berücksichtigen sind wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Sicherungspflichten bestehen nicht uneingeschränkt und stehen vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei sich grundsätzlich auch der Straßenverkehr den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss (siehe BGH, Urteil vom 08.04.1970 – III ZR 167/68, juris Rn. 10, VersR 1970, 572; Urteil vom 05.07.1990 – III ZR 217/89, juris Rn. 11, BGHZ 112, 74; Urteil vom 01.07.1993 – III ZR 88/92, juris Rn. 7, NJW 1993, 2802).

a) Es ist nicht festzustellen, dass die Beklagte vorliegend diesem Sorgfaltsmaßstab zuwider gehandelt hätte. Eine Gemeinde schuldet im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten nicht ein generelles ständiges Reinhalten sämtlicher Straßen- und Wegeflächen von jeglichem Laubfall (siehe KG Berlin, Urteil vom 11.10.2005 – 9 U 134/04, juris Rn. 13, VersR 2006, 946; OLG Hamm, Urteil vom 09.12.2015 – 9 U 170/04, juris Rn. 29, NZV 2006, 550; siehe ferner LG Wiesbaden, Urteil vom 16.11.2007 – 7 O 217/07, juris Rn. 16, KommJur 2009, 154; bestätigt durch OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 11.09.2008 – 1 U 301/07, juris Rn. 3, MDR 2008, 1396). Dies würde im Hinblick auf den hierfür erforderlichen Aufwand die Grenze des Zumutbaren für den Verkehrssicherungspflichtigen überschreiten und kann letztlich auch objektiv nicht sichergestellt werden, da bei entsprechenden Witterungsbedingungen im Herbst jederzeit große Mengen von Laub anfallen können, die gegebenenfalls durch den Wind auch an bestimmten Stellen zusammengetragen werden können. Im vorliegenden Fall ist auch nicht ersichtlich, dass ein regelmäßiger Reinigungsintervall von etwa einer Woche überschritten worden wäre: Vielmehr ergibt sich aus dem Reinigungskalender des von der Beklagten beauftragten Straßenreinigungsbetriebs, dass der betreffende Straßenabschnitt zuletzt am 26.10.2015 und damit erst sechs Tage vor dem Sturz des Klägers vom Laub befreit wurde. Grundsätzlich ist für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten einer Gemeinde zur Laubbeseitigung auf Straßen- und Wegeflächen im städtisch bebauten Bereich im Allgemeinen jedenfalls ein Reinigungsintervall von einer Woche ausreichend (vgl. KG Berlin, a.a.O.; für einen deutlich längeren Zeitraum siehe LG Wiesbaden, a.a.O.), sofern nicht wegen einer besonderen Natur der betreffenden Verkehrsfläche wie etwa bei Fußgängerzonen und ähnlichen Bereichen oder anderweitig besonders stark genutzten Wegen oder wegen einer besonderen durch den Laubfall geschaffenen Gefahr wie etwa bei besonderen Mengen des Laubes oder dadurch ausgehender Rutschgefahr nach den Umständen eine häufigere Laubbeseitigung geboten ist. Bei geringerer Verkehrsbedeutung oder Verschmutzung wird auch ein längeres Intervall als zulässig anzusehen sein. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, dass die Reinigung zuletzt neun Tage vor dem Sturz erfolgt sei, handelt es sich um nach den §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigendes Vorbringen, wobei diese Behauptung im Übrigen auch nicht mit dem vom Kläger selbst in Bezug genommenen Reinigungskalender im Einklang steht.

b) Im vorliegenden Fall war auch nicht aus besonderen Gründen eine häufigere Reinigung geschuldet.

aa) Bei dem betreffenden Fahrradweg handelt es sich nicht um eine Verkehrsfläche, die wegen ihres besonderen Benutzungszwecks ständig von Laub freizuhalten wäre.

bb)Auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, wonach bei witterungsbedingtem Anfallen akuter Maßnahmen zur Verkehrssicherung die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde sich nicht auf die Durchführung der turnusmäßigen Dienste beschränken darf, wenn diese zur Sicherung nicht ausreichen (siehe OLG Hamm, a.a.O.), ist für den vorliegenden Fall keine Pflicht zur häufigeren Reinigung abzuleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass im vom Oberlandesgericht Hamm zu entscheidenden Fall die Gemeinde eine Reinigung zum regelmäßigen Reinigungstermin gerade nicht vorgenommen hatte: Soweit in dieser Entscheidung dann eine Reinigung auch außerhalb der üblichen Dienstzeiten verlangt wurde, bezieht sich dies mithin auf eine vor dem normalen (nächsten) Turnus erfolgende Nachholung der am regulären Termin unterbliebenen Reinigung. Im Übrigen ist als erheblicher Unterschied zwischen der dortigen Konstellation und dem hier zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass es dort um eine Gefahr durch am Boden vermoderndes Laub mit daraus begründeter Rutschgefahr ging, d.h. um eine gerade (erst) durch längeres Liegenlassen des Laubes entstehende Gefahr, die für einen Benutzer des Weges nicht ohne weiteres zu erkennen war. Die vorliegende Situation, dass eine Bordsteinkante mit Laub bedeckt war, konnte sich dagegen bei entsprechendem Laubfall auch sehr kurzfristig ergeben, so dass auch ein kürzeres Reinigungsintervall dies nicht notwendigerweise verhindert hätte (vgl. KG Berlin, a.a.O.).

cc) Schließlich sind auch aus den Umständen des vorliegenden Einzelfalls keine sonstigen Besonderheiten zu erkennen, die zu einer häufigeren Reinigungspflicht führen würden: Die Menge des Laubes alleine mag als besondere Gefährdung dann anzusehen sein, wenn sich an einer Stelle so viel Laub sammelt, dass es nicht ohne weiteres zu durchqueren ist. Vorliegend führte das am Boden liegende Laub lediglich dazu, dass der Kläger den Straßenuntergrund nicht mehr erkennen konnte: Dies entspricht aber gerade dem Regelfall am Boden liegenden Laubes und begründete hier noch keine über das allgemeine Maß hinausgehende gesteigerte Gefährlichkeit. Ferner ergibt sich auch kein zur Steigerung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten führender Umstand daraus, dass durch am Boden liegendes Laub der Verlauf des Bordsteins nicht zu erkennen war: Wiederum entspricht es bereits dem Regelfall, dass am Boden liegendes Laub zur Folge haben kann, dass ein Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls unter dem Laub befindliche Hindernisse nicht erkennen kann.

Ich habe da mal eine Frage: Wonach rechne ich die Prüfung der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht ab?

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Im RVG-Rätsel heute dann mal wieder eine Frage zur Strafvollstreckung, also Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG, und zwar:

„Hallo lieber Herr Burhoff,

ich habe eine Frage zur Strafvollstreckung, und zwar: Worunter fällt das Verfahren zur Prüfung der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht, hier speziell das Beschwerdeverfahren? Ich finde weder unter 4200 noch 4204 was. Für Ihre Hilfe vielen Dank im Voraus 😊

Kurze Frage, kurze Antwort, Wer gibt Sie?

Erstattung der SV-Kosten im Bußgeldverfahren, oder: Was man als Verteidiger auf jeden Fall tun sollte….

Zu dem vorhin vorgestellten LG Wuppertal, Beschl. v. 06.11.2018 – 26 Qs 210/18 (dazu Gebühren für Einsicht im Bußgeldverfahren, oder: An Lächerlichkeit nicht zu überbieten) passt thematisch ganz gut der LG Aachen, Beschl. v. 12.07.2018 – 66 Qs-509 Js-OWi 2524/16-31/18. Auch in ihm geht es um die die Kostenerstattung für ein vom Betroffenen im Bußgeldverfahren eingeholtes privates Sachverständigengutachten. Die Erstattungsfähigkeit war vom AG verneint worden. Das LG stimmt dem zu:

„Zutreffend ist, dass hiervon Ausnahmen anerkannt werden. Abgesehen von der Konstellation, in der das Privatgutachten tatsächlich ursächlich für den Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens geworden ist, wird es ausnahmsweise z.B. dann als erstattungsfähig angesehen, wenn es ein abgelegenes und technisch schwieriges Sachgebiet betrifft (LG Wuppertal, Beschluss v. 08.02.2018 – 26 Qs 214/17 = DAR 2018, 236 m.w.N.). Auch wird darauf abgestellt, ob die Behörden den Beweisanregungen oder -anträgen der Verteidigung nachkommen und ob ohne die private Ermittlung sich die Prozesslage des Betroffenen verschlechtern würde (vgl. KG Berlin, Beschluss v. 20.02.2012 – 1 Ws 72/09 = BeckRS 2012, 12353 m.w.N.).

Nach Auffassung der Kammer folgt aus dem das Bußgeldwie auch das Strafverfahren beherrschenden Grundsatz der Amtsermittlung, dass allein die Entlegenheit der Materie die Einholung eines Privatgutachtens grundsätzlich nicht erstattungsfähig macht. Anders als im Zivilprozess, in dem die Natur des Parteiprozesses ein (zweites) Privatgutachten zur Herstellung von „Waffengleichheit“ erforderlich machen kann, weil zum Beispiel dann, wenn die Gegenseite ihren Vortrag auf ein eigenes Privatgutachten stützen kann, der eigenen Substantiierungspflicht sonst nicht genügt werden kann, bietet die Verpflichtung des Gerichts und nach dem Gesetz auch der Anklagebehörde zur umfassenden Sachaufklärung zunächst Gewähr für die umfassende Objektivität auch eines amtswegig beauftragten Gutachtens.

Richtigerweise kann ein Privatgutachten ex ante nur, aber auch immer dann notwendig sein, wenn objektivierbare Mängel vorliegen, die zur Einholung des Gutachtens drängen. Exante notwendig und damit erstattungsfähig kann ein Privatgutachten sowohl zur Überprüfung eines Erstgutachtens wie auch sonst zur ergänzenden Aufklärung also nur sein, wenn die bisher geführten Ermittlungen unzureichend sind. Allerdings ist es dem Betroffenen auch dann zuzumuten, die Behebung solcher Ermittlungslücken durch das Gericht zu beantragen. Zweite Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten ex-ante ist es daher, dass dem Betroffenen andernfalls eine wesentliche Verschlechterung seiner Prozesslage droht. Dies kommt – von eher theoretischen Fällen unmittelbar drohenden Beweisverlustes abgesehen – nur dann in Betracht, wenn die Ermittlungsbehörde bzw. das Gericht einem Beweisantrag nicht nachkommt und ein Zuwarten bis zur Hauptverhandlung nicht zumutbar ist.

Im Bußgeldverfahren ist es nach Auffassung der Kammer dem Betroffenen stets zumutbar, auch ex-ante notwendig erscheinende Ermittlungen erst dann selbst zu veranlassen, wenn das in der Hauptsache zuständige Gericht diese abgelehnt hat (so auch Beschluss der Kammer vom 14.10.2016 – 66 Qs 50/16, nicht veröffentlicht). Ob dies im Strafverfahren jedenfalls in den Fällen eines nicht ganz unerheblichen Tatvorwurfs anders ist und dort bereits das Ziel, eine öffentliche Hauptverhandlung abzuwenden, die private Veranlassung sachlich angezeigter Ermittlung rechtfertigt, kann in diesem Zusammenhang offenbleiben. Im Ergebnis trägt also der Betroffene im Bußgeldverfahren in der Regel das volle Kostenrisiko für die Einholung eines Privatgutachtens. Wenn allerdings ein Privatgutachten in diesem Sinne ex-ante ausnahmsweise notwendig war, kommt es auf die Relevanz für den späteren Freispruch ex-post nicht mehr an. Wenn dann aber zunächst auf eigenes Kostenrisiko veranlasste private Ermittlungen sich tatsächlich entscheidungserheblich zugunsten des Betroffenen auswirken, sind die Kosten hierfür stets zu erstatten.

Nach diesen Grundsätzen sind die von dem Beschwerdeführer verauslagten Sachverständigenkosten vorliegend nicht erstattungsfähig. Das von dem Beschwerdeführer eingeholte private Gutachten wurde im hiesigen Verfahren – auch ausweislich des Vermerks der Abteilungsrichterin vom 06.03.2018 (Bl. 104 R d.A.) – weder im Hauptverfahren noch im sich hieran anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegt. Das Gutachten hat bereits nicht zur Entscheidungsfindung beigetragen. Maßgeblich für den erfolgten Freispruch war das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten der Sachverständigen Dipl. Biol. A.

Die Verteidigung beschränkt sich darauf, im Kostenfestsetzungsverfahren eine Rechnung vom 23.06.2017 vorzulegen. Hierdurch wird auch erstmalig vorgetragen, dass der Betroffene privat ein Gutachten eingeholt hatte. Zwar geht aus dieser Rechnung hervor, dass dem Betroffenen die zur Festsetzung beantragten Kosten in Höhe von 856,47 EUR offensichtlich angefallen sind. Weiterhin wird aber auch nicht vorgetragen, zu welcher Sachverständigenfrage und zu welcher Beweisfrage das Gutachten überhaupt in Auftrag gegeben worden war. Aus dem Briefkopf der Rechnung vom 23.06.2017 ergibt sich lediglich, dass über die Vergütung des öffentlich bestellten technischen Sachverständigen G abgerechnet wurde. Abweichend von dem der Entscheidung des Landgerichts Wuppertal zugrunde liegenden Sachverhalt (LG Wuppertal, Beschluss v. 08.02.2018 – 26 Qs 214/17 = DAR 2018, 236), in welchem der Betroffene das privat eingeholte Gutachten zwar ebenfalls zunächst nicht vorgelegt hat, die Frage der Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens aus der ex-ante Sicht des Betroffenen aber beurteilt werden konnte, da der Betroffene dort ein technisches Gutachten zur Frage der Ordnungsgemäßheit einer standardisierten Rotlichtüberwachungsanlage eingeholt hatte, ist im vorliegenden Fall nicht bekannt, zu welchem Tatkomplex das Gutachten überhaupt eingeholt worden war. Ob hier beispielsweise die Frage der Ordnungsgemäßheit der konkreten Messung, ein Umstand am Fahrzeug des Betroffenen, die Messeinrichtung selbst, deren Eichung oder anderweitige Fragestellungen begutachtet und ob aus der ex-ante Sicht des Betroffenen zu diesen Fragen die Einholung eines selbständig beauftragten Gutachtens erforderlich war, ist nicht ersichtlich.

Ferner war zu berücksichtigen, dass die Abteilungsrichterin durch gerichtliche Verfügung vom 01.12.2016 bei dem Verteidiger angefragt hatte, mit welchem Ziel der Einspruch eingelegt worden war und die Einholung gerichtlich beauftragter Sachverständigengutachten in diesem Schreiben ausdrücklich in Aussicht gestellt hatte. Hierauf hatte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 14.12.2016 mitgeteilt, dass die Fahrereigenschaft nicht eingeräumt werden solle. Auf die Übersendung der Ersteinschätzung der durch das Gericht sodann beauftragten Sachverständigen Dipl. Biol. A durch Verfügung vom 07.03.2017 erfolgte eine weitere Reaktion der Verteidigung nicht. Insbesondere folgte eine weitere Beweisanregung oder ein Beweisantrag weder im Vorfeld noch in der Hauptverhandlung. Warum die Einholung eines weiteren Gutachtens sodann nicht jedenfalls angeregt worden war, bevor dieses privat in Auftrag gegeben wurde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.“

Obwohl sich das LG Aachen auf den LG Wuppertal, Beschl. v. 06.11.2018 – 26 Qs 210/18 – bezieht, sieht es m.E. die Frage der Erstattungsfähigkeit enger als das LG Wuppertal. Allerdings: Hier hatte der Betroffene bzw. sein Verteidiger aber auch nichts unternommen, um ggf. für die Erstattungsfähigkeit zu sorgen, also das Gutachten noch nicht einmal erwähnt, geschweige denn vorgelegt. Aus welchen Gründen auch immer.

Das Bild aus gegebenem Anlass, Stichwort: Preiskracher 🙂 <<Werbemodus an: Zur Bestellung geht es hier. <<Werbemodus aus>>