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Der BGH betet es bei der Wiedereinsetzungs doch immer wieder vor, oder: Wiedereinsetzungskünstler

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Urheber Bin im Garten

Als zweite Entscheidung dann  aus dem schier unerschöpflichen Reservoir des BGH zur Wiedereinsetzung der BGH, Beschl. v. 07.02.2019 – 3 StR 560/18. Der BGH hat (mal wieder) den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen ein landgerichtliche Urteil verwerfen müssen. Das LG hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Gegen das am 01.08.2018 in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hatte der Angeklagte mit einem am selben Tag beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers Revision eingelegt. Nach Urteilszustellung an seinen Verteidiger am 04.09.2018 hatt der Angeklagte seine Revision durch einen am 07.11.2018 beim LG eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Verteidiger ausgeführt: Er habe dem Angeklagten nach der Einlegung der Revision mitgeteilt, dass er die Revision nach Urteilszustellung begründen müsse. Im Zeitpunkt der Urteilszustellung am 04.09.2018 habe er sich im Urlaub befunden, der vom 03. bis zum 10.09.2018 gedauert habe. Bei seiner Rückkehr habe er den Eingang des schriftlich abgesetzten Urteils übersehen. Den Angeklagten treffe deshalb kein Verschulden an der Fristversäumnis.

Dazu der BGH;

„Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 12. Dezember 2018 ausgeführt:

„Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil der Antragsteller nicht binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses gemacht hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrags. Entscheidend für den Fristbeginn der Wochenfrist für die Wiedereinsetzung ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten (Senat, Beschluss vom 18. September 2018 – 3 StR 92/18, Rn. 2 f. juris mwN).

An dem erforderlichen Vortrag zur konkreten Kenntnisnahme des Angeklagten fehlt es hier. Der Antragsteller legt zwar dar, sein Verteidiger Rechtsanwalt R.  habe ihm die fristgerechte Begründung der Revision zugesagt. Da dieser im Zeitraum 3. bis 10. September 2018 urlaubsbedingt abwesend gewesen sei und nach Urlaubsrückkehr das in der Akte befindliche Urteil bei deren Vorlage zunächst übersehen habe, sei eine fristgerechte Revisionsbegründung nicht erfolgt (RB S. 2). Hieraus ergibt sich aber nicht, wann der Angeklagte von der Fristversäumung erfahren hat (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2017 – 3 StR 499/17, Rn. 3 f. juris).

Zu entsprechendem Vortrag hätte auf Grund der Aktenlage jedoch Anlass bestanden, weil sich aus dieser nicht offensichtlich ergibt, dass die Frist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO eingehalten wurde (Senat aaO). Die Revision wurde erst am 7. November 2018 und damit über einen Monat nach Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet (s. o. Ziffer 1. a). Zwar erscheint es angesichts des zeitlichen Ablaufs nicht fernliegend, dass der Angeklagte ebenso wie sein Verteidiger mit Zugang des die Revision als unzulässig verwerfenden Beschlusses des Landgerichts vom 31. Oktober 2018 von der Fristversäumnis Kenntnis erlangt hat (Sachakte Band IV Bl. 770). Andererseits ist dies mangels entsprechenden Vortrags eine bloße Vermutung und nicht offenkundig. Genauso denkbar erscheint es, dass der Angeklagte, dem die Erstellung einer Revisionsbegründung nach Zugang des schriftlichen Urteils von seinem Verteidiger zugesagt war und der das schriftliche Urteil nach gewöhnlichem Postlauf am 4. oder 5. September 2018 erhalten hatte (vgl. zur Versendung am 3. September 2018 Sachakte Band IV S. 749), sich im Laufe der folgenden beiden Monate in der Kanzlei seines Verteidigers nach der Begründung der Revision erkundigt und dabei erfahren hat, dass diese noch nicht erfolgt ist.“

Dem schließt sich der Senat an.

Soweit nunmehr mit Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Januar 2019 ausgeführt worden ist, dass der Angeklagte erstmals von der Fristversäumung Kenntnis erlangt habe, als der die Revision als unzulässig verwerfende Beschluss des Landgerichts vom 31. Oktober 2018 am 7. November 2018 dem Verteidiger zugestellt worden sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Angaben zu dem Zeitpunkt, in dem der Angeklagte von dem Wegfall des Hindernisses, hier mithin von dem Versäumnis des Verteidigers, erfahren hat, müssen innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO gemacht werden, weil sie Voraussetzung für die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags sind; später können bereits rechtzeitig vorgetragene Zulässigkeitsvoraussetzungen nur noch ergänzt und verdeutlicht werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2015 – 1 StR 135/15, juris Rn. 4).“

Mal wieder ein „Wiedereinsetzungskünstler“. Wenn man schon eine Frist versämut, dann muss aber auch richtig/alles reparieren. Der BGH „betet“ es doch immer wieder vor.

StPO I: Wiedereinsetzung zur Heilung der Unzulässigkeit von Verfahrensrügen gibt es nicht

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Heute ist Nikolaus-Tag. Und ich packe dann in die Tüte oder den Schuh – ganz, wie es beliebt – drei Entscheidungen zur StPO/zum Verfahrensrecht.

Und da „steckt“ zunächst der BGH, Beschl. v. 24.10.2018 – 2 StR 578/16. Sie hat einen „alten Hut“ als Problem, nämlich die Wiedereinsetzung zur Heilung von mangelhaften Verfahrensrügen.  Das LG hatte den Angeklagten am 02.05.2016 u.a. wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dagegen hat sich der Angeklagte mit der auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision gewendet. Der GBA hat mit Zuschrift vom 07.03.2017 Stellung genomen und – offenbar – die Unzulässigkeit der/einer Verfahrensrüge geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 26.03.2017 hat der Angeklagte dann zur Heilung der Mängel der/einer Verfahrensrüge Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Dazu der BGH: Gibt es nicht:

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.

Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung dient nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 1987 – 1 StR 386/87, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1). Dies stünde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1951 – 1 StR 5/51, BGHSt 1, 44, 46; Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, juris Rn. 5). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 1993 – 5 StR 162/93, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 57/01, juris Rn. 2; Beschluss vom 25. September 2007 – 1 StR 432/07, NStZ-RR 2008, 18; BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, juris Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 44 Rn. 7 ff.). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.“

Und zur Beruhigung dann die „Abteilung: Ist ja nicht so schlimm“:

„Im Übrigen hätte – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 7. März 2017 zutreffend ausführt – die erhobene Rüge, mit der eine Verletzung von § 244 Abs. 4 StPO geltend gemacht wird, selbst wenn sie rechtzeitig formgerecht erhoben worden wäre, keinen Erfolg.“

Folgendes ist anzumerken, nicht zur Wiedereinsetzung, sondern zur Verfahrensdauer: Wer die o.a. Ausführungen gelesen hat, wird sich sicherlich schon gewundert haben. Aktenzeichen des BGH aus 2016, Urteil des LG vom 02.05.2016, Zuschrift des GBA vom 07.03.2017, Entscheidung des BGH dann am 24.10.2018. Da frgat man sich schon: Was hat der BGH so lange mit den Akten gemacht? Außer Kontrolle geraten? Oder schwieriges Verfahren? Letzteres führt der BGH zwar an, wenn es um die Verfahrensverzögerung geht – „unter Berücksichtigung des großen Umfangs und der Schwierigkeit des Prozessstoffs“, aber das kann man auch bezweifeln, da ja „nur“ als „OU“ verworfen wird; obwohl das nicht abschließend etwas über Umfang und Schwierigkeit des Revisionsverfahrens sagt, zumal die Revisionsbegründung „immerhin2 742 Seiten betragen. Jedenfalls meint auch der 2. Strafsenat, dass von einer Verzögerung des Revisionsverfahrens von sechs Monaten auszugehen ist. Das hat dem Angeklagten aber einen Monat bei der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gebracht. Bisschen knapp, oder?

„Ist das denn so schwer?“, oder: Die Anforderungen an den Wiedereinsetzungsantrag

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In die Abteilung: „Ist das denn so schwer?“ gehört der BGH, Beschl. v. 26.06.2018 – 3 StR 197/18, der sich mal wieder zu den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Wiedereinsetzungsantrag verhält. Und ich mache nicht viel Worte, denn der Beschluss(inhalt) spricht für sich:

„Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da er den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 1 StPO nicht genügt. In Fällen, in denen die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist; dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (BGH NStZ-RR 2016, 86 mwN; LR-Graalmann-Scheerer StPO, 27. Auflage, § 45 Rn 15). Vorliegend teilt die Revision lediglich mit, dass der Verwerfungsbeschluss des Landgerichts vom 9. März 2018 dem Verteidiger am 18. März 2018, dem Tag seiner Urlaubsrückkehr, zur Kenntnis gelangt sei. Wann der Angeklagte Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat, ist dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entnehmen. Aus der Aktenlage ist auch nicht offensichtlich erkennbar, dass der Wiedereinsetzungsantrag vom 26. März 2018 mit Blick auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Angeklagten innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO angebracht worden ist. Die vom Vorsitzenden am 9. März 2018 verfügte formlose Zustellung an den Angeklagten wurde am 13. März 2018 ausgeführt (SA Bd. VI S. 1243). Angesichts der üblichen Postlaufzeit ist es unschwer möglich, dass der zu dieser Zeit nicht mehr in Haft befindliche (UA S. 5) Angeklagte den Verwerfungsbeschluss im Laufe des 16. März 2018 (Freitag) erhalten und zur Kenntnis genommen hat und somit der am 26. März 2018 angebrachte Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr fristgerecht war. Die Mitteilung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung durch den Angeklagten war daher nicht – ausnahmsweise – entbehrlich.“

Hatten wir doch alles schon…..

Versäumte Verfahrensrügen, oder: Keine Wiedereinsetzung, auch nicht bei zwei Verteidigern

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Und zum Tagesschluss dann nochmal eine Entscheidung zur Wiedereinsetzung. Es geht im BGH, Beschl. v. 28.11.2017 – 3 StR 339/17 – um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung von Verfahrensrügen.  Ist immer nicht so gnaz einfach. Und auch hier hat der Wiedereinsetzungsantrag keinen Erfolg.

„Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung von Verfahrensrügen ist unzulässig. Die Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) ist nicht versäumt, da das Rechtsmittel fristgerecht mit der Sachrüge begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 3 StR 265/13, juris Rn. 4 mwN). Dass der Angeklagte durch zwei Rechtsanwälte verteidigt wird, von denen einer die Sachrüge fristgerecht erhoben, der andere aber die Frist zur Geltendmachung von Verfahrensbeschwerden versäumt hat, ändert hieran nichts. Denn es handelt sich bei der Revision des Angeklagten unabhängig von der Zahl seiner Verteidiger um ein einheitliches Rechtsmittel mit einer einheitlichen Begründungsfrist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 – 3 StR 239/08, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 14). Eine besondere Verfahrenslage, bei der ausnahmsweise – insbesondere wegen eines Verschuldens der beteiligten Gerichte oder Behörden – zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) eine Wiedereinsetzung unerlässlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2008 – 3 StR 173/08, NStZ-RR 2008, 282, 283; vom 18. Juni 2008 – 2 StR 485/07, NStZ 2008, 705, 706; vom 27. Februar 2014 – 1 StR 367/13, StraFo 2014, 333), liegt nicht vor.“

„Prozesskostenhilfe“ im Bußgeldverfahren?, oder: Darüber muss das AG entscheiden

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Und zum Tagesschluss dann noch der Hinweis auf den OLG Bamberg, Beschl. v. 25.10.2017 – 2 Ss OWi 1399/17, dem folgender Sachverhalt zugrunde gelegen hat:

„Das AG verurteilte den nicht durch einen Verteidiger vertretenen, in der Hauptverhandlung anwesenden Betr. am 07.07.2017 wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen zu einer Geldbuße von 150 €. Ausweislich des Protokolls wurde dem Betr. nach der Urteilsverkündung mündlich sowie durch Aushändigung des Vordrucks ‚OWi 22‘ eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Mit am selben Tage eingegangenem Schreiben vom 14.07.2017 teilte der Betr. mit, dass er die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantrage und für das Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) beantrage. Soweit und sobald diese bewilligt worden sei, werde er dem Gericht einen beizuordnenden Rechtsanwalt benennen und der beigeordnete Rechtsanwalt einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde „stellen“. Vom Vorwurf der unerlaubten Steuerberatung sei er freizusprechen. Die Begründung für das „summarische PKH-Prüfverfahren“ werde er bis zum 14.08.2017 bei Gericht einreichen. Unter dem 31.07.2017 verfügte die Tatrichterin die förmliche Zustellung des Urteils an den Betr., welche am 02.08.2017 erfolgte. Mit Telefax-Nachricht vom 14.08.2017 übermittelte der Betr. dem AG zur „Begründung für das summarische PKH-Prüfverfahren“ umfangreiche Ausführungen zur Sache, in denen er sich gegen seine Verurteilung wendet und auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht moniert. Das AG hat über den Antrag auf Bewilligung von PKH nicht entschieden, sondern unter dem 16.08.2017 die Akten dem Rechtsbeschwerdegericht zur Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vorgelegt. Die GenStA beantragt, die Zulassungsrechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da das Rechtsmittel zwar form- und fristgerecht eingelegt, nicht aber formgerecht begründet worden sei. In seiner hierzu abgegebene Stellungnahme vom 06.10.2017 macht der Betr. im Wesentlichen geltend, er habe bisher lediglich einen PKH-Antrag gestellt, der nicht den formalen Begründungserfordernissen eines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde genügen müsse, und über den nicht entschieden sei. Im Übrigen sei eine Zulassungsrechtsbeschwerde von ihm bisher noch gar nicht eingelegt worden; vielmehr sollte eine solche erst nach PKH-Bewilligung durch den beigeordnete Rechtsanwalt – ggf. im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag – erhoben werden.“

Das OLG hat die Akten ohne eigene Sachentscheidung zur Nachholung einer Entscheidung über das unerledigte Beiordnungsgesuch an das AG zurückgegeben.

Und wie fast immer reicht beim OLG Bamberg der Leitsatz, um zu verstehen, was das OLG entschieden hat:

„Ein mit der (Zulassungs-) Rechtsbeschwerde eingelegter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist als Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers auszulegen, über den das Tatgericht zu entscheiden hat. Hat das Tatgericht noch nicht über diesen Antrag entschieden, beruht die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nicht auf einem Verschulden des Betroffenen i.S.v. § 44 I 1 StPO; die Nachholung der versäumten Handlung durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdebegründungsschrift ist dem Betroffenen erst zumutbar, wenn über seinen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers entschieden ist. Das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren erfordert daher die Rückgabe der Sache an das Amtsgericht zur weiteren Sachbehandlung, weil mangels Nachholung der versäumten Handlung Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist – vorerst – nicht gewährt werden kann (§ 45 II 2 StPO).