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Urinkontrolle im Strafvollzug, oder: Wer nicht pinkeln will, wird bestraft

entnommen wikimedia.org Autor: Jove

Vollstreckungsrecht kommt immer ein wenig kurz hier im Blog. Daher dann heute mal ein „Vollstreckungstag“, den ich mit dem KG, Beschl. v. o5.10.2017 – 2 Ws 92/17 (Vollz) beginne. Es geht um die Zulässigkeit von Urinproben im Strafvollzu, ein Thema, das in der Praxis immer wieder eine Rolle spielt.

Dazu die Leitsätze der KG, Entscheidung:

Nach § 84 StVollzG Bln sind Vollzugsbehörden berechtigt, von Strafgefangenen die Abgabe von Urinproben zur Feststellung des Konsums von Suchtmitteln zu verlangen; Strafgefangene sind verpflichtet, diesem Verlangen nachzukommen.

Kommt ein Strafgefangener dieser Mitwirkungspflicht schuldhaft nicht nach oder manipuliert er Urinproben, stellt dies eine Verfehlung dar, die disziplinarisch geahndet werden kann.

Die Entscheidung basiert (natürlich) auf Berliner Landesrecht. Die entsprechenden Vorschriften gibt es in den Vollzugsgesetzen der anderen Bundesländer aber ähnlich.

Urinkontrolle im Strafvollzug – geht immer

© chris52 - Fotolia.com

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Zum Wochenausklang nichts Großes und nichts Schweres mehr, sondern zunächst nur einen (kleinen) Beschluss des OLG Hamm, betreffend eine Frage des Strafvollzugs. Nämlich die nach der Zulässigkeit einer Urinkontrolle. Braucht die einen konkreten Verdacht auf Betäubungsmittelmissbrauch? Der OLG Hamm, Beschl. v. 16.06.2015 – 1 Vollz (Ws) 250/15 – sagt: Nein:

„Der Senat hat bereits zu § 56 Abs. 2 StVollzG entschieden, dass eine Urinkontrolle auch ohne konkreten Verdacht auf Betäubungsmittelmissbrauch angeordnet werden kann (Beschl. v. 03.04.2007 – 1 Vollz(Ws) 113/07). Für das neue Recht ergibt sich dies unmittelbar aus § 65 StVollzG NW. Insofern besteht mithin kein Bedarf an Rechtsfortbildung.“

Wer trägt eigentlich die Kosten für Urinkontrollen?

entnommen wikimedia.org Autor: Jove

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Ein Verurteilter steht unter Führungsaufsicht. Im Rahmen der Weisungen sind ihm vierteljährliche Urinkontrollen (Alkohol- und Drogenscreening) auferlegt (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB) und es ist bestimmt worden, die dafür entstehenden Kosten, selbst zu tragen. Frage: Muss der Verurteilte die entstehenden Kosten nun tatsächlich immer selbst tragen?

Die Antwort gibt u.a. das KG. Nach seiner im KG, Beschl. v. 01.10.2013 – 2 Ws 476/13 vertretenen Auffassung wohl grundsätzlich ja,aber dann nicht, wenn die Weisung unverhältnismäßig ist.  Und das hat das KG – mit der h.M. – angenommen, denn:

„b) Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, dass es dem Verurteilten zuzumuten ist (§ 68b Abs. 3 StGB), die Kosten für die auf zwei Jahre begrenzten Kontrollen zu tragen, und zwar unabhängig davon, wie diese Kosten einzuordnen sind (vgl. Thüringer OLG NStZ-RR 2011, 296; Hanseatisches OLG Bremen NStZ 2011, 216; OLG Dresden NStZ 2009, 268). Unter Berücksichtigung eines Einkommens von 382 Euro (ALG II Regelsatz) erscheinen monatliche Belastungen von ungefähr 25 Euro hierfür zu hoch.“

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft