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OWi II: Verjährungsunterbrechung? oder: Wiederholter Hinweis auf das Beschlussverfahren

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In der zweiten OWi-Entscheidung des Tages, dem OLG Celle, Beschl. v. 06.03.2020 – 2 Ss (Owi) 70/20 – schon etwas älter, aber erst jetzt veröffentlicht – nimmt das OLG Celle zu einer Verjährungsproblematik in Zusammenhang mit § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG Stellung – also Beschlussverfahren. Und zwar wie folgt:

„1. Die auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen hat ergeben, dass der Verfolgung der dem Betroffenen in diesem Verfahren zur Last gelegten Tat das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung nicht entgegensteht.

Die dem Betroffenen vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit verjährt gemäß § 26 Abs.3 StVG in drei Monaten nach Tatbegehung, solange wegen der Tat kein Bußgeldbescheid erlassen ist. Hier ist die Tat am 20. August 2018 begangen worden; durch den am 07. November 2018 erlassenen Bußgeldbescheid wurde die Verfolgungsverjährung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen und die 6-Monatsfrist des § 26 Abs. 3 StVG begann gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 OWiG neu zu laufen. Eine weitere Verjährungsunterbrechung trat sodann gem. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG durch den am 26. März 2019 anberaumten Termin zur Hauptverhandlung ein.

Letztmals wurde die Verjährung schließlich durch das Schreiben des Amtsgerichts vom 23. August 2019 an den Verteidiger des Betroffenen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG unterbrochen, denn darin wies das Gericht (erneut) auf die beabsichtigte Entscheidung im Beschlusswege hin und erfragte zugleich, ob auf eine Begründung des Beschlusses verzichtet werde.

Der Einwand des Beschwerdeführers, es handele sich um einen wiederholten und daher gänzlich überflüssigen Hinweis, dem daher keine verjährungsunterbrechende Wirkung zukomme, geht fehl.

Zwar entfaltet nicht jeder Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, eine verjährungsunterbrechende Wirkung; vielmehr macht der Beschwerdeführer im Ansatz zutreffend geltend, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut durch die Erteilung eines derartigen Hinweises nur einmal eine Unterbrechung der Verjährung her-beigeführt werden kann, so dass einem wiederholt erteilten Hinweis auf eine mögliche Entscheidung gem. § 72 OWiG keine verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt, wenn letztere bereits durch einen vorherigen Hinweis begründet wurde (KK-OWiG/Ellbogen, 5. Auflage 2018, § 33, Rn. 92; Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Auflage 2018, Rn. 75; OLG Hamm, Beschluss vom 21. März 1977 – 3 Ss OWi 265/77 –, juris). Es ist ferner zutreffend, dass das Gericht bereits zuvor am 26. April 2019 den anberaumten Hauptverhandlungstermin aufgehoben und angeordnet hatte, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 72 OWiG zu treffen.

Hierdurch trat indes keine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ein. Hat der Betroffene – wie hier – zuvor ausdrücklich um Absetzung einer Hauptverhandlung und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten, liegt in der Mitteilung des Gerichts, es werde tatsächlich eine Entscheidung im Beschlussverfahren gem. § 72 OWiG getroffen, kein Hinweis i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG, sondern nur eine Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten über das weitere Vorgehen. Denn in der Mitteilung liegt gerade keine Prozessverfügung, die darauf abzielt, dem Verteidiger die Gelegenheit zu einem Widerspruch gegen das schriftliche Verfahren zu geben; der Verteidiger hatte ja dem schriftlichen Ver-fahren bereits zugestimmt (BeckOK OWiG/Gertler, 25. Ed. 1.1.2020, OWiG § 33 Rn. 136; Göhler, NStZ 1987, 58; OLG Hamm VRS 49, 132; KG Berlin, Beschluss vom 28. Januar 2002 – 2 Ss 153/013 Ws (B) 591/01 –, juris).

Zudem dringt der Einwand des Beschwerdeführers, der gerichtliche Hinweis vom 23. August 2019 sei angesichts der vorherigen Anordnung der Entscheidung im Beschlussverfahren gem. § 72 OWiG sinnlos gewesen, nicht durch.

In Konstellationen, bei denen das Gericht weitere Beweiserhebungen durchgeführt hat und erwägt, die den Verfahrensbeteiligten noch unbekannten Erkenntnisse bei seiner Ent-scheidung zu verwerten, sind selbst einem Betroffenen, der bereits kundgetan hat, dass er von seinem Widerspruchsrecht gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 OWiG keinen Gebrauch machen will, abermals seine Rechte zu verdeutlichen, denn eine ursprünglich erteilte Zustimmung zur Entscheidung durch Beschluss wird hinfällig, wenn das Gericht anschließend Ermittlungen anstellt, deren Ergebnis für die Entscheidung erheblich sein kann (OLG Branden-burg, Beschluss vom 20.07.2000 – Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 1408/00, NJ 2000, S. 660; KK-OWiG/Senge, aaO, § 72 Rn. 43).

So liegt der Fall hier. Das Amtsgericht hatte nach der Aufhebung des ursprünglich anberaumten Hauptverhandlungstermins mit Verfügung vom 26. April 2019 zur besseren Auf-klärung der Sache gem. § 71 Abs. 2 OWiG ergänzende Ermittlungen in Auftrag gegeben und eine Stellungnahme des Landkreises D. zu der Frage eingeholt, ob die Messanlage erst Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 64 km/h erfasst. Das Amtsgericht hat zudem dem Grundsatz rechtlichen Gehörs Rechnung getragen und ist seiner Verpflichtung, die diesbezüglich gewonnenen Erkenntnisse dem Betroffenen mitzuteilen, nachgekommen, indem es dem Verteidiger des Betroffenen die Stellungnahme des Landkreises Diepholz vom 20. August 2019 gemeinsam mit dem Schreiben vom 23. August 2019 zugeleitet hat.

Nach alledem handelt es sich bei dem Schreiben des Amtsgerichts vom 23. August 2019 an den Verteidiger des Betroffenen um den ersten Hinweis i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG, dem verjährungsunterbrechende Wirkung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG zukommt, so dass keine Verfolgungsverjährung eingetreten war, als der angefochtene Beschluss vom 27.12.2019 erging.“

OWi I: Verjährungsunterbrechung durch Zustellung?, oder: Rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht?

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Heute am Donnerstag drei OWi-Entscheidungen.

Und ich mache den Opener mit dem „schönen“ OLG Karlsruhe, Beschl. v.29.10.2020 – 2 Rb 35 Ss 618/20, den mir der Kollege Rinklin gestern geschickt hat. Problematik ist der Dauerbrenner: „Zustellung“ des Bußgeldbescheides an den Verteidiger. Und das OLG – offenbar ein RiAG, der als Erprobungsrichter beim OLG ist, macht es schulbuchmäßig.

„Die gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das Verfahren ist unter Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines Verfahrenshindemisses einzustellen (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a Abs. 1 StPO). Der Verfolgung der Tat steht deren Verjährung entgegen (§ 31 Abs. 1 S. 1 OWiG).

1. Die dreimonatige Verjährungsfrist aus § 26 Abs. 3 Hs. 1 StVG, die am 12. Januar 2020 —dem Tattag — zu laufen begonnen hatte (§ 33 Abs. 3 OWiG), wurde nur durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen am 17. Februar 2020 gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG unterbrochen. Damit trat mit Ablauf des 16. Mai 2020 (zur Fristberechnung siehe KK-OWiG/Ellbogen, 5. Aufl. 2018, § 31 Rn. 35 f.) Verjährung ein, so dass der Eingang der Akten beim Amtsgericht am 1. Juli 2020 keine erneute Unterbrechung der Verjährung (§ 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG) bewirken konnte.

2. Die Verjährungsfrist war nicht gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden. Eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheids vom 28. April 2020, die zwingende Voraussetzung für eine Unterbrechung der Verjährung nach dieser Vorschrift ist, lässt sich nicht feststellen.

a) Es ist nicht nachweisbar, dass die von der Bußgeldbehörde veranlasste Zustellung des Bußgeldbescheids an den Betroffenen (§ 51 Abs. 1 OWiG, § 3 LVwZG) ordnungsgemäß bewirkt wurde, da die Postzustellungsurkunde nicht in Rücklauf gelangt ist.

b) Der Zustellungsmangel wurde nicht gemäß § 51 Abs. 1 OWiG, § 9 LVwZG geheilt.

aa) Es ist nicht feststellbar, dass dem Betroffenen das zuzustellende Schriftstück tatsächlich zugegangen ist. Aus dem Umstand, dass der Verteidiger des Betroffenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hat, lässt sich dies nicht ableiten, da die Bußgeldbehörde — wie von § 51 Abs. 3 S. 3 OWiG vorgeschrieben — zugleich formlos eine Abschrift des Bußgeldbescheids an den Verteidiger übersandt hatte.

Es ist zwar durchaus wahrscheinlich, dass der Betroffene — sollte ihn die Zustellung tatsächlich nicht erreicht haben — von seinem Verteidiger zumindest eine Kopie der an diesen übersandten Abschrift des Bußgeldbescheids erhalten hat. Der sichere Nachweis eines solchen Zugangs, wie er für eine Heilung erforderlich wäre, ist jedoch nicht zu führen, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob auf diese Weisung eine Heilung überhaupt hätte bewirkt werden können (vgl. etwa NK-VwVfG/Thomas Smollich, 2. Aufl., VwZG, § 8 Rn. 6 m.w.N.; siehe auch — mit Überblick zum Meinungsstand — BGH, Beschluss vom 12. März 2020 — I ZB 64/19, BeckRS 2020, 6358 Rn. 21 ff., zu § 189 ZPO, dem die Vorschrift des § 9 LVwZG weitgehend angepasst wurde). Die bloße mündliche Überlieferung oder die schriftliche Mitteilung des Inhalts des Bußgeldbescheids genügen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck nicht, um eine Heilung zu bewirken (vgl. BGH a.a.O. Rn. 25).

bb) Von einer Heilung des Zustellungsmangels kann auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil aufgrund der Einspruchseinlegung jedenfalls feststeht, dass entweder der Betroffene den Bußgeldbescheid oder der Verteidiger eine Abschrift desselben erhalten hat. Mit dieser Erwägung könnte eine Heilung des Zustellungsmangels nur dann angenommen werden, wenn der tatsächliche Zugang der Abschrift des Bußgeldbescheids beim Verteidiger die Heilung der fehlerhaften Zustellung an den Betroffenen gemäß § 51 Abs. 1 OWiG, § 9 LVwZG hätte bewirken können. Dies ist nicht der Fall.

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Heilung überhaupt dadurch eintreten kann, dass eine Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks einer anderen Person als derjenigen, an die die Zustellung gerichtet war, tatsächlich zugeht (so OLG Hamm, Beschluss vom 8. August 2017 —3 RBs 106/17, juris Rn. 28 f.; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29. April 2009 — Ss (Z) 205/2009 (37/09), juris Rn. 10; a.A. OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011— 311 SsRs 126/11, juris, Rn. 17 f.; OLG Celle, Beschluss vom 18. August 2015 — 2 Ss (OWi) 240/15, juris, Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. Oktober 2013 — 4a Ss 428/13, juris Rn. 11). Denn auch wenn man dies bejahen würde, käme als andere Person nur eine solche in Betracht, an die die Zustellung nach dem Gesetz hätte gerichtet werden können (OLG Hamm a.a.O. Rn. 28). Eine solche Person war der Verteidiger nicht.

(1) An den gewählten Verteidiger kann gemäß § 53 Abs. 3 S. 1 OWiG — kraft gesetzlich fingierter Zustellungsvollmacht — nur dann wirksam zugestellt werden, wenn sich woran es hier fehlt —eine Urkunde über die Bevollmächtigung als Verteidiger bei den Akten befindet (vgl. BGH, Be-schluss vom 24. Oktober 1995 — 1 StR 474195, juris Rn. 4 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. März 1996 — 3 Ss 11196, juris Rn. 3 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Dezember 1987 —
3 Ss 599/87, juris Rn. 5 f.). Daran vermag das Auftreten des Verteidigers gegenüber der Bußgeld-behörde ebenso wenig etwas zu ändern wie der Umstand, dass der Verteidiger mit Schreiben vom 6. März 2020, mit dem er seine Verteidigung angezeigt hat, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich versichert hat (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29. April 2009 — Ss (Z) 205/2009 (37/09), juris Rn. 10; OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 3).

(2) Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Verteidiger rechtsgeschäftlich zum Empfang von Zustellungen ermächtigt war.

(a) In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass eine wirksame Zustellung an den Verteidiger nicht nur aufgrund der durch § 53 Abs. 3 S. 1 OWiG begründeten gesetzlichen Zustellungsvollmacht, sondern auch aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht erfolgen kann (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 8. Mai 2015 — 2 (7) Ss Bs 467/15, juris Rn. 12; BGH, Be-schluss vom 18. Februar 1997 —1 StR 772/96, juris BayObLG, Beschluss vom 14. Januar 2004 — 2St RR 188/2003, juris Rn. 5 f. KG Berlin, Beschluss vom 17. Juni 2016 — 3 Ws (B) 217/16, juris Rn. 18 OLG Celle, Beschluss vom 27. März 2019 — 2 Ss (0Wi) 101/19, juris Rn. 8). Die Erteilung der rechtsgeschäftlichen Vollmacht ist an keine Form gebunden (§ 167 Abs. 2 BGB; vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 13. Mai 2013 — 1 Ss (0W1) 83/13, juris Rn. 21). Die Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Zustellung an den Verteidiger eine ihm rechtsgeschäftlich erteilte Zustellungsvollmacht vorlag, beurteilt sich im Einzelfall nach den Gesamtumständen und dem Auftreten des Rechtsanwaltes im Verfahren (KG Berlin a.a.O. OLG Celle a.a.O.).

(b) Hier liegen keine Umstände vor, die mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen lassen, dass der Verteidiger zum Zeitpunkt des (etwaigen) Erhalts der Abschrift des Bußgeldbescheids zur Entgegennahme von Zustellungen für den Betroffenen ermächtigt war.

Aus dem Verhalten des Verteidigers kann nicht auf eine entsprechende Bevollmächtigung geschlossen werden. Der Verteidiger hatte in seinem Schriftsatz vom 6. März 2020 lediglich die Verteidigung des Betroffenen angezeigt und eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich versichert. Hieraus ergibt sich indes nicht die Erklärung, dass der Verteidiger rechtsgeschäftlich zur Empfangnahme von Zustellungen bevollmächtigt ist, denn nach außen-erkennbar ist aufgrund der anwaltlichen Versicherung nur die Bevollmächtigung hinsichtlich der vom Verteidiger vorgenommenen Verteidigungshandlungen, während eine Zustellungsvollmacht passiven Charakter hat (vgl. OLG Gelle a.a.O. Rn. 10). Ebenso verhält es sich, soweit der Verteidiger mit Schriftsatz vom 6. Mai 2020 „namens und in Vollmacht des Betroffenen“ Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hat und er in der Hauptverhandlung — wenn auch ohne nachgewiesene Vertretungsvoll-macht nach § 73 Abs. 3 OWiG — als Vertreter des von der Verpflichtung zum persönlichen Er-scheinen entbundenen Betroffenen aufgetreten ist. Soweit das vom Verteidiger unterzeichnete Empfangsbekenntnis über die Zustellung der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 30. September 2020 den Zusatz: „Ich bin zur Entgegennahme legitimiert und habe heute erhalten° enthielt, reicht diese ausdrückliche Erklärung zwar zum Nachweis einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht aus (vgl. Senat a.a.O.; BayObLG a.a.O.). Diese Erklärung belegt jedoch nicht, dass die Zustellungsvollmacht bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Bußgeldbescheids bestand. Das Empfangsbekenntnis betreffend die Ladung zur-Hauptverhandlung, das zeitlich näher an der Bußgeldentscheidung liegt und denselben Zusatz enthält, ist von vornherein ohne Bedeutung, weil die Ladung an den Verteidiger als solchen gerichtet war, während er die Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft als Vertreter des Betroffenen entgegengenommen hat (vgl. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 349 Abs. 3 S. 1 StPO).

3. Die Verjährungsfrist war durch den Erlass des Bußgeldbescheids am 28. April 2020 auch nicht gemäß § 26 Abs. 3 Hs. 2 StVG auf sechs Monate verlängert worden mit der Folge, dass die Verjährung durch den Eingang der Akten beim Amtsgericht (§ 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG) noch rechtzeitig unterbrochen worden wäre. Denn der Eintritt der Verlängerung der Verjährungsfrist setzt voraus, dass der Bußgeldbescheid nicht nur erlassen, sondern auch zugestellt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1999 — 4 StR 453/99, juris Rn. 10 f. = BGHSt 45, 261 ff.; OLG Bamberg NJW 2006, 1078; Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 33 Rn. 35a m.w.N.).“

Mal wieder eine „schöne“ Antwort auf die Frage, warum man als Verteidiger keine Vollmacht vorlegen soll.

OWi III: Verjährungsunterbrechung, oder: Anordnung der Anhörung durch falsche Behörde

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Und zum Schluss am heutigen Tag dann noch ein AG-Beschluss, und zwar der AG Liebenwerda, Beschl. v. 24.04.2020 – 44 OWi 1611 Js-Owi 12305/20 – zur Frage der Verjährungsunterbrechung durch Anordnung der Anhörung des Betroffenen. Das AG hat hier eine verjährungsunterbrechende Wirkung der Anordnung verneint und das Verfahren eingestellt:

„Die Ordnungswidrigkeit ereignete sich am 7. Oktober 2019.

Eine erste zur Verjährungsunterbrechung prinzipiell geeignete Verfügung, nämlich die Betroffene anzuhören, erging zwar am 6. Januar 2020 (Blatt 18 d.A.), allerdings durch die örtlich unzuständige Behörde, nämlich die Polizei Leipzig. Diese Anordnung war daher nicht geeignet, eine Verjährungsunterbrechung gem. S 33 Abs. I Satz 1 Nr. 1 3. Alt OWiG herbeizuführen.

Bei der zuständigen Verwaltungsbehörde wurde der Betroffenenwechsel erst am 13. Januar 2020 (Blatt 11 d.A.) und somit nach Eintritt der Verfolgungsverjährung vorgenommen.“

Keine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides, oder: Die Vollmacht gehört nicht in die (Gerichts)Akte

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Als zweite Entscheidung des Tages dann eine weitere AG-Entscheidung, und zwar der AG Paderborn, Beschl. v. 22.07.2019 – 76 OW1-31 Js 846/19-117/19, den mir der Kollege T.Hein aus  Bad Vilbel geschickt hat.

Das Verfahren gegen seinen Mandanten ist wegen Verjährung eingestellt worden. Begründung des AG:

„Gegen die Betroffene ist am 19.03.201.9 ein Bußgeldbescheid erlassen worden, gegen den sie rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.

Die weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist ausgeschlossen, weil inzwischen Verjährung eingetreten ist. Die letzte Verfolgungsverjährung unterbrechende
– Handlung – ist die Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die
Verwaltungsbehörde, § 33 Abs. 1 Nr. 8 ZPO am 11.03.2019, (BI. 26 d.A.).

Der Bußgeldbescheid ist nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, sodass es hier nicht zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung kommen konnte. Gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG gilt der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, als zustellungsbevollmächtigt. Eine solche Vollmacht befand sich zum Zeitpunkt der Zustellung nicht bei der Akte, die anwaltliche Versicherung der Beauftragung der Verteidigung genügt als Nachweis der Zustellungsvollmacht nicht.

Eine wirksame Zustellung an die Betroffene selbst lässt sich der Akte nicht entnehmen.

Was lernen wir mal wieder daraus: Die Vollmacht gehört nicht in die (Gerichts)Akte. Die bleibt zuhause.

Offen ist dann aber noch die Frage der „notwendigen Auslagen“. Das AG hat „nur“ „auf Kosten der Staatskasse eingestellt“.

Wo wohnt ein Student?, oder: Keine schriftliche Vollmacht

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Und als zweite Entscheidung am Ostermontag der AG München, Beschl. v. 02.03.2017 – 1013 OWi 456 Js 239910/16 jug – schon etwas älter, aber der Kollege hat sie erst vor kurzem geschickt. Ich bringe die Entscheidung aber schon allein deshalb, weil sie ein schööne Beweis dafür ist, dass man als Verteidiger eine schriftlich Vollmacht nicht vorlegt. Und dass mauss man ja auch nicht. Und: Das hat nun gar nichts mit irgendwelchen Tricksereien zu tun. Im Übrigen: Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig isch dieser Umstand doch herumgesprochen hat, und zwar sowohl bei den Ermittlungs-/Bußgeldbehörden, die immer wieder meinen, in Zusammenhnag mit Akteneinsicht schriftliche Vollmachten anfordern zu müssen, aber auch bei Kollegen, die immer wieder ohne Not schriftliche Vollmachten vorlegen.

In dem Beschluss vom 02.03.2017 hat das AG München des Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen eingestellt, und zwar wegen Verjährung:

„Die Ordnungswidrigkeit vom 14.08.2016 ist verjährt.

Eine Unterbrechung der 3-monatigen Verjährungsfrist erfolgte wirksam durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen am 14.09.2016 gemäß § 33 Abs.1 Nr.1, 3. Alt. OWiG. Eine weitere wirksame Unterbrechungshandlung ist bis Eintritt der Verjährung am 14.12.2016 nicht mehr erfolgt.

Insbesondere erfolgte keine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheids der Verwaltungsbehörde vom 9.11.2016.

Die am 11.11.2016 bewirkte Ersatzzustellung des Bescheids an der Anschrift „ppp.“ war unwirksam, da der Betroffene zu diesem Zeitpunkt unter dieser Anschrift nicht mehr dauerhaft wohnte. Vielmehr hielt er sich seit spätestens 1.10.2016 als Student während des Semesters dauerhaft in Klagenfurt unter der Anschrift „pppp. 9020 Klagenfurt“ auf. Dies ergibt sich aus dem vom Verteidiger vorgelegten Mietvertrag vom 1.10.2016, dem Stromlieferungsvertrag mit dem örtlichen Energieversorger vom 3.10.2016 und dem Vertrag mit einem örtlichen Telefonanbieter vom 1.10.2016. Der Begriff der Wohnung ist insoweit dadurch gekennzeichnet, dass sich die betreffende Person dort tatsächlich dauerhaft aufhält – unabhängig von einer polizeilichen Meldung. Ein Student hat jedenfalls in der Vorlesungszeit seine Wohnung am Studienort. Die Vorlesungszeit begann für das Wintersemester 2016 in Klagenfurt am 1.10.16.

Eine Zustellung an den Verteidiger des Betroffenen ist nicht erfolgt. Die formlose Mitteilung des Bescheids an diesen erfolgte nicht mit Zustellungswillen der Behörde.

Eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 51 Abs.1 i.V.m. Art. 9 VwZVG durch den tatsächlichen Zugang des Bußgeldbescheids liegt nicht vor – kann jedenfalls nicht nachgewiesen werden. Hierfür genügt jedenfalls nicht die bloße Kenntnis von der Existenz eines Bußgeldbescheids; erforderlich ist vielmehr die zuverlässige Kenntnisnahme des Inhalts des Bußgeldbescheids. Vorlie-gend ist nicht nachweisbar, dass der Betroffene tatsächlich zuverlässige Kenntnis vom Inhalt des Bescheids vom 9.11.2016 – sei es per Fax oder per Mail – erlangt hat. Dafür reicht auch nicht der Umstand , dass der Verteidiger des Betroffenen in dessen Namen und in dessen Auftrag mit Schrieben vom 15.11.2016 gegen des Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat, da der Verteidiger bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahren mandatiert worden ist und dies bereits mit Schreiben vom 20.09.2016 angezeigt hat.

Der Eingang der Akte beim Amtsgericht München am 16.12.2016 konnte keine Unterbrechung der Verjährung mehr bewirken da diese bereits eingetreten war.“

Wäre eine schriftliche Vollmacht des Verteidigers bei der Akte gewesen…….