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Verkehrssicherungspflicht, oder: Wie breit muss die Einfahrt in ein Parkhaus sein??

© vschlichting - Fotolia.com

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a ja auch in dieser Woche der Samstag als „Quasifeiertag“ nicht für den „Kessel Buntes“ zur Verfügung steht, weiche ich mit zivilrechtlichen Beiträgen zum Verkehrsrecht auf einen Wochentag aus. Und das ist dann der heutige Donnerstag mit zunächst dem LG Saarbrücken, Urt. v. 16.09.2016, 13 S 73/16. Es geht um Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch eine ungenügende Breite der Einfahrt zu einem Parkhaus. Vom LG wird eine Schadensersatzpflicht verneint:

„Allerdings fällt der Beklagten keine Verletzung der für das Parkhaus bestehenden Verkehrssicherungspflicht zur Last (§ 823 Abs. 1 BGB).
…..

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte nicht bejahen.

aa) Soweit der Kläger sich darauf beruft, die Breite der Zufahrt zum Parkhaus entspreche nicht der Mindestbreite nach den Vorschriften der saarländischen Garagenverordnung (GarVO) in der derzeit geltenden Fassung, verkennt er, dass das Parkhaus – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – im Zeitpunkt seiner Errichtung den damaligen bau- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften entsprach und insoweit rechtlichen Bestandsschutz genießt. Insoweit bestehen bereits Bedenken dagegen, ob hierauf eine Pflichtverletzung der Beklagten gestützt werden kann, zumal zweifelhaft ist, ob die Regelungen der GarVO überhaupt drittschützende Wirkung entfalten (dies verneinend VG Ansbach, Beschluss vom 06.06.2011 – AN 9 K 11.01011, AN 9 S 11.01003, juris für die entsprechende Vorschrift der bayerischen Garagenstellplatzverordnung).

bb) Dies bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Denn eine aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht folgende Handlungspflicht (Umbau- oder Nachrüstpflicht, Hinweispflicht) hätte für die Beklagte nur dann bestanden, wenn die Einfahrt zum Parkhaus in ihrem derzeitigen baulichen Zustand mit einer besonderen Gefahr für die Nutzer des Parkhauses verbunden wäre und die Beklagte diese besondere Gefahr erkannt hätte oder bei gehöriger Anstrengung hätte erkennen können (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2010 – VI ZR 223/09, NJW 2010, 1967; OLG Frankfurt, VersR 2002, 249 mit Nichtannahmebeschluss BGH, Beschluss vom 26.06.2001 – VI ZR 393/00; OLG Frankfurt, NJW-RR 2013, 973; OLG Naumburg, MDR 2006, 152; Lange/Schmidbauer in: jurisPK/BGB, 6. Aufl., § 823 Rn. 87; vgl. auch OLG München, VersR 2009, 648, 649). Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Zum einen hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, das streitgegenständliche Ereignis sei das erste dieser Art gewesen, das seit Bestehen des Parkhauses bekannt geworden sei. Zum anderen ist das Befahren der Einfahrt zum Parkhaus in der derzeitigen Breite von jedenfalls 2,55 m (gegenüber 3,00 m Mindestbreite nach § 2 Abs. 3 GarVO in der aktuellen Fassung) mit keiner solchen Gefahr für die Nutzer des Parkhauses verbunden, dass für die Beklagte Veranlassung bestanden hätte, gefahrvermeidende Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt insbesondere, weil die auf dem Markt befindlichen Fahrzeugmodelle selbst mit Außenspiegel Breiten aufweisen, mit denen das Befahren der Parkhauseinfahrt im derzeitigen baulichen Zustand ohne weiteres möglich ist (so z.B. für einen Audi A 6: 2,09 m bei einer bestehenden Breite von jedenfalls 2,55 m; vgl. hierzu die Tabelle des ADAC zur Breite der gängigsten Fahrzeugmodelle, abrufbar über https://www.adac.de/_mmm/pdf/920_Fahrzeugbreiten_1_211035.pdf). Dass von der Einfahrt zum Parkhaus in ihrer derzeitigen Breite keine besondere Gefahr für die Nutzer von Großgaragen besteht, folgt nicht zuletzt daraus, dass in anderen Bundesländern Mindestbreiten für ausreichend gehalten werden, die nur geringfügig über der derzeitigen Breite der Einfahrt liegen (vgl. etwa § 2 baden-württembergische GaVO und § 2 bayerische Garagen- und Stellplatzverordnung: jeweils 2,75 m).“

Teure Rutschpartie, oder: Rutschendes Motorrad – Land haftet

© Thaut Images - Fotolia.com

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Zu Beginn der „Motorradsaison“ weise ich hin auf das OLG Hamm, Urt. v. 18.12.2015 – 11 U 166/14. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte ein Motorradfahrer das Land NRW wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen. Die Klägring war im Sommer 2012 mit ihrem Motorrad gefahren und bei regennasser Fahrbahn auf einen Landstraße gestürz. Schaden am Motorrad: Rund 2.100 €. Den hat die Klägerin vom Land NRW aus dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung ersetzt verlangt und behauptet, sie sei gestürzt, weil die Fahrbahnoberfläche im Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen sei.,

Beim OLG hatte sie dann überwiegend Erfolg. Dieses hat unter Berücksichtigung der anzurechnenden Betriebsgefahr des Motorrades 75% – Schadensersatz zugesprochen. Begründudng:

Das Land NRW habe die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Im Bereich der Unfallstelle sei der Fahrbahnbelag nämlich mindestens schon seit dem Jahre 2008 nicht griffig genug gewesen. Deswegen sei nicht mehr gewährleistet gewesen, dass auch ordnungsgemäß fahrende Motorradfahrer den Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren könnten. Die fehlende Griffigkeit sei 2008 im Rahmen einer Straßenzustandserhebung festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre 2010 bekannt gewesen. Das Land sei gehalten gewesen, im Bereich der Unfallstelle durch eine Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr hinzuweisen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Nässe auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Diese Beschilderung sei vorwerfbar unterblieben. Bereits deswegen hafte das Land. Ob das Land darüber hinaus auch gehalten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, hat das OLG dahinstehen lassen.

Also: Teure Rutschpartie…

P.S. Bild passt zum Entscheidungsdatum 🙂

Fahrradabstellen ohne Befestigung: Wie wird gehaftet?

entnommen wikimedia.org Urheber Rüdiger Wölk

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Urheber Rüdiger Wölk

Schon etwas älter ist die Entscheidung einer Berufungskammer, die sich mit der Frage befasst, wie sicher eigentlich ein Fahrrad abgestellt werden muss und ob den Besitzer des Fahrrades insoweit eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Nein, es handelt sich nicht etwa um eine Entscheidung des LG Münster 🙂 , sondern es ist das LG Köln, Urt. v. 25.08.2015 – 11 S 387/14. Nach den Entscheidungsgründen hatte der Besitzer eines Fahrrades sein Fahrrad auf der der Straße zugewandten Seite an einen bogenförmigen Fahrradständer abgestellt, ohne es daran zu befestigen. Das Fahrrad stürzt um und beschädigt einen Pkw. Frage: Haftet der Fahrradbesitzer? Das LG Köln sagt ja:

„1. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte, indem sie das Fahrrad auf der der Straße zugewandten Seite an den bogenförmigen Fahrradständer abstellte, ohne es daran zu befestigen, gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstieß.

a) Wer ein Fahrrad abstellt, hat grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass hiervon keine Gefahr für das Eigentum anderer ausgeht (LG Hannover, Urteil vom 08.10.1998, Az.: 3 S 158/98). Dies folgt aus den allgemeinen Grundsätzen über das Bestehen von Verkehrssicherungspflichten, wonach derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, diejenigen Vorkehrungen zu treffen hat, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um eine Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (Sprau in Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 Rn.46). Ein umstürzendes Fahrrad kann Schäden am Eigentum Dritter verursachen; dies zeigt der vorliegende Fall eindrücklich. Soweit das AG Lichtenberg (Urteil vom 28.06.2006, Az.: 14 C 120/06) dies anders sieht, folgt die Kammer dem nicht. Auch insofern schließt sich die Kammer den Feststellungen des Amtsgerichts an. Das Amtsgericht Lichtenberg argumentiert in erster Linie damit, dass von abgestellten Fahrrädern keine große Gefahr ausgehe. Die bloße Möglichkeit, dass ein Dritter mit einem abgestellten Fahrrad fremdes Eigentum verletze, liege nicht so nahe, dass es jedem Fahrradfahrer zuzumuten sei, sich jeweils eine Möglichkeit zu suchen, sein Fahrrad anzuschließen. Dies ist vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Fall ein Schaden von über 1.000,00 EUR entstanden ist, nicht überzeugend. 1.000,00 EUR sind entgegen der von der Beklagten in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht kein kleiner Betrag; es handelt sich vielmehr um einen Schaden, der deutlich über die Bagatellgrenze hinausgeht. Die Sicherungsmaßnahmen, die seitens desjenigen, der das Fahrrad abstellen möchte, zu ergreifen sind, sind auf der anderen Seite nicht hoch und daher im Verhältnis zu dem drohenden Schaden an Rechtsgütern Dritter nicht unverhältnismäßig.

b) Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht auch verletzt, als sie ihr Fahrrad neben den Fahrradständer stellte, ohne es auch daran anzuketten. Direkt neben dem Fahrradständer ist die Straße, an der Autos parken dürfen; dies ist auf den zur Akte gereichten Lichtbildern gut erkennbar. Die Gefahr, dass das Fahrrad auf ein ordnungsgemäß parkendes Fahrzeug fallen könnte, war ohne Weiteres ersichtlich. Die Beklagte hätte dies berücksichtigen und entweder ihr Fahrrad an den Fahrradständer anketten oder es auf die andere – den Häusern zugewandte – Seite stellen müssen.

Soweit sie in der Berufungsbegründung behauptet, sie habe in der Vergangenheit mehrfach ihr Fahrrad so wie im vorliegenden Fall erfolgt abgestellt, ohne dass etwas passiert sei, viele Kölner täten dies, entlastet sie das nicht. Dass ungesichert abgestellte Fahrräder umfallen können, ist allgemein bekannt. Allein die Tatsache, dass – ihren Vortrag unterstellt – das Fahrrad in der Vergangenheit nicht umgefallen ist, führt nicht dazu, dass sie davon ausgehen durfte, dass das Fahrrad nicht umfallen könnte. Es muss hierbei beachtet werden, dass der von der Beklagten zu verlangende Sorgfaltsmaßstab weder besonders hoch noch mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (s.o.).

Die Behauptung, in Köln stellten viele Fahrradfahrer ihr Fahrrad neben einem fest installierten Fahrradständer auf der zur Fahrbahn gewandten Seite ab, ist bereits zu pauschal und unsubstantiiert, um zu einer Entlastung führen zu können. Das Argument überzeugt aber auch deswegen nicht, weil die Tatsache, dass möglicherweise eine Vielzahl von Fahrradfahrern ihre Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet, nicht dazu führen kann, dass dann das Bestehen oder die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht an sich verneint wird.“

U-Bahnhaltestelle: 2 x/Grobreinigung und 1x/Woche Nassreinigung reicht….

entnommen wikimedia.org Uploaded by Chrisglub

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Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht eines Verkehrsbetriebes im Bereich einer U-Bahn-Haltestelle nimmt der LG Nürnberg, Beschl. v. 12.10.2015 – 16 S 4311/15 – Stellung. Es handelt sich um einen sog. Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO, der leider keinen konkreten Sachverhalt enthält. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass der Kläger an einer U-Bahn-Haltestelle in Nürnberg gestürzt ist, sich verletzt hat und nun über einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vom Verkehrsbetrieb Schadensersatz verlangt. Diese hat geltend gemacht, dass sie ein Reinigungsunternehmen beauftragt hatte, im Bereich der U-Bahn-Haltestelle zwei Tagesreinigungen und eine wöchentliche nächtliche Nassreinigung vorzunehmen. Dem LG Nürnberg genügt das:

Anerkannt ist, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Verkehrssicherungspflichten denjenigen treffen, der eine Gefahrenlage für den öffentlichen Verkehr schafft oder unterhält (vgl. nur Mergner/Matz, NJW 2014, 186 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich insbesondere auf den dem öffentlichen Verkehr zugänglichen Bereich von Flächen und Räumen, einschließlich des Zu- und Abgangsbereichs (Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 823, 199 m.w.N.). Besteht Publikumsverkehr, gelten strenge Sicherheitsstandards (Palandt-Sprau, a.a.O.). Gesteigerte Anforderungen bestehen auch bei Bahnsteigen und Haltestellen (Palandt-Sprau, a.a.O., Rdnr. 226 a.E.).

Den genannten strengen Anforderungen wurde die Beklagte durch die Beauftragung eines Reinigungsunternehmens mit mindestens zwei Tagesreinigungen und einer wöchentlichen nächtlichen Nassreinigung auch gerecht. Im Unterschied zu der berufungsklägerseits zitierten Rechtsprechung des OLG Hamm (Az. 9 U 187/12; veröffentlich in NJW-RR 2013, 1242  handelt es sich vorliegend nicht um einen Unfall in einem Baumarkt oder einem Lebensmittelmarkt. Daher sind die vom OLG Hamm postulierten Prüfintervalle auf den streitgegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar. Im Gegensatz zu Verbrauchermärkten werden an U-Bahnhöfen keine Waren ein-, um- oder ausgepackt. Der Bereich der Haltestelle dient lediglich dem Ein- und Aussteigen von Fahrgästen. Dem Umstand, dass es gelegentlich zu Verschmutzungen des Bodens und damit zu einer erhöhten Rutschgefahr kommen kann, begegnet die Beklagte dadurch, dass sie täglich zweimal den Bahnhof durch eine Reinigungsfirma beaufsichtigen lässt. Servicekräfte können ferner auch telefonisch über konkrete Verschmutzungen informiert werden.“

Also: Schön aufgepasst. Und: Na ja, so sauber wie auf dem Bild ist es in U-Bahnen ja nun selten…

Teurer Einkaufswagen, oder: Wer haftet wie bei einem Zusammenstoß?

entnommen openclipart.org

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Die „Einkaufswagen-Entscheidung“ des OLG Hamm – es handelt sich um das OLG Hamm, Urt. v. 18.08.2015 – 9 U 169/14 – hat ja auch schon andere Blogs beschäftigt. Ich will darüber auch berichten. Ist nämlich ganz interessant die Entscheidung. Wir haben es ja sonst häufig mit einem Einkaufswagen in Zusammenhang mit § 142 StGB zu tun (vgl. z.B. Der (weg)rollende Einkaufswagen II – Unfall i.S. des § 142 StGB oder Der (weg)rollende Einkaufswagen). Hier ging es aber mal um die zivilrechtliche Haftung.

Im Verfahren hatte ein Autofahrer aus Bielefeld Schadensersatz in Höhe von rund 5.400 € geltend gemacht. Er war mit seinem Pkw nachts mit einem herrenlosen Einkaufswagen kollidiert, der unvermittelt vor ihm auf die Straße gerollt war. Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem Ladenbesitzer, dem der Einkaufswagen gehörte, 80 % der Unfallkosten auferlegt, weil der Einkaufswagen nicht richtig verschlossen war. 20 % seines Schadens muss der Autofahrer wegen der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs selbst tragen.

Das OLG meint zur Verkehrssicherungspflicht:

…Der Beklagte musste daher dafür Vorsorge treffen, dass die Einkaufswagen nach Geschäftsschluss sicher abgestellt waren. Dies gilt zum einen im Hinblick auf Schutzmaßnahmen gegen die unbefugte Benutzung durch Dritte, zum anderen aber auch mit Blick auf die Verhinderung eines Wegrollens dieser Einkaufswagen im Sinne einer Verselbstständigung. Dies gilt vorliegend um so mehr, als der Gehsteig vor dem Ladengeschäft, an den der Abstellplatz für die Einkaufswagen angrenzt, zur Fahrbahn hin ein Gefälle aufweist.

1.3  Die von dem Beklagten ergriffenen Sicherungsmaßnahmen genügen diesen Anforderungen nicht. Die auf dem Abstellplatz in drei nebeneinander gelegenen Reihen befindlichen Einkaufswagen wurden nach Ladenschluss von einer Mitarbeiterin mittels einer durch die Einkaufswagen geführten Kette gesichert, die um einen am Kopfende des Abstellplatzes vorhandenen Metallpfosten geschlungen wurde. Eine Sicherung der Kette mittels eines Vorhängeschlosses unterblieb, weil ein solches bereits seit längerer Zeit nicht mehr zur Verfügung stand. Diese Art der Sicherung war unzureichend, wie der Zustand, den die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten vor Ort angetroffen haben, dokumentiert. Der Zeuge T hat ausgesagt, die Kette habe auf dem Boden vor dem jeweils letzten Einkaufswagen in jeder Reihe gelegen. Hierdurch war zwar weiterhin sichergestellt, dass ein Einkaufswagen aus dem Abstellplatz nicht auf den Gehsteig und die Fahrbahn rollen konnte, weil, wie das Landgericht bei dem Ortstermin festgestellt hat, die Kette einen solchen Durchmesser hatte, dass ein Einkaufswagen ohne Zutun nicht darüber hinweg rollen konnte. Die unbefugte Entnahme eines nicht mit einem Pfandmarkensystem ausgerüsteten Einkaufswagens durch einen Dritten war aber leicht möglich, da es nur eines leichten Anhebens zur Überwindung der am Boden liegenden, im Querschnitt 1 – 2 cm starken Kette bedurfte. Dieser Umstand begründet das Vorliegen einer eine Verkehrssicherungspflicht auslösenden abhilfebedürftigen Gefahrenstelle. Denn nach den Erfahrungen des Senats ist es eine nicht nur vereinzelte Beobachtung, dass leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet werden, um sie anschließend an Ort und Stelle oder auch anderenorts stehen zu lassen. Um eine solche zweckwidrige Nutzung möglichst auszuschließen, genügt es nicht, durch Vorlegen einer Kette den Anschein zu erwecken, die Entnahme eines Einkaufswagens sei nicht möglich. Dies insbesondere dann, wenn durch die Lage der Kette vor den Einkaufswagen im Bodenbereich der bezweckte Anschein einer Sicherung schnell widerlegt ist. Die Sicherung der Einkaufswagen durch eine abschließbare Kette ist geeignet, diese zweckwidrige Benutzung zu verhindern und erfordert keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand. Daraus folgt, dass dem Beklagten die Beachtung der gebotenen Sicherungsmaßnahmen auch subjektiv möglich und zumutbar war, so dass die Verkehrssicherungspflicht seitens des Beklagten schuldhaft verletzt worden ist…“