Das dem BGH, Beschl. v. 19.06.2012 – 5 StR 262/12 – zugrundeliegende landgerichtliche Urteil ist ein „schönes“ Beispiel, wie Strafzumessung nicht aussehen sollte. Der BGH lässt daher auch an der Strafzumessung des LG Saarbrücken kein gutes Haar. Denn
- (Mal wieder) Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot:
„Im Rahmen der Prüfung minder schwerer Fälle nach § 176a Abs. 4 Halbsatz 2 StGB und des Vorliegens einer Ausnahme von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 StGB berücksichtigt das Landgericht maßgeblich, „dass die Tathandlungen als solche auch schwerwiegend waren. Es kam zum Einfüh-ren des Fingers sowie von Gegenständen als auch zum Geschlechtsverkehr mit dem Kind“ (UA S. 21). Dies stellt einen Verstoß gegen das Doppelverwer-tungsverbot dar. Da § 176a Abs. 4 Halbsatz 2 StGB eine Strafrahmenver-schiebung gerade für minder schwere Fälle des Qualifikationstatbestandes nach § 176a Abs. 2 StGB vorsieht, können Umstände, die diese Qualifikation erst begründen, nicht herangezogen werden, um einen minder schweren Fall abzulehnen (§ 46 Abs. 3 StGB analog; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 46 Rn. 82).„
- Zu knappe Begründung der Einzelstrafen:
„Auch die äußerst knapp gehaltene Begründung für die konkrete Zumessung der Einzelstrafen hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach einer formelhaften Wiedergabe des Textes von § 46 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB beschränkt sich die Abwägung des Landgerichts darauf, dem für den Angeklagten sprechenden Umstand, „dass er bei den Taten nicht mit massiver körperlicher Gewalt gegen die Nebenklägerin einwirkte“, den Umstand gegenüberzustellen, „dass er das in ihn gesetzte Vertrauen grob missbrauch-te und ausnutzte“ (UA S. 22). Zwar braucht das Tatgericht im Allgemeinen in den Urteilsgründen nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Strafzumessung bestimmend sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Darstellung aller letztlich maßgebenden belastenden und entlastenden Umstände ist weder vorgeschrieben noch möglich. An die Wiedergabe der für die Strafzumessung bestimmenden Umstände sind aber umso höhere Anforderungen zu stellen, je höher die erkannte Strafe ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 1983 – 5 StR 587/83, StV 1984, 152). Das Landgericht hat Strafen verhängt, die sich im oberen Bereich der üblicherweise für vergleichbare Taten verhängten Strafen bewegen. Angesichts dessen bedurfte die Bemessung der Strafhöhen einer eingehenderen Begründung als geschehen.“
- Rechtliche Bedenken bei der Bemessung der Gesamtstrafe
„Im Übrigen begegnet die Bemessung der Gesamtstrafe – für sich genommen – rechtlichen Bedenken. Das Landgericht verweist zwar auf den Umstand, dass die Taten in einem engen zeitlichen und situativen Zusam-menhang begangen wurden, zieht daraus aber keine erkennbaren Konsequenzen.“
Ergebnis: Gewogen und zu leicht befunden = Aufhebung und Zurückverweisung