„Prozesskostenhilfe“ im Bußgeldverfahren?, oder: Darüber muss das AG entscheiden

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Und zum Tagesschluss dann noch der Hinweis auf den OLG Bamberg, Beschl. v. 25.10.2017 – 2 Ss OWi 1399/17, dem folgender Sachverhalt zugrunde gelegen hat:

„Das AG verurteilte den nicht durch einen Verteidiger vertretenen, in der Hauptverhandlung anwesenden Betr. am 07.07.2017 wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen zu einer Geldbuße von 150 €. Ausweislich des Protokolls wurde dem Betr. nach der Urteilsverkündung mündlich sowie durch Aushändigung des Vordrucks ‚OWi 22‘ eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Mit am selben Tage eingegangenem Schreiben vom 14.07.2017 teilte der Betr. mit, dass er die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantrage und für das Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) beantrage. Soweit und sobald diese bewilligt worden sei, werde er dem Gericht einen beizuordnenden Rechtsanwalt benennen und der beigeordnete Rechtsanwalt einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde „stellen“. Vom Vorwurf der unerlaubten Steuerberatung sei er freizusprechen. Die Begründung für das „summarische PKH-Prüfverfahren“ werde er bis zum 14.08.2017 bei Gericht einreichen. Unter dem 31.07.2017 verfügte die Tatrichterin die förmliche Zustellung des Urteils an den Betr., welche am 02.08.2017 erfolgte. Mit Telefax-Nachricht vom 14.08.2017 übermittelte der Betr. dem AG zur „Begründung für das summarische PKH-Prüfverfahren“ umfangreiche Ausführungen zur Sache, in denen er sich gegen seine Verurteilung wendet und auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht moniert. Das AG hat über den Antrag auf Bewilligung von PKH nicht entschieden, sondern unter dem 16.08.2017 die Akten dem Rechtsbeschwerdegericht zur Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vorgelegt. Die GenStA beantragt, die Zulassungsrechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da das Rechtsmittel zwar form- und fristgerecht eingelegt, nicht aber formgerecht begründet worden sei. In seiner hierzu abgegebene Stellungnahme vom 06.10.2017 macht der Betr. im Wesentlichen geltend, er habe bisher lediglich einen PKH-Antrag gestellt, der nicht den formalen Begründungserfordernissen eines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde genügen müsse, und über den nicht entschieden sei. Im Übrigen sei eine Zulassungsrechtsbeschwerde von ihm bisher noch gar nicht eingelegt worden; vielmehr sollte eine solche erst nach PKH-Bewilligung durch den beigeordnete Rechtsanwalt – ggf. im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag – erhoben werden.“

Das OLG hat die Akten ohne eigene Sachentscheidung zur Nachholung einer Entscheidung über das unerledigte Beiordnungsgesuch an das AG zurückgegeben.

Und wie fast immer reicht beim OLG Bamberg der Leitsatz, um zu verstehen, was das OLG entschieden hat:

„Ein mit der (Zulassungs-) Rechtsbeschwerde eingelegter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist als Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers auszulegen, über den das Tatgericht zu entscheiden hat. Hat das Tatgericht noch nicht über diesen Antrag entschieden, beruht die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nicht auf einem Verschulden des Betroffenen i.S.v. § 44 I 1 StPO; die Nachholung der versäumten Handlung durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdebegründungsschrift ist dem Betroffenen erst zumutbar, wenn über seinen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers entschieden ist. Das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren erfordert daher die Rückgabe der Sache an das Amtsgericht zur weiteren Sachbehandlung, weil mangels Nachholung der versäumten Handlung Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist – vorerst – nicht gewährt werden kann (§ 45 II 2 StPO).

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