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Nach dem Crash: Keine Zurechnung der Betriebsgefahr bei der Bank

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Ebenfalls schon etwas älter ist das zweite BGH-Urteil, das ich heute vorstellen möchte. Es handelt sich um das BGH, Urt. v. 07.03.2017 – VI ZR 125/16. Es geht um die Unfallschadenregulierung nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger verlangt von desn Beklagten Zahlung weiteren Schadensersatzes. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter des/seines an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer des beklagten Unfallgegners legte seinen Regulierung eine Haftungsquote von 50/50 zugrunde. Die den Fahrzeugkredit finanzierende Bank und Sicherungseigentümerin des beschädigten Fahrzeugs ermächtigte den Kläger, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen gegen die Beklagten im eigenen Namen geltend zu machen, also gewillkürte Prozessstandschaft. Der Hergang des Unfalls ließ sich dann nicht aufklären, ein Verschulden der jeweiligen Fahrzeugführer ebenso wenig feststellen. Das LG hat zur vollständigen Zahlung fahrzeugbezogener Schadenspositionen verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Gestritten worden ist u.a. um die Frage, ob sich die Sicherungseigentümerin/Bank die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs entgegenhalten lassen muss. Der BGH sagt: Nein.

„2. Ohne Erfolg greift die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts an, dass den Ansprüchen der das Fahrzeug nicht haltenden Sicherungseigentümerin die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs nicht entgegengehalten werden kann. Eine Norm, aufgrund derer sich der nicht haltende Sicherungseigentümer die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten, vom Sicherungsgeber gehaltenen Fahrzeugs zurechnen lassen müsste, besteht nicht.

a) Eine Zurechnung der Betriebsgefahr nach 17 StVG scheidet aus. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 10. Juli 2007 (VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 8) seine Auffassung bekräftigt, dass § 17 StVG nur anzuwenden ist, wenn auch der Geschädigte nach den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes haftet (vgl. Senatsurteil vom 30. März 1965 – VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274). Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig.

b) Als Zurechnungsnorm scheidet auch 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB aus. Ohne festgestelltes Verschulden des Führers des klägerischen Fahrzeugs sind die Anwendungsvoraussetzungen des § 9 StVG nicht gegeben, denn § 9 StVG setzt ein Verschulden voraus (Lemcke, in: van Bühren/Lemcke/Jahnke, Anwaltshandbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl., Teil 2, Rz. 215 f.; ders., r+s 2014, 579; Heß, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 9 StVG Rn. 9b; König, in: König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 9 StVG Rn. 17; Eggert, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl., § 2 Rn. 303; Schröder/Hoffmann-Benz, in: Müller/Bachmeier/Starkgraff, Fachanwaltskommentar Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 9 StVG Rn. 1).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 2010 (VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 Rn. 12). Nur im Fall des – hier nicht festgestellten – (Mit-)Verschuldens des Führers des sicherungsübereigneten Fahrzeugs wäre die Betriebsgefahr im Rahmen der Haftungsabwägung gemäß § 9 StVG, § 254 BGB mit zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 30. März 1965 – VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274). Ein nur vermutetes Verschulden genügt nicht.

c) Entgegen der Auffassung der Revision kommt eine Zurechnung gemäß 278 BGB schon mangels Bestehens einer Sonderverbindung zwischen der Sicherungseigentümerin und den Beklagten nicht in Betracht (vgl. Senatsurteile vom 30. März 1965 – VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274; vom 10. Juli 2007 – VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 15).

d) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man mit den Vorinstanzen und den Parteien von einem dinglichen Anwartschaftsrecht des Klägers bezogen auf das Eigentum an dem unfallbeteiligten Kraftfahrzeug ausgeht. Etwaige eigene Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Verletzung seines Anwartschaftsrechtes oder der Beschädigung des Sicherungsgutes stehen im Streitfall seiner Geltendmachung der Rechte der Sicherungseigentümerin nicht entgegen. Auf solche eigenen Rechte stützt der Kläger seine Klage nämlich nicht, sondern lediglich auf die der Sicherungseigentümerin.

Das Sicherungseigentum ist echtes Eigentum im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 12. Mai 1992 – VI ZR 257/91, BGHZ 118, 201, 205), also Volleigentum (vgl. BeckOGK BGB/Klinck BGB, Stand 1. Dezember 2016, § 930 Rn. 194; MünchKommBGB/Oechsler, 7. Aufl., Anh. §§ 929-936 Rn. 40). Der Sicherungseigentümer hat bei Beschädigung des Sicherungsgutes grundsätzlich Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und aus § 7 StVG. Mit der Ermächtigung des Sicherungsgebers durch die Sicherungseigentümerin ist im Streitfall gewährleistet, dass der Substanzschaden in einer Hand geltend gemacht wird. Damit wird zugleich einer doppelten Geltendmachung der Ansprüche vorgebeugt. Der Schädiger könnte einer weiteren Klage der Sicherungseigentümerin den Einwand der Rechtskraft (BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135 f.; vom 12. Juli 1985 – V ZR 56/84, WM 1985, 1324 unter I 3; vom 2. Oktober 1987 – V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127) und einer Klage des anwartschaftsberechtigten Sicherungsgebers aus eigenem Recht jedenfalls den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten.“

Wenn der Motorradfahrer nur Turnschuhe trägt, oder: Mitverschulden?

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Noch ist es Sommer, aber er neigt sich dem Ende entgegen. Dem Ende entgegen neigt sich damit auch die Motorradsaison, da ja doch viele Motorradfans ihre Maschinen für den Winter stilllegen. Daher will ich dann noch schnell das OLG München, Urt. v. 19.05.2017 – 10 U 4256/16 – vorstellen. Es behandelt Fragen der Haftungsverteilung bei einer Kollision zwischen Pkw und Krad – insoweit bitte nachlesen. Hier soll es dann nur um die Frage gehen: Besteht eine Obliegenheit zum Tragen von Motorradstiefeln mit der Folge, dass ein Mitverschulden angenommen werden muss, wenn die nicht getragen werden?

Das OLG sagt nein und meint: Es gibt kein allgemeines Verkehrsbewusstsein, nach dem es für Motorrad innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen. Den Fahrer eines Motorrades trifft deshalb keine generelle, ein Mitverschulden begründende Obliegenheit, innerhalb geschlossener Ortschaften Motorradstiefel zu trage. Das entspricht der überwiegenden Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen, vor allem des BGH im BGH, Urt. v. 17.06.2014 – VI ZR 281/13 – zur Helmpflicht bei Fahrradfahrern:

„….

d) Der Einwand, der Berufungsbeklagte müsse sich gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 I BGB ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er statt Motorradstiefeln unstreitig nur Turnschuhe trug, ist, wie auch bereits im Ersturteil zutreffend ausgeführt, unbegründet. Ob die streitgegenständlichen Verletzungen überhaupt durch das Tragen eines festeren Schuhwerks verhindert worden wären bzw. zumindest weniger schwerwiegend ausgefallen wären, kann daher dahin gestellt bleiben.

Es existiert gem. § 21 a II 1 StVO zwar eine gesetzliche Helmpflicht, aber keine darüber hinausgehende Pflicht, besondere Motorradschutzkleidung wie etwa Motorradstiefel zu tragen. Zwar ist allein deswegen eine Anspruchskürzung gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 I BGB noch nicht ausgeschlossen. Ein Mitverschulden ist nämlich bereits dann anzunehmen, wenn der Verletzte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dass festere Schuhe grundsätzlich einen besseren Schutz bieten, ist allgemein bekannt. Allerdings liegen dem Senat keine belastbaren Zahlen vor, wonach es hinsichtlich der hier maßgeblichen Zeit des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 06.11.2012 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein (vgl. zur Bedeutung dieses Umstands BGH, Urteil vom 17.06.2014, Az.: VI ZR 281/13, juris) entsprochen hätte, dass es für Leichtkraftradfahrer innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen (vgl. – bzgl. Protektoren-Schutzkleidung – auch das umfassend begründete Urteil des LG Heidelberg vom 13.03.2014, Az.: 2 O 203/13, juris, mit zustimmender Anmerkung von Lang, juris). Inwieweit ein derartiges allgemeines Verkehrsbewusstsein grundsätzlich, bei jeder Art von Kraftrad und auch außerhalb geschlossener Ortschaften, derzeit fehlt, wie es das OLG Nürnberg in seinem Beschluss vom 09.04.2013, Az.: 3 U 1897/12, juris, ausführt, muss hier nicht entschieden werden. Das Urteil des Brandenburgischen OLG vom 23.07.2009, Az.: 12 U 29/09, juris, wiederum steht dem bereits deswegen nicht entgegen, weil es sich auf Schutzkleidung an den Beinen bezieht, nicht auf die Frage des Schuhwerks. Im Übrigen gilt diesbezüglich Folgendes: Nach der o.g. Rechtsprechung des BGH kommt es entscheidend auf das allgemeine Verkehrsbewusstsein an, wovon streng zu unterscheiden sind Aspekte wie das Verletzungsrisiko, der Erkenntnisstand hinsichtlich Schutzmaßnahmen oder Empfehlungen von Verbänden etc. Entscheidend sind vielmehr zureichend verlässliche Unterlagen wie Umfrageergebnisse, Statistiken und amtliche oder nichtamtliche Erhebungen. Dass das Brandenburgische Oberlandesgericht seine o.g. Entscheidung bzw. die Berufungsführer die Berufungsbegründung auf derartige Unterlagen gestützt hätten, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Bloße Behauptungen wie „die meisten Motorradfahrer empfinden es heutzutage als eine persönliche Verpflichtung, mit Schutzkleidung zu fahren“ bzw. „jeder weiß, dass das Fahren ohne Schutzkleidung ein um ein vielfach höheres Verletzungsrisiko in sich birgt“ (vgl. das o.g. Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, juris, Rdnr. 18) vermögen die Heranziehung hinreichend belastbarer Unterlagen nicht zu ersetzen. Wie auch der BGH seinem o.g. Urteil vom 17.06.2014 hat der Senat nun zur Beurteilung der Frage, ob das Tragen von Motorradschutzkleidung dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht, als Quelle die auf www.bast.de veröffentlichte amtliche Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen herangezogen. Demnach gibt es zwar tatsächlich eine Erhebung bzgl. des Tragens von Motorradschutzkleidung in Deutschland, und zwar auch bzgl. des hier relevanten Zeitraums, nämlich des Jahres 2012, wonach 53% aller motorisierten Zweiradfahrer ergänzend zum Helm Schutzbekleidung trugen. Die Zahl ist jedoch weitaus niedriger, soweit es um das Tragen einer kompletten Schutzkleidung geht: Eine solche trugen nämlich nur 21% aller motorisierten Zweiradfahrer. Hinzu kommt, dass diese Statistik sehr ungenau ist: Offen bleibt, was im Einzelnen unter einer „kompletten“ Schutzkleidung zu verstehen ist. Unklar ist weiter, welche Schutzkleidungsstücke im Einzelnen (nur Motorradschuhe oder nur Motorradhosen oder nur Motorradjacken oder auch nur Motorradhandschuhe oder etwa bestimmte Kombinationen?) von denjenigen getragen wurden, welche eine unvollständige Schutzkleidung trugen. Unklar ist, auf welche Jahreszeit(en) sich die Untersuchung bezog. Unklar ist schließlich, wie sich bei den Untersuchungen die doch sehr heterogenen Gruppen der „motorisierten Zweiradfahrer“ im Einzelnen jeweils zusammensetzten (Anteil der Mofa- bzw. Kleinkraftradfahrer? Anteil der Leichtkraftradfahrer? Anteil der größeren Maschinen?).

Auf eine solche Statistik aufbauend lässt sich nichts hinreichend Verlässliches hinsichtlich der hier entscheidenden Frage, ob es am Unfalltag, dem 06.11.2012, dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprach, mit dem streitgegenständlichen Leichtkraftrad auf der streitgegenständlichen Strecke nur mit Motorradschutzstiefeln zu fahren. Nachdem dem Senat auch keine weiteren Zahlen hinsichtlich des allgemeinen Verkehrsbewusstseins bzgl. der o.g. Fragestellung bekannt sind, kann hier der Vorwurf des Mitverschuldens nicht begründet werden.“

Hier dann zur Helmpflicht beim Fahrrad: Der Fahrradhelm beim BGH – hier geht es zum Volltext.

OLG Düsseldorf: „Restbenzin im Tank“ wird nach einem Unfall nicht mal einfach so ersetzt

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Heute Mittag hatte ich ja schon auf das OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.2017 – 1 U 46/16 – hingewiesen (vgl. TaTüTaTa, oder: Wie wird gehaftet, wenn der Notarztwagen bei Rotlicht über die Kreuzung brettert?). In dem Posting ging es um den Haftgrund bzw. die Haftungsverteilung. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf enthält aber auch Aussagen des OLG zur Schadenshöhe. Der Kläger hatte nämlich u.a. einen Betrag von 25 € für „Restbenzin im Tank“ geltend gemacht. Der Posten ist vom OLG nicht als ersatzfähiger Schaden angesehen worden. Denn der Kläger habe – so das OLG – es durch ihm zumutbare Maßnahmen unterlassen, den Eintritt dieser Vermögenseinbuße zu verhindern:

„2. Im Ergebnis richtig hat das Landgericht entschieden, dass die streitige Position „Restbenzin im Tank, 18 l á 1,50 € … 27 Euro“ nicht ersatzfähig ist. Dem Kläger ist vorzuhalten, dass er die Entstehung dieser Schadensposition im Sinne eines Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB mit der Folge des Wegfalls jeglicher Anspruchsberechtigung selbst zu verantworten hat.

a) Durch das Unfallereignis als solches war dem Kläger noch kein Schaden bezüglich des in seinem Fahrzeug noch vorhandenen Treibstoffs entstanden. Das Benzin befand sich weiterhin – wie auch das beschädigte Fahrzeug – in seinem Besitz und Eigentum. Der wirtschaftliche Nachteil trat für den Kläger erst dadurch ein, als er sich aus freien Stücken entschloss, das Unfallfahrzeug für denjenigen Restwert zu veräußern, den der vorgerichtlich eingeschaltete Kfz-Schadensgutachter M. mit 300 Euro als das höchste von drei Restwertangeboten ausgewiesen hatte. Der Kläger macht den Fahrzeugschaden mit 2.700 Euro geltend, was dem gutachterlich in Ansatz gebrachten Wiederbeschaffungswert von 3.000 Euro abzüglich des Restwertes von 300 Euro entspricht.

b) In die Ermittlung des Restwertes war der Umstand eines noch verhältnismäßig vollen Tankinhaltes nicht eingeflossen. Denn das Maß der Tankfüllung stellt in der Praxis regelmäßig keinen bestimmenden wertbildenden Faktor für den Fahrzeughandel dar (Senat, Urteil vom 9. Februar 2016, Az.: I-1 U 81/15). Erfahrungsgemäß werden Restwertangebote – sei es auf dem durch den Sachverständigen M. berücksichtigten regionalen Markt, sei es im Internet – von den Restwerteaufkäufern ohne Berücksichtigung eines bestimmten Tankinhaltes abgegeben. Deshalb kann entgegen der Wertung des Landgerichts das Fahrzeug des Klägers nicht mit allen Einbauten und Betriebsstoffen als wirtschaftliche Einheit angesehen werden.

c) Verbleiben nach einem Totalschadensfall noch überdurchschnittlich große Mengen an Treibstoff im Fahrzeugtank und ist der Geschädigte mit deren unvergüteten Hingabe nicht einverstanden, dann ist es seine Aufgabe, den damit verbundenen wirtschaftlichen Wert selbst zu realisieren (Senat a.a.O.). Eine Realisationsmöglichkeit besteht darin, entweder eigenständig für das Abpumpen des noch vorhandenen Benzins Sorge zu tragen oder Dritte damit zu beauftragen (Senat a.a.O. mit Hinweis auf LG Darmstadt, Urteil vom 24. Juli 1990, Az.: 17 S 388/89). Sollte der Behauptung des Klägers entsprechend der mit einer Fremdbesorgung zu erwarten gewesene Kostenaufwand den Sachwert des Resttreibstoffs überstiegen haben, so hätte sich für ihn folgende Verwertungsmöglichkeit angeboten: Er hätte mit dem Käufer des Unfallfahrzeugs separat eine Erhöhung des Kaufpreises aushandeln können (vgl. Senat a.a.O.). Dies wäre ihm ohne Weiteres möglich gewesen, da im Gutachten M. der Restwertaufkäufer mit dem höchsten Gebot von 300 Euro mit Firmenbezeichnung, Ortsangabe und Telefonnummer aufgeführt ist (Bl. 9 d.a.).“

Nun ja. M.E. ein bisschen viel Aufwand für 25 €, den das OLG da vom Kläger verlangt.

„Mit/ohne“ Blaulicht bei „Rot“ über die Kreuzung, oder: Unfall mit dem Polizeifahrzeug

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Das VG Münster hat im VG Münster, Urt. v. 05.09.2016 – 4 K 1534/15 – die Frage entschieden, ob ein Polizist, der bei einem Einsatz mit dem Dienstfahrzeug mit verspätet eingeschaltetem Blaulicht und ohne eingeschaltetes Martinshorn bei „Rot“ zeigender Ampel in eine Straßenkreuzung einfährt, grob fahrlässig handelt und deshalb dem Land im Fall eines Unfalls den am Dienstfahrzeug entstandenen Schaden ersetzen muss.

Nach dem Sachverhalt des Urteils war der Kläger im Rahmen eines Einsatzes mit dem Streifenwagen mit aktivierter Rundumbeleuchtung („Blaulicht“), jedoch ohne Martinshorn, in eine Straßenkreuzung eingefahren, die zu diesem Zeitpunkt für seine Fahrtrichtung Rotlicht gezeigt hatte. Im Kreuzungsbereich war es sodann zur Kollision mit einem von links kommenden Fahrzeug gekommen, das ungebremst in die Fahrerseite des Polizeifahrzeugs gefahren war. Das Land NRW hatte den Kläger aufgefordert, den durch den Verkehrsunfall entstandenen Schaden an dem Funkstreifenwagen – rund 19.000 € –  zu ersetzen. Dagegen hatte der Kläger geklagt. Und er hat beim VG verloren. Das hat dem Land NRW Recht gegeben.

Grundlage des vom Kläger angefochtenen Bescheides war § 81 LBG NRW in Verbindung mit § 48 Satz 1 BeamtStG. Danach hat ein Beamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dazu sagt das VG:

Der Kläger hat den Unfall bei seinem Einsatz grob fahrlässig verursacht:

Gemessen an diesem Maßstab war es in objektiver Hinsicht grob fahrlässig, dass der Kläger ohne Einschalten des Signalhorns und zu spätem Aktivieren des Blaulichts in die für ihn durch Rotlicht gesperrte Kreuzung eingefahren ist. Selbst wenn man davon ausginge, dass das ausschließliche, versehentliche Verfehlen des Einschaltknopfs für das Signalhorn im Wege eines Augenblicksversagens noch als (einfach) fahrlässig zu werten sein könnte, so stellt dieses Unterlassen in Verbindung mit dem verspäteten Einschalten des Blaulichts einen schweren Sorgfaltspflichtverstoß dar. Damit hat der Kläger dem Querverkehr jegliche Möglichkeit genommen, auf sein herannahendes Fahrzeug noch angemessen zu reagieren. Dies hätte dem Kläger auch bewusst sein müssen. Bereits das Überfahren einer roten Ampel unter ordnungsgemäßer Einschaltung der Sondersignale birgt hohe Gefahren. Unterlässt der Beamte die rechtzeitige Warnung des Verkehrs, steigert sich diese Gefahr nochmals. Hinzu kommt, dass auch der Kläger von einer aufgrund der Bebauung nur schwer einsehbaren Kreuzung ausging, und die Dunkelheit die Sicht zusätzlich erschwerte.

Der Kläger hat auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig gehandelt. Er hätte ohne Weiteres erkennen können und müssen, dass er ohne Einschalten des Signalhorns und bei zu spätem Aktivieren des Blaulichts nicht in eine für ihn mit Rotlicht gesperrte Kreuzung hätte einfahren dürfen. Der Maßstab für den Grad des Verschuldens kann insoweit nicht mit Rücksicht auf eine mögliche Stresssituation des Klägers herabgesetzt werden. Der Kläger ist ein erfahrener Polizeibeamter, der zur Einschätzung und Bewältigung einer Verfolgungssituation, zumal in dem Fall einer vermutlichen Trunkenheits- und Rotlichtfahrt eines Kleinkraftradfahrers, in der Lage sein muss. Beachtet er in einer solchen Situation die Voraussetzungen für ein Einfahren in die Kreuzung bei Rotlicht nicht, so lässt er eine gesteigerte Risikobereitschaft erkennen, die angesichts des Ausmaßes möglicher Schäden den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigt. In der gegebenen Verkehrslage bestand eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass Fahrzeuge aus der Querrichtung das Herannahen des Polizeifahrzeugs nicht rechtzeitig wahrnehmen würden. Es war jederzeit damit zu rechnen, dass diese Fahrzeuge in den Kreuzungsbereich einfahren würden. Im Falle einer Kollision lagen dann nicht nur bedeutende Sachschäden, sondern auch Personenschäden nahe. Es konnte nicht zweifelhaft sein, dass dies bei der gebotenen Güterabwägung den Ausschlag geben musste. Wenn der Kläger gleichwohl so selbstverständliche Vorsichtsmaßnahmen wie das Einschalten der Sonderzeichen zu spät bzw. gar nicht vornimmt, zeigt dies ein besonderes Maß an Leichtfertigkeit. Ihn entlastet nicht, dass er angesichts fehlenden (sichtbaren) Querverkehrs davon ausgegangen ist, das Wegerecht nach § 38 StVO nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Dieser Vortrag stimmt schon nicht mit seinem Unfallbericht vom 2. November 2014 überein, wonach er Sonder- und Wegerechte (Unterstreichung durch das Gericht) in Anspruch genommen hat. Abgesehen davon entbindet ihn die fehlende eigene Sichtung eines Querverkehrs nicht von den Warnpflichten bei Inanspruchnahme der polizeilichen Sonderrechte. Ebenso wenig entlastet den Kläger, dass Vorfahrtsrechtsverletzungen zu den häufigsten Unfallursachen gehören. Diese Tatsache ist im Zusammenhang mit dem Maß der Fahrlässigkeit unerheblich. Für die Unterscheidung von einfacher und grober Fahrlässigkeit ist nicht die Häufigkeit eines Verstoßes, sondern das Gewicht der Sorgfaltspflichtverletzung entscheidend.“

 

Der Vertrauensschutz des Vorfahrtberechtigten, oder: Halbe Vorfahrt

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Verkehrsunfall auf Kreuzungen bzw. im Kreuzungsbereich werfen bei der Lösung häufig schwierige FRagen auf: Handelte es sich um eine „unübersichtliche“ Kreuzung, die zu einer besonders vorsichtigen Fahrweise veranlassen sollte? War ggf. einer der Unfallbeteiligten zu schnell? Wer hatte Vorfahrt und ist die Vorfahrt des Berechtigten beachtet worden? Wie sind ggf. die Verursachungsanteile gegeneinander abzuwägen?

Mit einigen dieser Fragen befasst sich das KG, Urt. v. 21.09.2016 – 29 U 45/15, dem vom KG folgende Leitsätze vorangestellte worden sind:

  • Wenn die Vorfahrt nicht besonders geregelt ist, haben sich alle Verkehrsteilnehmer einer Kreuzung mit mäßiger Geschwindigkeit zu nähern, weil sie den jeweils von rechts kommenden Verkehrsteilnehmern Vorfahrt zu gewähren haben und sie deswegen in der Lage sein müssen, notfalls anhalten zu können.
  • Diese mit „halber Vorfahrt“ umschriebene Situation schützt auch den von links kommenden Wartepflichtigen, weswegen der Vorfahrtsberechtigte sich in aller Regel seine Betriebsgefahr im Rahmen der Haftungsabwägungen nach §§ 17, 9 StVG, 254 BGB anrechnen lassen muss.
  • Diese Haftungsgrundsätze gelten aber nur für nach rechts schlecht einsehbare Kreuzungen. Bei guter Sicht scheidet eine Anrechnung der Betriebsgefahr des Vorfahrtsberechtigten aus.