Archiv für den Monat: Juni 2014

Ich habe da mal eine Frage: Wann muss ich eigentlich einen „Erstreckungsantrag“ stellen?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Aus den Fragen in meinem Forum auf Burhoff-online und aus Fragen in gebührenrechtlichen Veranstaltungen weiß ich, dass die Abrechnung in Strafverfahren gerade dann besondere Schwierigkeiten macht, wenn es um die Abrechnung der Tätigkeiten des Rechtsanwalts/Verteidigers in mehreren Verfahren geht. das gilt besonders dann, wenn der Rechtsanwalt Pflichtverteidiger ist/war und nun Verfahren hinzu verbunden werden. Dann liegt für den ein oder anderen Verteidiger manches im Dunklen. Daher hat mich die Frage, die mich vor einigen Tagen erreicht hat, nicht sonderlich überrascht.

Es geht um folgende Fallgestaltung:  Der Rechtsanwalt ist Verteidiger in mehreren Verfahren. Diese werden miteinander verbunden. Nun wird der Rechtsanwalt in dem verbundenen Verfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet. Er rechnet dann später mit der Staatskasse ab und macht dabei in allen Verfahren gesetzliche Gebühren geltend. Der Kostenbeamte hält im § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG (früher wortgleich: § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG) entgegen.

Und der Kollege fragt sich: Zu Recht? Ist ja nun ein wenig Zeit, über das Wochenende mal an der Lösung zu knabbern.

Tja, irren ist menschlich, aber einen Hauptverhandlungstermin darf man nicht übersehen

© Dmitry - Fotolia.com

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 Tja, kann passieren, darf es aber nicht, dass das Gericht einen Hauptverhandlungstermin vergisst. Nein, nicht so vergessen, dass alle anderen Verfahrensbeteiligten zur Hauptverhandlung erschienen waren und das Gericht fehlte. Das wäre „hochnotepinlich“ gewesen. Aber auch so ist es unschön, dass man bei einer Strafkammer des LG Essen übersehen hat, dass ein an sich geplanter Hauptverhandlungstermin nicht statt gefunden hat und man nicht an vier, sondern nur an drei Tagen verhandelt hatte. Denn das hatte dann Folgen, weil so die Urteilsabsetzungsfrist eben nicht mehr als fünf sondern nur die i.d.R. gewährten fünf Wochen des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO dauerte und das Urteil deshlab von der Kammer zu spät zur Akte gebracht worden war. Der Verteidiger hat es gemerkt und gerügt und der BGH hebt dann im BGH, Beschl. v. 06.05.2014 – 4 StR 114/14 – auf.

„Die zulässige Rüge, das Urteil sei nicht in der gemäß § 275 Abs. 1 S. 2 StPO maßgebenden Frist zu den Akten gebracht worden, ist begründet, so dass es auf die zugleich erhobene Sachbeschwerde und weiteren Verfahrensrügen nicht mehr ankommt.

Das Urteil vom 28. Oktober 2013 wurde nach dreitägiger Verhandlung verkündet (Bl. 33 PB). Gemäß § 275 Abs. 1 S. 2 StPO betrug daher die Frist, binnen derer die Urteilsurkunde zu den Akten zu bringen war, fünf Wochen und endete mit dem 2. Dezember 2013. Ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle gelangte das schriftliche Urteil jedoch erst am 4. Dezember 2013 zu den Akten (Bl. 421 Bd. III). Damit war die fünfwöchige Frist überschritten. Ein unabwendbarer Umstand im Sinne des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO ist nicht ersichtlich. Den dienstlichen Stellung-nahmen des Vorsitzenden und Berichterstatters (Bl. 596 f. Bd. IV) lässt sich entnehmen, dass diese bei der Berechnung der Frist irrten, indem sie von ursprünglich vier angedachten Verhandlungstagen aus-gingen. Eine unrichtige Berechnung kann die Überschreitung der Frist jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2002 – 2 StR 504/01). Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.“

Tja, irren ist menschlich, aber – wie schreibt der BGH so schön: „Eine unrichtige Berechnung kann die Überschreitung der Frist jedoch nicht rechtfertigen“.

Die unberechtige Verwendung der Maestro-Karte, das ist Betrug

entnommen openclipart.org

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Auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zur unberechtigen Verwendung einer Maestro-Karte liegt das OLG Koblenz, Urt. v. 24.02.2014 – 2 Ss 160/12, aus dem ich hier heute nur die sieben (!!) Leitsätze darstellen will. Der Rest ist dann dem Selbststudium überlassen:

1.    Bei Verwendung einer Maestro-Karte durch den Nichtberechtigten oder bei eine Kreditrahmenüberschreitung durch den Berechtigten im POZ-System bzw. ELV-System liegt vollendeter Betrug zu Lasten des Händlers vor.
2.   Eine echte Zahlungskarte wird nicht im Sinne des § 152a Abs. 1 Nr. 1 StGB verfälscht, wenn der Täter sie mit dem Namen des berechtigten Karteninhabers unterzeichnet.
3.   In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist aber regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betruges auszugehen, wenn das Bestreben des Täters von Anfang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten.
4.   Geringwertigkeit im Sinne des § 243 Abs. 2 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Sache oder die Vermögensverschiebung die Wertgrenze von 25€ nicht übersteigt. Es erscheint aber vertretbar, die Grenze im Einzelfall bei 30€ zu ziehen.
5.   Bei gewerbsmäßig begangenem Betrug und gewerbsmäßig begangener Urkundenfälschung kann, sofern die Einzelschäden und der Gesamtschaden gering sind und zudem weitere gewichtige zugunsten des Täters sprechende Umsätze vorliegen, die Indizwirkung der §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB entfallen. Erforderlich ist dann eine Gesamtabwägung, bei der wesentliche zu Lasten des Angeklagten sprechende Umstände, wie einschlägige Vorstrafen, nicht ausgeklammert werden dürfen.
6.   Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, siech durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen. Ist der Wille des Täters indessen lediglich darauf gerichtet, sich ein ganz geringfügiges Nebeneinkommen zu verschaffen oder erstrebt er ein zwar der Höhe nach mehr als geringfügiges aber nur auf kurze Zeit angelegtes Zusatzeinkommen, liegt Gewerbsmäßigkeit nicht vor.
7.   §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB haben als Strafzumessungsregeln keine Relevanz für den Schuldspruch.

Persönliche Info: Hier bloggt jetzt ein Opa :-)

ennommen: openclipart.org

Wenn man bei wikipedia nachschaut, was ein Blog ist, dann erfährt man:

„Das Blog [blɔg] (auch: der Blog) oder auch Weblog [ˈwɛb.lɔg], engl. [ˈwɛblɒg], Wortkreuzung aus engl. Web und Log für Logbuch, ist ein auf einer Website geführtes und damit meist öffentlich einsehbares Tagebuch oder Journal, in dem mindestens eine Person, der Web-Logger, kurz Blogger genannt, Aufzeichnungen führt, Sachverhalte protokolliert (‚postet‘) oder Gedanken niederschreibt….“

Also: U.a. „Gedanken niederschreibt“ und ein „einsehbares Tagebuch“ führt. Ok, wenn man es so nimmt, dann sind wir in dem Sinn kein richtiges Blog, da wir hier natürlich an sich nicht so viel zu Gedanken und persönlichen Umständen mitteilen. Ja, nun gut, ich teile immer bzw. häufig mit, wenn ich unterwegs bin, dass ich Fußball nicht so mag, aber viel mehr nicht.

Aber heute ist dann doch ein Moment für das kurzfristige persönliche Innehalten gekommen, denn: Hier bloggt seit gestern, dem 12.06.2014 – 10.04 Uhr – ein Opa 🙂 🙂 🙂 . Denn wir haben ein neues Familienmitglied. Unsere kleine Fenna, 54 cm groß und rund 3.800 g schwer, also für ein Mädchen doch ganz beachtlich. Mutter und Kind sind gesund!!!!

Die Freude ist natürlich groß – wie groß, sieht man daran, dass „Opa“ postet. Erst hatte ich ja überlegt, ein Bild mit einzustellen. Das lasse ich aber lieber. Das liebe Kind muss ja nicht schon nach noch nicht einmal 24 Stunden Erdendasein die erste Spur im Internet hinterlassen. Jedenfalls möchte ich nicht demnächst die Frage hören: „Opa musste das sein?“. Also belassen wir es bei dem „geschlüpften Küken“. Passt ja auch irgendwie.

Ach so: Und wer mit dem Namen „Fenna“ nichts anfangen kann. „Fenna“ ist eine niederdeutsch-niederländisch-friesische Kurzform von Namen die „Frieden“ bedeuten. Oder: Koseform von Namen mit dem Element „Fried-“ bzw. „Frede-„‚, wie z.B. „Friederike“ oder „Frederike“. In dem Sinne: Alles gut und große Freude.

Und dann geht es nachher ganz normal mit Jura weiter 🙂 🙂 🙂 .

Wiedereinsetzungsantrag: Zur Begründung „Butter bei die Fische“

AusrufezeichenEine an sich eindeutige (Rechts)Lage behandelt der OLG Braunschweig, Beschl. v. 08.01.2014 – 1 Ws 380/13 -, die aber in der Praxis doch immer wieder übersehen wird und die man daher immer mal wieder ins Gedächtnis rufen muss. Es geht um die Wiedereinsetzung nach einer Berufungsverwerfung gem. § 329 Abs. 1 StPO und um die an das Wiedereinsetzungsgesuch zu stellenden Anforderungen. Im Fall war der Angeklagte nicht zum Berufungshauptverhandlungstermin erschienen und hatte zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrag (nur) vorgetragen, dass er am Verhandlungstag verhandlungsunfähig erkrankt gewesen sei und zum Beleg ein Attest einer Fachärztin für Allgemeinmedizin vorgelegt, in dem ihm ohne weitere Ausführungen die Verhandlungsunfähigkeit attestiert wird. Das reicht nicht, denn:

„Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist bereits unzulässig. Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Wiedereinsetzungsgesuch ist nach §§ 329 Abs. 3, 45 StPO unter anderem die konkrete Angabe über den Hinderungsgrund. Diesem Erfordernis genügt ein Antragsteller nur, wenn er die Umstände vorträgt, die dazu geführt haben, dass ihm die Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht zuzumuten war. Beruft sich ein Angeklagter auf eine Erkrankung, ist deren Art anzugeben sowie der Umfang der von ihr ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen darzulegen (KG, Beschluss vom 06.02.2007, 1 AR 152/072 Ws 99/07, juris, Rn. 4 = StraFo 2007, 244; OLG Köln, Beschluss vom 10.12.2008, 2 Ws 613/08, juris, Rn. 3; Maul in Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 45 Rn. 7). Das Attest vom 8. November 2013 genügt diesen Anforderungen nicht, weil ihm – wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat – die Art der Erkrankung nicht zu entnehmen ist und auch Angaben zu den Auswirkungen der Erkrankung fehlen. Dass die Ärztin Verhandlungsunfähigkeit diagnostizierte, ist bedeutungslos, weil es sich dabei um einen Rechtsbegriff handelt (KG, aaO.) und dem Senat die Tatsachen fehlen, um diesen auszufüllen.

Der Revisionsentscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 20. Februar 1987 (NJW 1988, 2965 [OLG Frankfurt am Main 20.02.1987 – 1 Ss 468/86]) und der Rechtsbeschwerdeentscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 11. Mai 1998 (NJW 1999, 879), die die Generalstaatsanwaltschaft beide in ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 2013 zitiert, kommt für die Zulässigkeit des auf das Attest gestützten Wiedereinsetzungsgesuchs keine maßgebliche Relevanz zu. Denn bei beiden Entscheidungen ging es darum, dass dem Tatgericht ein unzureichendes Attest bereits während der Hauptverhandlung vorlag. In solchen Fällen ist das Gericht wegen seiner Aufklärungspflicht von Amts wegen gehalten, im Wege des Freibeweises durch Rückfrage beim Arzt zu ermitteln, ob Tatsachen vorliegen, die die Verhandlungsunfähigkeit rechtfertigen (OLG Köln, Beschluss vom 08.12.2009, 81 Ss 77/09, juris, Rn. 14). Im Wiedereinsetzungsverfahren trifft das Gericht demgegenüber keine Aufklärungspflicht. Die Tatsachen sind vielmehr vom Antragsteller vorzutragen (KG, Beschluss vom 02.11.2009, 3 Ws 624/09, 1 AR 1753/09, juris, Rn. 4).

Und: Nachbessern im Beschwerdeverfahren geht auch nicht, da der erforderliche Vortrag dann nicht mehr innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO erfolgt. Also: „Butter bei die Fischer“ bei der Antragsbegründung. Nachliefern geht nicht.