Schlagwort-Archive: Verkehrssicherungspflicht

Teurer Einkaufswagen, oder: Wer haftet wie bei einem Zusammenstoß?

entnommen openclipart.org

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Die „Einkaufswagen-Entscheidung“ des OLG Hamm – es handelt sich um das OLG Hamm, Urt. v. 18.08.2015 – 9 U 169/14 – hat ja auch schon andere Blogs beschäftigt. Ich will darüber auch berichten. Ist nämlich ganz interessant die Entscheidung. Wir haben es ja sonst häufig mit einem Einkaufswagen in Zusammenhang mit § 142 StGB zu tun (vgl. z.B. Der (weg)rollende Einkaufswagen II – Unfall i.S. des § 142 StGB oder Der (weg)rollende Einkaufswagen). Hier ging es aber mal um die zivilrechtliche Haftung.

Im Verfahren hatte ein Autofahrer aus Bielefeld Schadensersatz in Höhe von rund 5.400 € geltend gemacht. Er war mit seinem Pkw nachts mit einem herrenlosen Einkaufswagen kollidiert, der unvermittelt vor ihm auf die Straße gerollt war. Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem Ladenbesitzer, dem der Einkaufswagen gehörte, 80 % der Unfallkosten auferlegt, weil der Einkaufswagen nicht richtig verschlossen war. 20 % seines Schadens muss der Autofahrer wegen der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs selbst tragen.

Das OLG meint zur Verkehrssicherungspflicht:

…Der Beklagte musste daher dafür Vorsorge treffen, dass die Einkaufswagen nach Geschäftsschluss sicher abgestellt waren. Dies gilt zum einen im Hinblick auf Schutzmaßnahmen gegen die unbefugte Benutzung durch Dritte, zum anderen aber auch mit Blick auf die Verhinderung eines Wegrollens dieser Einkaufswagen im Sinne einer Verselbstständigung. Dies gilt vorliegend um so mehr, als der Gehsteig vor dem Ladengeschäft, an den der Abstellplatz für die Einkaufswagen angrenzt, zur Fahrbahn hin ein Gefälle aufweist.

1.3  Die von dem Beklagten ergriffenen Sicherungsmaßnahmen genügen diesen Anforderungen nicht. Die auf dem Abstellplatz in drei nebeneinander gelegenen Reihen befindlichen Einkaufswagen wurden nach Ladenschluss von einer Mitarbeiterin mittels einer durch die Einkaufswagen geführten Kette gesichert, die um einen am Kopfende des Abstellplatzes vorhandenen Metallpfosten geschlungen wurde. Eine Sicherung der Kette mittels eines Vorhängeschlosses unterblieb, weil ein solches bereits seit längerer Zeit nicht mehr zur Verfügung stand. Diese Art der Sicherung war unzureichend, wie der Zustand, den die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten vor Ort angetroffen haben, dokumentiert. Der Zeuge T hat ausgesagt, die Kette habe auf dem Boden vor dem jeweils letzten Einkaufswagen in jeder Reihe gelegen. Hierdurch war zwar weiterhin sichergestellt, dass ein Einkaufswagen aus dem Abstellplatz nicht auf den Gehsteig und die Fahrbahn rollen konnte, weil, wie das Landgericht bei dem Ortstermin festgestellt hat, die Kette einen solchen Durchmesser hatte, dass ein Einkaufswagen ohne Zutun nicht darüber hinweg rollen konnte. Die unbefugte Entnahme eines nicht mit einem Pfandmarkensystem ausgerüsteten Einkaufswagens durch einen Dritten war aber leicht möglich, da es nur eines leichten Anhebens zur Überwindung der am Boden liegenden, im Querschnitt 1 – 2 cm starken Kette bedurfte. Dieser Umstand begründet das Vorliegen einer eine Verkehrssicherungspflicht auslösenden abhilfebedürftigen Gefahrenstelle. Denn nach den Erfahrungen des Senats ist es eine nicht nur vereinzelte Beobachtung, dass leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet werden, um sie anschließend an Ort und Stelle oder auch anderenorts stehen zu lassen. Um eine solche zweckwidrige Nutzung möglichst auszuschließen, genügt es nicht, durch Vorlegen einer Kette den Anschein zu erwecken, die Entnahme eines Einkaufswagens sei nicht möglich. Dies insbesondere dann, wenn durch die Lage der Kette vor den Einkaufswagen im Bodenbereich der bezweckte Anschein einer Sicherung schnell widerlegt ist. Die Sicherung der Einkaufswagen durch eine abschließbare Kette ist geeignet, diese zweckwidrige Benutzung zu verhindern und erfordert keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand. Daraus folgt, dass dem Beklagten die Beachtung der gebotenen Sicherungsmaßnahmen auch subjektiv möglich und zumutbar war, so dass die Verkehrssicherungspflicht seitens des Beklagten schuldhaft verletzt worden ist…“

Kirmesbesuch mit Folgen

entnommen wikimedia.org Urheber Lattenegger

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Urheber Lattenegger

Wer auf der Kirmes stürzt, kommt schnell in den Verdacht, dass er vielleicht „einen über den Durst getrunken“ hat. Aber: Das muss natürlich nicht sein. Ursache können vielmehr auch nicht genügend gegen Stolpern und Stürzen gesicherte Versorgungsleitungen der Kirmesfahrgeschäfte sein. Und daher stellt sich in den Fällen dann schnell die Frage, wie die zu verlegen sind/waren und ob ggf. die Verkehrssicherungspflicht verletzt ist. Dazu das OLG Hamm, Urt. v. 24.03.2015 – 9 U 114/14 – mit den Leitsätzen:

  1. Im Bereich eines Kirmesplatzes zur Versorgung der Fahrgeschäfte mit Strom und Wasser verlegte Leitungen sind so zu führen, dass das dem Besucher grundsätzlich bekannte bestehende Stolper- und Sturzrisiko durch eine sorgfältige Verlegung bzw Abdeckung der Leitungen möglichst minimiert wird.
  2. Diesen Anforderungen genügt es nicht, wenn die Versorgungsleitungen beliebig ohne erkennbare Streckenführung und ohne Sicherung gegen unbeabsichtigte Lageveränderungen lose verlegt werden.
  3. Haben mehrere Schausteller durch unsorgfältige Verlegung ihnen zuzuordnender Versorgungsleitungen jeweils ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, und lässt sich nicht feststellen, welche der unsachgemäß verlegten Leitungen nach Lageveränderung zum Sturz des Geschädigten geführt hat, lassen sich die bestehenden Urheberzweifel nach § 830 Abs. 1 S. 2 BGB überwinden.

Aber:

„Die Klägerin muss sich allerdings gem. § 254 Abs. 1 BGB ein mit 50% zu bemessendes Eigen- bzw. Mitverschulden entgegenhalten lassen.

Dass die Versorgungsleitungen im Jahre 2009 nicht ortsfest, fixiert oder abgedeckt verlegt waren, war der Klägerin als Anliegerin im Unfallzeitpunkt bekannt. Denn die Kirmes begann bereits am 18.09.2009, so dass der im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen die Leitungen mit Kabelbindern zusammengefasst gewesen seien, unzureichende Verlegungszustand der Klägerin bereits seit einigen Tagen bekannt war. Einschränkungen der Sichtverhältnisse werden von der Klägerin für den Unfallzeitpunkt, 16:00 h am 20.09.2009, nicht behauptet. Aufgrund der Erfahrungen der zurückliegenden Tage hätte die Klägerin sich in besonderer Weise auch durch Blicke nach unten und zu beiden Seiten davon überzeugen müssen, ob sie gefahrlos den Gehsteig würde betreten können, oder ob ein oder mehrere im Bereich des Treppenabsatzes verlaufende Versorgungsleitungen ihren Laufweg kreuzten.“

Mir ist mulmig, oder: Der Bremsvorgang in der Waschstraße

entnommen wikimedia.orf Urheber: Michael Wolf

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Wer kennt es nicht, das etwas mulmige Gefühl, wenn man in der Waschstraße durch den „Waschvorgang fährt.“ Da fragt man sich, wenigstens frage ich mich immer: Und? Geht das auch gut? Wie ist das Ganze gesichert? Und was passiert, wenn vor mir etwas passiert? Und wer haftet? Nun, mit den Fragen hatte sich auch das LG Wuppertal im LG Wuppertal, Urt. v. 23.10.2014 – 9 S 129/14 – zu beschäftigen, in dem es um Schadensersatz nach einem Bremsvorgang in einer Waschstraße ging. Geklagt wurde aus abgetretenem Recht. Der Kläger machte mit der Klage Ansprüche aus einem Schadensereignis in einer von der Beklagten betriebenen Waschstraße  geltend. In der Waschstraße, in welcher die Fahrzeuge mithilfe einer Schlepprolle automatisch befördert werden, bremste eine Fahrerin ihr Fahrzeug ab, worauf es die Schlepprolle verlor. Das vom Kläger gesteuerte Fahrzeug der Zedentin, welches sich in der Waschstraße hinter dem vorgenannten Fahrzeug befand, wurde daraufhin auf dieses Fahrzeug aufgeschoben. Hierbei entstand ein Schaden i.H.v. 1.579,94 €, welcher mit der  Klage geltend gemacht wurde.

Das AG hatte der Klage stattgegeben und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die Beklagte die ihr obliegenden Schutzpflichten verletzt habe. Das LG hat das im Berufungsverfahren ebenso gesehen:

„Dennoch kann positiv eine Verkehrssicherungspflichtverletzung festgestellt werden. Insofern begegnet bereits der Vortrag der Beklagten, wonach eine Notabschaltung für Vorfälle der streitgegenständlichen Art weder bei der Beklagten noch in anderen Waschanlagen existiere, erheblichen Bedenken. Denn er widerspricht den Feststellungen des Landgerichts Dortmund in einem vergleichbaren Fall. Die dortige Beweisaufnahme hatte ergeben, dass aufgrund des Einsatzes von Lichtschranken das Förderband normalerweise gestoppt werde, um zu verhindern, dass die Fahrzeuge aufeinander aufgeschoben werden (vgl. LG Dortmund, Schaden-Praxis 2011, 137). Mithin existieren offenbar entsprechende technische Kontrollmöglichkeiten. Auch das Amtsgericht Braunschweig hat sich ausführlich und überzeugend damit auseinandergesetzt, dass und warum ein Abschalten der Anlage technisch ohne weiteres möglich sein müsste (Urteil vom 04.02.2014, 116 C 2943/13). Tatsächlich ist nicht erkennbar, warum es mithilfe einfacher Sensoren nicht möglich sein soll, festzustellen, ob sich ein Autoreifen noch in der Schlepprolle befindet oder eben nicht. Das von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegte Gutachten des Herrn T vom 21.02.2014 (Bl. 22 ff) ist insofern wenig weiterführend, da es darin lapidar heißt: „Fest steht, dass die Steuerung der Anlage keine ausführbaren Impulse über die Fehlpositionierung der Pkw auf den Förderband erhält (Stand der Technik).“ Ausführungen dazu, dass und wieso eine solche Steuerung nicht möglich sein soll, enthält das Gutachten nicht.

Letztlich kann diese Frage jedoch offen gelassen werden, da dann, wenn eine solche – aus Sicht des Kunden scheinbar simple und daher zu erwartende – technische Kontrolle nicht möglich ist, die Überwachungspflichten des Waschstraßenbetreibers sich entsprechend erhöhen. Denn es bleibt bei der grundsätzlichen Verpflichtung des Waschstraßenbetreibers, die Fahrzeuge, welche er in seine Obhut nimmt, auch unbeschädigt wieder herauszugeben. Zwar ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht erreichbar. Es geht vielmehr um die Risikoverteilung zwischen dem Sicherungspflichtigen und der gefährdeten Person, also darum, welche Sicherheit diese Person in der jeweiligen Situation erwarten darf. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, NJW 2013, 48). In diesem Sinne darf der Benutzer einer Waschstraße jedoch erwarten, dass – entweder technisch oder auf sonstige Weise – verhindert wird, dass die hintereinander befindlichen Fahrzeuge aufeinander aufgeschoben werden, wenn einer der Fahrzeugführer sein Fahrzeug vorschriftswidrig abbremst. Denn ein solches Verhalten ist – was die zahlreichen hierzu veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und die entsprechenden (gerichtsbekannten) Hinweise in Waschstraßen zeigen – keineswegs ungewöhnlich. Aus diesem Grund erscheint es zumutbar, eine permanente manuelle Überwachung des Transportvorgangs vorzunehmen und den Transportvorgang nötigenfalls abzubrechen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine entsprechende Videoanlage bereits vorhanden ist und Unfälle der vorliegenden Art häufiger vorkommen, wie es der Zeuge F in seiner Vernehmung bestätigt hat (Bl. 48: „vielleicht ca. zweimal im Jahr, dann vielleicht zweimal in der Woche und dann wieder acht Monate gar nicht mehr“). Die von der Beklagten angeführte wirtschaftliche Belastung durch eine solche permanente Überwachung erscheint angesichts der beschriebenen Erwartungshaltung der Kunden ebenfalls zumutbar, zumal die Kosten an die Kunden weitergegeben werden können und kein Wettbewerbsnachteil entsteht, wenn alle Waschstraßenbertreiber so verfahren (müssen).“

Na ja, so richtig beruhigend ist das nicht, wenn man liest, dass es keine entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen geben soll.

Der nächste Winter kommt bestimmt: Zur Streupflicht an einer Bushaltestelle

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Ich habe ja schon häufiger über die Streupflicht bei Schnee und Eisglätte berichtet. Zuletzt mit dem Posting: Der nächste Winter kommt: Zur Streupflicht an einem BAB-Parkplatz? zum OLG Brandenburg, Urt. v.  12.08.2014 -2 U 12/14. Heute dann eine weitere Entscheidung zu der Problematik, nämlich das OLG Brandenburg, Urt. v. 30.09.2014 – 2 U 7/14. Diese Mal geht es um die Streu- bzw. Verkehrssicherungspflicht an eine Bushaltestelle. Dazu das OLG:

Die Beklagte hat ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn sie hat die Gefahr winterlicher Glätte nicht in ausreichendem Maße beseitigt. Dabei führt § 49 a Abs. 3 BbgStrG – wonach die Gemeinden im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen und Wege innerhalb der geschlossenen Ortslage winterdienstlich zu behandeln haben, soweit dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist – bzw. die Satzung der Beklagten nicht zu einer Ausweitung der nach allgemeinen Grundsätzen geltenden (Verkehrssicherungs-) Pflichten. Vielmehr besteht die Winterdienstpflicht nach allgemeinen Grundsätzen nur bei einer konkreten Gefahrenlage und nach den örtlichen Besonderheiten; nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richten sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nach den Umständen des Einzelfalles. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht daher nicht uneingeschränkt, sondern vielmehr nur unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGHZ 112, 74, 75 f.; VersR 1995, 721). Denn grundsätzlich muss sich der Straßen-/Fußgängerverkehr auch im Winter den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen. Der Sicherungspflichtige hat aber durch Schneeräumen und Bestreuen mit abstumpfenden Mitteln die Gefahren, die infolge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen, im Rahmen und nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze zu beseitigen. Für Fußgänger müssen die Gehwege, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet, sowie die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege bestreut werden (BGH VersR 1995, 721, 722; NJW 2003, 3622 ff.). Insbesondere im Bereich von Haltestellen besteht hingegen eine gesteigerte Sicherungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.1993 – III ZR 88/92 -, Urteil vom 27.04.1987 – III ZR 123/86 -, juris). Der für den öffentlichen Verkehr zugängliche Bereich ist so zu streuen, dass Gefahren beseitigt werden; zugleich sind all diejenigen Teile zu bestreuen, die gefährlich werden können. Deshalb muss eine öffentliche Verkehrsfläche auch über einen schmalen Gehwegbereich hinaus bestreut werden, wenn sich dort die Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsunternehmens befindet und deshalb ein für die Beklagte erkennbares besonderes Sicherungsbedürfnis besteht (vgl. BGH Urteil vom 13.07.1967, aaO.).“

Der nächste Winter kommt: Zur Streupflicht an einem BAB-Parkplatz?

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Der nächste Winter kommt, wahrscheinlich auch der nächste Streit bei der DB und damit rücken dann u.a.. wieder die Fernbusse in der Fokus, die eine gute Ausweichmöglichkeit bieten, um ggf. doch noch möglichst schnell von A nach B zu kommen. Die müssen auf ihren Fahrten auch parken/halten und da wird sicherlich nicht immer Platz sein, dies an bewirtschafteten BAB-Autobahnparkplätzen zu tun. Die Frage, die sich dann stellt: Besteht ggf. eine Verkehrssicherungspflicht des Straßnebaulastträgers auch hinsichtlich eines Autobahnparkplatzes, der nicht bewirtschaftet ist. Das OLG Brandenburg, Urt. v.  12.08.2014 -2 U 12/14 – sagt: Grundsätzlich ja, aber es kommt auf den Einzelfall an:

Zu Recht ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass zu Lasten des beklagten Landes eine Verkehrssicherungspflicht für den unbewirtschafteten Rastplatz Uckleysee zum Zeitpunkt des Unfalles bestand.

Nach Art. 90 Abs. 2 GG, § 20 Abs. 1 S. 1 FStrG obliegt die Verwaltung und Unterhaltung der Bundesautobahn dem beklagten Land in seinem Gebietsbereich. Damit ist es nach der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des BGH, welcher der Senat folgt, Träger der sogenannten Verkehrssicherungspflicht. Diese Pflicht folgt aus der Tatsache, dass von der Autobahn durch die Zulassung des öffentlichen Verkehrs Gefahren ausgehen können. Gegenstand dieser Pflicht sind die Maßnahmen, mit denen diesen Gefahren zu begegnen ist. Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht richten sich deshalb nach dem Zweck, dem die jeweilige Verkehrseinrichtung dient, und den daraus drohenden Gefahren. Zu diesen Verkehrseinrichtungen gehören als Zubehör im Sinne des § 1 Abs. 4 Ziffer 3 FStrG die längs der Autobahn angelegten Parkplätze, denn sie tragen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf den Autobahnen selbst insofern Rechnung, als sie die Möglichkeit zu auf den Autobahnen selbst verbotenen Haltepausen geben (§ 18 Abs. 8 StVO). Die Sicherungspflicht erstreckt sich daher bei den Parkplätzen in gleicher Weise wie bei den Fahrbahnen nicht nur auf die Beschaffenheit der Verkehrseinrichtung selbst, sondern ganz allgemein auf die Abwehr derjenigen Gefahren, die den Verkehrsteilnehmern aus ihrer Benutzung drohen. Sie umfasst dabei, wie die gesamte Fahrbahn, auch den gesamten Parkplatz bis zu der Stelle, die dem Verkehrsteilnehmer als Grenze äußerlich erkennbar ist. Der Träger der Verkehrssicherungspflicht ist deshalb gehalten, in geeigneter und zumutbarer Weise diejenigen Gefahren auszuräumen, die der Zustand oder die konkrete Besonderheit des Parkplatzes bei seiner Benutzung für den Verkehrsteilnehmer in sich bergen, die dieser nicht ohne weiteres erkennen kann und auf die er sich nicht ohne weiteres einzustellen und einzurichten vermag (BGH, MDR 1966, 661).

In welchem Umfang allerdings im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht des Beklagten eine Räum- und Streupflicht bestand, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Wichtigkeit des betroffenen Verkehrsweges, der Stärke und Gefährlichkeit des zu erwartenden Verkehrs, den örtlichen Verhältnissen sowie der Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen. Die Räum- und Streupflicht besteht daher nicht uneingeschränkt. Sie steht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, VersR 1995, 721, 722). In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass außerhalb geschlossener Ortschaften eine Streupflicht nur an besonders gefährlichen Stellen mit erheblicher Verkehrsbedeutung besteht (vgl. nur BGH, NJW 1963, 37, 38; VersR 1970, 904, 905]). Eine besonders gefährliche Stelle in diesem Sinne ist immer dann anzunehmen, wenn Anlage und Zustand einer Straße die Bildung von Glatteis derart begünstigen oder dessen Wirkung derart erhöhen, dass die hierdurch geschaffenen besonderen Verhältnisse vom Kraftfahrer trotz der von ihm zu fordernden erhöhten Sorgfalt unter winterlichen Bedingungen nicht oder nicht rechtzeitig zu erkennen sind (vgl. BGH, VersR 1979, 1055). Diese Pflicht besteht allerdings nur zu Gunsten des Autoverkehrs auf Fahrbahnen, nicht zu Gunsten von Fußgängern oder auf Gehwegen. Ausnahmen gibt es nur dann, wenn Gehwege einzelne nicht allzu weit auseinander liegende Ortsteile verbinden. Für Fußgänger müssen regelmäßig bei Winterglätte – abgesehen von gewissen ländlichen Verhältnissen – die Fußgängerwege oder bei ihrem Fehlen die üblicherweise von Fußgängern benutzten Gehstreifen und die belebten über Fahrbahnen führenden unentbehrlichen Fußgängerwege innerhalb der geschlossenen Ortschaften bestreut werden. In Ausnahmefällen ist die Streuung der besonderen Lage anzupassen. Außerhalb geschlossener Ortschaften gilt diese Verpflichtung nicht. Demgegenüber besteht unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten von Fußgängern auf öffentlichen Parkplätzen eine Streupflicht des Verkehrssicherungspflichtigen (BGH NJW 1966, 202, 203), wobei wenigstens eine Möglichkeit zum gefahrlosen Verlassen des Parkplatzes und zum Erreichen des Fahrzeuges geschaffen werden muss (BGH VersR 1991, 665]).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bestand für gewisse Flächen auf dem Parkplatz Uckleysee eine Räum- und Streupflicht zu Lasten des beklagten Landes, nicht jedoch in dem vom Landgericht angenommenen Umfang.

Dazu im Einzelnen und zum Selbststudium im verlinkten Urteil…. 🙂 .