Laub auf Straßen/Wegen, oder: Wie oft muss gereinigt werden?

Im „Kessel Buntes“ liegt heute dann zuerst der OLG Bremen, Beschl. v.  13.04.2018 – 1 U 4/18. Der muss weg 🙂 , denn sein Thema ist ein jahreszeitliches. Es geht nämlich um die Frage, in welchen Intervallen eine Gemeinde befahrene Wege von Laub befreien muss. Und da nur noch weniger Blätter an den Ästen hängen, wird es mit dem Thema Zeit.

Das OLG sagt/meint: Ein Intervall von einer Woche ist ausreichend. Nur bei stark genutzten Wegen oder besonderen Gefahren durch das Laub, vor allem Rutschgefahren, kann eine häufigere Beseitigung von Laub geboten sein:

„1. Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten nicht hat feststellen können. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen der Umfang der Pflichten des Verkehrssicherungspflichtigen im Hinblick auf die Sicherung der Benutzbarkeit von Straßen- und Wegeflächen nach den Umständen des Einzelfalls, wobei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs dabei ebenso zu berücksichtigen sind wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Sicherungspflichten bestehen nicht uneingeschränkt und stehen vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei sich grundsätzlich auch der Straßenverkehr den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss (siehe BGH, Urteil vom 08.04.1970 – III ZR 167/68, juris Rn. 10, VersR 1970, 572; Urteil vom 05.07.1990 – III ZR 217/89, juris Rn. 11, BGHZ 112, 74; Urteil vom 01.07.1993 – III ZR 88/92, juris Rn. 7, NJW 1993, 2802).

a) Es ist nicht festzustellen, dass die Beklagte vorliegend diesem Sorgfaltsmaßstab zuwider gehandelt hätte. Eine Gemeinde schuldet im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten nicht ein generelles ständiges Reinhalten sämtlicher Straßen- und Wegeflächen von jeglichem Laubfall (siehe KG Berlin, Urteil vom 11.10.2005 – 9 U 134/04, juris Rn. 13, VersR 2006, 946; OLG Hamm, Urteil vom 09.12.2015 – 9 U 170/04, juris Rn. 29, NZV 2006, 550; siehe ferner LG Wiesbaden, Urteil vom 16.11.2007 – 7 O 217/07, juris Rn. 16, KommJur 2009, 154; bestätigt durch OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 11.09.2008 – 1 U 301/07, juris Rn. 3, MDR 2008, 1396). Dies würde im Hinblick auf den hierfür erforderlichen Aufwand die Grenze des Zumutbaren für den Verkehrssicherungspflichtigen überschreiten und kann letztlich auch objektiv nicht sichergestellt werden, da bei entsprechenden Witterungsbedingungen im Herbst jederzeit große Mengen von Laub anfallen können, die gegebenenfalls durch den Wind auch an bestimmten Stellen zusammengetragen werden können. Im vorliegenden Fall ist auch nicht ersichtlich, dass ein regelmäßiger Reinigungsintervall von etwa einer Woche überschritten worden wäre: Vielmehr ergibt sich aus dem Reinigungskalender des von der Beklagten beauftragten Straßenreinigungsbetriebs, dass der betreffende Straßenabschnitt zuletzt am 26.10.2015 und damit erst sechs Tage vor dem Sturz des Klägers vom Laub befreit wurde. Grundsätzlich ist für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten einer Gemeinde zur Laubbeseitigung auf Straßen- und Wegeflächen im städtisch bebauten Bereich im Allgemeinen jedenfalls ein Reinigungsintervall von einer Woche ausreichend (vgl. KG Berlin, a.a.O.; für einen deutlich längeren Zeitraum siehe LG Wiesbaden, a.a.O.), sofern nicht wegen einer besonderen Natur der betreffenden Verkehrsfläche wie etwa bei Fußgängerzonen und ähnlichen Bereichen oder anderweitig besonders stark genutzten Wegen oder wegen einer besonderen durch den Laubfall geschaffenen Gefahr wie etwa bei besonderen Mengen des Laubes oder dadurch ausgehender Rutschgefahr nach den Umständen eine häufigere Laubbeseitigung geboten ist. Bei geringerer Verkehrsbedeutung oder Verschmutzung wird auch ein längeres Intervall als zulässig anzusehen sein. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, dass die Reinigung zuletzt neun Tage vor dem Sturz erfolgt sei, handelt es sich um nach den §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigendes Vorbringen, wobei diese Behauptung im Übrigen auch nicht mit dem vom Kläger selbst in Bezug genommenen Reinigungskalender im Einklang steht.

b) Im vorliegenden Fall war auch nicht aus besonderen Gründen eine häufigere Reinigung geschuldet.

aa) Bei dem betreffenden Fahrradweg handelt es sich nicht um eine Verkehrsfläche, die wegen ihres besonderen Benutzungszwecks ständig von Laub freizuhalten wäre.

bb)Auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, wonach bei witterungsbedingtem Anfallen akuter Maßnahmen zur Verkehrssicherung die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde sich nicht auf die Durchführung der turnusmäßigen Dienste beschränken darf, wenn diese zur Sicherung nicht ausreichen (siehe OLG Hamm, a.a.O.), ist für den vorliegenden Fall keine Pflicht zur häufigeren Reinigung abzuleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass im vom Oberlandesgericht Hamm zu entscheidenden Fall die Gemeinde eine Reinigung zum regelmäßigen Reinigungstermin gerade nicht vorgenommen hatte: Soweit in dieser Entscheidung dann eine Reinigung auch außerhalb der üblichen Dienstzeiten verlangt wurde, bezieht sich dies mithin auf eine vor dem normalen (nächsten) Turnus erfolgende Nachholung der am regulären Termin unterbliebenen Reinigung. Im Übrigen ist als erheblicher Unterschied zwischen der dortigen Konstellation und dem hier zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass es dort um eine Gefahr durch am Boden vermoderndes Laub mit daraus begründeter Rutschgefahr ging, d.h. um eine gerade (erst) durch längeres Liegenlassen des Laubes entstehende Gefahr, die für einen Benutzer des Weges nicht ohne weiteres zu erkennen war. Die vorliegende Situation, dass eine Bordsteinkante mit Laub bedeckt war, konnte sich dagegen bei entsprechendem Laubfall auch sehr kurzfristig ergeben, so dass auch ein kürzeres Reinigungsintervall dies nicht notwendigerweise verhindert hätte (vgl. KG Berlin, a.a.O.).

cc) Schließlich sind auch aus den Umständen des vorliegenden Einzelfalls keine sonstigen Besonderheiten zu erkennen, die zu einer häufigeren Reinigungspflicht führen würden: Die Menge des Laubes alleine mag als besondere Gefährdung dann anzusehen sein, wenn sich an einer Stelle so viel Laub sammelt, dass es nicht ohne weiteres zu durchqueren ist. Vorliegend führte das am Boden liegende Laub lediglich dazu, dass der Kläger den Straßenuntergrund nicht mehr erkennen konnte: Dies entspricht aber gerade dem Regelfall am Boden liegenden Laubes und begründete hier noch keine über das allgemeine Maß hinausgehende gesteigerte Gefährlichkeit. Ferner ergibt sich auch kein zur Steigerung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten führender Umstand daraus, dass durch am Boden liegendes Laub der Verlauf des Bordsteins nicht zu erkennen war: Wiederum entspricht es bereits dem Regelfall, dass am Boden liegendes Laub zur Folge haben kann, dass ein Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls unter dem Laub befindliche Hindernisse nicht erkennen kann.

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