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Der Verurteilte hat eine 1999 wegen Mordes verhängte Freiheitsstrafe von 15 Jahren seit Anfang Oktober 2012 vollständig verbüßt. Mit Beschluss vom 18.09.2012 hat die StVK festgestellt, dass Führungsaufsicht eintritt und ihre Dauer auf 5 Jahre festgesetzt. Weiter hat sie den Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung des für seinen jeweiligen Hauptwohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt und ihm eine Reihe von Weisungen erteilt, darunter u.a. die Weisung, dass der Verurteilte „das Eingehen eines intimen Verhältnisses mit einer Frau […] seinem Bewährungshelfer binnen 1 Woche mitzuteilen“ habe. Dagegen das Rechtsmittel des Verurteilten, dass insoweit Erfolg hatte. Der OLG Bamberg, Beschl. v. 06.11.2012 – 1 Ws 678/12 – sieht die Weisung als unzulässig an:
bb) Die unter Ziff. IV. 5. erteilte Weisung greift in den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bf. aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ein. Das Grundrecht sichert jedem einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann, in dem er ‚in Ruhe gelassen wird‘. Dieser ‚Rückzugsbereich‘ ist nicht auf die häusliche Sphäre begrenzt, sondern beansprucht Gültigkeit überall dort, wo der Einzelnen davon ausgehen darf, ‚fremden Blicken‘ entzogen zu sein. Geschützt ist das Recht des Menschen auf Selbstfindung im Alleinsein und in enger Beziehung zu Vertrauten (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Schmidt 12. Aufl. Art. 2 GG Rn. 39 m.w.N.). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Selbstbestimmung im Bereich der Sexualität. Das Grundrecht sichert dem Menschen die Freiheit, seine Einstellung zum Geschlechtlichen selbst zu bestimmen und grundsätzlich selbst darüber zu befinden, ob, in welchen Grenzen und mit welchen Zielen er hier Einwirkungen Dritter hinnehmen will. Geschützt ist die Freiheit, die selbst gewählten Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem staatlichen Zugriff entzogenen Freiraum zu leben (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Schmidt Art. 2 GG Rn. 41 m.w.N.).
cc) Begrenzt wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht allerdings durch die verfassungsmäßige Ordnung. Eingriffe bedürfen danach der Grundlage in einer gesetzlichen Regelung, die der Bedeutung des Rechts entsprechend hinreichend bestimmt gefasst sein muss. Das Gesetz hat in materieller Hinsicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Einschränkende Regelungen müssen also zum Schutz eines gewichtigen Gemeinschaftsguts geeignet und erforderlich sein; der Schutzzweck muss so schwer wiegen, dass er die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts in seinem Ausmaß rechtfertigt.
dd) In diesem Sinne ist § 68 b II 1 StGB Teil der verfassungsmäßigen Ordnung als Gesetz im formellen Sinne. Angesichts der Vielfältigkeit der Lebensbereiche kann eine vollständige Aufzählung derselben im Gesetz nicht erwartet werden. Die Norm begegnet generell keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere wird gegen den Bestimmtheitsgrundsatz nicht von vornherein verstoßen, wenn eine Norm auslegungsbedürftig ist (so zuletzt speziell zu § 68 b II StGB BVerfG, Beschluss vom 06.06.2006 – 2 BvR 1349/05 [bei juris] = BVerfGK 8, 183 ff. = MedR 2006, 586 ff.).
ee) Die verfahrensgegenständliche Weisung bringt in ihrer konkreten Ausgestaltung jedoch einen Eingriff in die Intimsphäre des Verurteilten, die als Kernbereich privater Lebensgestaltung staatlichen Eingriffen grundsätzlich entzogen ist. Die Zuordnung zum unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung wird zwar nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass ein Sachverhalt auch soziale Bedeutung hat. Maßgeblich ist in diesem Falle aber, welcher Art und wie intensiv der soziale Bezug ist; dieses lässt sich nicht abstrakt beschreiben, sondern ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des einzelnen Falls zu beantworten (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Schmidt Art. 2 GG Rn. 60 m.w.N. insb. aus der Rspr. d. BVerfG).
ff) Ein sozialer Bezug besteht hier deswegen, weil im Rahmen einer intimen Beziehung des Verurteilten höchstrangige Rechtsgüter eines Anderen, nämlich des Intimpartners bedroht sind. Die Weisung verbietet dem Verurteilten zwar nicht die Aufnahme von Intimbeziehungen als solche und versucht auch nicht, deren Gestaltung zu regeln, sondern erlegt dem Verurteilten nur eine Mitteilungspflicht hierüber auf, die in ihrem Umfang dem eng auszulegenden Wortlaut der Weisung entsprechend auch nicht über das bloße Faktum, dass eine intime Beziehung zu einer Frau besteht, hinausgeht. Weitere Einzelheiten brauchen – nach dem insoweit eng auszulegenden Wortlaut der Weisung – nicht offengelegt zu werden, um der Weisung zu genügen.
b) Ob unter diesen Umständen die Weisung einen grundrechtswidrigen Eingriff in die Intimsphäre als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Bf. darstellt, kann hier jedoch aus anderen Gründen offen bleiben. Denn die Weisung ist in ihrer konkreten Form jedenfalls zum einen ungeeignet und zum anderen nicht kontrollierbar. Nach der Vorstellung der JVA soll die Weisung letztlich die Durchführung einer Gefährder- und Gefährdetenansprache ermöglichen. Eine Gefährdetenansprache scheitert aber daran, dass der Verurteilte nicht angewiesen ist, Namen und Erreichbarkeit der Frau offenzulegen. Das bloße Wissen, dass eine intime Beziehung konkret besteht, taugt nach der Überzeugung des Senats auch nicht dazu, um mit dem Bf. selbst eine sinnvolle Gefährderansprache durchzuführen, da sich diese zwangsläufig in allgemeinen Ermahnungen erschöpfen muss, ohne auf die konkreten Lebensumstände des Bf. eingehen zu können. Soweit eine Mitteilung zum Anlass genommen werden sollte, dass insbesondere die Polizeibehörden eigene Ermittlungen zur Person der Intimpartnerin und zu der konkreten Beziehungsgestaltung anstellen, um erst im Anschluss daran eine gezielte Gefährder- und Gefährdetenansprache durchführen zu können, begegnet dies wiederum aus den vorgenannten Gründen erheblichen grundrechtlichen Bedenken. Da der Bf. den Charakter einer Beziehung als Intimbeziehung leicht verheimlichen kann – auch und gerade im kollusiven Zusammenwirken mit der Intimpartnerin -, kann die Einhaltung der Weisung auch nicht kontrolliert werden und Weisungsverstöße können nicht eindeutig festgestellt werden. Eine ungeeignete und nicht kontrollierbare Weisung ist aber entsprechend den obigen Ausführungen in jedem Falle rechtswidrig.