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StPO II: Durchsuchung wegen Steuerhinterziehung, oder: Nur „dürftige Beschreibung“ des Tatvorwurfs

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Die zweite Entscheidung des Tages, der LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 07.062023 – 12 Qs 24/23 – kommt aus dem schier unerschöpflichen Reservoir der Entscheidungen betreffend Durchsuchungsmaßnahmen.

Der Ermittlungsrichter des AG hatte gegen den Beschuldigten einen auf § 102 StPO gestützten Durchsuchungsbeschluss. Es sollte u.a. in seinem Wohnhaus nach diversen Unterlagen gesucht werden. Begründet war der – von der Steuerfahndung dem Ermittlungsrichter vorformuliert vorgelegte – Beschluss wie folgt:

„Der Beschuldigte wird beim Finanzamt unter der Steuernummer … geführt. Nach Erkenntnissen der Steuerfahndung erzielt der Beschuldigte ausschließlich Einkünfte aus der Beteiligung an der … oHG und geringe Einkünfte aus Kapitalvermögen. In seinem Eigentum befinden sich zwei Grundstücke. Seine in den Steuerbescheiden zu Grund gelegte Einkommenslage in den Jahren 2015 bis 2019 entspricht weder seinem Lebensstandard noch den Geldströmen aus seinen Bankkonten. Der Beschuldigte ist daher verdächtig folgende Steuerstraftaten begangen zu haben:

Hinterziehung der Einkommensteuer … 2015-2019 … der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer … 2015-2019“

Die Durchsuchung wurde vollzogen; die Durchsicht der aufgefundenen Papiere dauerte an. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte der Beschuldigte Beschwerde ein, die beim LG ERfolg hatte:

„1. Da die Durchsuchung in Form der Durchsicht nach § 110 StPO andauert, ist der Antrag, die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung festzustellen, dahin umzudeuten, dass der Durchsuchungsbeschluss aufgehoben wird.

2. Die Aufhebung hatte zu erfolgen, weil der Durchsuchungsbeschluss den an ihn zu stellenden Mindestanforderungen nicht genügt.

a) Der Durchsuchungsbeschluss dient dazu, die Durchführung der Maßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten. Dazu muss er den Tatvorwurf und die gesuchten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Der Richter muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Der Betroffene wird auf diese Weise zugleich in den Stand versetzt, die Durchsuchung zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen von vornherein entgegenzutreten. In dem Beschluss muss zum Ausdruck kommen, dass der Ermittlungsrichter die Eingriffsvoraussetzungen selbstständig und eigenverantwortlich geprüft hat. Dazu ist zu verlangen, dass ein dem Beschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen, müssen benannt werden. Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel können im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden (BVerfG, Beschluss vom 19.04.2023 – 2 BvR 2180/20, juris Rn. 28 f. m.w.N.).

b) Diesen seit langem geklärten Maßstäben genügt der angegriffene Beschluss nicht. Es fehlt schon eine hinreichende Beschreibung der vorgeworfenen Straftaten. Die Steuerhinterziehung ist ein Erklärungsdelikt. Strafbar macht sich, wer die Steuern falsch (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder pflichtwidrig nicht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) erklärt. Hier ist nach der Beschlussbegründung noch nicht einmal klar, ob der Beschuldigte unrichtige Angaben gemacht hat oder ob die (wann und mit welchem Inhalt auch immer) ergangenen Steuerbescheide wegen Nichterklärung aufgrund von Schätzungen erlassen wurden. Ein Normzitat, das die Begehungsweise klären könnte (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO?), findet sich in dem Beschluss nicht. Sollten unrichtige Angaben gemacht worden sein, so ist nicht klar, wann was erklärt wurde und zu welcher Steuerfestsetzung dies geführt hat.

Für die Kammer ist ein Grund für die Dürftigkeit der Beschreibung des Tatvorwurfs nicht erkennbar. Der bei der Akte befindliche Verdachtsprüfungsvermerk enthält genügend tatsächliches Material, das dafür herangezogen werden könnte, die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes zu verbalisieren. Das ist unterblieben. Die Kammer könnte angesichts dieses Mangels eine Überzeugung, der Ermittlungsrichter habe die Eingriffsvoraussetzungen selbstständig und eigenverantwortlich geprüft, nicht intersubjektiv vermittelbar begründen.

3. Die weiter beantragte Herausgabe der sichergestellten Asservate hat zu erfolgen, weil die Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses der vorläufigen Sicherstellung die Grundlage entzogen hat (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 – StB 17/22, juris Rn. 11).“

Zuständigkeit I: Steuerhinterziehung beim AG?, oder: Klassiker

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Heute dann drei OLG-Entscheidungen, die sich mit Zuständigkeitsfragen befassen, und zwar zwei StPO-Entscheidungen und eine aus dem Auslieferungsrecht.

Zunächst hier der OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.02.2022 – 2 Ws 202/21. Es ist der Klassiker. Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeschuldigten zur Last, im Zeitraum vom 31.05.2014 bis zum 31.05.2019 in sieben Fällen die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch Steuern verkürzt zu haben (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), wobei in einem Fall lediglich eine versuchte Tat vorliegen soll.

Das LG hat die Anklage teilweise zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren jedoch abweichend von der Entschließung der Staatsanwaltschaft vor dem AG – Strafrichter – eröffnet, weil die Sache weder einen besonderen Umfang noch eine besondere Bedeutung aufweise (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG). Wegen eines anderen teils hat das LG die Eröffnung abgelehnt.

Dagegen die sofortige Beschwerder der Staatsanwaltschaft, die vor dem LG verhandeln will. Das OLG führt zur Zuständigkeit aus:

„1. Die Strafkammer hat mit zutreffender Begründung das Hauptverfahren vor dem sachlich zuständigen Amtsgericht – Strafrichter – eröffnet (§ 209 Abs. 1 StPO, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 74 Abs. 1 Satz 2 GVG) und dabei mit Recht angenommen, dass eine Zuständigkeit des Landgerichts sich nicht aus einem – hier ersichtlich nicht vorliegenden – besonderen Umfang des Verfahrens und auch nicht aus einer besonderen Bedeutung des Falles ergibt (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GVG). Im Falle eines etwaigen, bislang hier auch konkret noch nicht abzusehenden Medien- und Öffentlichkeitsinteresses ist im Hinblick auf das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) eine die Zuständigkeit des Landgerichts begründende besondere Bedeutung nur ausnahmsweise bei Konstellation eines überragenden oder bundesweiten Interesses anzunehmen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 10. Dezember 2019 – III-4 Ws 268/19, zit. nach Juris). Einen solchen Fall hat die Strafkammer mit Recht verneint.“

Ich sage doch: Klassisch :-).

Urteil III: Verurteilung wegen Steuerhinterziehung, oder: Anforderungen an die Urteilsgründe

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Die dritte Entscheidung kommt dann vom OLG Oldenburg. Das hat im  OLG Oldenburg, Beschl. v. 03.11.2022 – 1 Ss 215/22 – zur notwendigen Darstellung der getroffenen Feststellungen – auch im Falle des Geständnisses – bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung Stellung genommen:

„1. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung in den Urteilsgründen ist es erforderlich, dass das Urteil erkennen lässt, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abgabenart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte. Hierfür bedarf es regelmäßig der Angabe, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche unberechtigten Vorsteuerabzüge oder Betriebsausgaben er geltend gemacht hat sowie – für die Frage der Tatvollendung – ob und ggf. mit welchem Inhalt Steuerbescheide erlassen worden sind. In den Urteilsgründen ist gleichfalls festzustellen, welche Tatsachen eine zutreffende Steuererklärung hätte enthalten müssen und welche Steuer aufgrund des festgestellten Sachverhalts geschuldet war. Denn erst aus einer solchen Gegenüberstellung der geschuldeten und der festgesetzten Steuer ergibt sich die verkürzte Steuer (vgl. Jäger, in Klein, AO16, § 370 Rn. 462 m.w.N.). Liegt dem Angeklagten eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Last, sind in den Urteilsgründen diejenigen Umstände festzustellen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte zur Abgabe der fraglichen Steuererklärung verpflichtet war. Sodann sind die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärung hinterzogenen Steuer ergibt (vgl. Senat a.a.O.; Jäger, in Klein, AO16, § 370 Rn. 463 m.w.N.).

Im Rahmen der Berechnungsdarstellung wiederum müssen die Urteilsgründe nicht nur die Summe der verkürzten Steuern, sondern auch im Einzelnen deren Berechnung enthalten, und zwar für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert unter Angabe der Besteuerungsgrundlagen. Dabei sind jedenfalls die Parameter anzugeben, welche die Grundlage für die Steuerberechnung bilden; dies gilt auch bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Der Tatrichter hat für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Besteuerungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Mitzuteilen sind jedenfalls diejenigen Tatsachen, die den staatlichen Steueranspruch begründen, und diejenigen, die für die Höhe der geschuldeten und verkürzten Steuern von Bedeutung sind. Bloße tabellarische Aufstellungen, anhand deren sich die Berechnungen nicht nachvollziehen lassen, sind ebenso unzureichend wie Bezugnahme auf eine dem Urteil nicht beigefügte Anlage (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 466 m.w.N.). Die Urteilsgründe müssen vielmehr erkennen lassen, dass das Gericht die materiellen Steueransprüche, über deren Verkürzung zu entscheiden ist, dem Grunde und der Höhe nach selbständig geprüft hat (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 468 m.w.N.).

Dies gilt auch in Schätzungsfällen. Dabei ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen im Steuerstrafverfahren (§ 261 StPO) zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, aber ungewiss ist, welches Ausmaß die Besteuerungsgrundlagen haben. Bei der Entscheidung, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird, kommt dem Tatgericht ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 96a m.w.N.). Erweist sich eine konkrete Ermittlung als nicht möglich und kommen ausgehend von der vorhandenen Tatsachenbasis andere Schätzungsmethoden nicht in Betracht, weil es an Belegen, Aufzeichnungen oder an sonstigen Buchhaltungsunterlagen fehlt, darf der Tatrichter die Besteuerungsgrundlagen auch pauschal und gestützt auf die Richtsatzsammlung des Bundesministeriums für Finanzen schätzen. Bei der Zugrundelegung des Mittelsatzes aus der amtlichen Richtsatzsammlung muss der Tatrichter in den Urteilsgründen jedoch ausführen, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen er davon überzeugt ist, dass es sich um einen Betrieb handelt, bei dem jedenfalls dieser Mittelsatz erreicht ist. Jedenfalls müssen auch bei einer Schätzung nach der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums für Finanzen die festgestellten Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen werden. Der Tatrichter muss erkennen lassen, dass er die örtlichen Verhältnisse und – soweit vorhanden – die Besonderheiten des Betriebes in den Blick genommen hat. Soweit Zweifel verbleiben, darf der Tatrichter aber andererseits auch nicht ohne Weiteres einen als wahrscheinlich angesehenen Wert aus der Richtsatzsammlung zugrunde legen, sondern muss einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang feststellen. Auch in diesem Kontext gilt: Der Tatrichter darf Schätzungen der Finanzbehörden nur dann übernehmen, wenn er selbst von ihrer Richtigkeit unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist. Er darf weder Betriebsprüfungs- oder Fahndungsberichte noch das Berechnungsergebnis eines als Zeugen gehörten Finanzbeamten ungeprüft übernehmen noch darf er auf solche Beweismittel in den Urteilsgründen lediglich verweisen. Vielmehr hat er die Schätzungsgrundlagen und das Ergebnis der eigenen Berechnung in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitzuteilen (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 96b m.w.N.).

2. Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht…..“

Pflichti III: Potpourri von Beiordnungsgründen, oder: Ausländer, Steuer, „ungeimpft“, Betreuung, Beweislage

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Und zum Tagesschluss dann noch einige Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen – also i.d.R. §3 140 Abs. 2 StPO. Hier stelle ich aber nur die Leitsätze vor, sonst wird es zu viel. Den Volltext muss man dann ggf. selbst lesen 🙂 . Und da sind dann.

Zur (verneinten) Bestellung eines Pflichtverteidigers für ein ukrainische Beschuldigte, der ein Vergehen gem. § 235 StGB vorgeworfen wird, deren Sprachdefizite durch die Zuziehung eines Dolmetschers ausgeglichen werden können.

Steht der Beschuldigte unter Betreuung und zählt zum Aufgabenkreis des Betreuers die Vertretung vor Behörden, ist insoweit stets von einer notwendigen Verteidigung wegen Unfähigkeit der Selbstverteidigung auszugehen.

Es liegt eine schwierige Beweislage, die die Bestellung eines Pflichtverteidigers erfordert vor, wenn zwei Justizorgane die Beweislage unterschiedlich beurteilen.

1. Es besteht schon eine schwierige Rechtslage, wenn divergierende obergerichtliche zu einer Rechtsfrage vorliegen, ohne dass bislang der BGH dazu entschieden hat (im Hinblick auf die Frage der Volksverhetzung für ein Profilbild, auf dem der gelbe Stern mit der Aufschrift „Ungeimpft“ abgebildet ist.
2. Eine schwierige Rechtslage besteht wohl auch, wenn eine Verständigung erörtert wird.
3. Bei der Beurteilung der Schwere der Rechtsfolge sind in die Beurteilung ggf. durch eine Verurteilung drohende Nebenfolgen einzubeziehen.

In einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung ist die Mitwirkung eines Verteidigers wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geboten (§ 140 Abs. 2 StPO).

Strafzumessung II: Nachzahlung hinterzogener Steuer, oder: Auswirkung auf die Strafzumessung?

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Das zweite Posting zur Strafzumessung hat heute einen Beschluss des BayObLG zum Gegenstand. Das hat im BayObLG, Beschl. v. 20.07.2021 – 207 StRR 293/21 – zu den Anfordeurngen an die Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung Stellung genommen, wenn die hinterzogenen Steuern nachgezahlt worden sind. Dann muss den Gründen zu entnehmen sein, ob ein besonders gelagerter Ausnahmefall deshalb vorliegt, weil der Täter die Schadenswiedergutmachung unter erheblichen Anstrengungen und Belastungen erbracht hat der, und somit ggf. die Anwendung von § 46a StGB gerechtfertigt ist:

„Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz daher allein noch der Überprüfung zugänglichen Strafzumessung leidet das Urteil an einem Darstellungsmangel und kann daher keinen Bestand haben.

Das Landgericht geht vom Regelstrafrahmen nach § 370 Abs. 1 AO aus, ohne sich mit der Frage einer Strafrahmenverschiebung in den Urteilsgründen auseinanderzusetzen. Dies war im vorliegenden Fall jedoch geboten.

Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat der Angeklagte „vollständig und zeitnah“ Schadenswiedergutmachung geleistet und hierfür einen noch nicht zurückgeführten Bankkredit aufgenommen. Zwar rechtfertigt das Nachzahlen der hinterzogenen Steuer für sich genommen die Anwendung des § 46a StGB nicht. Vielmehr kommt eine Anwendung des § 46a StGB in Fällen der Steuerhinterziehung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, die dadurch geprägt sind, dass der Täter die Schadenswiedergutmachung unter erheblichen Anstrengungen und Belastungen erbracht hat (vgl. BGH, Urteil v. 13. März 2019, 1 StR 367/18, NStZ 2019, 601 f.; Juris Rn. 30, 31 m. w. N.). Ob eine solche Konstellation im vorliegenden Fall vorliegt oder nicht, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts lassen eine solche Konstellation jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen, zumal auch Feststellungen zum insgesamt vom Angeklagten aufzubringenden Betrag, der nicht mit dem Steuerschadensbetrag identisch sein muss, nicht getroffen wurden.

Der Senat kann auch ein Beruhen des Urteils auf der Nichtberücksichtigung des § 46a StGB nicht ausschließen. Zwar wirkt sich die Strafrahmenverschiebung im vorliegenden Fall nur bei der nicht im Raum stehenden Höchststrafe aus, da § 370 Abs. 1 AO von vornherein keine erhöhte Mindeststrafe vorsieht. Die vom Landgericht verhängte Strafe bewegt sich aber ersichtlich nicht am unteren Rand des Strafrahmens und hält insbesondere einem Vergleich mit der dem Senat bekannten Strafzumessungspraxis bei Vergehen der „klassischen Einkommenssteuerhinterziehung“ nicht stand. Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die von ihm für angemessen erachtete Strafe für den Angeklagten die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes mit sich bringt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht im Falle der Bejahung der Voraussetzungen des § 46a StGB auf eine mildere Strafe erkannt hätte.“