Archiv für den Monat: August 2013

Ablehnung I: Vortätigkeit des Richters – sag mir die Umstände…

© Dan Race – Fotolia.com

Viele Ablehnungsgesuche werden mit einer sog. „Vortätigkeit“ des Richters, sei es in einem andern Verfahren, sei es im anhängigen Verfahren begründet. Eine solche Fallgestaltung behandelt der BGH, Beschl. v. 30.01.2013 – 2 StR 55/12. Das Ablehnungsgesuch hatte – wie häufig in diesen Fällen – keinen Erfolg, allerdings nicht wegen der 1.

„Die Verfahrensbeanstandungen der Revision des Angeklagten S. gehen fehl. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

Die Revision macht eine Verletzung von § 27 Abs. 1 StPO geltend, weil die Berufsrichter der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurden und selbst über das Ablehnungsgesuch entschieden haben, das sie als unzulässig im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO angesehen haben. Diese Rüge ist nicht zulässig. Der Beschwerdeführer ist nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gehalten, die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen so genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschriften prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft. Dies gilt auch für Rügen zur Richterablehnung (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 5 StR 432/11, StV 2012, 587). 

Die Richterablehnung des Angeklagten S. bezog sich auf Äußerungen der Richter in einer Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft, die in der Revisionsbegründung nicht mit ihrem gesamten Inhalt mitgeteilt und innerhalb des – seinerseits zwar mehrfach, aber auch nur lückenhaft mitgeteilten – Ablehnungsgesuchs nur sinngemäß referiert wurden. Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist, soweit sie nicht den Tatbestand eines Ausschlussgrundes gemäß § 23 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig nicht dazu geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters zu begründen, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen, die diese Besorgnis rechtfertigen. Ob solche Umstände in Betracht kamen oder so fern lagen, dass die nach Ansicht des Landgerichts verfehlte Ablehnungsbegründung dem Fehlen einer Begründung im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleichzustellen war, kann vom Revisionsgericht nur geprüft werden, wenn die Revisionsbegründung auch die hierfür maßgeblichen Einzelheiten genau mitteilt. Daran fehlt es.“

Abmeldung, an den Tegernsee

© fottoo – Fotolia.com

Ich melde mich dann mal für ein paar Tage ab – und zwar an den (schönen) Tegernsee. Wird also in den nächsten Tagen etwas ruhiger und nicht ganz so aktuell.

Vielleicht treffe ich da ja Uli Hoeneß, der da ja wohl – fast ist man geneigt zu schreiben: Noch 🙂 – wohnt. Jedenfalls kann ich hoffentlich Kindheitserinnerungen auffrischen aus Urlauben aus meiner Kinderzeit (lang, lang ist es her). Das Langzeitgedächtnis soll ja im Alter noch ganz funktionieren.

Anmerkung: Auftakt mit der Bahn war dann schon mal gut: Verspätungsalarm = 20 Minuten Verspätung schon in Münster. Danke Deutsche Bahn.

25 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama – wohl keine Entlassung von D.Degowski

© chris52 – Fotolia.com

Es gibt Ereignisse, bei denen viele noch wissen, was sie gemacht haben, als die Meldung zu dem Ereignis über die Ticker oder früher über das Radio lief. So geht es mir z.B. mit dem Attentat auf John F. Kennedy am 22.11.1963, aber auch mit dem Gladbecker Geiseldrama vor 25 Jahren – 16. – 18.08.2013. Bei letzterem befand ich mich auf der nächtlichen Rückfahrt aus einem Italienurlaub und habe das Drama daher nachts im Radio – es wurde ja quasi live berichtet – verfolgen können. Deshalb werde ich bei den vielen Berichten, die es anlässlich des 25. Jahrestages derzeit gibt, immer wieder an diese Fahrt erinnert und u.a. deshalb verfolge ich auch die Berichterstattung zur vorzeitigen Entlassung von D. Degowski, über die heute bei der StVK des LG Arnsberg verhandelt worden ist, mit besonderem Interesse.

Wenn man den im Moment eingehenden Meldungen trauen kann, dann wird es wohl für D.Degowski keine vorzeitige Entlassung geben, so berichtet u.a. auch die FAZ. Bei SPON ist man schon etwas weiter und berichtet über eine Ablehnung des Antrags. Näheres soll morgen bekannt gegeben werden. Die Aussichten auf eine vorzeitige Entlassung standen für D. Degowski aber m.E. auch von vornherein nicht gut. Der Sachverständige hatte sich wohl dagegen ausgesprochen, und: Degowski war wohl bislang auch nicht ausreichend auf eine Freilassung vorbereitet, so kann man es der Meldung bei SPON entnehmen.

Ich habe da mal eine Frage: Zweimal die Grundgebühr?

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Vor einigen Tage ist in dem gebührenrechtlichen Forum auf meine Homepage Burhoff-online eine gebührenrechtliche Frage gestellt worden, deren Problematik bislang – so weit ich es übersehe, noch nicht entschieden ist. Und zwar.

Der Kollege ist Verteidigerin der F in einem Verfahren wegen einer gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil ihres  Ex-Mannes M. M ist  im gleichen Verfahren wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung zu Lasten der F angeklagt. Die beiden Verfahren werden getrennt und nach Trennung der Verfahren ist der Kollege im Verfahren gegen den Ex-Mann M als Nebenklägervertreter der F tätig. Seine Frage: Kann ich noch einmal die Grundgebühr abrechnen?

Nun, wenn man antworten will, fällt einem sofort die Formulierung in der Nr. 4100 VV RVG ins Auge: „einmalig“ und „Einarbeitung in den Rechtsfall“. Das führt grds. dazu, dass die Grundgebühr, wenn ein Verfahren abgetrennt wird, in dem abgetrennten Verfahren nicht noch einmal entsteht. Zwar liegen ab Trennung verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG vor, so dass der nicht entgegensteht. In den Rechtsfall des abgetrennten Verfahrens hat sich der Rechtsanwalt aber bereits eingearbeitet. Damit scheidet der Anfall der Grundgebühr aus.

Etwas anderes muss m.E. gelten, wenn es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt und der Rechtsanwalt/Verteidiger unterschiedliche Einarbeitungstätigkeiten erbringt. Das ist z.B. für den Rechtsanwalt anerkannt, der zunächst als Verteidiger für den Angeklagten tätig war und dann – nach dessen rechtskräftiger Verurteilung – für den Angeklagten, der nun in anderen Verfahren als Zeuge vernommen wird, als Zeugenbeistand tätig ist. Insoweit wird von den Obergerichten ausgegangen, dass die Einarbeitung in ein Verfahren als Verteidiger eine andere ist als die als Zeugenbeistand (vgl. OLG Düsseldorf, RVGreport 2008, 182 = StRR 2008, 78; OLG Hamm, StraFo 2008, 45 = RVGreport 2008, 108 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79; dazu OLG Koblenz, RVGreport 2006, 232 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254; OLG Köln, AGS 2008, 128 = StraFo 2008, 223 = StRR 2008, 439; OLG München, AGS 2008, 120; LG Dresden, AGS 2008, 120; LG München, 19.02.2007 – 2 KLs 247 Js 228539/05). Und das m.E. auch zutreffend. Die Argumentation gilt m.E. aber auch für die Reihenfolge „Verteidiger“/“Nebenklägervertreter“. Dass der Nebenklägervertreter die Akten aufgrund seine Verteidigertätigkeit schon kennt, kann man über § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG berücksichtigen.

Ich bin mal gespannt, was aus dem Verfahren des Kollegen wird. Ich habe ihn gebeten zu berichten 🙂

Ach so: Und steht demnächst auch alles in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014; zu den Vorbestellungen geht es hier. Das war jetzt Werbung 🙂 :-).

Und zum Schluss dann ein „Aufruf“: Wer solche Fragen hat, der kann sie mir gern über das Forum auf Burhoff-online stellen. Ich bin natürlich auch immer an interessanten gebührenrechtlichen Entscheidungen interessiert, um sie auf meiner Homepage einzustellen und/oder auch darüber im StRR, VRR, RVGreport oder hier zu berichten.

Auch Rechtsanwälte leben gefährlich: Stalkerin (sogar) auf Krücken

© fotografci – Fotolia.com

Auch Rechtsanwälte leben gefährlich. Das ist das Fazit aus einer Meldung über ein Verfahren/Urteil des AG Krefeld (vgl. u.a. hier in der WZ am 01.08.2013 und gestern auch bei LTO). Das AG hat eine am Montag (12.08.2013) eine 50-jährige, bereits wegen Stalkens vorbestrafte Frau zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Frau hatte seit Juni 2011 ihre ehemalige Verteidigerin verfolgt. Der hatte sie mit Pkw, Fahrrad und auch zu Fuß auf Krücken (!!) nachgestellt. Außerdem hatte sich durch Telefon und SMS täglich bis zu 30 Mal Kontakt zum Privathaushalt und zur Kanzlei der Verteidigerin gesucht. Obwohl die Fahrerlaubnis offenbar sichergestellt war , hat die Stalkerin die Verteidigerin dennoch mit dem Pkw verfolgt. In einem Fall raste sie auf den Ehemann der Anwältin zu, der sich nur durch einen Sprung zur Seite retten konnte. Die Quittung: Verurteilung wegen Nachstellens, Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahrens ohne Führerschein.

Frage ist immer: Wie kann man sich dagegen schützen? Wahrscheinlich so richtig gar nicht. Denn wie will man sich gegen eine „schizoide Persönlichkeitsstörung“, die festgestellt worden ist, wappnen. Wie „wichtig“ der Stalkerin das Nachstellen war, zeigt auch: – Verfolgung auf Krücken!!