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Elektronische Fußfessel – auch beim OLG Hamm zulässig

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In der letzten Monaten haben sich einige OLG mit der Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel bei Anordnung der Führungsaufsicht befasst und die Zulässigkeit bejaht, so z.B. der OLG Rostock, Beschl. v. 28.03.2011 – I Ws 62/11 und der OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03.2012 – 1 Ws 138/12. Beide haben die Anordnung dieser Weisung als zulässig angesehen.

Zu der Frage gibt es jetzt auch eine Entscheidung des OLG Hamm. Der OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2012 – III 1 Ws 190 u. 191/12 sieht ebenso wie die anderen OLG die Weisung, eine „elektronische Fußfessel“ zu tragen im Rahmen der Anordnung von Führungsaufsicht als zulässig an. Dazu:

„aa) Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll die elektronische Fußfessel neben der hiermit geschaffenen Kontrollmöglichkeit aufenthaltsbezogener Weisungen der Führungsaufsicht vor allem auch eine Unterstützung der für erforderlich gehaltenen Eigenkontrolle des Straftäters darstellen bzw. den Anreiz für den Betroffenen erhöhen, psychologisch vermittelte, nachhaltig wirkende Verhaltenskontrollen zu erlernen und zu verfestigen (vgl. BT-Drucksache 17/3403, S. 17 f., S. 35 ff.; vgl. insoweit auch OLG Rostock, Beschluss vom 28. März 2011 – I Ws 62/11 -, veröffentlicht in NStZ 2011, 521). Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll die elektronische Aufenthaltsüberwachung spezialpräventive Wirkung entfalten, indem der Betroffene u.a. durch das Bewusstsein, im Falle der erneuten Begehung einer Sexualstraftat oder anderen schweren Straftat einem deutlich höheren Entdeckungsrisiko zu unterliegen, von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden soll (BT-Drucks., a.a.O., S. 17). Neben einer derartigen abschreckenden Wirkung soll die Führungsaufsichtsstelle mit Hilfe der elektronischen Fußfessel auf etwaige Verstöße rascher mit Maßnahmen der Führungsaufsicht, etwa einer Intensivierung der Betreuung, reagieren können und es den zuständigen Behörden erleichtert werden, im Falle einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Leib, Leben, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter einzuschreiten (vgl. BT-Drucks., a.a.O.)….“

So einfach gehts wohl doch nicht: Unmittelbarer Zwang in der Sitzung zur Anfertigung von Identifizierungsgutachten?

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Der Beck-Blog hat vor einigen Tagen unter der Überschrift: „So geht`s: Unmittelbarer Zwang in der Sitzung bei Identifizierungsgutachten“ über den LG Zweibrücken, Beschl. v. 31.05.2012 – Qs 55/12, berichtet, der sich mit der Zulässigkeit von Lichtbildaufnahmen im Bußgeldverfahren zur Identifizierung des Betroffenen und der Zulässigkeit der Anwendung von Zwangsmaßnahmen auseinander setzt. Das LG Zweibrücken sieht das als zulässig an. Der Beck-Blog wohl auch, denn er schließt sein Posting mit einem „Sehr gut!„

Als ich den Beschluss gelesen habe, war ich dann doch mehr oder weniger erstaunt, ja sogar ein wenig erschrocken. Warum? Der Beschluss führt u.a. aus:

 „Wie die Kammer bereits mit Beschluss vom 16.03.2012 (Qs 26/12) entschieden hat, bestehen vorliegend aufgrund der hier drohenden Rechtsfolge eines Fahrverbots sowie einer nicht unerheblichen Geldbuße keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit von § 81 b StPO gemäß § 46 OWiG. Dies entspricht, entgegen der Auffassung der Verteidigung, auch der ganz herrschenden Auffassung (vgl. Lampe in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl., § 46 Rn. 27; Göhler, OWiG, 15. Aufl. § 46 Rn. 32; so auch für den Fall eines drohenden Fahrverbots Burhoff, Handbuch straßenverkehrsrechtliches Ordnungswidrigkeitenverfahren, 3. Aufl. Rn. 2011). „

Bei Lektüre dieser Passage habe ich mir zunächst gedacht: Hast du das wirklich so geschrieben im OWi-Handbuch? Als ich dann nachgelesen habe, war ich etwas beruhigt. Denn dort steht es bei Rn. 2011 m.E. – ein wenig (?) – anders. Es findet sich nämlich der der Hinweis auf die Verhältnismäßigkeit und der Hinweis, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung – darum geht es letztlich – nur „i.d.R“. „und wenn der Betroffene sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten ermittelt werden kann,“ zulässig ist. Auch bei Göhler steht es an der angegebenen Stelle ähnlich, nämlich nur „ausnahmsweise“ und „andere Maßnahmen haben Vorrang“. Fast ebenso bei KK-Lampe. Also so einfach und so „sehr gut!“ ist es dann ja wohl nicht.

Denn, die h.M. sagt: Zulässig grds. ja, aber: Weniger einschneidende Maßnahmen haben Vorrang. Und dazu verhält sich die Entscheidung des LG Zweibrücken nun gar nicht. Kein Wort dazu, ob nicht ggf. schon der Vergleich eines bei dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes – das gibt es offenbar, denn was soll sonst ein (weiteres) Lichtbild – mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen zur Identifizierung durch das Gericht genügt oder warum ggf. nicht. Kein Wort, ob nicht ggf. schon der Vergleich eines bei der Tat gefertigten Lichtbildes mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen zur Identifizierung einem Sachverständigen für die Erstellung seines Gutachtens in der Hauptverhandlung ausreicht. Auch dürfte von Bedeutung sein, ob seitens des Betroffenen eine konkrete andere Person als Fahrer benannt worden ist, die eine Ähnlichkeit mit ihm aufweist, sodass es ggf. deshalb zur genauen Identifizierung der Anfertigung von Lichtbildern bedarf.

Das LG erörtert dann auch nicht den Vorrang anderer, gleich effektiver, aber weniger belastender Mittel. Wie ist es mit der Heranziehung von und dem Vergleich mit Pass- oder Ausweisbildern nach § 22 PassG, was nach der Rechtsprechung ja zulässig sein soll?

Das LG Zweibrücken belässt es vielmehr bei allgemeinen Ausführungen und einem – nicht passenden – Hinweis auf eine „h.A.“. So geht es nicht! Manchmal ist weniger eben nicht mehr.

Im Übrigen: Auf die Qualität der Lichtbilder bzw. deren Geeignetheit zur Identifizierung, wenn sie unter Zwang angefertigt worden sind, bin ich gespannt. Und noch gespannter, wie sich das AG damit dann ggf. auseinander setzt.

Das Tagebuch der Vera Glaeseker

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Unter dem Titel „Das Tagebuch der Vera Glaeseker“ weist LTO gerade auf die erfolglose Beschwerde der Ehefrau des Ex-Sprechers von Bundespräsident a.D. Christian Wulff hin, die beim LG Hannover gegen die Beschlagnahme ihres Tagebuchs Rechtsmittel eingelegt hatte (vgl. auch hier: Spiegel-online am 05.08.2012). LTO nimmt das zum Anlass, die Zulässigkeit der Beschlagnahme privater Unterlagen zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen.

Die elektronische Fußfessel – wann ist sie zulässig?

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In der Diskussion ist immer wieder die Frage der Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel. Damit haben sich in der letzten Zeit mehrere OLG befasst. Dazu zählt jetzt auch das OLG Bamberg, das im OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03. 2012 – 1 Ws 138/12 – umfassend zur Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel als Weisung  im Rahmen der Führungsaufsicht Stellung nimmt. In den Leitsätzen heißt es dazu:

„…

4. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 12, S. 3 StGB erteilte Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) dient nicht nur der Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen, sondern soll spezialpräventiv auch die Eigenkontrolle des Betroffenen stärken. Zudem kann die Überwachung es den zuständigen Behörden im Fall einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Dritte erleichtern, rechtzeitig einzuschreiten (u.a. Anschluss an OLG Rostock NStZ 2011, 521 ff.). Nach dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers kann deshalb die Weisung auch unabhängig von aufenthaltsbezogenen Weisungen erteilt werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass auch und allein die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a IV 2 Nr. 4 und Nr. 5 StPO den Betroffenen von der erneuten Begehung schwerer Straftaten iSd. § 66 III 1 StGB abhalten kann.

5. Auch Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung dürfen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers iSv. § 68 b III StGB stellen. Die Weisungen müssen in einem Mindestmaß stützend wirken und dürfen die Resozialisierungspotentiale der verurteilten Person nicht aus reinen Überwachungsinteressen heraus überfordern oder gefährden.::“

Der Beschluss spricht auch andere Weisungen an. Darauf komme ich noch zurück.

 


Wiedereinsetzungsantrag – ist die Begründung denn so schwer? Anfängerfehler des Verteidigers

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Ist eine Frist versäumt und steht die Frage der Wiedereinsetzung an, dann ist es nicht nur die Frage, ob überhaupt eine Möglichkeit der Wiedereinsetzung besteht (vgl. dazu unser Beitrag zur „bewussten Verhinderung“ ), sondern es ist offenbar auch eine Klippe, den Wiedereinsetzungsantrag ordnungsgemäß zu begründen. An der Klippe erleiden viele Anträge Schiffbruch. Ich frage mich allerdings in den Zusammenhang immer wieder, ob es eigentlich so schwer ist, eine i.S. der §§ 44 StPO ausreichende Begründung zu Papier zu bringen. Wenn man jedoch sieht, wie viele als unzulässig – weil nicht ausreichend begründet – zurückgewiesen werden, kann man die Frage wohl nur bejahen. Dabei stehen die Voraussetzungen doch mehr als deutlich im Gesetz und alle Kommentare, Handbücher, Formularbücher-  und was es sonst noch so gibt – setzen sich mit den Fragen auseinander. Eine der Grundvoraussetzungen ist, dass mitgeteilt wird, wenn denn nun das Hindernis, das zur nicht rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels geführt hat, weggefallen ist. Denn Wiedereinsetzung gibt es eben nicht unbegrenzt. Auf dieses Grundwissen hat jetzt der BGH, Beschl. v. 21.06.2012 – 3 stR 231/12 – den Verteidiger eines Angeklagten noch einmal hinweisen müssen:

„Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da der Verteidiger nur mit-geteilt hat, wann er davon erfahren hat, dass seine Revisionseinlegungsschrift nicht innerhalb der Wochenfrist beim Landgericht eingegangen war, und der Angeklagte nur dargelegt hat, dass – nicht aber wann – er durch eine Ladung zum Strafantritt auf die Rechtskraft der Entscheidung aufmerksam wurde. Die Mitteilung über den Zeitpunkt, zu dem das Hindernis weggefallen ist, gehört zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrags (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN).)

M.E. auch ein „Anfängerfehler“ :-(.