Archiv für den Monat: März 2013

Ein schneller/einfacher Erfolg … immer wieder Lücken in der Beweiswürdigung

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Ich hatte gestern ja schon in Zusammenhang mit den erforderlichen Feststellungen zum Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung über den OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.2012 – III – 1 RBs 166/12 – berichtet. Der ist noch aus einem weiteren Grund interessant, weil das OLG nämlich auf einen Fehler hinweist, der in der Praxis häufiger auftritt und bei dem sich eine Sachrüge mit einem schnellen (vorläufigen) Erfolg lohnen kann.

Es ging u.a. um die „Täteridentifizierung“ anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Bildes. Das AG hatte weder das Messfoto beschrieben noch darauf Bezug genommen, sondern seine seine Überzeugung von der Fahrereigenschaft des Betroffenen auf ein mündlich erstattetes Gutachten einen Sachverständigen  gestützt, „der nachvollziehbar und überzeugend dargelegt habe, dass nach seiner Begutachtung die Identität des Betroffenen mit der Person auf dem Messfoto „höchst wahrscheinlich“ bestehe.“ Und allein das genügt eben nicht:

„..Die Darstellung der Beweiswürdigung ist vielmehr lückenhaft. Die Urteilsgründe ermöglichen nämlich dem Senat nicht die Kontrolle, ob die Feststellung, dass gerade der Betroffene die gegenständliche Tat begangen hat, rechtsfehlerfrei getroffen worden ist. Ihnen ist nicht hinreichend und nachvollziehbar zu entnehmen, wie der Sachverständige zu seinem Untersuchungsergebnis gekommen ist und aus welchen Gründen das Amtsgericht den Ausführungen des Sachverständigen rechtsfehlerfrei folgen durfte.

Der Tatrichter, der ein Sachverständigengutachten eingeholt hat und diesem Beweisbedeutung beimisst, muss auch dann, wenn er sich dem Gutachten des Sachverständigen anschließt, die Ausführungen des Sachverständigen in einer, wenn auch nur gedrängten, zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerung wiedergeben, um dem Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2009 – 4 Ss OWi 126/09 -‚ zitiert nach burhoff-online; Beschluss vom 26.05.2008 – 3 Ss OWi 793/07 -‚ zitiert nach beck-online). Um dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der gedanklichen Schlüssigkeit des Gutachtens und seines Beweiswertes zu ermöglichen, bedarf es daher über die Aufzählung der mit dem Foto übereinstimmenden morphologischen Merkmalsprägungen des Betroffenen hinausgehender Angaben (OLG Hamm, a. a. O. m. w. N.). Nur so kann der sich hieran anknüpfende Schluss des Sachverständigen, ein Dritter sei aufgrund dieser Übereinstimmungen als Fahrer im Tatzeitpunkt praktisch ausgeschlossen, nachvollzogen werden. Derartige Merkmale werden in den Urteilsgründen, die lediglich das Ergebnis der Begutachtung mitteilen, jedoch nicht genannt….“

 

Sechs Nächte sind sieben Tage, oder?

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Dieses Posting passt ganz gut zu meiner „Reise“ :-).

M.E. an sich klar: Sechs Nächte sind sieben Tage, oder? Zumindest bei einer Reise, weil da An- und Abreisetag meist mitgerechnet werden und man eben nicht sieben Tage lang 24 Stunden am Reiseort ist. Das hatte aber die Antragstellerin in einem wettbewerbsrechtlichen Streit, der jetzt durch den OLG Köln, Beschl. 22.01.2013 – v. 6 W 17/13 sein Ende gefunden hat, anders gesehen. Sie hatte argumentiert, dass bei dem Angebot einer siebentägigen Reise diese tatsächlich sieben Tage (entsprechend 7 x 24 Stunden) dauern müsse und wenn nicht, sei das irreführende Werbung.

Anders das OLG Köln in seinem Beschluss:

„Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher bei dem Angebot einer siebentägigen Reise nicht erwartet, dass diese tatsächlich sieben Tage (entsprechend 7 x 24 Stunden) dauert. Vielmehr ist es bei Reisen üblich, dass sowohl der Anreise- als auch der Abreisetag als Reisetage mitgezählt werden, so dass von einer siebentägigen Reise bereits dann gesprochen werden kann, wenn diese sechs Übernachtungen umfasst. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Reiseangebot – wie bei dem der Antragsgegnerin – optional auch An- und Abreise umfasst. Die Überlegungen der Antragstellerin zu einer möglichen Anreise per Flugzeug, wie sie die Antragsgegnerin bei der angebotenen Reise als weitere Option neben der Anreise mit der Bahn anbietet, führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch in diesem Fall wird die Anreise – mit Reise zum Startflughafen, Check-In, reiner Flugzeit, Transfer vom Zielflughafen zum Schiff – einen erheblichen Teil des Anreisetages in Anspruch nehmen; für die Abreise gilt nichts anderes.

Durch diesen Umstand unterscheidet sich die hier zu beurteilende Werbung auch von der, der der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 5. 8. 1986 – 4 U 176/86NJW-RR 1987, 423; ähnlich LG Köln, Urteil vom 28. 6. 1988 – 31 O 117/88GRUR 1989, 130) zugrundelag. Diese Entscheidungen betrafen Busreisen, bei denen – jedenfalls regelmäßig – eine zeitaufwendige Anreise zum Start- und Endpunkt der Reise nicht erforderlich war. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung, ob sich, wie die Antragsgegnerin vorprozessual vortragen ließ, die Verkehrsauffassung seit Erlass dieser Entscheidungen geändert hat.“

Schön, dass das OLG das auch so sieht. Dann bin ich also ein „durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher

 

Bin dann mal wieder weg – Fortbildung auf Mallorca

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So, bin dann mal wieder für ein paar Tage weg. Auf nach Mallorca, nein, kein Urlaub. Sondern Fortbildung im Verkehrsrecht. Nun ja, ein wenig bzw. ein paar Tage sind „fortbildungsfrei“ – wenigstens für mich. Hier geht es weiter, allerdings nicht ganz so schnell/aktuell wie sonst. Es sei denn, das Wetter auf Mallorca ist schlecht.

Der Escortservice bei der Online-Jobbörse der Arbeitsagentur

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Als ich gerade in der Tagespresse die (Kurz)Nachricht über die Online-Jobbörse der Arbeitsagentur und die dort mögliche Vermittlungen von Hostessen im Erotikservice gelesen habe, habe ich mich gefragt: Kuriosität, Besonderheit oder was? Nun, m.E. aber jedenfalls eine kurze Nachricht hier wert.

Was steckte hinter der Nachricht? Nun, in der Online-Jobbörse der Arbeitsagentur hat ein Escort-Service Begleitdamen für erotische Abenteuer gesucht. Die Anzeige ist – so die Arbeitsagentur – „durchgerutscht“, weil in der sog. Stoppliste für Stellenangebote von Arbeitgebern, anhand derer die Angebote überprüft werden, zwar Angebote mit dem Stoppwort „Sex“ automatisch gelöscht werden. Das Wort „Escortservice“ fand man bislang aber nicht auf der Stoppliste. Diese Angebote mussten „händisch“ überprüft werden. Jetzt wohl nicht mehr.

Mit ein wenig vorausschauendem Blick hätte man die Panne sicherlich vermeiden können.

Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung – Feststellungen nicht zu knapp?

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Eine Vorsatzverurteilung ist im Hinblick auf das Absehen vom Fahrverbot mehr als misslich, weil dann nämlich nach der Rechtsprechung der OLG im Zweifel das Absehen vom Fahrverbot „erst recht“ nicht in Betracht kommt, da die BKatV eben von fahrlässigen Verstößen ausgeht. Deshalb muss man als Verteidiger bei einer Vorsatzverurteilung immer auch im Auge behalten, ob die insoweit getroffenen Feststellungen ausreichend sind. Das war im OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.2012 – III – 1 RBs 166/12 – nicht der Fall. Da hatte das AG den Vorsatz bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung wohl allein mit dem Ausmaß der festgestellten Überschreitung begründet. Das hat dem OLG nicht gereicht:

Auch die Ausführungen, mit denen der Tatrichter die Annahme unterlegt, der Betroffene habe den Tatbestand vorsätzlich verwirklicht, sind nicht geeignet, den Schuldspruch in subjektiver Hinsicht zu tragen. Allein aus dem Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kann nicht auf vorsätzliches Verhalten geschlossen werden. Zwar kann das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ein Indiz für vorsätzliches Verhalten sein (zu vgl. Krumm, NZV 2007, 502 f.), jedoch ist hierbei auch die konkrete Verkehrssituation zu berücksichtigen. Feststellungen insbesondere zum Verkehrsaufkommen, zur Anzahl der Spuren, zum Straßenverlauf, zum Ausbau der Straße, zur Randbebauung sowie zur Erkennbarkeit der Beschilderung enthält das angefochtene Urteil nicht.