Archiv für den Monat: Juni 2014

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Aktendoppel für den Mandanten, zulässig ja oder nein?

© haru_natsu_kobo - Fotolia.com

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Ich hatte am vergangenen Freitag die Frage gestellt: Aktendoppel für den Mandanten, zulässig ja oder nein? Die Statistik mit den Zugriffszahlen zeigt mir: Eine Frage, die die Praxis bewegt.

Nun, darf man oder darf man? Schön wäre es, wenn man die Frage mit einem klaren Ja beantworten könnte, wie es ein Kommentator getan hat, der anmerkt: „§ 147 Abs. 7 StPO i.V.m. EGMR und der GRC. Uneingeschränktes JA. “ Ich folge ihm gern, nur sieht es die (ober)gerichtliche Rechtsprechung leider anders und ist sehr viel zurückhaltender. So passt besser ein anderer Kommentar, nämlich: „Ich hab die Antwort, ich hab sie: Kommt drauf an :-)“ Und das verdeutlichen m.E. auch zwei Beschlüsse, auch die ich in dem Zusammenhang hinweisen möchte. Das ist einmal der OLG Braunschweig, Beschl. v. 26. 5. 2014, 1 Ws 144/14 u. 1 Ws 146/14 –  und dann der LG Aachen, Beschl v. 16.06.2014 – 67 KLs-901 Js 193/12-11/12 . Der OLG Braunschweig-Beschl. sieht es (viel) restriktiver als das LG Aachen, das aber auch eine Prüfungspflicht des Rechtsanwalts/Verteidigers bejaht, m.E. aber mehr Spielraum lässt. Fraglich ist dann natürlich, wie weit geht der und was muss der Verteidiger prüfen. Es stellt sich letztlich die Frage: Muss der Verteidiger mehr prüfen als für den eigenen Aktenauszug oder darf er dem Mandanten (unbesehen) alles das zur Verfügung stellen, was er für sich selbst auch kopieren kann.?

Allgemein wird man sagen können/müssen: Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein Aktendoppel zumindest dann erstattungsfähig  wenn seine Erstellung zur sachgemäßen Verteidigung erforderlich war, wie z.B. in einem umfangreichen Strafverfahren mit schwieriger Beweislage, in dem der Verteidiger auf den dauernden Besitz eines Aktenauszugs angewiesen war, oder bei gravierenden Straftaten, oder, wenn er ihn braucht, „um seine Verteidigung mit dem Verteidiger einzurichten“. Es hilft dabei sicherlich die Argumentation des LG. Und noch zwei Punkte:

  • Um Schwierigkeit bei der Erstattung/Festsetzung zu vermeiden, sollte der Pflichtverteidiger ggf. den Weg über § 46 Abs. 2 Satz 1 RVG gehen und die Feststellung der Erforderlichkeit des Aktendoppels durch das Gericht beantragen. Eine andere Möglichkeit zur Klärung ist, insoweit einen Vorschuss gem. § 47 RVG zu verlangen.
  • Und: Solche Konstellationen wie beim OLG Braunschweig sind natürlich „tödlich“. Es ist kaum nachvollziehbar – jedenfalls auf den ersten Blick -, wieso  2.864 Fotokopien, deren Erstattung verlangt wird, angefallen sein sollen, wenn die Ermittlungsakten zum Zeitpunkt des Akteneinsichtgesuchs auf lediglich 863 Seiten zuzüglich 149 „Sonderheft Haftbeschwerde“ zuzüglich etwaiger Doppelseiten angewachsen waren.

Strafzumessung II: 3 Monate für 0,5 g Marihuana-Besitz ggf. „kein gerechter Schuldausgleich“

CannabisNach dem Posting: Strafzumessung I: Einmal hopp – klassischer Fehler, einmal topp, ein weiterer Hinweis auf eine Strafzumessungsentscheidung des BGH, die für die Verteidigung in BtM-Verfahren interessant ist. Es geht um den BGH, Beschl. v. 15.04.2013 – 2 StR 626/13: Das LG hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln , und zwar 0,5 g Marihuana, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Das schmeckt dem BGH nicht. Denn:

Das Landgericht hat für den Besitz von 0,5 Gramm Marihuana eine Freiheitsstrafe von drei Monaten verhängt und deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist und unter Bewährung stand, bleibt die Strafkammer den Nachweis schuldig, dass diese Strafe noch einen gerechten Schuldausgleich für das begangene Tatunrecht darstellt. Bewegt sich ein Konsumentenfall, um den es hier augenscheinlich geht, im untersten Bereich der geringen Menge, sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 90, 145, 188 ff.) besonders zu beachten. Bei einem derartigen Bagatelldelikt mag zwar die Ablehnung eines Absehens von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG hinzunehmen sein, wenn der Angeklagte wie hier ca. neun Monate zuvor wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Verhängung einer nicht zur Bewährung ausgesetzten kurzfristigen Freiheitsstrafe steht aber in keinem angemessenen Verhältnis zu dem abgeurteilten Tatun-recht (vgl. Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 13, Rn. 74), wenn nicht besondere Umstände gerade auch die Anordnung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unter sechs Monaten, die eingehend auch unter Berücksichtigung des § 47 StGB zu begründen wäre, rechtfertigen (Patzak, a.a.O., Rn. 75).

Solche Umstände aber hat das Landgericht nicht dargetan. Dass der Angeklagte „dreist und unbelehrbar“ (UA S. 30) sein soll, wird von den kargen Feststellungen zur abgeurteilten Tat nicht belegt. Allein der (erneute) Verstoß gegen Vorschriften des BtMG neun Monate nach einer Verurteilung, der sich offensichtlich in dem Eigenkonsum geringer Mengen (die auf dem Wohnzimmertisch aufgefunden wurden) erschöpft, rechtfertigt diese moralisierende Einschätzung des Landgerichts nicht. Zusätzliche Gesichtspunkte, die diese Wertung tragen könnten, hat das Landgericht nicht vorgebracht. Soweit es anführt, der Angeklagte sei auch nicht dadurch entlastet, dass er, wie es sonst oft der Fall sei, drogenabhängig gewesen wäre und es sich nicht um einen geringfügigen Rückfall gehandelt habe, stellt dies keinen strafschärfenden Umstand dar. Vielmehr lassen diese Formulierungen besorgen, das Landgericht habe das Fehlen strafmildernder Umstände nachteilig zu Lasten des Angeklagten gewichtet. Hinzu kommt, dass die Strafkammer jede Erklärung dafür  schuldig bleibt, warum es sich angesichts einer am untersten Rand bewegen-den Menge von Betäubungsmitteln nicht um einen „geringfügigen“ Rückfall handeln sollte.“

Liest sich für die Kammer nicht so schön: „Karge Feststelllungen“, „jede Erklärung dafür schuldig bleibt“.

Auf der Linie wie der BGH liegt übrigens auch das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – 1 RVs 10/14 und dazu: Sieben Monate für 19,3 g Haschisch-Besitz – “kein gerechter und angemessener Schuldausgleich”

Strafzumessung I: Einmal hopp – klassischer Fehler, einmal topp

© Dan Race - Fotolia.com

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Ich habe ja schon häufiger darauf hingewiesen, dass Strafzumessungsfragen in der Rechtsprechung des BGH eine größere Rolle spielen. Häufig(er) werden landgerichtliche Urteile aufgehoben, weil die Tatgerichte bei der Strafzumessung die „Enden nicht richtig zusammen bekommen“. Aus dem daher doch recht reichlichen Fundus von BGH-Entscheidungen zu Strafzumessungsfragen heute zunächst der Hinweis auf zwei Entscheidungen aus neuerer Zeit, und zwar einmal hopp, einmal topp = einmal hatte die Revision Erfolg, einmal hat der BGH „kein Haar in der Suppe gefunden.

  • Keinen Erfolg hatte die Revision in dem JGG-Verfahren wegen Raubes, das mit dem BGH-Beschl. v. 02.04.2014 – 2 StR 349/13 – geendet hat. In dem stellt der BGH fest, dass zur Bemessung einer Jugendstrafe vor dem Hintergrund des Erziehungsgedankens berücksichtigt werden kann, dass der Angeklagte einen weiteren – nicht angeklagten – Raubüberfall – geplant und dieser Überfall ohne sein Zutun und zu seiner Verärgerung gescheitert war. Zudem kann der vierfachen Begehung von Überfällen innerhalb kurzer Zeit auch unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Charakters der Handlungen als Tatserie mit sinkender Hemmschwelle straferhöhende Bedeutung beigemessen werden.

„Der Strafausspruch hält entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten dessen hohe kriminelle Energie berücksichtigt, „zumal hier nicht eigener Suchtdruck oder massive finanzielle Nöte Triebfeder des Handelns wa-ren, sondern reines Gewinnstreben“ (UA S. 14). Diese Formulierung lässt nicht nur besorgen, dass die Kammer entgegen § 46 Abs. 3 StGB mit dem Gewinn-streben einen bereits zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörenden Umstand verwertet hat (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 24). Sie deutet darüber hinaus darauf hin, dass das Landgericht das bloße Fehlen genannter strafmildernder Umstände strafschärfend berücksichtigt hat (Senat, NStZ 2013, 46). Der Senat kann letztlich nicht sicher ausschließen, dass das Landgericht bei richtiger Würdigung trotz der großen Mengen von Betäubungsmitteln, mit denen Handel getrieben wurde, angesichts zahlreicher zu Gunsten wirken-der Umstände einen minder schweren Fall angenommen oder bei Anwendung des Normalstrafrahmens jedenfalls zu niedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre.

Sonntagswitz: Fußball-WM-Endspiel Deutschland – Brasilien – mal anders

© Teamarbeit – Fotolia.com

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Ich wollte ja an sich Ostfriesenwitze machen, da ich „auf der Insel bin“, das ist „Tradition“, aber: Die Fußball-WM hat dann die Ostfriesen geschlagen.

Überzeugt hat mich nämlich das auf Youtube eingestellte Video des WDR. Da nimmt die „Sendung mit der Maus“ sich mal Fußballfloskeln vor. Da sieht man mal, wohin man kommen würden, wenn man mit dem, was Fußballkommentatoren so alles erzählen, ernst machen würde: „der Flankengott, der „Ball, der unter die Latte genagelt wird“, die „schlafende Abwehr“, es „klingelt im Gehäuse“  usw. Köstlich auch für denjenigen, der nicht so gerne Fußball hat. Und für alle Fußball-Fans: Es gewinnt natürlich 🙂 die deutsche Fußballnationalmannschaft. Die Brasilianer gehen „geknickt“ vom Feld.

https://www.youtube.com/watch?v=9qhY2xXtpdo&feature=player_detailpage

Wochenspiegel für die 26. KW., das war teures Wetter :-), die „Fachrichterrobe“ und eine neue Strafe

entnommen wikimedia.org Urheber Tropenmuseum

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Urheber Tropenmuseum

Die 26. KW. war natürlich (auch wieder) geprägt von der Fußball-WM, aber daneben hat es auch ein „normales Leben“ gegeben, so dass wir berichten können über:

  1. die Kachelmann-Klage mit: Jörg Kachelmann – dreht er jetzt endgültig ab ? und: Kachelmanns Millionenklage gegen die Medien – eine juristische Einschätzung,
  2. den Richter und die Talkshow,
  3. einen Ausblick auf das neue Verfahren Mollath,
  4. die (zu verneinde) Frage, ob man Dummheit von der Steuer absetzen kann,
  5. die Frage, ob die Fachwanwaltsrobe nicht auch eine „Fachrichterrobe“ erfordert,
  6. eine Streit- und Verfolgungsfahrt zwischen Auto- und Radfahrer,
  7. einen Beschluss des US-Suprme-Court, wonach die Polizei keine Handys durchstöbern darf,
  8. die Exkommunikation als Strafe für das organisierte Verbrechen – das unsere Politiker noch nicht darauf gekommen sind…,
  9. und dann war da noch, was Juristen in der 26. KW erheiterte,
  10. und ganz zum Schluss noch eine skurrile Verkehrs-OWi 🙂 .