Gebühren für Einsicht im Bußgeldverfahren, oder: An Lächerlichkeit nicht zu überbieten

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Heute eröffne ich am „Money-Friday“ mit dem LG Wuppertal, Beschl. v. 06.11.2018 – 26 Qs 210/18 -, den mir der Kollege Geißler aus Wuppertal übersandt hat. Der Kollege hat den Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verteidigt, in dem dem Betroffenen ein Rotlichtverstoß zur Last gelegt worden ist. Der Kollege hat für den Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt. Im Zwischenverfahren beantragte der Kollege in die Bußgeldakte inklusive der gesamten Messreihe. Letzteres verweigerte ihm die Stadt Wuppertal, woraufhin der Betroffene durch seineden Kollegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt. Das AG Wuppertal hat der Stadt Wuppertal aufgegeben, dem Kollegen die angeforderte Messreihe zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgte im September 2017. In der Folge stellte die Stadt Wuppertal das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen dann gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO ein und legte die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Stadtkasse auf.

Und dann geht es los 🙂 . Der Betroffene hat Gebühren und Auslagen seines Verteidigers in Höhe von 2.263,85 € brutto geltend gemacht. In der Kostenaufstellung war u.a. enthalten eine „Erledigungsgebühr Nr. 5151 VV RVG“ sowie eine Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG sowie eine außergerichtliche und gerichtliche Auslagenpauschale. Die Stadt Wuppertal hat die zu erstattenden notwendigen Auslagen des Betroffenen auf 542,76 € festgesetzt und im Übrigen den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Hierbei hat die Stadt Wuppertal die geltend gemachte Erledigungsgebühr als nicht erstattungsfähig angesehen. Zudem sei die Auslagenpauschale nur einmalig ansetzbar und die Kosten für die Tätigkeit eines Privatsachverständigen seien nicht erstattungsfähig, da dieser zum Ausgang des Verfahrens nichts beigetragen habe. Hiergegen hat der Betroffene dann (erneut) Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das AG Wuppertal hat den zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde, die überwiegend Erfolg hatte. Das LG Wuppertal hat die dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 2.044,77 € festgesetzt.

Interessant zunächst, aber auch Wuppertla nichts Neues: Das LG hat die Kosten des Sachverständigen als grudnsätzlich erstattungsfähig angesehen. Es bestätigt dann seine Rechtsprechung aus dem LG Wuppertal, Beschl. v. 08.02.2018 – 26 Qs 214/17 und dazu Erstattung der SV-Kosten im Bußgeldverfahren, oder: Was haben Gebühren mit Messungen zu tun?). Insoweit verweise ich auf den Volltext.

Interessant dann die Ausführungen des LG zur Erledigungsgebühr Nr. 5115 VV RVG:

„aa) Die Kürzung der angesetzten Erledigungsgebühr in Höhe von 160,00 € netto, mithin 190,40 € brutto ist zu Unrecht erfolgt.

Die Stadt Wuppertal hat lediglich darauf abgestellt, dass es die angesetzte Gebührenziffer 5151 VV RVG nicht gebe. Dies ist zwar zutreffend. Offenkundig hat es sich hierbei jedoch nur um einen Schreibfehler gehandelt. Die Erledigungsgebühr nach Ziffer 5115 VV RVG entsteht dann, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde endgültig erledigt wird, was vorliegend der Fall ist [Anm. (1) Nr. 1 zu Ziffer 5115 VV RVG]. Die Feststellung einer Kausalität der Maßnahmen des Verteidigers für den Eintritt der Erledigung bedarf es hierfür nicht. Vielmehr besteht eine Vermutung für die Ursächlichkeit [Gürtler, in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, Vor § 105, Rn. 42e]. Das Entstehen der Zusatzgebühr ist nur dann ausgeschlossen, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers nicht ersichtlich ist [Anm. (2) zu Ziffer 5115 VV RVG], Vorliegend ist der Verteidiger des Betroffenen nach außen hin tätig geworden, sodass er sich auf die Vermutungswirkung berufen kann.“

Und ebenso interessant das, was das LG zu den beiden Auslagenpauschalen und der Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG schreibt:

„Demgegenüber kann der Betroffene die Auslagenpauschale nach Ziffer 7002 VV RVG im vorliegenden Fall nur einmal geltend machen. Der Abzug in Höhe von 20,00 netto, mithin 23,80 € brutto ist daher zu Recht erfolgt.

Gemäß § 17 Nr. 11 RVG stellen das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten dar, sodass dann die Auslagenpauschale doppelt anfällt. Das Zwischenverfahren gehört dabei nach der Vorbemerkung 5.1.2. Abs. (1) VV RVG zu dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde. Die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 62 OWiG im Zwischenverfahren gehört daher ebenso entsprechend § 19 Abs. 1 Nr. 10a RVG zu der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und begründet keine weitere Angelegenheit.

cc) Darüber hinaus kann der Betroffene die Verfahrensgebühr nach Ziffer 5109 VV RVG in Höhe von 160,00 netto, mithin 190,40 E brutto nicht verlangen. Das Verbot der Schlechterstellung greift im Beschwerdeverfahren nicht, sodass diese Gebühr entgegen der Entscheidung der Stadt Wuppertal nicht festgesetzt werden kann.“

Dazu folgende Anmerkungen:

Es ist zutreffend, wenn das LG die Tätigkeiten des Verteidigers in Zusammenhang mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG gegen die Nichtherausgabe der Messserie dem bußgeldrechtlichen Zwischenverfahren i.S. des § 69 OWiG zuordnet und (noch) nicht dem gerichtlichen Verfahren (vgl. dazu eingehend meine Beiträge Burhoff RVGreport 2013, 212, in, VRR 2013, 213, und in , StRR 2013, 294). Der Kollege wird das nicht so gern gelesen haben, weil das LG nämlich die festgesetzte Gebühr Nr. 5109 VV RVG wieder abgesetzt hat. Auch das war zutreffend, da das Verschlechterungsverbot im Beschwerdeverfahren nicht gilt.

Hinsichtlich der Erledigungsgebühr Nr. 5115 VV RVG muss ich vorsichtig sein, was ich schreibe. Zutreffend ist es, dass das LG die festgesetzt hat. Und dann: Vorsicht! Die Ablehnung der Festsetzung der vom Verteidiger zur Erstattung angesetzten Gebührenziffer – als „5151 VV RVG“ bezeichnet – durch die Stadt Wuppertal allein mit der Begründung, dass es diese Gebührenziffer nicht gebe, ist in meinen Augen lächerlich, fast hätte ich geschrieben dämlich. Der Schreibfehler bzw. Zahlendreher war und ist offensichtlich. Man fragt sich, was solche Spielereien/Mätzchen sollen. Sie erklären sich allenfalls daraus, dass man dem Kollegen, der im Zweifel der Stadt viel Arbeit macht, mal eins auswischen wollte. Solche Dinge sind aber mehr als überflüssig und machen nur unnötige Arbeit. Das sollte auch eine Stadtverwaltung wissen und über den Dingen stehen. Keep cool?

Ein Gedanke zu „Gebühren für Einsicht im Bußgeldverfahren, oder: An Lächerlichkeit nicht zu überbieten

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